Prætigau,
romanisch
Val Pratens (Kt. Graubünden,
Bez. Ober und Unter
Landquart). Der von der
Landquart durchflossene Prätigau
oder
das Prätigäu (pratum =
Wiese, Prätigau
= Wiesengau) ist das unterste und nach dem Hinterrheinthal grösste Seitenthal des
bündnerischen Rheingebietes. Es ist eingeschlossen vom
Rätikon im N., von der Hochwangkette im S. und
vom westl. Teil der
Silvrettagruppe im O. Diese letztere besteht aus krystallinen Felsarten, besonders Gneisen und Hornblendeschiefern.
Die bekanntesten für das Prätigau
in Betracht kommenden Gipfel sind hier das
Gross Seehorn (3123 m), der
Gross Litzner (3111
m), das
Silvrettahorn (3248 m), das
Signalhorn (3212 m) über dem
Silvrettapass (3013 m), das
Verstanklahorn (3301 m), der
Schwarzkopf
(3225 m), die
Platten- und
Ungeheuerhörner (3190, 3205, 3219, 3221, 2999 und 2995 m) und in den westl. Ausläufern einerseits
das
Canardhorn (2611 m), das
Weisshorn am
Stutz (2833 m), das
Weisshorn am Jörigletscher (3088 m), das
Pischahorn
(2982 m) und der
Mückenthälispitz (2673 m), andererseits der Aelplispitz (2690 m), die
Schiltfluh (2890 m), die
Fergenhörner
(2868 und 2851 m), der
Kessler (2840 m), der
Kessispitz (2834 m), der
Eisenthälispitz (2882 m) und der Rotbühlspitz (2855
m). Der
Piz Linard (3414 m) und
Piz Buin (3316 m) gehören zwar nicht mehr dem Prätigau
an, stehen ihm
aber doch sehr nahe und werden von ihm aus viel besucht.
Der Rätikon ist in seinem westöstl verlaufenden Hauptkamm mit Falknis (2566 m), Naafkopf (2574 m), Scesaplana (2969 m), Kirchlispitzen (2541 und 2555 m), Drusenfluh (2829 und 2828 m) und Sulzfluh (2820 m) als Hauptgipfeln ein aus Trias-, Jura- und Kreideformationen aufgebautes Kalkgebirge, dessen grandiose Wände und zum Teil sehr eigentümlich gestaltete, klotzförmige und auf den Scheiteln mehr oder weniger abgeplattete Gipfel sehr an die Dolomiten Südtirols erinnern.
Die
Vorberge des
Rätikon dagegen, wie der
Vilan (2380 m), der
Sassauna (2312 m), der
Girenspitz (2397 m),
das
Kreuz (2200 m), das
Kühnihorn (2416 m) und andere sind aus eocänen, bezw. oligocänen Tonschiefern herausmodelliert und
demgemäss meist von sanftern Formen und bis zu oberst mit blumenreichen
Matten bedeckt. Östl. der
Sulzfluh biegt der
Rätikon
nach S. um und endigt dann mit dem vielgestaltigen Gebirgsstock des
Madrishorns. Diese N.-S. streichende Kette ist eigentlich
aus drei Gebirgen zusammengeschoben: dem Prätigauer
Schiefergebirge, dem Kalkgebirge des
Rätikon-Hauptkammes und den westl.
Vorposten der krystallinen
Silvrettagruppe.
Davon ist das zweite auf das erste und das dritte auf das zweite von O. nach W. hinaufgeschoben. Das Schiefergebirge bildet die westl. Abhänge (bis über 2000 m, stellenweise bis etwa 2300 m), das Kalkgebirge ist besonders in der Scheien- und Mittelfluh (2630 und 2487 m), der Rätschenfluh (2707 m) und im Saaser Calanda (2560 m) zu erkennen, während in der Mitte dieses Zuges der Zusammenhang mehr oder weniger unterbrochen und teilweise nur durch langgezogene Kalkbänder angedeutet ist.
