Posen
3 Seiten, 5'006 Wörter, 36'591 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Posen,
Posen,
ehemaliges Bistum des Königreichs Polen, wurde 968 vom Herzog Mieczyslaw I. gestiftet und zunächst dem Erzbistum Magdeburg, [* 3] seit dem Ende des 12. Jahrh. Gnesen unterstellt. Sein Sprengel umfaßte das Warthegebiet zwischen der Oder und mittlern Netze nebst dem Archidiakonat Warschau. [* 4] Nach der ersten Teilung Polens wurde letzteres 1773 abgetrennt, 1821 die russisch-polnischen Gebiete dem Bistum Kujavien-Kalisch überwiesen. Das Bistum ward zwar zu einem Erzbistum erhoben, aber mit Gnesen vereinigt. In dieser Diözese machten sich die Folgen des Kulturkampfes am meisten fühlbar, indem seit 1873 mehr als ein Viertel der Geistlichen durch Tod oder Maßregelung aus dem Amt schied und nur wenige Pfarreien mit staatstreuen Geistlichen besetzt werden konnten. Erst nachdem der 1874 abgesetzte Erzbischof Ledochowski auf das Bistum verachtet hatte und 1886 ein Deutscher, Dinder, zum Erzbischof ernannt worden war, wurden wieder geordnete Zustände hergestellt.
Posen
[* 2] (hierzu
Karte
»Provinz Posen«
),
preuß.
Provinz (Großherzogtum), nach
Auflösung des Großherzogtums
Warschau aus dem größten Teil des vormaligen
Departements Posen
und Teilen der vormaligen
Departements
Bromberg
[* 5] und
Kalisch
[* 6] gebildet,
grenzt gegen N. an die
Provinz
Westpreußen,
[* 7] gegen O. an
Polen, gegen
S. an
Schlesien
[* 8] und gegen
W. an
Brandenburg
[* 9] und hat einen
Flächenraum von 28,958 qkm (525,93 QM.).
Die
Provinz liegt im Norddeutschen Tiefland und zwar zwischen den beiden Landrücken desselben; der Norddeutsche Landrücken
tritt mit ziemlich hohem
Abfall von N. her an das Netzethal heran (Lichberge bei Netzthal 194 m hoch), während der
Märkisch-Schlesische
Landrücken aus
Schlesien einige Höhenzüge nach Posen
hineinsendet, unter denen der in der südöstlichen
Spitze (im
Kreise
[* 10]
Schildberg) bis über 200 m ansteigt.
Der innere Teil der Provinz ist eine Platte von durchschnittlich 80-120 m Höhe, durch welche die Warthe in einem breiten Thal [* 11] zieht, und in welcher das Obrabruch, 40 km lang, 8 km breit, nach frühern vergebliche Versuchen 1850-60 entwässert, eine tiefe Einsenkung bildet. Ferner durchziehen diese Platte in Thälern die Obra und die Netze, und nennenswerte Brücher sind noch das Konczabruch bei Polajewo im Kreis [* 12] Obornik und das Parchaniebruch unweit der obern Netze im Kreis Inowrazlaw. Von höchster Bedeutung ist die 6-8 km breite Einsenkung, die den nördlichen Teil der Provinz von O. nach W. durchzieht, durch welche ehemals die Fluten der Weichsel einen Ausweg nach W. fanden, und in ¶
Maßstab [* 14] = 1:1100000.
Regierungssitze sind doppelt, Kreissitze einfach unterstrichen.
Verbreitung der Polen:
Über 80% der Bevölkerung [* 15] sprechen polnisch.
50-80% der Bevölkerung sprechen polnisch.
20-50% der Bevölkerung sprechen polnisch.
Anschluß s. Karte »Brandenburg«
Anschluß s. Karte »Polen und [* 16] Westrußland«
Anschluß s. Karte »Ost- und [* 7] Westpreußen«
Umgebung von Posen.
Maßstab 1:240000
welcher gegenwärtig durch den Bromberger oder Netzekanal eine Verbindung zwischen Netze und Brahe (Oder und Weichsel) besteht. Die Hauptflüsse sind: die Warthe, Netze und als Grenzfluß gegen Westpreußen die Weichsel mit der Brahe. Die Netze, welche außerhalb der Provinz in die Warthe mündet, empfängt hier die Küddow und auf der brandenburgischen Grenze die Drage. Die Warthe erhält rechts die Welna und links die Prosna (auf der polnischen Grenze) und die Obra.
Die Landseen sind zahlreich; die größten derselben (der Goplo-, Skorzenciner und Powidzer See) liegen an der obern Netze,
von hier hinüber zur Scheide gegen die Warthe und an der polnischen Grenze in der Abdachung zu dieser selbst.
Die mittlere Jahrestemperatur beträgt in Posen
8 und in Bromberg 7,7° C.; der Winter ist rauh, die Regenmenge nicht sehr
beträchtlich (jährlich 50-52 cm). Die Zahl der Einwohner belief sich 1885 auf 1,715,618 Seelen (59 auf 1 qkm, darunter 531,722
Evangelische, 1,131,869 Katholiken, 1143 sonstige Christen und 50,866 Juden).
Die Evangelischen sind überwiegend in den nördlichen und westlichen Grenzkreisen, am wenigsten zahlreich in den Kreisen an der
obern Warthe. Nach der Sprache
[* 18] gibt es etwa 725,000 Deutsche
[* 19] und 880,000 Polen. Über 80 Proz. beträgt die polnische Bevölkerung
in den Kreisen Wreschen, Pleschen, Adelnau und Schildberg, unter 20 Proz. in den Kreisen Meseritz und Czarnikau.
