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Hauptstadt und den
Provinzen der römischen Weltherrschaft diente. Die Hauptstützpunkte der römischen Staatspost
waren die
an bedeutendern
Handels- und Verkehrsorten errichteten mansiones (später stationes), welche zum Ausruhen und Verweilen der
Reisenden während der
Nacht dienten und meist je eine Tagereise voneinander entfernt waren. Zwischen je zwei Mansionen befanden
sich 6-8
Mutationen für den Pferdewechsel. Die
Stellung der Beförderungsmittel lag den Bewohnern der
betreffenden Post
station ob und gestattete sich zu einem schweren Frondienst für die
Bevölkerung.
[* 3] In eiligen
Fällen fanden
ganze Truppenabteilungen mit ihren Ausrüstungsgegenständen durch den cursus publicus Beförderung.
Während die römischen Post
einrichtungen durch die Wogen der
Völkerwanderung zerstört und ein späterer
Versuch des Frankenkönigs
Chlodwig und später
Karls d. Gr. zur Errichtung regelmäßiger Post
verbindungen auf Grundlage der
römischen
Fronen nur zu Einrichtungen von kurzer Dauer geführt hatte, entstand im 7. Jahrh. im
mohammedanischen Kalifenreich ein geregeltes Post
institut, das im beschränkten
Umfang auch
Privaten seine
Dienste
[* 4] lieh und
damit einen mehr gemeinnützigen
Charakter annahm.
Nach der Auflösung des karolingischen Reichs entbehrte das abendländische Verkehrswesen jeder Organisation, bis in den spätern Jahrhunderten des Mittelalters das Bedürfnis der einzelnen Lebenskreise, zunächst der Höfe und dann der geistlichen und weltlichen Körperschaften, Einrichtungen für den Nachrichtenverkehr hervorrief. Die Klöster, Abteien und geistlichen Orden [* 5] unterhielten für den Verkehr mit benachbarten Klöstern und den Sitzen des Kirchenregiments aus der Zahl der Klosterbrüder entnommene Klosterboten, welche sich ebenso wie die von den Universitäten im 12. und 13. Jahrh. unterhaltenen Universitätsboten zu einem ziemlich weit verzweigten Institut gestalteten. In einzelnen Gegenden Deutschlands [* 6] wurden auch die Metzger, welche ihre Geschäftsreisen oft auf weite Entfernungen ausdehnten, zu Besorgungen von Briefen etc. benutzt.
Die Metzgerzünfte traten untereinander in
Verbindung und schufen die sogen.
Metzgerposten. Zu weit größerer Bedeutung gelangte
das Städtebotenwesen, welches mit dem Emporblühen der
Städte und der
Entwickelung des
Handels entstand. Die städtischen
Boten waren meist zu einer
Zunft unter einem Botenmeister vereinigt; ihre Obliegenheiten waren durch Botenordnungen
geregelt.
Schon seit dem 13. Jahrh. wurde durch die Städteboten ein mehr oder weniger regelmäßiger
Verkehr zwischen den
Hansestädten unterhalten, und von diesen aus bestanden
Verbindungen über
Nürnberg
[* 7] nach
Salzburg,
[* 8]
Venedig
[* 9] und den Haupthandelsplätzen
Italiens
[* 10] sowie nach
Frankfurt,
[* 11]
Köln,
[* 12]
Lindau
[* 13] und
Augsburg.
[* 14] Eine gewisse Bedeutung
erlangte auch die Post
des
Deutschen
Ritterordens, welche vom 14. Jahrh. ab bis zur
Auflösung des
Ordens (etwa 1525) auf dem Gebiet
des
Ordens sowie mit benachbarten Gebieten regelmäßige Post
verbindung unterhielt. - Die bisher erwähnten Verkehrseinrichtungen
bildeten zwar gewisse Kernpunkte einer regelmäßigen Nachrichtenübermittelung; allein es fehlte ihnen
der Grundzug des modernen Post
wesens: die unbedingte Zugänglichkeit für jedermann.