Das krystalline Gebirge endlich bildet die Grenzkette mit dem Madrishorn (2830 m), dem Rungspitz (2552 m) und dem Sarotlaspitz (2562 m) als Hauptgipfeln. Die Hochwangkette besteht aus denselben Schiefern wie die Vorberge des Rätikon und zeigt darum auch denselben morphologischen und landschaftlichen Charakter. Oestl. lehnt sich an sie in den Kalkgipfeln der Casanna (2561 m) und Weissfluh (2818 m) ein Gebirge an, das als eine durch das Landquartthal unterbrochene Fortsetzung der Kette Scheienfluh-Rätschenfluh erscheint und sich selber in die Strelakette fortsetzt.
Auffallend ist aber hier ein starkes Auftreten von
Serpentin im
Schwarzhorn (2672 m) und auf der diesem
anliegenden Totalp, welche Felsart im
Rätikon nur schwach vertreten ist. Auch kleinere Partien von krystallin-schieferigen
und -körnigen Gesteinen (Gneis, Granit u. a.) finden sich im
Casanna-Totalpgebirge. Der Hauptteil des Prätigaus
erscheint
so als ein auf zwei
Seiten von Kalkmauern begrenztes und von jungen Schiefern erfülltes Senkungsfeld,
dessen Füllung dann zusammengeschoben, aufgefaltet und durch Erosion zu ihrer jetzigen Gestalt ausgearbeitet wurde. So lange
die östl. Kalkmauer noch intakt war, flossen die Gewässer der
Silvrettagruppe (aus
Sardasca-, Vereina- und
Schlappinthal)
über den jetzigen Wolfgangpass nach
Davos und zur
Albula ab. Der damals noch kürzeren, aber rasch fliessenden
Landquart gelang es dann im
Lauf der Zeit, diese
Mauer durch rückwärts schreitende Erosion zu durchbrechen und damit die oben
genannten Gewässer zu sich abzulenken.
In seiner jetzigen Ausgestaltung misst der Prätigau
616 km2 Fläche und ist von der Mündungsklus bis an die Wasserscheide
der
Silvrettagruppe 40-45 km lang, wovon auf das eigentliche Thal von der
Klus bis an das Hintergehänge des obersten Thalbodens
(Alp
Sardasca) 35 km kommen. Die Breite des Hohlraums zwischen
Rätikon und Hochwangkette beträgt 20 km und hinter
Klosters
noch etwa 10 km. Im ganzen verläuft das Thal von OSO. nach WNW., der oberste und unterste Abschnitt
genau nach W. Die Senkung des Thalbodens
(Sardasca 1650 m,
Klus 580 m) beträgt etwas über 1000 m oder rund 3%, wechselt aber
natürlich mehrfach zwischen sanfter geneigten,
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flachsohligen Thalbecken und steileren schluchtartigen Partien. Die imposanteste Thalenge ist die unterste, die «Klus», mit
der der Prätigau
in das Rheinthal mündet. Hier ragen die nahe zusammentretenden Wände beinahe senkrecht, zum Teil sogar
überhängend zu bedeutender Höhe empor. Unten rauschen die trüben Fluten der Landquart durch ihr Felsenbett dahin, und
in der Höhe winken die malerischen Ruinen der Burg Ferporta oder Fragstein unter einer mächtigen überhängenden Wand hervor.
Die Kluft ist so eng, dass Strasse und Eisenbahn dem n. vom Fluss ansteigenden Fels- und Schutthang abgerungen werden mussten.
Der ganze Hang ist des drohenden Steinschlages wegen mit zahlreichen starken Holzwänden und zu unterst
mit Mauern besetzt.