Die größern Städte haben eine überwiegend deutsche Bevölkerung (Gnesen selbst noch 55 Proz.). Um das deutsche Element auf
dem Land zu mehren, ist durch Gesetz vom eine Ansiedelungskommission in der Stadt Posen
errichtet, welche die
Aufgabe hat, Güter von polnischen Besitzern anzukaufen, zu parzellieren und an deutsche Kolonisten zu veräußern.
Von der Gesamtfläche entfallen auf Ackerland und Gärten 61,8, auf Wiesen 8,0, auf Weiden 5,2 und auf Waldungen 20,2 Proz. Der Großgrundbesitz ist hier fast so stark wie in Pommern [* 20] vertreten. Auf ihn kommen, wenn man ihm die Besitzungen von mehr als 100 Hektar Größe zurechnet, 55,3 Proz., auf den eigentlichen Bauernstand mit Grundstücken von 10-100 Hektar nur 32,5 Proz. vom Grundbesitz überhaupt. Außer dem Anbau von Getreide, [* 21] Hülsenfrüchten und Kartoffeln ist der des Hopfens von hervorragender Wichtigkeit (1883 auf 2094 Hektar), welchem in weitem Kreis um Neutomischel herum große Landstriche gewidmet sind; Weinbau wird in der südwestlichen Ecke bei Bomst betrieben.
Die ansehnlichsten Waldungen, fast nur aus Nadelhölzern bestehend, finden sich zwischen Warthe und Netze an der Westgrenze
und im Kreis Bromberg im Anschluß an die Tuchelsche Heide in Westpreußen. Nach der Viehzählung von 1883 gab es
in Posen
211,291 Pferde,
[* 22] 625,723 Stück Rindvieh, 1,892,336 Schafe,
[* 23] 469,043 Schweine
[* 24] und 71,353 Ziegen. Zur Pflege der Pferdezucht
[* 25] besteht
ein Landgestüt in Zirke;
die Rindviehzucht ist in den Schlesien zunächst liegenden Kreisen am bedeutendsten;
die Schafzucht befindet sich auf den großen Gütern in Flor. Aus dem Mineralreich gibt es Salz bei [* 26] Inowrazlaw und Wapno, Gips, [* 27] Kalk, Braunkohlen, Raseneisenerz, Torf etc. Die Industrie ist nur in einigen Orten beträchtlich;
es gibt Maschinenfabriken, Tuchmanufakturen, große Ziegeleien und Mahlmühlen, Zuckerfabriken, ein Salzwerk, Schnupftabaksfabriken, Bierbrauereien, Branntweinbrennereien etc. Der Handel wird befördert durch die schiffbaren Gewässer, Kunststraßen und Eisenbahnen.
Letztere sind meist
Staatsbahnen
[* 28] und stehen unter den Direktionen zu Bromberg und Breslau.
[* 29] Die wichtigsten Linien sind: Berlin-Schneidemühl, Posen-Neustettin,
Posen-Thorn, Breslau-Posen, Frankfurt
[* 30] a. O.-Posen
, Posen-Stargard, Posen-Kreuzburg und Öls-Gnesen. An Unterrichtsanstalten sind
in Posen vorhanden: 14 Gymnasien, 2 Progymnasien, 4 Realgymnasien, ein Pädagogium, 6 Lehrerseminare, 3 Taubstummenanstalten, eine
Blindenanstalt etc. Die Provinz zerfällt in zwei Regierungsbezirk: Bromberg und Posen, bisher mit zusammen 28 Kreisen,
seit 1887 in 42 Kreise geteilt, wovon 28 auf den Regierungsbezirk Posen, 14 auf Bromberg entfallen.
Für die Rechtspflege bestehen ein Oberlandesgericht zu Posen und 7 Landgerichte zu Bromberg, Gnesen, Lissa, [* 31] Meseritz, Ostrowo, Posen und Schneidemühl [* 32] (zu dessen Bezirk auch der westpreußische Kreis Deutsch-Krone gehört). Militärisch gehört der nördliche Teil zum Bezirk des 2., der südliche zum Bezirk des 5. Armeekorps. In den deutschen Reichstag entsendet die Provinz 15, in das preußische Abgeordnetenhaus 29 Mitglieder. An der Spitze der evangelischen Kirchenangelegenheiten steht das Konsistorium zu Posen, an der Spitze der katholischen Geistlichkeit der Erzbischof von Gnesen und Posen; die Generalkommission für Gemeinheitsteilungssachen in Bromberg ist zugleich für Ost- und Westpreußen bestellt. Das Wappen [* 33] der Provinz Posen ist ein silberner gekrönter Adler [* 34] im roten Felde; die Farben sind Karmesin u. Weiß. - Posen war früher ein Teil des Königreichs Polen.
Bei der ersten Teilung 1772 kam der Netzedistrikt und 1793 ganz Großpolen, mit Ausschluß Masoviens, an Preußen [* 35] (unter der Benennung Südpreußen); 1807 wurde es mit dem Großherzogtum Warschau vereinigt, bis es 1815 in etwas geringerm Umfang als früher an Preußen zurückfiel. S. Karte »Schlesien und [* 36] Posen«.
