Polybios
,
berühmter griech. Geschichtschreiber, geboren um 204
v. Chr. zu
Megalopolis in
Arkadien, bildete sich unter
seinem
Vater, dem
Strategen Lykortas, und dessen
Freund
Philopömen zum Staatsmann und
Feldherrn und nahm bald den thätigsten
Anteil an den Angelegenheiten des Achäischen
Bundes. Trotzdem Polybios
jeden
Konflikt mit den übermächtigen
Römern zu vermeiden suchte, gehörte er doch zu den 1000
Achäern, die 167 nach
Rom
[* 3] abgeführt und 16 Jahre als Gefangene zurückgehalten
wurden. fand hier unter anderm in dem
Haus des
Ämilius Paullus die freundlichste
Aufnahme, unterrichtete dessen
Söhne und ward
bald der vertrauteste
Freund des
Scipio
Ämilianus. 151 kehrte er für kurze Zeit in sein Vaterland zurück und begleitete dann
Scipio nach
Afrika,
[* 4] wo er der
Eroberung und Zerstörung von
Karthago
[* 5] beiwohnte.
Während der Belagerung untersuchte er im Auftrag
Scipios mit der
Flotte die
Nord- und die Westküste von
Afrika.
Mittlerweile war auch in
Griechenland
[* 6] der
Krieg ausgebrochen, welcher mit der völligen Unterwerfung des
Landes endete. Als
Polybios
jetzt dahin eilte, konnte er zwar die Zerstörung von
Korinth
[* 7] und die
Verwandlung
Griechenlands in eine
Provinz nicht hindern;
indessen gelang es ihm doch durch seine unablässigen Bemühungen und durch seinen Einfluß bei den
Römern,
das harte
Los der Besiegten mehrfach zu mildern.
Seitdem scheint er sich aus dem politischen Leben zurückgezogen und sich fast ausschließlich der Ausarbeitung seines Geschichtwerks gewidmet zu haben, zu welchem Behuf er mehrere Reisen unternahm, so namentlich nach Kleinasien, Ägypten, [* 8] Oberitalien, [* 9] dem südlichen Gallien und nach Spanien. [* 10] Auf Grund der auf diesen Reisen angestellten Nachforschungen und der sorgfältigsten Erkundigungen bei solchen, die als Mithandelnde oder wenigstens Mitlebende eine genaue Kenntnis von den Ereignissen hatten, zum nicht geringen Teil auch auf Grund eigner originaler Kenntnis, verfaßte er unter Benutzung der vorhandenen historischen Aufzeichnungen sein großes historisches Werk in 40 Büchern, in welchem er die allgemeine Geschichte der Zeit von 220 bis 146 hauptsächlich zu dem Zweck zusammenfaßte, um nachzuweisen, wie die Römer [* 11] in dieser Zeit zur Herrschaft über die Länder des Mittelmeers [* 12] gelangt seien.
Dabei ist er überall bemüht, durch Darlegung der Ursachen und Folgen der Handlungen (nicht selten mit allzu großer Breite) [* 13] die Leser zu belehren und zur Führung von Staatsgeschäften heranzubilden, weshalb er auch als der erste pragmatische Geschichtschreiber bezeichnet zu werden pflegt. Wir besitzen nur noch die fünf ersten Bücher vollständig, welche die Einleitung und die römische Geschichte bis zur Schlacht bei Cannä (216) und die griechische bis zu demselben Jahr enthalten; von den übrigen Büchern sind nur noch Bruchstücke und Auszüge vorhanden.
Obgleich Polybios
die
Größe des Römertums lebhaft bewundert, so hat er sich doch nie zur Parteilichkeit für dasselbe fortreißen
lassen; vielmehr macht sein Werk durchaus den
Eindruck, wie von Sachkenntnis und Gründlichkeit, so auch
von der größten Wahrheitsliebe. Er starb um 122. Herausgegeben wurde das Werk am besten von
Schweighäuser (Leipz. 1789-95, 9 Bde.;
neue Ausg.,
Oxford
[* 14] 1831),
Bekker (Berl. 1844, 2 Bde.),
Hultsch (das. 1868-72, 4 Bde.; 2. Aufl. 1888 ff.)
und von
Dindorf (Leipz. 1866-68, 4 Bde.;
neue Ausg. 1882 ff.); übersetzt unter
andern von Benicken (Weim. 1820),
Campe (Stuttg. 1857 ff., 14 Bde.),
Haakh und Kraz (das. 1874, 29
Tle.).
Vgl. Folard, Commentaires sur Polybe (deutsch, Wien [* 15] 1759, 6 Bde.);
Brandstäter, Bemerkungen
über das Geschichtswerk des Polybios
(Danzig
[* 16] 1843);
Nitzsch, Polybios
(Kiel
[* 17] 1842);
La Roche,
Charakteristik des Polybios
(Leipz.
1857);
Markhauser, Der Geschichtschreiber Polybios
(Münch. 1858);
Valeton, De Polybii fontibus et auctoritate (Utrecht [* 18] 1879).