Sanktion (Sanctio pragmatica), ein Edikt des Landesherrn, welches eine wichtige Staatsangelegenheit durch
ein Grundgesetz ordnet, welches unverletzlich sein und für alle Zeiten in Geltung bleiben soll. Die wichtigsten pragmatischen
Sanktionen sind: die pragmatische Sanktion Ludwigs IX., des Heiligen, Königs von Frankreich, welche derselbe 1269 zur Feststellung der Rechte der
französischen Geistlichkeit erließ (s. Gallikanische Kirche);
die pragmatische Sanktion Karls VII, Königs von Frankreich,
durch welche er 7. Juli 1438 zu Bourges nach den Beschlüssen des Baseler Konzils die Freiheiten der gallikanischen Kirche bestätigte,
von Franz I. wieder aufgehoben;
die pragmatische Sanktion des deutschen Reichstags zu Mainz von 1439, welche die Baseler Beschlüsse
annahm, aber vom römischen Stuhl später durch Konkordate wieder beseitigt ward;
die pragmatische Sanktion Kaiser Karls VI. 1724, durch die
bestimmt ward, daß alle österreichischen Lande stets ungeteilt beisammen bleiben und in Ermangelung männlicher Nachkommen
auf die weiblichen Nachkommen des Kaisers (auf Maria Theresia) und erst bei deren Abgang auf die Töchter
seines Bruders Joseph und deren männliche und weibliche Nachkommenschaft nach dem Rechte der Erstgeburt vererben sollten (vgl.
Bidermann, Entstehung und Bedeutung der Pragmatischen Sanktion, Wien 1875);
endlich die pragmatische Sanktion Karls III., Königs von Spanien,
wodurch derselbe, als er 1759 die sizilische Krone seinem dritten Sohn überließ, die Erbfolge bestimmte.
Sanktion (Sanctio pragmatica), ein Staatsgrundgesetz, das unverletzlich sein und für ewige Zeiten in Kraft
bleiben soll. Die wichtigste derartiger Urkunden ist das Gesetz, durch welches Kaiser Karl VI., da er ohne männliche Nachkommen
war, die Nachfolge unter seinen weiblichen Nachkommen ordnete. Dies Gesetz wurde von Karl VI. bereits 19. April 1713 als
Hausgesetz erlassen, aber später den Landtagen aller österr. Länder vorgelegt. Von den Ständen Niederösterreichs und Böhmens
wurde es 1720, vom ungar. Landtage, unter Verwahrung der ungar.
Verfassungsrechte, 1722, von den übrigen Landtagen in den J. bis 1724 angenommen und darauf 6. Dez. 1724 als
Grundgesetz verkündet.
In dem Gesetz war bestimmt, daß die gesamten österr. Staaten für immer ungeteilt beisammen bleiben und zunächst auf die
männlichen Nachkommen des regierenden Kaisers, in deren Ermangelung auf seine weiblichen Nachkommen, bei deren Abgang auf
die Töchter seines Bruders Joseph und deren männliche und weibliche Nachkommenschaft , jederzeit nach
dem Rechte der Erstgeburt übergehen sollten. (S. Deutschland und Deutsches Reich, Bd. 5, S. 181b, und Österreichisch-Ungarische
Monarchie, Bd. 12, S. 721a und 730a.) Zu nennen ist ferner die
von Karl VII. von Frankreich 1438 zu Bourges nach den Beschlüssen des Baseler Konzils gegebene Pragmatische Sanktion, auf
welcher die Freiheit der Gallikanischen Kirche (s. d.) beruhte; ebenso die Pragmatische Sanktion des Deutschen Reichstags zu Mainz von 1439 zur
Annahme derselben Beschlüsse; endlich auch die Pragmatische Sanktion, die Karl III. von Spanien erließ, als er 1759 den Thron beider
Sicilien seinem dritten Sohn und dessen Nachkommen abtrat.