Vgl. Bäck, Die Provinz Posen in geographischer, statistischer und topographischer Beziehung (Berl. 1847);
»Statistisches Handbuch der Provinz Posen« (3. Aufl., Posen 1877);
»Gemeinde-Lexikon der Provinz Posen« (hrsg. vom königl. Statistischen Büreau, Berl. 1888);
Wuttke, Städtebuch des Landes Posen (Leipz. 1864; Nachtrag, das. 1866);
Chr. Meyer, Geschichte des Landes Posen (Pos. 1881);
Bergmann, Zur Geschichte der Entwickelung deutscher; polnischer und jüdischer Bevölkerung in der Provinz Posen seit 1824 (Tübing. 1883);
»Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen« (Posen 1882 ff.).
[* 2] (poln. Poznań), Hauptstadt des gleichnamigen preuß. Regierungsbezirks und der gleichnamigen Provinz und Festung [* 37] ersten Ranges, liegt an der Mündung der Zybina in die Warthe, über welche vier Hauptbrücken führen, 58 m ü. M., ist Knotenpunkt der Linien Posen-Stargard, Posen-Kreuzburg, Breslau-Posen, Posen-Neustettin, Posen-Wreschen, Frankfurt-Posen und Posen-Thorn der Preußischen Staatsbahn und besteht aus der von der Podlinka durchflossenen eigentlichen Stadt (Altstadt) und der eleganten, unter preußischer Herrschaft erst entstandenen Neustadt [* 38] auf dem linken und den Vorstädten Wallischei (Chwaliszewo), Schrodka, Ostrowek, Zawade und St. Roch auf dem rechten Wartheufer. Von 1827 bis 1853 ward Posen zu einer Festung ersten Ranges umgeschaffen und diese seit 1876 noch durch einen Kreis von Außenforts verstärkt. Die Trace um die Stadt besteht aus sechs regelmäßigen Bastionen und sechs Kavalieren. Das
[* 17] ^[Abb.: Wappen von Posen.] ¶
Fort Winiary bildet gleichsam die Citadelle; auf dem rechten Ufer liegt die sogen. Dombefestigung. Posen hat meist schöne breite Straßen, worunter die mit einer Kastanienallee bepflanzte Wilhelmsstraße mit dem Raczynskischen Brunnen, [* 40] die große Gerberstraße, Friedrichsstraße, Neue Straße, Mühlenstraße, Berliner [* 41] Straße, Bismarckstraße, die Große und Kleine Ritterstraße u. a. die ansehnlichsten sind. Unter den vielen Plätzen sind hervorzuheben: der Alte Markt, der Wilhelmsplatz mit dem vom 5. Armeekorps seinen im österreichischen Kriege Gefallenen errichteten Löwendenkmal (1870 enthüllt), der Sapiehaplatz, der Königsplatz, der Kanonenplatz.
Von den 15 katholischen und 5 evang. Kirchen Posens verdienen Erwähnung: der 1775 in gotischem Stil erbaute katholische Dom auf der Dominsel der Vorstadt Wallischei, mit zahlreichen Grabmonumenten und der sogen. goldenen Kapelle, welche 1842 Graf Raczynski in byzantinischem Stil errichten und mit vielen Kostbarkeiten und Kunstwerken, namentlich mit den vergoldeten Erzstandbildern der ersten polnischen Könige, Mieczyslaw und Boleslaw (von Rauch), ausstatten ließ; ferner die katholische Stadtpfarrkirche, ehemals den Jesuiten gehörig, ein Meisterwerk der italienischen Baukunst; [* 42] die alte Marienkirche (1859 restauriert), die evangelische Petrikirche (von 1841) und die evangelische Paulikirche (1867 eingeweiht).
Die griechischen Christen haben einen Betsaal, die Juden mehrere Synagogen. Die bemerkenswertesten Gebäude sind: das Rathaus (seit 1508 in slawisch-romanischem Stil erbaut) mit einem ansehnlichen Turm [* 43] (von 1730) und einem an alten Urkunden reichen Archiv;
ferner der prächtige, an der Fassade mit 24 korinthischen Säulen [* 44] aus Gußeisen gezierte Palast, welchen mit der darin befindlichen Bibliothek von 30,000 Bänden der frühere Besitzer, Graf Raczynski, 1832 der Stadt schenkte;
das Dzialynskische Palais mit reicher Sammlung polnischer Urkunden, der erzbischöfliche Palast, der Bazar, die Kavalleriekaserne, das Militärlazarettgebäude, das von dem Stadtrat Berger seiner Vaterstadt gestiftete monumentale Realschulgebäude, das Polizeipräsidium, die Post, der Justizpalast;
das Stadttheater, das polnische Theater, [* 45] das Diakonissenhaus und (vor der Stadt) die prächtigen, 1874 vollendeten Gebäude des 1875 aufgehobenen Klosters der Damen vom Herzen Jesu, welches jetzt zu einem Hospital eingerichtet ist.
Die Stadt hat doppelte Wasserleitung. [* 46] Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1885) mit der Garnison (1 Grenadierreg. Nr. 6, 1 Infanteriereg. Nr. 46, 2 Infanteriebat. Nr. 47, 1 Husarenreg. Nr. 2, 1 Feldartilleriereg. Nr. 20, 1 Fußartilleriereg. Nr. 5 und 1 Trainbat. Nr. 5) auf 68,315 Seelen, darunter 23,498 Evangelische, 37,960 Katholiken und 6719 Juden, der Nationalität nach etwa zur Hälfte Polen, im übrigen Deutsche. Unter den Industrieanlagen nehmen diejenigen, welche sich mit der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse befassen, ein hervorragenden Platz ein.
