Poseidon
[* 2] (bei den Römern Neptunus), nach der theogonischen Dichtung ein Sohn des Kronos ¶
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und der Rhea, [* 4] war der Gott alles Flüssigen, vorzugsweise des Meers, dessen Herrschaft bei der Teilung der Welt unter die drei Söhne des Kronos ihm zufiel. In der Tiefe des Meers hat er seinen Palast, in welchem er mit seiner Gattin Amphitrite (s. d.) thront; mit dieser fährt er über die Wogen dahin in einem von Rossen mit ehernen Hufen und goldenen Mähnen gezogenen Wagen, den die übrigen Meeresgottheiten, Tritonen, Nereiden und die mannigfaltigen Ungeheuer der Meerestiefe umspielen, Scenen, welche von der Kunst häufig dargestellt worden sind (z. B. in einem schönen antiken Relief in der Münchener Glyptothek).
Die Poesie und die bildende Kunst haben auch seinen Streit mit Athena um das Land Attika, seine Beteiligung am Trojanischen Kriege zu Gunsten der Griechen, seine Teilnahme am Kampfe gegen die Giganten, endlich seine vielen Liebesverhältnisse, besonders mit Quellnymphen (s. Amymone), behandelt. Die berühmtesten Stätten seines Kultus waren der korinth. Isthmus, die Insel Kalaureia nahe der Ostküste von Argolis und das Vorgebirge Mykale im kleinasiat. Ionien. In der Blütezeit der griech. Kunst wird er dem Zeus [* 5] ähnlich gebildet, doch mit derberer Muskulatur bei etwas schlankerm Körperbau, mit weniger Majestät und Ruhe im Ausdruck des Antlitzes, häufig stehend mit hoch aufgesetztem Fuße.
Seine Attribute sind der Dreizack (d. i. die Harpune
[* 6] der antiken Fischer), mit welchem er das Meer auf wühlt,
die Erde erschüttert und Quellen hervorspringen läßt, und der Delphin oder, besonders in altertümlichem Bildwerken, der
Thunfisch. (S. beistehende Abbildung.) Das Roß (Symbol der Wellen)
[* 7] galt als sein Geschöpf und spielt daher in den
an Poseidon
sich knüpfenden Sagen eine große Rolle, wie auch an vielen Orten Griechenlands Wettkämpfe mit Roß und Wagen ihm
zu Ehren gefeiert wurden. -
Vgl. Gerhard, Über Ursprung, Wesen und Geltung des Poseidon
(Berl. 1851);
Overbeck, Griech. Kunstmythologie,
Bd. 2, Buch 3: Poseidon
(Lpz. 1875, mit Atlas).
[* 8]
^[Abb (ohne Titel): Poseidon]