Pontĭfex,
Mehrzahl Pontifĭces,
Name der Mitglieder eines nach der Sage von
Numa eingesetzten Priesterkollegiums, an
dessen
Spitze, wenigstens seit dem
Sturze des Königtums, ein eigener lebenslänglicher Pontifex
Maximus stand,
der einen
Teil der sakralen Befugnisse (die
Aufsicht über die
Vestalinnen, bestimmte Opfer) und Obliegenheiten der Könige
überkommen hatte, wie er denn auch im alten Königshause, der Regia, neben dem Heiligtum der
Vesta wohnte. In der Blütezeit
der Republik hatte er außerdem gewisse magistratische
Rechte, besonders die
Besetzung der wichtigsten
Priestertümer.
Der
Name Pontifex
, der wahrscheinlich Brückenbauer bedeutet, soll sich daher schreiben, daß die Pontifices die alte
Holzbrücke über den
Tiber (pons sublicius) gebaut und zu unterhalten hatten, weil sie sowohl auf beiden Ufern des
Tiber als
über dem
Flusse selbst heilige Handlungen verrichteten. Das Kollegium zählte ursprünglich außer dem
Pontifex
Maximus vier Mitglieder patricischer Abkunft, bis 300 v.Chr. das Ogulnische Gesetz vier andere aus den
Plebejern zu wählende
hinzufügte; 253 findet sich der erste plebejische Pontifex
Maximus.
Sulla steigerte die Zahl der Pontifices auf 15,
Cäsar fügte ein weiteres Mitglied hinzu, und
Vermehrungen nach
Willkür fanden unter den
Kaisern statt,
die immer selbst die Würde des Pontifex
Maximus annahmen und auch in der christl.
Zeit noch dessen
Titel fortführten, bis Gratianus, der 383 n.Chr. starb, ihn ablegte. Die Pontifices waren nicht mit dem
Dienst einzelner Gottheiten beauftragt, sondern hatten verschiedenen Hauptgöttern Opfer von Bedeutung
für den
Staat darzubringen und bildeten außerdem die oberste geistliche
Behörde, der die Aufrechterhaltung und
Beaufsichtigung
des gesamten
Kultus, des geistlichen
Rechts (jus pontificium), in dem sie auch eine Art Rechtspflege übten, des Kalenderwesens
und der in das röm. Staatsleben vielfach eingreifenden Ceremonien zustand.
Die hierauf bezüglichen, dem Ursprunge nach ebenfalls auf
Numa zurückgeführten Satzungen waren schriftlich
aufgezeichnet in den
Libri pontificii; Ergänzungen dazu bildeten die Commentari pontificum. Außerdem besorgte der Oberpontifex
nach alter, bis um das J. 120 v.Chr. beibehaltener
Sitte die Aufzeichnung der wichtigen Begebenheiten des Jahres, woraus die
sog. Annales maximi hervorgingen. Lange Zeit ergänzten sich die Pontifices
nur durch Kooptation, bis 103 der
Volkstribun Gnäus Domitius Ahenobarbus durch sein Gesetz die Priesterwahlen überhaupt
an die Versammlungen des
Volks brachte. Das Domitische Gesetz wurde von
Sulla abgeschafft, 63 aber durch den
Tribun Labienus
erneuert. Als der
Kaiser
Aurelian das Priestertum der Pontifices
Solis stiftete, nannte man die alten Pontifices
zum Unterschiede Pontifices
Vestae oder majores. – Pontifex
maximus oder summus ist seit dem 5. Jahrh. auch
als offizielle Bezeichnung des Papstes üblich (ital. Sommo Pontifice; frz.
Souverain pontife).