Besonders bedeutend sind die Müllerei, die Spiritus- und Likörfabrikation, Bierbrauerei [* 47] etc. Sonst sind von Bedeutung: die Fabrikation künstlicher Dungmittel und landwirtschaftliche Maschinen, von Dachpappe, Möbeln, Watte, Tabak [* 48] und Zigarren, Leder, Gold- und Silberwaren, Schokolade, Konserven, Billards, Wagen etc. Der lebhafte Handel, unterstützt durch eine Börse, eine Handelskammer, eine Reichsbankhauptstelle, eine Provinzialaktienbank und eine Landschaftsbank, beschäftigt sich vorzugsweise mit dem Vertrieb der landwirtschaftlichen Produkte, namentlich von Getreide, Kartoffeln, Futterstoffen, Vieh; ferner von Spiritus, [* 49] der hier börsenmäßig gehandelt wird, landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten, Wolle etc. Den Verkehr in der Stadt vermittelt eine Pferdebahn.
Neben dem Vertrieb auf der Eisenbahn kommt hier auch noch der auf der Wasserstraße, auf der Warthe, in Betracht. An Bildungsanstalten etc. hat Posen 2 Gymnasien, ein Realgymnasium, ein Priester-, ein israelitisches Lehrer- und ein Lehrerinnenseminar, eine Taubstummenanstalt, eine Hebammenlehranstalt, 2 Theater, ein Museum für die Altertümer der Provinz eine Historische Gesellschaft für die Provinz Posen etc. In Posen erscheinen 11 deutsche und 21 polnische Zeitungen und Zeitschriften. An öffentlichen Anstalten befinden sich dort: eine Diakonissenkrankenanstalt, ein Krankenhaus [* 50] der Grauen Schwestern, ein städtisches Krankenhaus, mehrere Hospitäler und Waisenhäuser, eine Kinderrettungsanstalt etc. Die städtischen Behörden setzen sich zusammen aus 13 Magistratsmitgliedern und 36 Stadtverordneten.
Sonst ist Posen Sitz des Oberpräsidenten der Provinz Posen und der übrigen Provinzialbehörden, einer königlichen Regierung, eines Erzbischofs mit Metropolitankapitel; eines Kollegiatstifts, einer Provinzial-Steuerdirektion, einer Oberpostdirektion, eines Oberlandesgerichts und eines Landgerichts, der Ansiedelungskommission für Ost- und Westpreußen, eines Staatsarchivs, einer Rentenbank etc., ferner: des Generalkommandos des 5. Armeekorps, des Kommandos der 10. Division, der 19. und 20. Infanterie-, der 10. Kavallerie-, der 5. Feldartillerie- und der 5. Gendarmeriebrigade, der 3. Festungsinspektion etc. An Spaziergängen und Vergnügungsorten sind der Eichwald (Luisenhain), der Viktoriapark, der Schilling und zoologische Garten [* 51] zu nennen. Zum Landgerichtsbezirk Posen gehören die neun Amtsgericht zu Obornik, Pinne, Posen, Pudewitz, Rogasen, Samter, Schrimm, Schroda und Wreschen. - Posen war eine der ältesten und bedeutendsten Städte im ehemaligen polnischen Reich und seit 968 Bischofsitz (s. S. 268). Zeitweilige Residenz der ersten Könige, namentlich Boleslaws I., des Begründers der polnischen Macht, mit welchem der Erzbischof Tagino von Magdeburg im Auftrag des deutschen Königs Heinrich II. 1005 hier einen Frieden schloß, im 12. und 13. Jahrh. Residenz der Herzöge von Großpolen, erhielt Posen 1253 das Magdeburger Recht, stand als königliche Stadt direkt unter dem König von Polen und war bis 1733 auf dem polnischen Reichstag durch Abgeordnete vertreten.
Während des 16. Jahrh., namentlich unter den letzten Jagellonen, blühte Posen empor, besonders im Handel und Gewerbe; die Einwohnerzahl stieg bis über 30,000. Im J. 1571 erfolgte die Einführung der Jesuiten in es kamen die religiösen Wirren, die nordischen Kriege, die Bürgerkriege und mit ihnen Verheerungen der Stadt durch Brand, Plünderung und Epidemien, so daß im 18. Jahrh., kurz vor der ersten Besitznahme durch Preußen, die Einwohnerzahl bis gegen 10,000 gesunken war.
Unter preußischer Herrschaft, zuerst als die zweite Stadt der Provinz Südpreußen (1793-1806), dann als Hauptstadt der Provinz Posen seit 1816, ist Posen in stetem, nur durch die Beschränkungen als Festung und durch die Ungunst der östlichen Grenzverkehrsverhältnisse etwas gehemmtem Wachstum begriffen. In Posen wurde der Friede zwischen Napoleon I. und dem Kurfürsten Friedrich August von Sachsen [* 52] geschlossen.
Vgl. Lukaszewicz, Geschichtlich-statistische Beschreibung der Stadt Posen in ältern Zeiten (deutsch, 2. Aufl., Pos. 1881, 2 Bde.);
Öhlschläger, Kurzgefaßte Geschichte und Beschreibung der Stadt Posen (das. 1866). ¶
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
[* 2] Provinz des preuß. Staates, grenzt im O. an Russisch-Polen und hat 28962,17 qkm Flächenraum. (Hierzu eine Karte: Posen.)
Oberflächengestaltung, Gewässer, Klima. [* 53] Die Provinz ist ihrer physischen Beschaffenheit nach ein vorwiegend ebenes, einförmiges Flachland (80-120 m Höhe) mit vielen sumpfigen, sandigen und waldigen Strecken, im N. teilweise an den hier ziemlich steil abfallenden uralisch-baltischen Landrücken anstoßend (Eichberge 194 m), im S. von einigen vorgeschobenen Erhebungen des märkisch-schles. Landrückens (Ostra Gora bei Schildberg 247 m) durchsetzt. Hervorragende Berge fehlen, abgesehen von der Lysa Gora (s. d.) südlich vom Eintritt der Warthe in die Provinz.