Hinter der Klus öffnet sich das Thalbecken von Schiers und Grüsch, das bis zur zweiten Thalenge, dem Fuchsenwinkel, etwa 6 km lang und 0,5-1 km breit ist. Die Landquart ist hier durch Eindämmung an die linke Thalseite bis an den Fuss des meist steilen und dicht bewaldeten Landquartberges gedrängt. Früher durchzog sie den ebenen Thalboden in zahlreichen Schlingen und Armen, trat auch oft verheerend auf und hat, namentlich seit etwa 1760, allmählig die ganze Ebene mit ihren Geschieben bedeckt und so das einstige Wiesenthal in eine wüste Sand-, Kies- und Sumpffläche verwandelt.
Der neuern Wasserbautechnik ist es aber, allerdings unter grossen Opfern, gelungen, den Fluss und seine Zuflüsse (Taschinesbach und Schraubach) zu korrigieren und zugleich deren schlammreiche Fluten zu künstlicher Anschwemmung fruchtbaren Erdreichs zu benutzen, indem das Wasser in durch Querdämme abgeteilte flache Becken geleitet und durch Kanäle und Schleusen zweckmässig verteilt und in seinem Abfluss reguliert wurde. Der Erfolg ist nicht ausgeblieben: die ganze Thalebene ist wiederum in einen schönen Wiesengrund umgewandelt, der durch fortgesetzte Bodenverbesserung und Düngung immer ertragreicher gemacht wird und auf dem auch mehr und mehr Obstbaumpflanzungen entstehen.
Die Dörfer Grüsch und Schiers breiten sich auf etwas ansteigendem Boden am Fuss der rechtsseitigen Thalwand aus und zwar grösstenteils auf dem hier abgelagerten Gehängeschutt und auf den Schuttkegeln der aus engen Schluchten hervorbrechenden Seitenbäche, wo sie die Vorteile der grössern Sicherheit, des trockeneren Untergrundes und der sonnigeren Lage geniessen. Von da steigen die breiten Gehänge in mässiger Steilheit gegen den Vilan, den Sassauna (Ochsenberg) und das Kreuz empor, bis zu oberst meist von schönen Bergwiesen und Weiden, da und dort auch von Wäldern und Waldparzellen bedeckt und auf den untern Terrassen von Dörfern, Weilern und zerstreuten Höfen besetzt. Da finden sich, weithin sichtbar, die Dörfer Seewis und Fanas und einige Weiler bei Schiers (Maria, Montagna, Fajauna und das hochtronende Stels).
Einem aufmerksamen Beobachter muss besonders die lange Flucht schöner Terrassen auffallen, die, bei Unter Fajauna beginnend, sich in annähernd gleichbleibender Höhe (770-800 m) unter Montagna-Maria-Fanas bis westl. der Ruine Solavers hinzieht und offenbar einen alten Thalboden markiert. Durch den Schraubach, den Tersierbach und den Taschinesbach ist derselbe zerstückelt. Ausserdem schneiden einige kleine Trockenthälchen, vielleicht die Abflussrinnen eines einstigen Gletscherendes, in diese Terrassen hinauf, so bei Schiers das Batinien- und das Roztöbelchen (gegen Montagna und Maria) und bei Grüsch das Töbelchen westl. der Ruine Solavers. Höher liegen die Terrassen von Marienberg, Lasein, Casellas, Brühl (ob Fanas), noch höher Stels, Spinus, Aldur und auf der andern Thalseite Cavadura, Bendlen, Heiahoh, Platten, Boden, Furna, Hinterberg, die erstern unter sich und die letztern 10 ebenfalls wohl auch je einem alten Thalboden angehörend.
Die Thalenge des Fuchsenwinkels ist bei weitem nicht so grossartig wie die Klus. Doch sind auch hier Strasse und Eisenbahn zwischen Fluss und Fels eingeengt, ja letztere durchbricht eine Strecke weit den Fels in einem Tunnel. An den Felsen dieser Partie bewundert man einerseits schöne, sich mehr und mehr abblätternde und abschälende Schichtflächen, andererseits prächtige, vielfach gewundene und zerknitterte Schichtenverbiegungen. Die O.-Seite der Schlucht wird nicht durch hochragende Felsen, sondern durch den Steilabfall der prächtigen weiten Terrasse von Lunden gebildet.
