Prärien
(franz., »Wiesen«) nennt man nach dem Vorgang der Franzosen die ausgedehnten, baumlosen, meist mit einförmiger Pflanzendecke bekleideten Flachländer Nordamerikas, welche sich über den größten Teil des Mississippithalbeckens ausbreiten, nordöstlich zum Michigan- und Eriesee reichen und im N. weit ins britische Gebiet bis zum Saskatschewan hinübergreifen. Bis zum Fuß des Felsengebirges steigen diese Ebenen fast unmerklich zu 1000-1500 m an. Sie haben je nach Bodenbeschaffenheit und Lage ihre Eigentümlichkeiten. Im O. des Mississippi ist das Wiesenland vielfach mit Waldstrichen durchsetzt; aber die typische Prärielandschaft hat eine wellenförmige (rolling) Oberfläche, sie ist bis 1 m tief mit einer fruchtbaren Humusschicht bedeckt, auf der ein dichter Teppich von Wiesengräsern und blumenreichen Kräutern blüht.
Bäume kommen fast nur in den tief eingeschnittenen Flußthälern vor. Unter den Kräutern sind die Kompositen [* 3] und Leguminosen [* 4] am stärksten vertreten: Aster, Sonnenblume, Helianthus, wilde Hyazinthe und die Kompaßpflanze, deren Blätter dem Wanderer den Norden [* 5] andeuten. Im W. (etwa von 100° westl. L. an) nimmt mit zunehmender Dürre diese Pflanzendecke an Reichtum ab;
Büffelgras (Sesleria) und Büschelgras (bunch-grass) werden vorherrschend. Im S. bedeckt der Sage brush (eine Artemisia) weite Flächen;
Kaktusarten, darunter namentlich die Prickly Pear (»Stachelbirne«, eine Opuntia-Art),
die dornige Mezquite oder Muskeet (Algarobia) und die Yucca verbreiten sich über die dürreren Landstriche.
Eine Heideflora verdrängt endlich die
Gräser
[* 6] und Wiesenkräuter; die Prärie wird zur
»Steppe« und artet stellenweise
in eine
Wüste aus. Für die Tierwelt der Prärien
sind der amerikanische
Bison oder
Buffalo und der
Präriehund (Cynomys) am
bezeichnendsten. Nördlicher trifft man den
Elch oder
Wapiti und das Elentier
(Moose).
[* 7] Auch
Hirsche
[* 8] und
Antilopen steigen im
Herbst
von den
Bergen
[* 9] in die
Ebenen herab, um Ende des Frühjahrs wieder dahin zurückzukehren. Präriehühner und wilde
Truthühner
sind noch zahlreich. Über die Entstehung der Prärien
ist viel gestritten worden. Während einige
(wie
Whitney) den Mangel an
Bäumen der staubartigen
Beschaffenheit des
Bodens
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zuschreiben, in welchem Bäume keine Wurzel [* 11] fassen können, erklärt Lesquereux denselben durch den Säuregehalt des in Humus umgewandelten Torfbodens, und J. D. Dana sucht den Grund in klimatischen Bedingungen, vornehmlich in dem Mangel an Feuchtigkeit. So viel steht indes fest, daß die in den Präriestaaten angelegten Baumpflanzungen kräftig gedeihen.
Vgl.
R. v. Schlagintweit, Die Prärien
des amerikanischen Westens (Leipz. 1876).