Der größte Teil der Provinz gehört zum Gebiet der Oder, deren größter Nebenfluß, die Warthe, der Hauptfluß ist; andere Flüsse [* 54] sind die Prosna, Obra, Bartsch, Orla, Netze, Welna, Küddow, Brahe; die Weichsel berührt das Land im NO. nur auf eine kurze Strecke. Die Seen, unter denen der Goplosee im Netzegebiet der größte ist, nehmen etwa 330 qkm ein; sie treten gruppenweise auf, am umfänglichsten in der Gruppe der Netzeseen. Neben dem für die Verbindung zwischen Weichsel und Oder höchst wichtigen Bromberger Kanal (s. d.) und einigen kanalisierten Flußstrecken giebt es größere schiffbare Kanäle nicht, wohl aber viele künstliche Abzugskanäle in den großen Brüchen, welche letztern etwa 500 qkm bedecken und unter denen der Obrabruch der größte ist. Das Klima ist, der östl. Lage entsprechend, kontinental und im ganzen nicht mild; Bromberg hat ein Jahrestemperaturmittel von 7,7° C., Posen ein solches von 8° C.; der Mangel an größern Höhenzügen und die nach den Ebenen Rußlands hin offene Lage der Provinz bewirken, daß auch die Regenmenge mäßig ist (in Bromberg 67, in Posen 65 cm mittlere jährliche Niederschlagshöhe).
Bevölkerung. Die Provinz hat (1890) 1751642 (839658 männl., 911984 weibl.) E., 165353 bewohnte, 1467 unbewohnte Wohnhäuser, [* 55] 1679 andere bewohnte Baulichkeiten, 346630 Haushaltungen und 851 Anstalten mit 32519 Insassen. Dem Religionsbekenntnis nach waren 1164067 Katholiken, 542013 Evangelische, 1077 andere Christen, 72 Dissidenten und 44346 Israeliten; der Staatsangehörigkeit nach 1750179 Reichsangehörige, 1147 Reichsausländer und 316 andere. Der Muttersprache nach sind die meisten Bewohner Polen, Masuren und Kassuben mit Ausnahme von 692172 Deutschen.
Land- und Forstwirtschaft. Von der Gesamtfläche kamen (1893) auf Acker- und Gartenland 1806722, Wiesen 233197, Weiden und Hutungen 107525, Öd- und Unland 35948, Forsten und Holzungen 573402 (meist Nadelholz, 88,3 Proz.), Haus- und Hofräume 25553, Wegeland, Gewässer u. s. w. 113951 ha. Die ausgedehnte Landwirtschaft beruht vorzugsweise auf dem Großbetrieb, welcher dem relativen Umfange nach fast demjenigen der Provinz Pommern gleichkommt; 58,5 Proz. der gesamten Wirtschaftsfläche entfallen auf Wirtschaften mit 100 und mehr Hektar Anbaufläche.
Der Großgrundbesitz befindet sich etwa je zur Hälfte in den Händen von Deutschen und des poln. Adels. Guter und fruchtbarer Boden findet sich in weiten Strecken der Warthe- und Netzeniederung und in den durch Melioration und Entwässerung für die Kultur gewonnenen Bruchflächen, hauptsächlich also in der Mitte und im östl. Teile der Provinz; der vorzügliche Weizenboden im Kreis Inowrazlaw und in den angrenzenden Kreisen liefert den ausgezeichneten kujawischen Weizen; sandige und weniger fruchtbare Strecken sind an der schles. und brandenb. Grenze vorherrschend.
Die Provinz ist ein ausgezeichnetes Getreideland und erzeugt namentlich zur Ausfuhr sehr viel Roggen (bebaute Fläche 1893: 566369 ha), Kartoffeln (257561), Weizen (106262), Hafer [* 56] (141197), Gerste [* 57] (83198 ha), Rübsen; Hopfenbau wird bei Neutomischel in bedeutendem Umfang betrieben. Der Ernteertrag belief sich (1893) auf 594667 t Roggen, 129548 t Weizen, 75240 t Gerste, 85469 t Hafer, 2377427 t Kartoffeln und 389433 t Wiesenheu. Auch die Viehzucht [* 58] ist von Belang; ¶
besonders ragt die Schafzucht hervor, außerdem die Pferdezucht. Gefördert wird letztere durch die Landgestüte in Zirke und Gnesen mit zusammen 333 Beschälern und 103 Deckstationen. Der Viehbestand betrug 231436 Pferde, 752746 (1893: 740339) Stück Rindvieh, 1001489 Schafe, 548871 (1893: 588735) Schweine, 104142 Ziegen und 99181 Bienenstöcke. Die Provinz hat (1893) 573402 ha Forsten, darunter 376970 ha Privat-, 173118 ha Staats- und 11409 ha Gemeindeforsten. Der Wald ist zu 88,3 Proz. Nadelholz.
Industrie und Gewerbe. Die Industrie ist noch wenig entwickelt. Nach der Berufszählung von 1882 waren in Industrie und Gewerbe 15,57, in Handel und Verkehr 5,02 Proz. der Bewohner beschäftigt. Gewerbe, Handel und Verkehr zählten (1882) 74306 Betriebe mit 132162 beschäftigten Personen; die gewöhnlichen bürgerlichen Gewerbe nehmen davon den größern Teil in Anspruch; Ziegelei, Steinbrüche (Gips, Kalkstein), Eisenverarbeitung, Maschinenfabrikation, Wagenbau, etwas chem. Industrie, Holzbearbeitung, [* 60] Brauerei, Brennerei, Zuckerfabrikation, Tabakverarbeitung, Salzgewinnung [* 61] (Inowrazlaw), etwas Textilindustrie u. s. w. sind die wichtigsten Gewerbszweige.
