Provinzial
verfassung,
die gesetzlichen Vorschriften über die
Verwaltung einer
Provinz (s. d.).
In
Preußen
[* 2] sind diese
Normen in den Provinzial
ordnungen zusammengefaßt. Für die altpreußischen
Provinzen
Ost- und
Westpreußen,
[* 3] Brandenburg,
[* 4] mit Ausnahme von
Berlin,
[* 5]
Pommern,
[* 6]
Schlesien
[* 7] und
Sachsen
[* 8] ist die Provinzial
ordnung vom in
Kraft
[* 9] getreten. Sie wurde mit gewissen Modifikationen durch
Gesetze vom und nacheinander
auch für die
Provinzen
Hannover,
[* 10]
Hessen-Nassau,
[* 11]
Westfalen,
[* 12]
Rheinlande und
Schleswig-Holstein
[* 13] in
Kraft gesetzt.
Hiernach bildet jede
Provinz einen mit den
Rechten einer
Korporation ausgestatteten Kommunalverband zur
Selbstverwaltung seiner
Angelegenheiten. Für diesen
Zweck ist der Provinzial
verband, welcher sich aus den innerhalb der
Provinz
bestehenden Kreisverbänden zusammensetzt, zum
Erlaß von Provinzial
statuten über die ihm gesetzlich zugewiesenen Angelegenheiten
und von
Reglements über besondere Einrichtungen des Provinzial
verbandes ermächtigt. Die Feststellung dieser
Verordnungen
erfolgt auf dem
Provinziallandtag, welcher durch den König einberufen wird, und dessen Abgeordnete in den Landkreisen durch
die
Kreistage, in den
Stadtkreisen von den
Magistraten und den Stadtverordnetenkollegien gemeinschaftlich auf sechs Jahre gewählt
werden.
Außerdem kommt dem
Provinziallandtag noch besonders die Feststellung des Provinzial
haushaltsetats und
etwaniger Provinzialabgaben
zu.
Letztere werden auf die einzelnen Stadt- und Landkreise nach Maßgabe der in ihnen aufkommenden direkten Staatssteuern
mit Ausschluß der
Gewerbesteuer vom Hausierbetrieb verteilt. Zur
Wahrnehmung der laufenden
Geschäfte der
kommunalen Provinzialverwaltung wird ein vom König zu bestätigender
Landesdirektor auf mindestens sechs bis höchstens zwölf
Jahre gewählt, welchem die nötigen Provinzialbeamten beigegeben werden.
Demselben steht dabei ein Provinzialausschuß zur Seite, welcher außer dem Landesdirektor und dem Vorsitzenden aus einer durch Provinzialstatut festzusetzenden Anzahl von mindestens 7 bis höchstens 13 Mitgliedern besteht, als ständiges Organ der kommunalen Provinzialverwaltung. Der Landesdirektor sowie der Provinzialausschuß werden vom Provinziallandtag gewählt. Als staatliche Aufsichtsbehörden in Ansehung der Provinzialverwaltung fungieren die Oberpräsidenten und in höherer Instanz der Minister des Innern.
Außerdem wirken bei der Beaufsichtigung der Kommunalangelegenheiten der Kreise, [* 14] Amtsverbände und Gemeinden, beider Beaufsichtigung der Schulangelegenheiten und des Wegebaues ein Bezirksrat und in höherer Instanz ein Provinzialrat mit, von denen der erstere aus dem Regierungspräsidenten, einem von dem Minister des Innern ernannten höhern Verwaltungsbeamten und vier vom Provinzialausschuß gewählten Mitgliedern, letzterer aber aus dem Oberpräsidenten der Provinz, einem höhern Verwaltungsbeamten und fünf vom Provinzialausschuß aus seiner Mitte erwählten Mitgliedern zusammengesetzt wird.
Für die unmittelbare Verwaltung und Beaufsichtigung einzelner Anstalten sowie für die Wahrnehmung einzelner Angelegenheiten des Provinzialverbandes können besondere Provinzialkommissionen durch Beschluß des Provinziallandtag angeordnet und von diesem oder von dem Provinzialausschuß erwählt werden.
Vgl. Brauchitsch, Die neuen preußischen Verwaltungsgesetze (letzte Ausg., Berl. 1886, 4 Bde. und Nachträge);
Bornhak, Die Kreis- und Provinzialordnung des preußischen Staats (das. 1887).