Psyche
,
das griech. Wort für Seele. Diese wird in der griech.
und griech.-röm. Kunst als zartes Mädchen, zuerst wohl mit
Vogel-, dann mit Schmetterlingsflügeln und
als
Schmetterling
[* 2] dargestellt. Ein Erzeugnis der philosophierenden
Dichtung des spätern Hellenismus ist die Erzählung von
Eros
[* 3]
(Amor) und Psyche
, die bald von Eros hoch beglückt, bald gepeinigt wird, nicht eigentlich ein
Mythus, sondern eine wohl auf
Platonischen
Vorstellungen von der menschlichen Seele beruhende
Allegorie, die zahlreichen Kunstwerken zu
Grunde liegt. -
Vgl. O. Jahn (in den «Archäol. Beiträgen», Berl. 1847);
Collignon, Essai sur les monuments grecs et romains relatifs au mythe de Psyché
(Par. 1877);
Stephani (im «Compte rendu de la Commission archéologique de St.-Pétersbourg» für 1877);
Friedländer,
Über das
Märchen
von
Amor und Psyche
(in den
«Darstellungen aus der Sittengeschichte
Roms», Bd. 3, 5. Aufl.,
Lpz. 1882);
Wolters (in der «Archäol.
Zeitung», Berl. 1884), und besonders Zinzow, Psyche
und Eros
(Halle
[* 4] 1881).
Nicht viel mehr als die
Namen
Amor und Psyche
hat mit jener Erzählung ein von
Apulejus erzähltes anmutiges
Märchen gemein, das sich auch bei andern indogerman. Völkern wiederfindet. Psyche
, eine Königstochter, wurde
wegen ihrer Schönheit für
Venus selbst gehalten und wie eine Göttin verehrt. Dies erregte den Neid der
Venus, die dem
Amor
gebot, ihr Liebe zu einem unebenbürtigen
Menschen einzuflößen. Auf den
Spruch eines Orakels wurde Psyche
auf
den Gipfel eines
Berges geführt und von hier trug sie ein sanfter
Wind in ein anmutiges
Thal
[* 5] hinab, wo sie in einen prächtigen
Palast gelangte, in welchem
Amor, der sie selbst sich erkoren hatte, sie nachts, ungesehen und unerkannt, besuchte. Sie wäre
glücklich gewesen, wenn sie
Amors Warnung
¶
mehr
befolgt hätte, ihn nicht sehen zu wollen. Allein sie glaubte ein Ungeheuer in ihm zu umarmen und beleuchtete mit einer Lampe
[* 7] den Schlafenden, entdeckte den schönsten der Götter und ließ vor freudigem Schreck einen Tropfen heißes Öl auf ihn fallen.
Amor erwachte und entfloh. Nun irrte Psyche
nach ihrem Geliebten forschend überall umher
und kam dabei auch in den Palast der Venus, welche ihr die schwersten Arbeiten auferlegte. Aber Psyche
fand dabei wunderbare Hilfe.
Auch die letzte gefährlichste Aufgabe, von Proserpina aus dem Schattenreich eine Büchse mit Schönheitssalbe zu holen, bestand
sie, aber auf dem Rückwege öffnete sie die Büchse, und der Dampf,
[* 8] der hervordrang, betäubte sie. Erst
die Berührung mit Amors Pfeil brachte sie ins Leben zurück. Darauf wurde sie von Jupiter mit Unsterblichkeit begabt und ihre
Vermählung mit Amor im Beisein aller Götter gefeiert. Sie gebar dem Amor eine Tochter, Voluptas (die Lust), über die künstlerischen
Darstellungen des Mythus s. Eros.
Psyche
ist auch der Name des 16. Planetoiden.