In
Deutschland
[* 15] gründete
Franz von
Taxis 1516, nachdem schon sein
Vater
Roger I. von
Thurn und
Taxis in
Tirol
[* 16] uniformierte Post
reiter
zur Beförderung von Briefschaften aufgestellt hatte, vom
Kaiser
Maximilian I. veranlaßt, die erste wirkliche Post
zwischen
Wien
[* 17] und
Brüssel;
[* 18]
er selbst ward zum niederländischen Generalpost
meister ernannt.
Bald erweiterten die
Taxis jenen ersten Postkurs
durch Abzweigungen von
Brüssel nach
Frankreich und von
Wien durch
Tirol bis
Rom.
[* 19]
Hieran schlossen sich Post
kurse zwischen
Nürnberg,
Frankfurt a. M. und Schaffhausen,
[* 20] während sich nach
Norden
[* 21] der Taxissche Post
enlauf bis
Hamburg
[* 22] erstreckte. 1615 wurde Lamoral von
Taxis unter
Erhebung in den Grafenstand zum Reichs-Generalpostmeister
ernannt mit der
Wirkung, daß er dieses
Amt als ein neueingesetztes
Regal für sich und seine
Erben zum
Lehen erhielt. Dies war
der Anfang eines
Kampfes, den die einzelnen Landesfürsten, welche die Posthoheit in ihren Gebieten für sich in Anspruch
nahmen, gegen die Lehnsherrlichkeit des
Hauses
Taxis führten, und der bis in unser
Jahrhundert währte.
Der erste deutsche Fürst, welcher die Ordnung des Postwesens in seinen Landen selbst in die Hand [* 23] nahm, war der Große Kurfürst. Er gründete 1651 die brandenburgisch-preußische Post, welche eine hohe Entwickelung erreichte. Ihm folgten Kursachsen, Braunschweig-Lüneburg und andre Reichsstände. Die durch den Rheinbund erlangte Souveränität der Landesfürsten veranlaßte weitere Beschränkungen der Taxisschen Posten. Letztern wurde zwar bei Errichtung des Deutschen Bundes ihre Gerechtsame gewährleistet, die Errichtung von Landesposten wurde aber unter Voraussetzung entsprechender Entschädigung des Taxisschen Hauses nicht gehindert.
Bei dieser Entwickelung hatte das Postwesen in Deutschland in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts eine sehr zersplitterte Gestaltung angenommen, in Hamburg hatten sogar Schweden [* 24] und Dänemark [* 25] Postämter errichtet. Die gesteigerten Anforderungen, welche der zunehmende Verkehr stellte, machten eine engere Vereinigung der deutschen Postverwaltungen nötig. Am trat zu Dresden [* 26] eine deutsche Postkonferenz zusammen, deren Arbeiten zum Abschluß des deutsch-österreichischen Postvereinsvertrags führte, welcher ins Leben trat. Dieser Vertrag (revidiert und gestaltete die 16 vereinigten Postverwaltungen für ihren gesamten Wechselverkehr zu einem einzigen Postgebiet, dessen Verhältnisse zu dem Postvereinsausland durch eine Reihe einzelner Verträge geordnet waren.
Nach den Ereignissen des Jahrs 1866 gelang Preußen [* 27] die Beseitigung der Thurn und Taxisschen Post durch einen mit dem fürstlichen Haus. Thurn und Taxis geschlossenen Vertrag vom Wichtigere Veränderungen hatte die Errichtung des Norddeutschen Bundes zur Folge. Gemäß Abschn. 8 der norddeutschen Bundesverfassung wurde das Postwesen für das gesamte Gebiet des Norddeutschen Bundes vom ab als einheitliche Staatsverkehrsanstalt eingerichtet.
Gleichzeitig erhielt der Postverkehr mit den süddeutschen Staaten und Österreich-Ungarn [* 28] unter Auflösung des deutsch-österreichischen Postvertrags durch besondere Übereinkommen auf Grundlage weiterer Verkehrserleichterungen eine neue Regelung. Die oberste Verwaltung des norddeutschen Postwesens führte das Generalpostamt des Norddeutschen Bundes, welches eine Abteilung des Reichskanzleramtes bildete. Durch die Verfassung des neuen Deutschen Reichs (Abschn. 8, Art. 48-51) war das Postwesen für das gesamte Gebiet des Deutschen Reichs als einheitliche Verkehrsanstalt einzurichten und wurde die norddeutsche Post zu der deutschen Reichspostverwaltung erweitert. Nur Bayern [* 29] und Württemberg [* 30] blieben kraft ihrer Reservatrechte ¶
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außerhalb der Reichspost. 1876 wurde die Telegraphenverwaltung mit der Postverwaltung zu einem selbständigen ministeriellen Ressort, dem seit 1880 die Bezeichnung Reichspostamt beigelegt wurde, vereinigt.