Diese Terrasse, ein alter Thalboden, ist zum Teil Fels-, zum Teil Schuttterrasse, die auf ihrer Fläche mit herrlichen Wiesen langsam gegen den Berg ansteigt, an ihrem Steilabfall aber beständig von der Landquart angeschnitten und zu fortwährendem Abbröckeln und Nachstürzen gebracht wird. Zwei kleine Wildbäche, der Seebach (vom Stelsersee) und der Buchentobelbach, zerschneiden sie in drei Stücke: Vorder, Mittel und Hinter Lunden. In verschmälerter Form lässt sich dieses Terrassengebiet bis gegen Schiers (Radals-Rossgasse) und bis Jenaz (Räte) verfolgen.
Das zweite Thalbecken, dasjenige von Jenaz, ist schon kleiner als das von Schiers. Es misst vom Fuchsenwinkel bis Fiderisau, wo die dritte Thalenge beginnt, 4 km, und die flache Thalsohle ist überall nur sehr schmal. Sie wird aber auf beiden Seiten von langgezogenen flachen Terrassen begleitet, die namentlich auf der linken Seite sanfter und in mehreren Stufen ansteigen und auch hier (wie Lunden) deutlich als alte Thalböden erscheinen. Die rechte Thalseite ist steiler, aber dennoch deutlich terrassiert.
Man kann da wohl 5-6 übereinander liegende Terrassen unterscheiden, nämlich 1. Rüte gegenüber Jenaz, 2. Buchen-Ternals-Putz-Flies, 3. Plattis-Parsott, 4. Faschneida, 5. Traza. Am Fuss dieses Gehänges strömt die Landquart dahin, an deren Ufer und damit in der eigentlichen Thalebene nur ein erst in neuerer Zeit längs der Strasse entstandener Teil von Jenaz liegt, während der ältere und grössere Teil dieses Ortes und der benachbarte Weiler Pragmartin sich auf den Terrassen der linken Seite angesiedelt haben, letzterer am Ausgang des weitläufigen und tief in das Schiefergebirge der Hochwanggruppe einschneidenden Jenazertobels.
Hoch über diesem grüsst von freier Bergeshöhe das weit zerstreute Furna mit seinem weissen Kirchlein herunter. Weiter thaleinwärts folgt die Terrasse von Fideris-Strahlegg, die durch das Fiderisertobel in zwei ungleiche Teile zerschnitten wird. Auf dem grössern Teil, einem herrlichen Wiesenplan, breitet sich das stattliche Dorf Fideris aus, auf dem kleinern der zu Fideris gehörige Weiler Strahlegg mit der gleichnamigen Burgruine am steilabfallenden untern Rand der Terrasse. Weit hinten im Tobel liegt an einer von Wildwassern und Rüfen gefährdeten Stelle das seines Eisensäuerlings wegen viel besuchte Bad Fideris.
Zwischen den Terrassen von Fideris und Putz hat die Landquart eine Art Kañon, die dritte Thalenge, eingeschnitten, in deren Grund Poststrasse und Eisenbahn auf grösstenteils künstlich abgerungener Trace, doch ohne ¶
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Tunnel, dahinziehen. Diese Schlucht ist etwa 2 km lang und kann nach dem Dörfchen am innern Ende als Dalvazzerschlucht bezeichnet
werden. Ihre Wände sind ungleich beschaffen. Auf Fideriserseite erhebt sich ein etwa 100 m hoher Waldhang, auf der andern
Seite dagegen der bis 300 m hohe Putzer Stein, eine mächtige, von steilen Runsen durchrissene und nur spärlich
bewachsene Felswand, deren höchster Punkt die Ruine der in der Geschichte des Prätigaus
bedeutsamen Burg Castels krönt.
