Pomologie
die Wissenschaft, welche die Organe des Obstbaums und die Bestimmung und Einordnung der Obstsorten in die bezüglichen Systeme kennen lehrt, hat durch die Bestrebungen eifriger Pomologen in letzter Zeit eine besondere Bedeutung auch für den praktischen Obstbau gewonnen. Schon im 18. Jahrh. und bis zur Mitte des jetzigen hatten sich Quinteney, Noisette, Hirschfeld, Zink, Mayer, Sickler, Dittrich, Christ, Dochnahl, Diel, Downing, Liegel, v. Ährenthal, v. Truchseß, Hogg u. a. bemüht, die verschiedenen Fruchtsorten genau zu bestimmen und in bestimmte Systeme zu ordnen; doch gebührt den Bearbeitern des »Illustrierten Handbuchs der Obstkunde«, Oberdieck, Lucas, Engelbrecht und Jahn, das Verdienst, eine vollständig systematische Ordnung der Obstfrüchte hergestellt zu haben, welche für weitere Forschungen den Boden gegeben hat.
Genaue Kenntnis der
Organe des Obstbaums sowie der pomologischen
Terminologie (Kunstsprache) sind für das
Studium der Pomologie
notwendige
Vorbedingungen, abgesehen von der nötigen Bekanntschaft mit der pomologischen Litteratur. Bei den pomologischen
Bestimmungen kommen zunächst die
Früchte nach ihrer Form,
Größe und
Farbe, dann nach ihrer
Schale, dem
Stengel
[* 2] und dessen
Einsatz und nach dem
Kelch in Betracht; doch geben das
Fleisch, das Kernhaus beim
Kernobst und der
Stein beim Steinobst sowie
der
Durchschnitt der
Frucht ganz bestimmte Merkmale, welche zur Feststellung der
Sorten benutzt werden.
Zu gleichem
Zweck sind die
Blätter der Fruchtzweige, die Form der
Fruchtaugen, die
Blüte
[* 3] und die
Blütezeit, die Sommertriebe
mit den Blättern zu beobachten und je nach den verschiedenen Fruchtarten zu berücksichtigen.
Die Bestrebungen der neuern Pomologen gehen dahin, eine bestimmtere Klasseneinteilung zu finden, in welcher außer der Form und Farbe der Frucht besonders auch vegetative Verhältnisse mit in Betracht zu ziehen sind. Die Versammlungen der deutschen Pomologen haben in der Neuzeit vieles zur Sichtung und Berichtigung der Sorten beigetragen, und namentlich war es die in Gotha, [* 4] in welcher der Beschluß zur Herausgabe des illustrierten Handbuchs gefaßt wurde, das in dieser Beziehung Wichtiges zu Tage förderte. ¶
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Wie dieses Werk für ganz Deutschland [* 6] bei Obstbestimmungen benutzt wird und segensreich auch für den praktischen Obstbau gewirkt hat, so gilt es auch für andre Länder als Norm, wenn auch Frankreich und England noch zum Teil an ihren altgewohnten Systemen festhalten. Über pomologische Institute s. Gartenbauschulen. Über die Systeme, welche man für die einzelnen Obstarten aufgestellt hat, s. Apfelbaum, Birnbaum etc. Wichtigste Litteratur: Duhamel, Traité des arbres fruitiers (Par. 1768; neue Ausg. 1850, 2 Bde.);
Menger, Vollständige Anleitung zu einer systematischen Pomologie
(Leipz. 1780);
die Werke von A. Diel (s. d.);
Günderode und Borkhausen, Pflaumenabbildungen in 6 Heften (Darmst. 1804-1808);
»Allgemeine deutsches Gartenmagazin« in Heften (Weim. 1804-27);
v. Truchseß, Systematische Beschreibung und Klassifikation der Kirschen (Stuttg. 1819);
Hinkert, Systematisch geordnetes
Handbuch der Pomologie
(Münch. 1836, 3 Bde.);
Dittrich, systematisches Handbuch der Obstkunde (2. Aufl., Jena [* 7] 1839-41, 3 Bde.);
Liegel, Systematische Anleitung zur Kenntnis der Pflaumen etc. (Pass. 1838 u. Linz [* 8] 1841, 2 Hefte);
Derselbe, Beschreibung neuer Obstsorten (Regensb. 1851-56, 3 Hefte);
»Annales de Pomologie«
, von A. Bivors (Brüss.
1847-51, 4 Bde.);
Lucas und Oberdieck, Illustriertes Handbuch der Obstkunde (Stuttg. u. Ravensb. 1858-75, 8 Bde.; Ergänzungsband 1883);
Lauche, Deutsche
[* 9] Pomologie
(Berl. 1882-83, 6 Bde.);
Stoll, Österreichisch-Ungarische Pomologie
(Wien
[* 10] 1883-84, 4 Bde.);
Hogg, Fruit manual (5. Aufl., Lond. 1884);
Einleitung in das Studium der Pomologie
(Stuttg. 1877);
»Monatsschrift für Pomologie
und praktischen Obstbau«, herausgegeben
von Oberdieck und Lucas (das. 1855-64),
fortgesetzt als »Illustrierte Monatshefte für Obst- u. Weinbau« (Ravensb. 1866-74) u. »Pomologische Monatshefte« (das. 1875 ff., jetzt Stuttg.).