Außerdeutsche Postverwaltungen.
Österreich-Ungarn errichtete 1615 eine eigne Territorialpost und verpachtete 1627 das Postwesen an den Grafen von Paar, bis 1720 Karl VI. das Posterblehen ablöste und den Betrieb auf den Staat übernahm. Nach der Errichtung des Deutsch-Österreichischen Postvereins nahm die österreichische Post in ihrer äußern und innern Gestaltung eine ähnliche Einrichtung wie in Deutschland an. Sowohl in Österreich [* 32] als auch in Ungarn [* 33] steht die Postverwaltung unter dem Ressort des Handelsministeriums mit einem Generalpost- und Telegraphendirektor an der Spitze. In Frankreich schuf Ludwig XI. 1464 eine Botenanstalt für die ganze Ausdehnung [* 34] seiner Krongüter, welche ausschließlich Zwecken der Staatsverwaltung diente.
Die Kurierritte wurden »postes« genannt. Diese Bezeichnung tritt hier zum erstenmal auf, und seitdem scheint das Wort »Post« auch in andern Staaten sich eingebürgert zu haben. Der erste Erlaß, welcher auf eine Umwandlung in eine gemeinnützige Anstalt im Sinn der modernen Post hindeutet, rührt von Heinrich III. aus dem Jahr 1576 her, welcher für die Beförderung von Briefen und andern Sendungen bestimmte Taxen vorschrieb und bestimmte Abgangs- und Ankunftszeiten festsetzte. 1668 wurde Louvois zum Postchef ernannt, der 1676 das gesamte Postwesen gegen eine Pacht von 320,000 Thlr. auf elf Jahre verpachtete.
Bis 1733 waren diese Pachtgelder auf die Summe von 3 Mill. Frank gestiegen. Als beim Ablauf [* 35] der letzten Pacht 1791 die Posten dem Staat anheimfielen, betrugen die reinen Einkünfte über 11 Mill. Fr. Während der nun folgenden Schreckensperiode und des Kaiserreichs zeigten die postalen Verhältnisse keine wesentlichen Fortschritte, bis sich nach der Rückkehr Ludwigs XVIII. 1815 wieder eine stetigere Entwickelung anbahnte. Das französische Postwesen wurde indes wesentlich nach fiskalischen Gesichtspunkten verwaltet, bis Frankreich 1878 dem Weltpostverein beitrat, die Taxen herabsetzte und in allen Dienstzweigen Verkehrserleichterungen herbeiführte.
Seit 1887 ist das Ressort der Post und des Telegraphen [* 36] dem Finanzminister unterstellt. In England finden sich die ersten Anfänge des Postwesens um die Mitte des 14. Jahrh. in Verordnungen des Königs Eduard III. Zur Zeit der Königin Elisabeth gab es schon reitende Boten; Jakob I. ließ eine eigne Briefpost für die Korrespondenz nach dem Ausland einrichten, und Karl I. befahl, die überseeischen und nach dem Kontinent gehenden Briefe nur durch jene Briefpost zu versenden und (1635) besondere Briefpostexpeditionen in England und Schottland zu errichten.
Die Privatposten wurden aufgehoben und die Post für ein königliches Recht erklärt. Karl I. kann daher als der eigentliche Schöpfer der englischen Postverfassung betrachtet werden. Er verpachtete das Postwesen für 7000 Pfd. Sterl. 1710 erhielt das Postwesen eine Verfassung, welche noch jetzt die Grundlage der englischen Post bildet. Ein General Post Office wurde für die drei Königreiche und die Kolonien errichtet und dem Postmaster General unterstellt. Eine durchgreifende Reform im Postbeförderungsdienst, welcher noch im 18. Jahrh. viel zu wünschen übrigließ, wurde von dem Theaterdirektor John Palmer in Bristol angeregt und fand den Beifall des Premierministers Pitt.
