Titel
Prutz
,
1) Robert Eduard, Dichter und Litterarhistoriker, geb. zu Stettin, [* 2] studierte in Berlin, [* 3] Breslau [* 4] und Halle [* 5] Philologie und Geschichte, trat in letzterer Stadt mit A. Ruge und den von ihm gegründeten »Halleschen (später Deutschen) Jahrbüchern« in Verbindung, wodurch er unmittelbar in die damalige liberale Bewegung hineingezogen wurde, und ließ sich 1841 in Jena [* 6] nieder. Damals erschien seine erste größere Arbeit, die Monographie »Der Göttinger Dichterbund« (Leipz. 1841). Seine Hoffnung, an der Universität zu Jena eine Professur zu erhalten, erfüllte sich nicht; ja, er mußte 1843 wegen eines Abschiedsgedichts an Dahlmann, das er ohne Erlaubnis der Zensurbehörde hatte drucken lassen, die weimarischen Lande verlassen. Nach Halle zurückgekehrt, nahm er hier seine historischen Studien wieder auf und begann die Herausgabe des »Litterarhistorischen Taschenbuchs« (Hannov. 1843-48, 6 Bde.),
das er mit eignen wertvollen Beiträgen zur Litteraturgeschichte ausstattete, von denen später ein Teil in den »Kleinen Schriften zur Politik und Litteratur« ¶
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(Merseb. 1847, 2 Bde.) gesammelt
erschien. Die Erlaubnis, sich als Dozent zu habilitieren, erlangte Prutz
auch in Halle nicht; ja, es ward ihm sogar die Abhaltung
von Privatvorlesungen untersagt. Als Frucht seiner historischen Studien erschien zunächst die leider nie vollendete »Geschichte
des deutschen Journalismus« (Hannov. 1845, Bd.
1). Daneben trat in seinen Dichtungen die politische Tendenz immer entschiedener hervor. Auf eine Sammlung
lyrischer, zum großen Teil erotischer »Gedichte« (Leipz.
1841, 4. Aufl. 1857) folgten bald einzeln gedruckte politische Gedichte, wie: »Der Rhein« (das. 1840),
»Ein Märchen« (das. 1841) etc., und die »Gedichte, neue Sammlung« (Zür. 1842; 3. Aufl., Mannh. 1846),
dann die Komödie »Politische Wochenstube« (Zür. 1843, 3. Aufl. 1845) sowie die historischen Dramen: »Karl von Bourbon« (1845),
»Moritz von Sachsen« [* 8] (1845),
»Erich der Bauernkönig« (gesammelt in den »Dramatischen
Werken«, Leipz. 1847-49, 4 Bde.),
welche rhetorisch-tendenziös die Stimmungen und Schlagwörter der 40er Jahre auf die Bühne brachten und augenblickliche Erfolge
errangen, die sich bei den Mängeln der Handlung und Charakteristik in späterer Zeit nicht behaupten ließen. Die »Politische
Wochenstube« zog dem Dichter eine Anklage auf Majestätsbeleidigung zu, die aber (wie es hieß, durch Humboldts Einfluß) höchsten
Orts niedergeschlagen wurde. Prutz
erhielt sogar im folgenden Jahr, als er nach Berlin gezogen war, die Erlaubnis
zu litterarhistorischen Vorlesungen, und seine Vorträge über die Geschichte der Entwickelung des deutschen Theaters fanden
zahlreiche Zuhörer.
Dagegen wurden seine Vorträge über die neueste Litteraturgeschichte nach der ersten Vorlesung in Berlin polizeilich verboten.
Prutz
übernahm darauf (1847) auf kurze Zeit die dramaturgische Leitung des Hamburger Stadttheaters, wandte
sich dann nach Dresden,
[* 9] wo er nach dem Ausbruch der Februarrevolution ungemein besuchte Vorträge über die neuesten Zeitereignisse
hielt, und im März 1848 nach Berlin, wo er in der demokratisch-konstitutionellen Partei eine hervorragende Rolle spielte.
