Pyramīden,
Bezeichnung für Bauwerke nach ihrer Grundform (meist vierseitige
Pyramide). Am bekanntesten sind die Pyramiden
der
alten Ägypter,
Gräber der Pharaonen, welche, mehr oder weniger gut erhalten, am Abhang der
Libyschen Wüste auf der Westseite
des
Nils stehen und über eine etwa 30 km weite
Strecke in einer Anzahl von
ca. 80 verteilt sind. Die nördlichsten
stehen bei
Abu Roasch,
Kairo
[* 2] gegenüber; dann folgen die berühmtesten bei
Gizeh, ferner jene bei
Zauiet el
Arrian,
Riga,
[* 3] Abusir,
Sakkara und Dahschur und, weiter südwärts, noch einige vereinzelt.
Die Form und Einrichtung dieser Pyramiden
ist sehr einfach und im allgemeinen übereinstimmend, an
Größe und
Material dagegen sind sie sehr verschieden. Mäßige
Dimensionen wechseln mit den riesigsten Verhältnissen, sorgfältig bearbeitete
Steine mit rohen
Blöcken und
Mauerwerk aus
Ziegeln von Nilschlamm. Der
Bau der Pyramiden
, welche stets genau nach den Himmelsrichtungen
orientiert sind, wurde zunächst in mäßigen
Dimensionen begonnen, weil der König, welcher sich damit
ein Denkmal errichtete, vor allem die Vollendung desselben gesichert wissen wollte.
War eine Pyramide vollendet, und glaubte der König noch lange genug zu leben, so ließ er einen Mantel, eventuell mehrere um dieselbe legen. Da man sich mit der Vollendung der spätern Ummantelungen zuweilen beeilen mußte, so erklärt es sich, daß dann der Kern sorgfältiger als der Mantel ausgeführt ist. Es finden sich sogar Beispiele, daß der erstere aus Stein, der letztere aus Ziegeln besteht. Wurde ein König während der Ausführung durch den Tod überrascht, so wurde die Pyramide schnell oder gar nicht beendet.
Die Pyramiden
wurden in Form hoher
Stufen erbaut, dann deren
Absätze ausgefüllt und zuletzt die äußere Bekleidung,
meist aus polierten Granitblöcken bestehend, aufgelegt. Im
Grunde der
Pyramide, zumeist in den Felsboden eingehauen und mit
wohlgefugten
Quadern bekleidet, befindet sich die Grabkammer, worin der
Sarkophag
[* 4] mit dem mumifierten ^[richtig: mumifizierten]
Leichnam des
Königs stand. Ein schmaler
Gang,
[* 5] je nach
Bedürfnis horizontal oder sich senkend, in den
Fels
gehauen oder in dem
Mauerwerk ausgespart, führt von der Außenseite nach der Grabkammer.
War der
Leichnam in der
Pyramide beigesetzt, so wurde die Grabkammer durch ein gewaltiges Fallthor aus
Granit geschlossen, der
Gang selbst durch kolossale
Blöcke verrammelt und die Mündung des
Ganges an der Oberfläche der
Pyramide
durch die Bekleidung unkenntlich gemacht. Trotz dieser mehrfachen
Versicherung sind die Grabkammern der Pyramiden
durch die Araber
größtenteils ausgeraubt worden. Die ältesten Pyramiden
findet man unter denen von Dahschur. Die beiden größten
derselben stammen wohl aus der dritten ägyptischen Königsdynastie.
Der vierten Dynastie gehören die Pyramiden
von
Gizeh an, welche schon im
Altertum zu den Wunderwerken der
Welt
gerechnet wurden (s. Tafel
»Baukunst
[* 6] III«,
[* 7] Fig. 1, 2). Von den drei kolossalen Pyramiden
, welche sich dort
auf einem ausgedehnten Totenfeld neben vielen kleinen
Denkmälern erheben, ist die älteste diejenige des Schafra (Chefren),
deren
Basis 222
m und deren
Höhe 242 m, die größte diejenige des
Chufu
(Cheops), deren
Basis 240
m und deren
Höhe 151 m mißt.
Letztere besitzt drei Grabkammern in verschiedener
Höhe, wovon die unterste 30 m unter der
Basis liegt, die
mittlere ganz mit poliertem
Granit ausgekleidet ist.
Die Zugänge verzweigen sich. Die
Pyramide des Mencheres (Mykerinos) ist zwar kleiner als die beiden andern,
aber durch sehr solide Bauart ausgezeichnet. In ihrer Grabkammer wurde der
Sarkophag des
Königs noch vorgefunden und herausgenommen,
ging jedoch auf seinem
Transport nach
England unter, während die
Mumie des
Königs mit ihrem hölzernen Behälter ins
Britische Museum gelangte. Die Pyramiden
von
Sakkara, von welchen die größte mit sechs
Stufen von je 10 m
Höhe erhalten ist und die
Stufenpyramide genannt wird, gehören der fünften und sechsten Dynastie an. Während die seit
Jahrhunderten zugänglichen
Pyramiden
aller
¶
mehr
inschriftlichen Aufzeichnungen entbehren, sind die innern Kammern der Pyramiden
von Sakkara mit hieroglyphischen Inschriften reich
ausgestattet. Nach dem Vorbild der ägyptischen Pyramiden
wurden später auch von den alten Römern und andern Völkern Grabmäler
in Pyramidenform
erbaut. So ist in Rom
[* 9] ein solches Grabmal des Gajus Cestius noch erhalten.
Vgl. »Description de l'Égypte. Antiquités«, Bd. 5: Vyse, The pyramids of Gizeh (Lond. 1839-42, 3 Bde.);
Lepsius, Über den Bau der Pyramiden
(in den »Monatsberichten der Berliner
[* 10] Akademie der Wissenschaften«, 1843), und besonders Petrie,
The pyramids and temples of Gizeh (2. Aufl., Lond. 1885).