Unter demselben trat das Institut der Mail-coaches in Kraft, [* 37] deren erste 1784 zwischen London [* 38] und Bristol fuhr. Die Höhe des Tarifs veranlaßte jedoch vielfache Mißbräuche und Portohinterziehungen (ermöglicht durch die Privilegien einzelner Stände), so daß die Notwendigkeit einer abermaligen Reform des Postwesens allgemein anerkannt ward. 1839 kam ein von Rowland Hill (s. Hill 2) ausgegangener, hierauf bezüglicher Plan zur parlamentarischen Verhandlung, worin die Einführung des gleichförmigen Portosatzes von 1 Penny für Briefe bis zum Gewicht von ½ Unze (etwa = 14,2 g) nach allen Entfernungen innerhalb des Vereinigten [* 39] Königreichs beantragt wurde. 1840 trat das neue System ins Leben; gleichzeitig wurden die Briefmarken eingeführt, welche sich bald auch in den übrigen Kulturstaaten Eingang verschafften.
Die Folge dieser Reform war eine ungeheure Steigerung des Briefwechsels. 1861 ging die englische Postverwaltung mit der Einrichtung von Postsparkassen (s. d.) vor. Die Oberleitung der englischen Post hat das Generalpostamt (General Post Office) mit einem Postmaster General an der Spitze. Da dieser Mitglied des Kabinetts ist und bei jedem Kabinettswechsel aus dem Amt scheidet, so liegt die ständige Leitung der Geschäfte in der Hand von drei Secretaries, von welchen der erste die Postabteilung, der zweite die Finanzangelegenheiten und der dritte die Telegraphenabteilung leitet.
Die sämtlichen Postanstalten stehen (ohne Vermittelung von Provinzialbehörden, wie in Deutschland und andern Ländern mit dezentralisierter Verwaltung) unmittelbar unter dem General Post Office. In Spanien [* 40] bestanden schon zu Ende des 13. Jahrh. zünftige Vereinigungen von Boten, welchen die später auf das Postwesen übergegangen Bezeichnung Correos beigelegt wurde. Eigentliche Posten wurden erst vom Haus Taxis in der Gefolgschaft des österreichischen Kaiserhauses gegründet. Im 18. Jahrh. erhielt das Postwesen eine mehr nach französischem Muster gehaltene Organisation und wurde 1716 unter Staatsverwaltung genommen.
Italien [* 41] besitzt seit Errichtung des Königreichs ein einheitliches Postwesen. Eine erhebliche Einnahme (etwa 1 Mill. Lire) bezieht Italien durch den Transport der Überlandpost (s. d.), welche über Brindisi befördert wird und dort auf die Postdampfer nach Alexandria übergeht. Dänemark erhielt seine erste Post durch Christian IV. 1624. In Schweden erfolgte die Einführung der Posten 1636 durch die Königin Christine; fahrende Posten wurden daselbst aber erst von Karl XII. gegründet.
Norwegen hat ein selbständiges Landespostwesen. Den ersten Ursprung nahm dasselbe durch eine 1611 zwischen Christiania [* 42] und Kopenhagen [* 43] eingerichtete Briefpost. Seit 1826 sind alle an der Seeküste liegenden Handelsstädte von Frederikshall und Christiania bis Hammerfest durch ineinander greifende Dampfschiffahrten in Verbindung gesetzt. In Rußland finden sich die ersten Spuren von Postverbindung in der Mitte des 16. Jahrh. Die ersten regelmäßigen Posten wurden 1630 unter Michael Feodorowitsch eingerichtet.