Handel und Verkehrswesen. Haupthandelsartikel sind Getreide, Vieh, Wolle, Holz [* 62] und andere land- und forstwirtschaftliche Produkte, ferner Salz und Steinkohlen aus Schlesien. Der Handel wird unterstützt durch mehrere gute Wasserstraßen, Kunststraßen (4600 km) und ein Eisenbahnnetz von (1892/93) 1754,3 km Länge (d. i. 60,6 km auf 1000 qkm Grundfläche und 99,6 km auf 100000 E.), darunter 751,4 km Nebenbahnen. Oberpostdirektionen bestehen zu Posen und Bromberg.
Unterrichtswesen. An Bildungsanstalten bestehen ein königl. Seminar für gelehrte Schulen zu Posen, 15 Gymnasien, 2 Progymnasien, 3 Realgymnasien, 23 Mittelschulen, verschiedene höhere Mädchenschulen, 5 Schullehrerseminare, 5 königl. Präparandenanstalten, 1 königl. Lehrerinnenseminar, 2399 öffentliche Volksschulen mit 306730 Schulkindern, außerdem 3 Taubstummenlehranstalten und 1 Blindenunterrichtsanstalt; ferner 1 Landwirtschaftsschule, 2 Ackerbau-, 2 Garten- und Obstbauschulen und 13 ländliche Fortbildungsschulen, außerdem 1 Hebammenanstalt. Die Provinz stellte 1893/94 den zweithöchsten Prozentsatz von Analphabeten zum Heere, nämlich 1,52 Proz.
Verfassung und Verwaltung. Die Provinz ist nach dem Gesetz vom in 2 Regierungsbezirke eingeteilt:
Regierungsbezirke | qkm | Städte | Landgemeinden | Gutsbezirke | Wohnstätten | Haushaltungen | Einwohner | E. auf 1 qkm |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Posen | 17511,75 | 87 | 2014 | 1185 | 111575 | 226149 | 1126591 | 64 |
Bromberg | 11450,42 | 46 | 1304 | 859 | 56924 | 120481 | 625051 | 55 |
Sitz des Oberpräsidenten ist Posen. Die neue Kreiseinteilung ist durch Gesetz vom die Selbstverwaltung durch Gesetz vom eingeführt. Die Provinz zerfällt in 15 Reichstagswahlkreise (s. Bromberg und Posen, Regierungsbezirke). In das preuß. Abgeordnetenhaus entsendet die Provinz 29 Abgeordnete; im Herrenhause ist sie durch 19 Mitglieder vertreten, darunter 7 erbliche und 11 auf Präsentation berufene. Die kirchlichen Angelegenheiten der evang. Landeskirche werden von dem Konsistorium zu Posen verwaltet; für die röm.-kath. Kirche bestehen die auf immer vereinigten, jedoch je mit einem besondern Metropolitankapitel ausgestatteten Erzbistümer Posen und Gnesen; ein Teil des Reg.-Bez. Bromberg steht unter dem gnesenschen Suffraganbischof zu Culm. [* 63]
Die Provinz bildet mit dem westpreuß. Kreise Deutsch Krone den Oberlandesgerichtsbezirk Posen (s. d., Stadt). Die Bergbehörden stehen unter dem Oberbergamt zu Breslau; für die fiskalische Salzbergwerks- und Salinenverwaltung besteht das Salzamt zu Inowrazlaw. Die Ansiedelungskommission (s. Ansiedelung) hat ihren Sitz in der Stadt Posen Militärisch bildet die Provinz den Ersatzbezirk des 2. und 5. Armeekorps, den Garnisonbezirk der 4. Division (Bromberg) und der 10. Division (Posen).
Das Wappen der Provinz ist der preuß. Adler in Silber, auf dessen Brust sich ein weißer Adler in rotem Felde befindet; die Farben sind Karmesin und Weiß.
[Abb ohne Titel: Wappen der Provinz Posen]
Geschichte. Die Provinz gehörte früher zu Polen und bildete einen Teil Großpolens. Bei der ersten Teilung Polens 1772 kamen die von der Netze nördlich liegenden Teile unter dem Namen Netzedistrikt, bei der zweiten Teilung 1793 auch das übrige an Preußen, und sowohl dieser wie der ganze südliche, von der Weichsel bis Warschau hin 1795 bei der dritten Teilung Polens von Preußen erworbene Landstrich wurde Südpreußen (s. d.) benannt. Seit 1807 gehörte Posen zu dem Herzogtum Warschau, fiel indes durch die Wiener Kongreßakte 1815 unter dem Namen eines Großherzogtums wieder an Preußen zurück.
[* 59] ^[Abb: Wappen (ohne Titel)]
Litteratur. Wuttke, Städtebuch des Landes Posen (Lpz. 1864; Nachträge 1866);
Beheim-Schwarzbach, Hohenzollernsche Kolonisationen (ebd. 1874);
Statist. Handbuch der Provinz Posen (Pos. 1877);
Chr. Meyer, Geschichte des Landes Posen (ebd. 1881);
Zeitschrift für Geschichte und Landeskunde der Provinz Posen (Bd. 1-3, hg. von Chr. Meyer, ebd. 1882-84);
Bergmann, Zur Geschichte der Entwicklung deutscher, poln. und jüd. Bevölkerung in der Provinz Posen seit 1824 (Tüb. 1883);
Chr. Meyer, Geschichte der Provinz Posen (Gotha [* 64] 1891);
Sonder, Veröffentlichungen der histor.
