besonders ragt die Schafzucht hervor, außerdem die Pferdezucht.
[* 3] Gefördert wird letztere durch die Landgestüte in
ZirkeundGnesen mit zusammen 333
Beschälernund 103 Deckstationen. Der Viehbestand betrug 231436
Pferde,
[* 4] 752746 (1893:
740339)
Stück Rindvieh, 1001489 Schafe,
[* 5] 548871 (1893: 588735) Schweine,
[* 6] 104142 Ziegen und 99181
Bienenstöcke. Die
Provinz hat (1893) 573402 ha Forsten, darunter 376970 ha Privat-, 173118 ha
Staats- und 11409 ha Gemeindeforsten. Der
Wald ist
zu 88,3 Proz. Nadelholz.
Handel und
Verkehrswesen. Haupthandelsartikel sind Getreide,
[* 10] Vieh,
Wolle, Holz
[* 11] und andere
land- und forstwirtschaftliche Produkte,
ferner
Salz
[* 12] und
Steinkohlen aus
Schlesien.
[* 13]
Der Handel wird unterstützt durch mehrere gute Wasserstraßen, Kunststraßen (4600
km) und ein
Eisenbahnnetz von (1892/93) 1754,3 km Länge
(d. i. 60,6 km auf 1000 qkm Grundfläche und 99,6
km auf 100000 E.), darunter 751,4 km
Nebenbahnen. Oberpostdirektionen bestehen zu Posen
[* 14] und
Bromberg.
[* 15]
Unterrichtswesen. An
Bildungsanstalten bestehen ein königl. Seminar für gelehrte Schulen zu Posen, 15 Gymnasien, 2 Progymnasien, 3 Realgymnasien, 23 Mittelschulen,
verschiedene höhere Mädchenschulen, 5 Schullehrerseminare, 5 königl. Präparandenanstalten, 1 königl.
Lehrerinnenseminar, 2399 öffentliche
Volksschulen mit 306730 Schulkindern, außerdem 3 Taubstummenlehranstalten
und 1 Blindenunterrichtsanstalt; ferner 1
Landwirtschaftsschule, 2
Ackerbau-, 2
Garten- und Obstbauschulen und 13 ländliche
Fortbildungsschulen, außerdem 1 Hebammenanstalt. Die
Provinz stellte 1893/94 den zweithöchsten Prozentsatz von
Analphabeten
zum
Heere, nämlich 1,52 Proz.
Sitz des Oberpräsidenten ist Posen. Die neue Kreiseinteilung ist durch Gesetz vom die
Selbstverwaltung durch Gesetz vom eingeführt. Die
Provinz zerfällt in 15 Reichstagswahlkreise (s.
Bromberg und
Posen, Regierungsbezirke).
In das preuß. Abgeordnetenhaus entsendet die
Provinz 29
Abgeordnete; im Herrenhause ist sie durch 19 Mitglieder
vertreten, darunter 7 erbliche und 11 auf Präsentation berufene. Die kirchlichen Angelegenheiten der evang.
Landeskirche werden von dem Konsistorium zu Posen verwaltet; für die röm.-kath.
Kirche bestehen die auf immer vereinigten, jedoch je mit einem besondern Metropolitankapitel ausgestatteten Erzbistümer
Posen und
Gnesen; ein
Teil des Reg.-Bez.
Bromberg steht unter dem gnesenschen Suffraganbischof zu Culm.
[* 16]
Die
Provinz bildet mit dem westpreuß.
Kreise
[* 17]
Deutsch Krone den Oberlandesgerichtsbezirk Posen (s. d.,
Stadt). Die
Bergbehörden stehen unter dem Oberbergamt zu
Breslau;
[* 18] für die fiskalische Salzbergwerks- und Salinenverwaltung
besteht das Salzamt zu
Inowrazlaw. Die
Ansiedelungskommission (s.
Ansiedelung) hat ihren Sitz in der Stadt Posen Militärisch bildet
die
Provinz den Ersatzbezirk des 2. und 5.
Armeekorps, den Garnisonbezirk der 4. Division
(Bromberg) und
der 10. Division (Posen).