Unter Peter d. Gr. ward 1711 das Postamt zu Moskau, [* 44] 1717 das zu Petersburg [* 45] gegründet, letzteres auch 1721 durch Briefposten mit Riga [* 46] in Verbindung gesetzt. 1720 wurden auch auf andern bedeutendern Straßen, namentlich zwischen Moskau und Petersburg, regelmäßige Posten errichtet, und 1775 waren bereits alle bedeutenden Städte des Reichs mit Postanstalten versehen. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika [* 47] ist das Postwesen, gleich dem schweizerischen (das bis 1849 Angelegenheit der einzelnen Kantone war), ¶
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Bundessache und wird von der Präsidialstelle aus über die ganze Ausdehnung des Staatengebiets nach einheitlichen Grundsätzen geleitet und verwaltet. Der Betrieb nahm in den Vereinigten Staaten jährlich einen namhaften Zuschuß aus allgemeinen Staatseinkünften in Anspruch, und erst in den letzten Jahren beginnen die Einnahmen und Ausgaben der amerikanischen Post im Gleichgewicht [* 49] zu bleiben. In Asien [* 50] bestehen nach europäischem Muster eingerichtete Postverwaltungen, abgesehen von denen in Russisch-Sibirien, in Britisch- und Niederländisch-Indien, in Japan, [* 51] in Siam (wo die Post seit 1885 durch einen deutschen Postbeamten organisiert worden ist), ferner in Persien, [* 52] wo die Grundlage der Verwaltung von einem österreichischen Beamten gelegt wurde.
China hat keine Post im modernen Sinn; es bestehen nur ausschließlich zur Beförderung von Staatsdepeschen dienende Kurierverbindungen zwischen Tiëntsin und Peking [* 53] sowie nach den wichtigern Provinzialhauptstädten. Außerdem werden von England Postämter in Hongkong und Schanghai [* 54] und von Deutschland eine Postanstalt in Hongkong unterhalten. Das Postwesen von Kotschinchina und Tongking [* 55] ist von der französischen Kolonialregierung organisiert, ferner unterhält Frankreich Postämter in Beirut (Syrien) sowie in Tschandarnagar, Ponditscherri und Karikal in Ostindien. [* 56] In Australien [* 57] haben die einzelnen Kolonien Posten nach englischem Muster. Deutsche [* 58] Postanstalten befinden sich in Apia und Tongatabu. Afrika [* 59] hat postalische Einrichtungen in den verschiedenen Kolonien in Verbindung mit den Postanstalten der Mutterländer sowie eine selbständige nach englischem Vorbild eingerichtete Post in Ägypten. [* 60]
Neuere Entwickelung des Postwesens.
In dem deutschen Reichspostamt werden die Geschäfte unter Leitung des Staatssekretärs durch drei Abteilungen (mit je einem Ministerialdirektor an der Spitze) geführt, von denen die erste die posttechnischen, die zweite die telegraphentechnischen und die dritte die gemeinsamen Angelegenheiten bearbeiten. Um den Verwaltungsorganismus für erweiterte Aufgaben zu befähigen, wurde die Verwaltungsorganisation, nach welcher sich die Geschäfte zwischen der Zentralbehörde und den 40 Oberpostdirektionen als Mittelbehörden teilen, im Sinn einer erweiterten Dezentralisation revidiert.
Durch Errichtung neuer Klassen von Postanstalten mit einfachern Betriebsverhältnissen, Postagenturen und Posthilfsstellen (s. Postanstalten) wurden die Segnungen des regelmäßigen Postdienstes weiten, bisher nicht in das Postnetz hineingezogenen Landstrichen zugänglich gemacht. Die Zahl der Reichspostanstalten, welche noch 1872: 4927 betrug, ist dadurch bis 1888 auf 17,800 vermehrt worden;
sie beträgt unter Hinzurechnung der Reservatstaaten Bayern und Württemberg rund 20,000 und übersteigt diejenige jedes andern europäischen Landes.
Das Postrecht (s. d.) wurde einheitlich kodifiziert, dabei der Postzwang (s. d.) und der Begriff der Postübertretungen (s. d.) wesentlich beschränkt und der Entstehung regelmäßiger Privatpersonen-Fuhrgelegenheiten zum Ersatz für die Personenposten Vorschub geleistet. Hand in Hand mit der örtlichen Ausbreitung des Post- und Telegraphendienstes ging eine durchgreifende Reformierung der Tarife (s. Porto), insbesondere auch des Päckereitarifs (s. Postpaketverkehr), wodurch dem Päckereiverkehr ein bedeutender Aufschwung verliehen wurde.