Gesellschaft für die Provinz Posen, I, II (Pos. 1893).
Seit 1886 erscheint: Zeitschrift der histor. Gesellschaft der Provinz Posen, hg. von Prümers (Jahrg. 1-8, Pos. 1886-93).
1) Regierungsbezirk der preuß. Provinz Posen, grenzt im O. an Rußland, ist meist fruchtbares Flachland mit Abfällen der Karpaten im S., wird bewäßert von der Warthe, Obra und zahlreichen Seen, enthält große Waldungen, Ackerbau und Viehzucht und hat 17511,75 qkm und (1890) 1126591 (532867 männl., 593724 weibl.) E., 87 Städte mit 894,16 qkm und 319862 (151819 männl., 168043 weibl.) E., 2014 Landgemeinden und 1185 Gutsbezirke mit 16617,59 qkm und 806729 (381048 männl., 425681 weibl. E. Dem Religionsbekenntnis nach waren 809933 Katholiken, 287801 Evangelische, 351 andere Christen und 28431 Israeliten. ¶
Der Regierungsbezirk zerfällt in 28 Kreise:
Kreise | qkm | Wohnstätten | Einwohner | Einw. auf 1 qkm | Evangelische | Katholiken | Israeliten |
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Wreschen | 561,07 | 2839 | 32848 | 58 | 3317 | 28507 | 1024 |
Jarotschin | 720,28 | 4495 | 44513 | 62 | 4903 | 38760 | 843 |
Schroda | 1014,74 | 4889 | 52078 | 51 | 8012 | 43400 | 661 |
Schrimm | 928,26 | 5380 | 52790 | 57 | 8605 | 42893 | 1290 |
Stadtkreis Posen | 9,43 | 1675 | 69627 | 7383 | 23102 | 40188 | 6126 |
Posen Ost | 456,73 | 2967 | 46896 | 103 | 13441 | 32796 | 642 |
Posen West | 636,56 | 3298 | 35235 | 55 | 3667 | 31414 | 148 |
Obornik | 1094,83 | 4781 | 48242 | 44 | 15958 | 30502 | 1776 |
Samter | 1092,23 | 5058 | 54498 | 50 | 12679 | 39768 | 2042 |
Birnbaum | 642,10 | 2630 | 27566 | 43 | 12575 | 14534 | 418 |
Schwerin a. W. | 650,69 | 2290 | 22355 | 34 | 9862 | 12218 | 275 |
Meseritz | 1152,56 | 6062 | 49458 | 43 | 25917 | 22892 | 627 |
Neutomischel | 522,83 | 3790 | 31966 | 61 | 14276 | 17144 | 537 |
Grätz | 429,21 | 3186 | 32707 | 76 | 5276 | 26662 | 762 |
Bomst | 1036,51 | 7492 | 58714 | 57 | 23550 | 34454 | 697 |
Fraustadt | 479,59 | 3817 | 28150 | 59 | 10989 | 16845 | 314 |
Schmiegel | 554,54 | 3708 | 34583 | 62 | 4543 | 29811 | 229 |
Kosten | 606,92 | 4122 | 42141 | 69 | 3683 | 38019 | 436 |
Lissa | 521,30 | 4071 | 38980 | 75 | 14220 | 23330 | 1424 |
Rawitsch | 495,34 | 5623 | 49320 | 100 | 19040 | 29132 | 1115 |
Gostyn | 600,30 | 4290 | 39135 | 65 | 4595 | 34148 | 391 |
Koschmin | 452,80 | 3217 | 29790 | 66 | 4478 | 24658 | 638 |
Krotoschin | 501,40 | 4666 | 42971 | 86 | 13354 | 28293 | 1320 |
Pleschen | 480,81 | 2950 | 31820 | 66 | 4277 | 26884 | 658 |
Ostrowo | 414,26 | 2878 | 32787 | 79 | 5592 | 26040 | 1153 |
Adelnau | 479,21 | 3953 | 31939 | 67 | 6033 | 25497 | 404 |
Schildberg | 519,44 | 3788 | 32505 | 63 | 6981 | 24643 | 881 |
Kempen in Posen | 457,81 | 3660 | 32977 | 72 | 4876 | 26501 | 1600 |
Der Regierungsbezirk wird eingeteilt in die zehn Reichstagswahlkreise: Stadt und Landkreis Posen (Abgeordneter 1894: Cegielski);
Samter-Obornik (Graf Kwilecki);
Meseritz-Bomst (von Dziembowski);
Buk-Kosten (Prinz Czartoryski);
Gostyn Rawitsch-Kröben (Fürst Czartoryski);
Fraustadt [* 66] (Baron Chlopowski);
Schrimm-Schroda (Kubicki);
Wreschen-Pleschen (von Dziembowski-Pomian);
Krotoschin (von Jaždzewski);
Adelnau-Schildberg (Fürst Radziwill), sämtlich, mit Ausnahme des zur Reichspartei gehörigen von Dziembowski, Polen.
