Pyrometer
[* 1] (griech.,
Hitzemesser),
Apparate zur Messung hoher
Temperaturen, sind nach den verschiedensten Prinzipien hergestellt
worden; aber durch keins der bisher angegebenen
Instrumente wird die schwierige Aufgabe in vollkommen befriedigender
Weise
gelöst. Das
Luftthermometer (s.
Thermometer)
[* 3] wird zum Pyrometer
, wenn man sein
Gefäß
[* 4] aus einem
Material verfertigt,
welches hohe
Temperaturen vertragen kann. Am besten eignet sich hierzu gut glasiertes
Porzellan, während das von
Pouillet bei
seinem Luftpyrometer
angewendete
Platin bei hoher
Temperatur
Gase
[* 5] durchläßt. An einem Quecksilbermanometer, dessen einer
Schenkel
mit jenem
Gefäß in
Verbindung steht, während der andre offen bleibt, mißt man entweder, wie
Pouillet,
die
Ausdehnung
[* 6] der eingeschlossenen
Luft bei gleichbleibendem
Druck, oder man bestimmt, wie
Regnault, die Drucksteigerung bei
unverändertem
Volumen, woraus sich dann mit
Hilfe des bekannten Ausdehnungskoeffizienten der
Luft die
Temperatur, welcher das
Gefäß ausgesetzt wurde, leicht berechnen läßt. Ein sehr einfaches Luftpyrometer
, welches man Gewichtspyrometer nennen
könnte, wurde von
Petersen angegeben. Dasselbe besteht aus einem Platinfläschchen
[* 1]
(Fig. 1) von ungefähr 10
ccm
Inhalt, dessen
Mündung durch eine lose aufgesetzte
Schraube weder luft- noch wasserdicht verschlossen wird.
Der
Apparat wird in einem
Graphittiegel in den erhitzten
Raum gebracht, alsdann in
Wasser geworfen, wo er vermöge seiner
Konstruktion
von selbst die Mündung nach abwärts kehrt; durch Wägung des eingedrungenen
Wassers erfährt man das
Volumen der durch
Ausdehnung
entwichenen
Luft, woraus sich leicht die
Temperatur berechnen läßt, welcher der
Apparat ausgesetzt war. Durch
Erman und
Herter
wurde die Einrichtung dieses Pyrometers
verbessert. Auf der
Ausdehnung fester
Körper beruht das Metallpyrometer
von
Daniell. In Graphitmasse eingebettet liegt ein Platinstab, welcher, indem er sich stärker ausdehnt als jene, eine Porzellanstange
verschiebt und dann liegen läßt. Durch eine Art
Fühlhebel wird diese
Verschiebung nach dem Erkalten gemessen und aus der
bekannten
Ausdehnung des
Platins die
Temperatur berechnet. Das auf demselben
Prinzip beruhende Pyrometer
von
Petersen
[* 1]
(Fig. 2) besteht aus einem Platinstab
a, der am Ende b einer Eisenröhre befestigt ist und sich mit seinem andern Ende in
einen Eisenstab c fortsetzt.
Der Teil der
Röhre mit dem Platinstab wird der zu messenden
Hitze ausgesetzt. Der Eisenstab c wirkt auf den kürzern
Arm
eines
Hebels, dessen längerer, mit gezahntem
Bogen
[* 7] versehener
Arm ein kleines
Getriebe
[* 8] mit dem Zeiger d in
Bewegung setzt, der
auf einem empirisch geteilten
Gradbogen die Hitzegrade angibt. Wedgewoods Thonpyrometer
beruht auf der
Eigenschaft mancher
Thonarten, beim Erhitzen zu schwinden; es besteht aus einer Anzahl kleiner Thoncylinder und einer Vorrichtung,
die
Dicke derselben zu messen.
Diese Vorrichtung wird von einer Messingplatte mit zwei
Leisten gebildet, deren
Abstand an einem Ende 0,5
Zoll (engl.) beträgt
und gleichmäßig bis 0,3
Zoll abnimmt, und zwischen denen die Thoncylinder um so weiter hineingeschoben werden
können, je
mehr sie in der
Hitze geschwunden sind. Die ungleiche Zusammenziehung verschiedener Thonarten und die
Unregelmäßigkeit des Schwindens, wodurch die
Cylinder sich verziehen, hindern jede Genauigkeit. Nach
Weinhold sind überhaupt
alle Pyrometer
, welche sich auf die Volumveränderungen fester
Körper gründen, unzuverlässig.
Namentlich gilt dies auch von jenen Metallpyrometern
, deren Angaben auf der Formveränderung eines aus zwei verschiedenen
Metallen zusammengenieteten Doppelstreifens beruhen, wie z. B. von
dem Spiralpyrometer
von Öchsle.
Bessere Temperaturangaben liefern kalorimetrische
Versuche; eine
Kugel von
Platin oder
Eisen
[* 9] (Schmiedeeisen ist dem
Platin vorzuziehen) wird, nachdem
sie der zu messenden
Hitze ausgesetzt worden ist, in eine gewogene
Wassermenge gebracht und aus der Temperaturerhöhung der letztern und der spezifischen
Wärme
[* 10] der
Kugel
die gesuchte
Temperatur berechnet.