Geschichte. Die
Provinz gehörte früher zu
Polen und bildete einenTeil Großpolens. Bei der ersten
TeilungPolens 1772 kamen die von der
Netze nördlich liegenden
Teile unter dem
NamenNetzedistrikt, bei der zweiten
Teilung 1793 auch
das übrige an
Preußen,
[* 21] und sowohl dieser wie der ganze südliche, von der Weichsel bis Warschau
[* 22] hin 1795 bei der dritten
TeilungPolens vonPreußen erworbene Landstrich wurde
Südpreußen (s. d.) benannt. Seit 1807 gehörte Posen zu
dem Herzogtum Warschau, fiel indes durch die
Wiener Kongreßakte 1815 unter dem
Namen eines Großherzogtums wieder an
Preußen
zurück.
1) Regierungsbezirk der preuß.
Provinz Posen, grenzt im O. an
Rußland, ist meist fruchtbares Flachland mit
Abfällen der Karpaten im S., wird bewäßert von der Warthe,
Obra und zahlreichen Seen, enthält große Waldungen,
Ackerbau
und Viehzucht
[* 25] und hat 17511,75 qkm und (1890) 1126591 (532867 männl., 593724 weibl.) E., 87
Städte mit 894,16 qkm und 319862
(151819 männl., 168043 weibl.) E., 2014 Landgemeinden und 1185 Gutsbezirke
mit 16617,59 qkm und 806729 (381048 männl., 425681 weibl. E. Dem Religionsbekenntnis nach waren 809933
Katholiken, 287801
Evangelische, 351 andere
Christen und 28431 Israeliten.
¶
2) Posen, poln. Poźnan, Stadtkreis und Hauptstadt der Provinz und des Reg.-Bez. Posen, an der Warthe, die hier die Cybina aufnimmt,
an den Linien Breslau-Stargard, Frankfurt
[* 28] a. O.-Posen (173,1 km), Posen-Kreuzburg (200,9 km), Posen-Thorn (141,1 km) und den Nebenlinien
Posen-Schneidemühl (95,6 km) und Posen-Strzalkowo (67,1 km) der Preuß. Staatsbahnen,
[* 29] Sitz des Oberpräsidiums
der Provinz Posen, der königl. Bezirksregierung, des Erzbischofs von Gnesen-Posen (zur Kirchenprovinz gehört das Suffraganbistum
Culm), eines Generalsuperintendenten, eines Oberlandesgerichts (Landgerichte Bromberg, Gnesen, Lissa,
[* 30] Meseritz, Ostrowo, Posen, Schneidemühl),
[* 31] eines Landgerichts mit
einer Kammer für Handelssachen und 9 Amtsgerichten (Obornik, Pinne, Posen, Pudewitz, Rogasen, Samter,
Schrimm, Schroda, Wronke), eines Amtsgerichts, der Landratsämter für die Kreise Posen Ost und Posen West, einer
Provinzialsteuerdirektion, einer königl. Eisenbahndirektion (seit 1895), Oberpostdirektion
für den Reg.-Bez. Posen, Alters- und Invaliditätsversicherungsanstalt, der Ansiedelungskommission für die Provinzen Posen und Westpreußen,
[* 32] einer Reichsbankhauptstelle und Handelskammer sowie des Generalkommandos des 5. Armeekorps, der Kommandos der 10. Division, 19. und 20. Infanterie-, 10. Kavallerie-
und 5. Feldartilleriebrigade, der 5. Gendarmeriebrigade, des Bekleidungsamtes des 5. Armeekorps, der 3. Festungs-, 1 Artilleriedepot-Inspektion,
eines Artillerie- und Traindepots, einer Fortifikation und Kommandantur. Posen hat (1890) 69627 (33381 männl., 36246 weibl.)
E., darunter 23102 Evangelische und 6126 Israeliten, in Garnison das Grenadierregiment GrafKleist von Nollendorf
Nr. 6, die Infanterieregimenter Graf Kirchbach Nr. 46 und Nr. 47, das Leibhusarenregiment
Kaiserin Nr. 2, die 1. und 2. Abteilung des Feldartillerieregiments Nr. 20, das Fußartillerieregiment Nr. 5 und
das Trainbataillon Nr. 5, ein Postamt erster Klasse mit zwei Zweigstellen, Telegraphenamt erster Klasse; Pferdebahn vom Bahnhof
durch die Stadt bis zum Dom mit Abzweigung nach dem Zoologischen Garten.