2) Posen, poln. Poźnan, Stadtkreis und Hauptstadt der Provinz und des Reg.-Bez. Posen, an der Warthe, die hier die Cybina aufnimmt, an den Linien Breslau-Stargard, Frankfurt a. O.-Posen (173,1 km), Posen-Kreuzburg (200,9 km), Posen-Thorn (141,1 km) und den Nebenlinien Posen-Schneidemühl (95,6 km) und Posen-Strzalkowo (67,1 km) der Preuß. Staatsbahnen, Sitz des Oberpräsidiums der Provinz Posen, der königl. Bezirksregierung, des Erzbischofs von Gnesen-Posen (zur Kirchenprovinz gehört das Suffraganbistum Culm), eines Generalsuperintendenten, eines Oberlandesgerichts (Landgerichte Bromberg, Gnesen, Lissa, Meseritz, Ostrowo, Posen, Schneidemühl), eines Landgerichts mit einer Kammer für Handelssachen und 9 Amtsgerichten (Obornik, Pinne, Posen, Pudewitz, Rogasen, Samter, Schrimm, Schroda, Wronke), eines Amtsgerichts, der Landratsämter für die Kreise Posen Ost und Posen West, einer Provinzialsteuerdirektion, einer königl. Eisenbahndirektion (seit 1895), Oberpostdirektion für den Reg.-Bez. Posen, Alters- und Invaliditätsversicherungsanstalt, der Ansiedelungskommission für die Provinzen Posen und Westpreußen, einer Reichsbankhauptstelle und Handelskammer sowie des Generalkommandos des 5. Armeekorps, der Kommandos der 10. Division, 19. und 20. Infanterie-, 10. Kavallerie- und 5. Feldartilleriebrigade, der 5. Gendarmeriebrigade, des Bekleidungsamtes des 5. Armeekorps, der 3. Festungs-, 1 Artilleriedepot-Inspektion, eines Artillerie- und Traindepots, einer Fortifikation und Kommandantur. Posen hat (1890) 69627 (33381 männl., 36246 weibl.) E., darunter 23102 Evangelische und 6126 Israeliten, in Garnison das Grenadierregiment Graf Kleist von Nollendorf Nr. 6, die Infanterieregimenter Graf Kirchbach Nr. 46 und Nr. 47, das Leibhusarenregiment Kaiserin Nr. 2, die 1. und 2. Abteilung des Feldartillerieregiments Nr. 20, das Fußartillerieregiment Nr. 5 und das Trainbataillon Nr. 5, ein Postamt erster Klasse mit zwei Zweigstellen, Telegraphenamt erster Klasse; Pferdebahn vom Bahnhof durch die Stadt bis zum Dom mit Abzweigung nach dem Zoologischen Garten.
Denkmäler. Den bei Nachod 1866 gefallenen Soldaten des 5. Armeekorps ist ein Löwe aus Bronze [* 67] errichtet, den 1870 Gefallenen ein Kriegerdenkmal mit dem Standbild Kaiser Wilhelms I.; neben der Martinskirche das Denkmal des poln. Dichters Mickiewicz, vor dem Dom ein solches des Dichters Kochanowski; auf dem Königsplatz ein monumentaler Brunnen mit der Gruppe des Perseus [* 68] und der Andromeda, von Pfuhl (1891).
Gebäude. Die Stadt hat 25 kath. Kirchen, darunter die Franziskanerkirche für die Altkatholiken, 5 evang. Kirchen und 2 Synagogen. Erwähnenswert sind der Dom, nach mehrmaligen Bränden 1775 errichtet, mit Grabplatten von Hermann, Peter und Hans Vischer, der Goldenen Kapelle, 1842 auf Kosten eines poln. Adelsvereins und des Grafen Eduard Raczynski angebaut, und der von Rauch entworfenen vergoldeten ehernen Doppelstatue der beiden ersten christl. Polenkönige Mscislaw I. und Boleslaw I. Chrobry (des Tapfern);
die Pfarrkirche St. Maria Magdalena, 1651-1705 im prunkenden Jesuitenstil erbaut;
das Rathaus, nach dem Brande von 1536 durch Giovan Battista di Quadro errichtet, mit drei Arkadenreihen übereinander und einem barocken Hauptturm (65 m), 1780 erbaut, mit ihm verbunden durch einen Übergang das Stadthaus im Renaissancestil (1893);
das Raczynskische Palais (1836) mit 24 gußeisernen Säulen an der Vorderseite und der Raczynskischen Bibliothek (30000 Bände, 360 Bände Handschriften), das nach einem Brande wieder aufgebaute Königsschloß mit dem königl. Staatsarchiv und den Sammlungen der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen und ein deutsches Theater.
Bildungs- und gemeinnützige Anstalten. Die Stadt hat ein königlich pädagog. Seminar, ein polnisches kath. Mariengymnasium, 1573 als Jesuitenschule eröffnet, evang. Friedrich-Wilhelms-Gymnasium, 1834 gegründet, königl. Berger-Realgymnasium in einem 1865 von dem Stadtrat Berger geschenkten Gebäude, Mittelschule für Knaben und Mädchen, Bürgerschule, 7 höhere Mädchenschulen, darunter eine königliche mit Lehrerinnenseminar (Luisenstiftung), ein Seminar für kath. Geistliche, Hebammenlehr- und Taubstummenanstalt, Kranken haus, Diakonissen-Mutterhaus, St. Josephhospital, Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern u. a. Posen hat ferner ein Landesmuseum mit Landesbibliothek (1894 eröffnet), ein Museum des Grafen Mielzynski und in demselben Gebäude die Sammlungen des (poln.) Vereins der Freunde der Wissenschaften. Die seit 1885 bestehende Historische Gesellschaft für die Provinz Posen hat über 1000 Mitglieder und giebt eine «Zeitschrift» heraus. Ferner erscheinen die ¶