Der Briefverkehr erfuhr eine wichtige Erleichterung durch die Einführung der Postkarte (s. d.). Der litterarische Austausch wurde durch Einführung von Bücherbestellzetteln gegen ermäßigtes Porto, Einrichtung einer Bücherpost durch Erhöhung des Meistgewichts der Drucksachen um das Vierfache (auf 1 kg), durch Zulassung von Drucksachen als außergewöhnlicher Zeitungsbeilagen und durch Erleichterungen in dem postmäßigen Zeitungsvertrieb gefördert.
Erhebliche Ausbreitung erfuhr der bankmäßige Verkehr der Post durch Erweiterung des Postanweisungsdienstes (s. Postanweisungen) und Einführung des Postauftragsverkehrs (s. Postauftrag). Der Landpostdienst erhielt eine durchgreifende Reform, durch welche das Netz der Landpostverbindungen so eng gezogen worden ist, daß jeder Ortschaft und ländlichen Niederlassung die Wohlthat einer beschleunigten Zuführung der Postsendungen und einer täglich mindestens ein- bis zweimaligen Postverbindung zu teil geworden ist.
Der Verkehr innerhalb der Reichshauptstadt wurde durch die seit 1876 erfolgte Einrichtung einer Rohrpost (s. d.) erleichtert. Der technische Postdienst wurde in allen Zweigen systematisch reformiert, und es wurden für die Behandlung der Postsendungen neue Expeditionsformen geschaffen, welche eine beschleunigte Expedition mit verhältnismäßig geringem Beamtenaufwand herbeiführen. Zur Förderung der Lage des zahlreichen Beamtenpersonals (1887: 88,606 Köpfe) wurden Wohlfahrtsanstalten geschaffen, namentlich die Postarmen- und Unterstützungskasse, eine Poststerbekasse, Vermittelung von Lebensversicherungen auf Grundlage von Verträgen mit bewährten Lebensversicherungsgesellschaften unter Gewährung von Zuschüssen aus der Postkasse, Kleiderkassen für die Unterbeamten, gleichfalls mit finanziellen Beihilfen seitens der Verwaltung, Spar- und Vorschußvereine auf Grundlage gegenseitiger Selbsthilfe der Beamten (1887: 67,015 Mitglieder mit einem ersparten Vermögen von 15,079,068 Mk.), endlich eine von Überschüssen aus der Verwaltung der Post in den französischen okkupierten Gebietsteilen während des Kriegs 1870/71 gebildete und inzwischen durch Schenkungen bedeutend angewachsene Kaiser Wilhelm-Stiftung für die Angehörigen der Reichspost- und Telegraphenverwaltung (Grundkapital 1887: 562,300 Mk.) mit dem Zweck der Förderung des geistigen und materiellen Wohls der Beamten. - Ein von dem System in andern Verwaltungszweigen abweichendes Verfahren beobachtet die deutsche Reichspost in der Heranbildung des Personals für den höhern Verwaltungsdienst, indem eine Übernahme von ausschließlich juristisch oder mathematisch-technisch vorgebildeten Beamten (wie beispielsweise bei der Eisenbahnverwaltung) in den höhern Verwaltungsdienst nicht stattfindet, die höhern Stellen vielmehr durch Berufsbeamte aus der Klasse der Posteleven (s. Postbeamte) besetzt werden. Die für den höhern Dienst bestimmten Beamten erhalten ihre Ausbildung in einer seit 1879 in Berlin [* 61] errichteten Post- und Telegraphenhochschule.
Die bahnbrechenden Reformen im deutschen Postwesen machten ihren Einfluß auf die vertragsmäßigen Beziehungen zu ausländischen Postverwaltungen geltend. Bis 1874 wurden vom Reichstag des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs 24 Postverträge durchberaten, bei welchen Deutschland stetig das Ziel verfolgte, die Verträge von der einseitigen Herrschaft fiskalischer Rücksichten zu befreien und den Interessen der verschiedenen Verwaltungen eine einheitliche Richtung zu geben. Diese Bemühungen führten eine bedeutende Vereinfachung des Inhalts der Postverträge und eine Annäherung der internationalen Portotaxen herbei und veranlaßten den Staatssekretär v. Stephan, das Zusammentreten ¶