Diese beherrschte die alte, holperige, mehrfach auf- und absteigende Thalstrasse, die von Schiers über Lunden, Jenaz (bezw. Buchen), Putz und Luzein nach Dalvazza-Küblis zog, also sowohl den Fuchsenwinkel als die Dalvazzerschlucht vermied. Ein anderer Weg ging von Jenaz über Fideris und Strahlegg ebenfalls nach Dalvazza-Küblis. Diese Orte liegen auf der Sohle des dritten Thalbeckens, das wiederum kleiner ist als das zweite. Hier mündet von N. durch eine enge Schlucht das bis an die Sulzfluh reichende Thal von St. Antönien. An den sanfter ansteigenden N.-Gehängen des Kübliserbeckens liegen der Weiler Telfsch (mit Burgruine) und die Kirchdörfer Luzein und Pany, diese zwei an der neuen Strasse, die mit weit ausholender Schlinge nach St. Antönien führt. Telfsch, Luzein, Strahlegg, Fideris gehören wieder ein und demselben Terrassensystem an. Die S.-Seite des Beckens wird durch einen hohen und steilen Waldhang gebildet, der im Winter den Orten Dalvazza und Küblis längere Zeit die Sonne entzieht, ähnlich wie der Landquartberg einem Teil von Schiers.
Hinter Küblis folgt bis Klosters Brücke ein etwa 9 km langes Défilé, halb Thal, halb Schlucht mit enger, immer tiefer sich einschneidender Flussrinne und bald steileren, bald weniger steilen Wald- und Wiesenhängen, die von vielen kleinen Wildbächen durchschnitten werden und häufigen Erdabrutschungen ausgesetzt sind, und zwar umso mehr als sie aus leicht verwitterndem Schiefer bestehen. Auch hier fehlt es nicht an Terrassen. Auf einer solchen, die genetisch mit derjenigen von Luzein-Fideris zu verbinden sein dürfte, liegt gegenüber Konters hoch über dem Thal das Dorf Saas mit seiner weitblickenden Kirche.
Die ausgeprägteste Terrasse ist die von Serneus, die nur wenig über der Landquart liegt und zum grossen Teil die Schuttablagerung aus den darüber eingeschnittenen Tobeln darstellt. Nahe dabei steht im Thalgrund selber das Schwefelbad Serneus. Die Terrasse von Saas zieht sich, schmaler werdend aber nur wenig unterbrochen, über Mezzaselva bis nach Klosters Dörfli hinein. Ihr folgt die Strasse, die von Küblis an in steilem Anstieg Saas erreicht hat. Die langsamer ansteigende Eisenbahn jedoch erreicht die Terrasse erst bei Mezzaselva.
Zahlreiche schwierige und kostspielige Sicherungsarbeiten waren da in dem wasserzügigen, zu Abrutschungen geneigten und von Wildbächen durchschnittenen Boden notwendig. Mit Klosters Dörfli betreten wir das vierte Thalbecken, das selber wieder in zwei deutlich unterschiedene Teile zerfällt. Der äussere bildet eine prächtige, sanft nach O. und NO. ansteigende Haldenlandschaft, die sich zwischen der Landquart und dem Schlappinerbach auskeilt und von den Höhen des Kessigrates und Aelplispitz überragt wird.
Der romanische Name Bosca deutet wohl auf ehemalige Bewaldung dieser Halde. Jetzt ist sie ein schöner, von bunten Blumen durchwirkter Rasenteppich, über den zahllose Hütten zerstreut sind. Auch die beiden Hauptteile von Klosters, Dörfli und Platz, breiten sich hier aus. Thaleinwärts zieht diese Halde, wenn auch sehr verschmälert, noch bis gegen Monbiel. Im ganzen aber bildet der hintere Teil des Klosterserbeckens von der Brücke bis in die Alp Novai eine schöne Thalmulde mit einem langen Streifen ebenen Thalbodens, an den sich zu beiden Seiten sanft ansteigende Halden anlehnen, die dann bald in die einschliessenden hohen und steilen Bergwände übergehen.