Nach der Novemberkatastrophe lebte er in Stettin, bis er Ostern 1849 vom Minister v. Ladenberg als außerordentlicher
Professor der Litteraturgeschichte nach Halle berufen ward. Diese Stellung bekleidete er bis 1859, legte dann seine Professur
freiwillig nieder und kehrte nach seiner Vaterstadt Stettin zurück, wo er fortan wohnen blieb und starb. Noch vor
seiner Übersiedelung nach Halle waren von Prutz
ferner erschienen: »Dramaturgische Blätter« (Hamb. 1846),
»Vorlesungen über die Geschichte des deutschen Theaters« (Berl. 1847) und »Vorlesungen über die deutsche Litteratur der Gegenwart« (Leipz. 1847),
denen in den nächsten Jahren das unvollendet gebliebene Werk »Zehn Jahre. 1840-50. Geschichte der neuesten Zeit« (das. 1850-57, 2 Bde.),
»Neue Schriften. Zur deutschen Litteratur- und Kulturgeschichte« (Halle 1854, 2 Bde.),
»Goethe. Eine biographische Schilderung« (Leipz. 1856) u. a. folgten. Mit Wolfsohn hatte er 1851 die Wochenschrift »Deutsches Museum« gegründet, die von ihm bis 1866 redigiert ward (fortgesetzt von K. Frenzel). Als Lyriker trat er noch mit den Sammlungen: »Aus der Heimat« (Leipz. 1858),
»Aus goldenen Tagen« (Hamb. 1861),
»Herbstrosen« (Münch. 1864, 6. Aufl. 1879) und dem »Buch der
Liebe« (Leipz. 1869, 5. Aufl. 1883) hervor, und gerade diese
spätern Sammlungen brachten noch eine Reihe wahrhaft schöner, innig und kräftig empfundener Gedichte. Seine Laufbahn als
politischer Poet schloß Prutz
mit den Gedichten: »Mai
1866« und »Juli
1866«, von denen das erstere ihm einen Prozeß wegen Majestätsbeleidigung und eine durch die Amnestie niedergeschlagene
Verurteilung zu dreimonatlicher Gefängnisstrafe zuzog, während das zweite gewissermaßen als Symbol des großen inzwischen
durch die preußischen Siege in Böhmen
[* 10] herbeigeführten Umschwungs der öffentlichen Meinung gelten durfte.
Mit dem Roman »Das Engelchen« (Leipz. 1851, 3 Bde.)
hatte sich Prutz
erfolgreich auch der erzählenden Dichtung zugewandt, erhob sich aber in seinen spätern
Romanen: »Die Schwägerin« (Dess. 1851),
»Felix« (Leipz. 1852, 2 Bde.),
»Der Musikantenturm« (das. 1855, 3 Bde.),
»Helene« (Prag [* 11] 1860) und »Oberndorf« (das. 1862, 3 Bde.), nur in einzelnen Szenen und Stellen über die Flüchtigkeit und Seichtigkeit der Tagesschriftstellerei. Weit erfreulicher war seine litterarhistorische und kritische Thätigkeit während des letzten Jahrzehnts seines Lebens, aus welcher die Werke: »Die deutsche Litteratur der Gegenwart« (Leipz. 1859, 2 Bde.; 2. Aufl. 1860),
»Ludwig Holberg. Sein Leben und seine Schriften« (Stuttg. 1857),
»Menschen und Bücher, biographische Beiträge zur deutschen Litteratur- und Sittengeschichte des 18. Jahrhunderts« (Leipz. 1862) sowie seine Übertragung von »Holbergs ausgewählten Komödien« (Hildburgh. 1868, 4 Bde.) hervorgingen.
2) Hans, Geschichtsforscher, Sohn des vorigen, geb. zu Jena, studierte hier und in Berlin Geschichte, ward 1863 Lehrer am Gymnasium in Danzig, [* 12] 1872 an der Friedrichwerderschen Gewerbeschule zu Berlin und zugleich Privatdozent daselbst, 1877 Professor der Geschichte an der Universität zu Königsberg. [* 13] Er schrieb: »Heinrich der Löwe« (Leipz. 1865);
»Kaiser Friedrich I.« (Danz. 1871-74, 3 Bde.);
»Aus Phönicien, geographische Skizzen und historische Studien« (das. 1876),
die Frucht einer wissenschaftlichen Orientreise, die er 1874 im Auftrag des Deutschen Reichs mit Sepp unternommen hatte;
»Die Besitzungen des Deutschen Ordens im Heiligen Land« (Leipz. 1877);
»Quellenbeiträge zur Geschichte der Kreuzzüge« (Danz. 1876);
»Geheimlehre und Geheimstatuten des Tempelherrenordens« (Berl. 1879);
»Malteser Urkunden und Regesten« (Münch. 1883);
»Kulturgeschichte der Kreuzzüge« (Berl. 1883);
»Staatengeschichte des Abendlandes im Mittelalter« (das. 1885-1887, 2 Bde.);
»Entwicklung und Untergang des Tempelherrnordens« (das. 1889).