[* 33]
Denkmäler. Den bei Nachod 1866 gefallenen Soldaten des 5. Armeekorps ist ein Löwe aus Bronze
[* 34] errichtet, den 1870 Gefallenen
ein Kriegerdenkmal mit dem StandbildKaiser Wilhelms I.; neben der Martinskirche das Denkmal des poln. Dichters Mickiewicz,
vor dem Dom ein solches des Dichters Kochanowski; auf dem Königsplatz ein monumentaler Brunnen
[* 35] mit der
Gruppe des Perseus
[* 36] und der Andromeda, von Pfuhl (1891).
Gebäude. Die Stadt hat 25 kath. Kirchen, darunter die Franziskanerkirche für die Altkatholiken, 5 evang. Kirchen und 2 Synagogen.
Erwähnenswert sind der Dom, nach mehrmaligen Bränden 1775 errichtet, mit Grabplatten von Hermann, Peter
und Hans Vischer, der Goldenen Kapelle, 1842 auf Kosten eines poln. Adelsvereins und des Grafen Eduard Raczynski angebaut, und
der von Rauch entworfenen vergoldeten ehernen Doppelstatue der beiden ersten christl. Polenkönige
Mscislaw I. und Boleslaw I. Chrobry (des Tapfern);
das Rathaus, nach dem Brande von 1536 durch Giovan Battista di Quadro errichtet, mit drei Arkadenreihen
übereinander und einem barocken Hauptturm (65 m), 1780 erbaut, mit ihm verbunden durch einen Übergang das Stadthaus im Renaissancestil
(1893);
das Raczynskische Palais (1836) mit 24 gußeisernen Säulen
[* 37] an der Vorderseite und der Raczynskischen
Bibliothek (30000 Bände, 360 Bände Handschriften), das nach einem Brande wieder aufgebaute Königsschloß mit dem königl.
Staatsarchiv und den Sammlungen der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen und ein deutsches Theater.
Bildungs- und gemeinnützige Anstalten. Die Stadt hat ein königlich pädagog. Seminar, ein polnisches kath.
Mariengymnasium, 1573 als Jesuitenschule eröffnet, evang. Friedrich-Wilhelms-Gymnasium, 1834 gegründet,
königl. Berger-Realgymnasium in einem 1865 von dem StadtratBerger geschenkten Gebäude, Mittelschule für Knaben und Mädchen,
Bürgerschule, 7 höhere Mädchenschulen, darunter eine königliche mit Lehrerinnenseminar (Luisenstiftung), ein Seminar
für kath. Geistliche, Hebammenlehr- und Taubstummenanstalt, Kranken haus, Diakonissen-Mutterhaus, St. Josephhospital, Krankenhaus
[* 38] der Barmherzigen Schwestern u. a. Posen hat ferner ein Landesmuseum mit Landesbibliothek
(1894 eröffnet), ein Museum des Grafen Mielzynski und in demselben Gebäude die Sammlungen des (poln.) Vereins der Freunde
der Wissenschaften. Die seit 1885 bestehende Historische Gesellschaft für die Provinz Posen hat über 1000 Mitglieder und giebt
eine «Zeitschrift» heraus. Ferner erscheinen die
¶
Geschichtliches. Posen ist eine der ältesten StädtePolens, erhielt Ende des 10. Jahrh. ein Bistum und war
bis 1296 Residenz der poln. Herzöge. Der westl. (Haupt-) Teil wurde 1253 von deutschen Einwanderern gegründet und hatte bis 1793 eigene
Verwaltung nach Magdeburgischem Recht. Im Mittelalter gehörte Posen zur Hansa; später geriet die Stadt in Verfall, bis sie 1793 und 1815 an
Preußen kam. Von 1807 bis 1815 gehörte Posen zum Herzogtum Warschau. Am schloß Napoleon zu Posen den
Frieden mit Sachsen.
[* 42] -
Vgl. Lukaszewicz, Obraz historiczno-statystyczny miasta Poznania (2 Bde.,
Pos. 1838; deutsch ebd. 1881);
Ölschläger, Posen Kurzgefaßte Geschichte und Beschreibung (ebd. 1866);
Die
Chronik der Stadtschreiber von Posen, hg. von Warschauer (ebd. 1888);
Stadtbuch von Posen, hg. von Warschauer, Bd. 1 (ebd. 1892).