Pottsches
[* 2] Übel
(Malum Pottii,
Kyphosis, Spondylarthrocace), die eiterige
Entzündung der Wirbelknochen und die daraus
hervorgehende bucklige
Verkrümmung der
Wirbelsäule. Die
Krankheit kann sich an allen
Stellen der
Wirbelsäule
zeigen und befällt vorzugsweise das
Kindes- und Jünglingsalter. Es stellt sich oft ohne jede äußere Veranlassung oder
nach einer
Verletzung oder einer
Erkältung etc. ein undeutlicher und unsteter
Schmerz in der
Wirbelsäule ein, welcher sich
steigert oder vermindert; bald beginnt eine
Verkrümmung der
Wirbel hervorzutreten, der
Gang
[* 3] wird unsicher,
zuweilen bemerkt man
Eiterungen längs des
Rückgrats und dazu eine allgemeine
Abzehrung mit
Fieber und
Schweißen.
Die häufigste
Ursache des Pottschen Übels
ist die Tuberkelkrankheit, welche sich zumal bei
Kindern gern in den
Knochen
[* 4] lokalisiert.
Der Krankheitsprozeß ist nur dann zum Stillstand zu bringen, wenn er noch nicht zu weit vorgeschritten
ist. Das allererste Erfordernis für die
Heilung ist die
Beobachtung größter und lang andauernder körperlicher
Ruhe in der
Rücken- oder Seitenlage, sobald sich die ersten Zeichen der
Krankheit bemerklich gemacht haben. Ist aus anderweitigen
Gründen
die dauernde Rückenlage nicht durchzuführen, so muß die von
Taylor angegebene
Maschine
[* 5] oder ein
Gipsverband
getragen werden.
Außerdem muß ein guter Ernährungszustand des
Patienten so lange wie möglich aufrecht erhalten werden, weil die Kranken
durch die Knochenvereiterung sehr geschwächt sind. Dies geschieht durch eine kräftige, aber leichtverdauliche
Diät
(Milch,
Eier,
[* 6]
Fleisch,
Wein) und durch den fortgesetzten
Gebrauch des
Leberthrans. Einen sehr erheblichen Erfolg hat
oft der
Gebrauch der
Solbäder
Kreuznach,
[* 7]
Kösen u. a. In vielen
Fällen erfolgt
Heilung des Übels
, indem die
Knochenkrankheit
erlischt und die
Wirbelsäule in der krankhaften
Stellung mit merklich hervortretendem
Buckel fixiert wird. Bei der
Mehrzahl
der Kranken bedingt eine gleichzeitig vorhandene tuberkulöse Erkrankung innerer
Organe einen frühzeitigen
Tod. Bei starker seitlicher
Abweichung der
Wirbel wird der Brustraum so verengert, daß die
Lungen kaum Platz darin haben,
Störungen
im
Kreislauf,
[* 8]
Blausucht entstehen, welche dann unter
¶
mehr
allgemeinen Stauungserscheinungen das Ende herbeiführen. Nur sehr leichte Grade von Schiefheit können durch Muskelzug bei fehlerhafter Körperhaltung, einseitiger dauernder Belastung, z. B. beim Tragen von Kindern auf Einem Arm, ausgebildet werden. Die seitliche Verkrümmung der Wirbel heißt Skoliosis [* 2] (Fig. 1), die Einwärtskrümmung Lordosis (Senkrücken), der seitliche und hintere Buckel Kypho-Skoliosis [* 2] (Fig. 2).
Vgl. Aronheim, Zur Pathologie und Therapie der Pottschen Kyphose (in Kunzes »Lehrbuch der prakt. Medizin« (3. Aufl., Leipz. 1877);
Derselbe, Die Skoliose in ihrer rationellen Beurteilung und Behandlung (Berl. 1873);
Bühring, Die seitliche Rückgratsverkrümmung (das. 1851);
Eulenburg, Mitteilungen aus der Orthopädie (das. 1860);
Löwenstein, Rückgratsverkrümmung und Heilgymnastik (Wien [* 10] 1869);
Schildbach, Die Skoliose (Leipz. 1872);
Lorenz, Pathologie und Therapie der seitlichen Rückgratsverkrümmungen (Wien 1886).
[* 2] ^[Abb.: Fig. 1. Kyphosis der Wirbelsäule im Brust- und Lendenteil. a Durch Verkürzung der Wirbelsäule erreichen die Rippen den Darmbeinkanal.]
[* 2] ^[Abb.: Fig. 2. Kypho-Skoliosis. b Kyphosis mit Abweichung nach rechts.]