Prinsep benutzte zur Beurteilung hoher Wärmegrade die Schmelzpunkte von Metalllegierungen; Goldsilberlegierungen mit regelmäßig steigendem Goldgehalt und Silberplatinlegierungen mit steigendem Platingehalt wurden zu Blech ausgewalzt und kleine Stückchen davon in Grübchen auf eine Thonplatte gelegt. Die Legierungen bilden gleichsam die Skala eines Thermometers, und das successive Schmelzen der Legierungen gibt Anhaltspunkte zur Beurteilung der erreichten Temperatur; von einem eigentlichen Messen der letztern kann aber deswegen nicht die Rede sein, weil die Schmelzpunkte der Legierungen unbekannt und die von Prinsep darüber gemachten Annahmen nicht stichhaltig sind.
Das Marmorpyrometer
von Lamy beruht auf der Voraussetzung, daß der
Druck der
Kohlensäure, welche sich
in der
Hitze durch die Dissoziation des kohlensauren
Kalks entwickelt, nur von der
Temperatur abhängig sei. Schinz suchte aus
der
Temperatur an der Außenfläche eines
Ofens und aus der Wärmeleitungsfähigkeit des Ofenmaterials die in demselben herrschende
Temperatur zu bestimmen. Nachdem schon
Pouillet ein thermoelektrisches
Element aus
Gold
[* 11] und
Platin zu pyrometrischen
Messungen angewendet (thermoelektrisches Pyrometer
), glaubte
Becquerel mit einem solchen aus
Platin und
Palladium bessere
Resultate
zu erzielen, deren Richtigkeit jedoch von
Saint-Claire
Deville und Troost bestritten wurde.
Becquerel suchte ferner die
Temperatur
glühender undurchsichtiger
Körper, wie
Platin,
Magnesia,
Kohle, zu bestimmen, indem er die
Intensität des
von ihnen ausgestrahlten
Lichts bestimmter
Farbe (z. B. des roten, durch ein
Rubinglas gegangenen) mit einem Polarisationsphotometer
(s.
Photometrie,
[* 12] S. 27) maß und mittels einer
Formel, welche das Ausstrahlungsgesetz ausdrückt, die
Temperatur berechnete
(optisches Pyrometer
).
Schon
Cagniard-Latour hatte die durch Änderung der Schallgeschwindigkeit bedingte Höhenänderung des
Tons
einer
Pfeife zu Temperaturbestimmungen vorgeschlagen; dieses akustische Pyrometer
wurde neuerdings von
Alfred
Mayer wieder in Anregung gebracht, jedoch nicht bis zur technischen Brauchbarkeit ausgebildet. Nach
Weinhold ist von den fertig
zu beziehenden Pyrometern
nur das Widerstandspyrometer von
Siemens brauchbar und zuver-
[* 1]
^[Abb.: Fig. 1.
Petersens Gewichtspyrometer.
[* 1]
Fig. 2.
Petersens Metallpyrometer.]
¶
mehr
lässig. Dasselbe gründet sich auf die Thatsache, daß der galvanische Widerstand mit der Temperatur wächst, und besteht aus einer Batterie von sechs Leclanché-Elementen [* 13] (Fig. 3, B), einem Kommutator C, zwei Voltametern V und V1 und zwei Widerständen, deren einer N aus Neusilberdraht besteht und die gewöhnliche Temperatur behält, während der andre P, ein auf einen Porzellancylinder gewickelter Platindraht, der zu messenden Temperatur ausgesetzt wird.
Die Drahtverbindungen zwischen diesen einzelnen Teilen sind in der schematischen [* 13] Fig. 3 angedeutet. Die Teile C, N, V, V1 sind auf einem gemeinschaftlichen Stativ befestigt, die drei Leitungsdrähte c, x und x1 ^[x1] in einem Kabel vereinigt. Wenn der Widerstand P durch Erwärmung des Platindrahts zunimmt, so entwickelt sich in dem Voltameter [* 14] V1 weniger Knallgas als in dem Voltameter V. Bezeichnet man mit V und V1 die in den gleichnamigen Voltametern in gleicher Zeit entwickelten Knallgasmengen und mit Rt ^[Rt] den der Temperatur t (Celsiusgrade) entsprechenden Widerstand der Platinrolle, so ist Rt ^[Rt] = 20 V/V1 ^[V/V1] - 3, und die Temperatur kann nun aus der Formel Rt ^[Rt] = R0 (α ^ T + βT + γ), worin T die absolute Temperatur (T = t + 273), ^[R0] (= 10 Siemens-Einheiten) den Widerstand der Platinrolle bei 0° bedeutet und α = 0,039369, β = 0,00216407, γ = -0,24127 ist, berechnet oder bequemer aus einer nach dieser Formel berechneten Tabelle entnommen werden.
Vgl. Bolz, Die
Pyrometer
(Berl. 1888).