Bis Monbiel (1313 m) ist diese Thalstrecke noch ständig bewohnt. Weiter hinten folgen herdenbelebte Alpen, von denen besonders Pardenn und Novai durch ihre landschaftlichen Reize, durch grüne Wiesenflächen, dunkle Wälder und rauschende Wasser hervorragen und deshalb von den Klosterser Kurgästen viel besucht werden. Ein hübsches Fahrsträsschen führt von Klosters Platz über Monbiel und diese Alpweiden bis zur Alp Sardasca, ein zweites von Klosters Brücke über Aeuje zum Anschluss an das vorige, ein Fussweg ausserdem von Aeuje auf der linken Seite der Landquart ebenfalls bis nach Novai. Da Klosters selber schon 1200 m hoch liegt, finden wir hier nicht wie in den früher genannten Thalbecken noch weitere Ortschaften auf höher gelegenen Terrassen, ausgenommen etwa der kleine Weiler Selfranga (1238 m) etwas über Klosters Brücke.
Von da geniesst man, wie übrigens noch von vielen andern Punkten, einen guten Ueberblick über das ganze Becken und über die es einschliessenden Gebirge. Einen besondern, vielbewunderten Reiz verleiht diesen Landschaftsbildern der Thalabschluss durch die Silvrettagruppe mit den schönen, regelmässigen Pyramiden des Canard- und Weisshorns, dem Silvretta- und Kammgletscher und einigen der umstehenden Gipfel. Klosters gehört unbestritten zu den schönsten Gegenden Graubündens und verdankt diesem Umstand nächst seiner Höhenlage und den damit verbundenen klimatischen Vorteilen sein Aufblühen als Kurort.
Namentlich bei Klosters Brücke drängt sich eine Reihe grösserer und kleinerer Kurhäuser und Hotels zusammen, während andere, meist bescheidenere, da und dort zerstreut sind und einige auch in Klosters Dörfli sich finden. Hinter der Alp Novai folgt die letzte Thalenge, eine Waldschlucht, durch welche die junge Landquart schäumend und brausend zwischen mächtigen Blöcken sich hindurcharbeitet. Ihr entlang führt das oben genannte Fahrsträsschen mit einigen Windungen hinauf auf die oberste Thalstufe, das Sardascathal, auf dessen Kiesboden die Landquart sich hin- und herschlängelt.
Hier findet man sich in einem weiten Felsenzirkus, auf den kühne Berggestalten, wie die Verstanklaköpfe, das Gross Seehorn, der Gross Litzner und andere herunterblicken. Das Sardascathal verzweigt sich in mehrere Arme, die steil in die Eiswelt der Silvrettagruppe hinauf greifen. Sie sind alle in ihren untern Teilen schlucht- oder tobelartig verengt und steil, während sie weiter oben sich zu Hochmulden erweitern. Drei von diesen letztern sind mit Gletschern erfüllt, deren grösster der breite, in sanften Wellen ansteigende und von einem wunderbar schönen Gipfelkranz umrahmte Silvrettagletscher ist. Zu ihm steigt man auf gutem Pfad durch das Medjethäli hinauf, in dem die Silvrettahütte des S. A. C. (2344 m) als Ausgangspunkt einer grossen Reihe herrlicher Gebirgstouren steht. In der Hochmulde des Verstanklathales liegt der Verstanklagletscher, gleichsam eine Seitenkammer des Silvrettagletschers, auf der obersten Stufe des Seethales der Seegletscher. Eisfrei, aber in ihren obern Teilen mit Moränen und Schneeflecken erfüllt, sind das Thälchen der Silvretta Alp und das ¶