(Poděbrad, spr. póddje-), Stadt in
Böhmen,
[* 2] an der
Elbe, über welche eine eiserne
Brücke
[* 3] führt, u. der
österreichischen Nordostbahnlinie
Wien-Tetschen, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft u. eines Bezirksgerichts, mit Propsteikirche,
altem
Schloß (Geburtsort
Georgs vonPodiebrad),
Rathaus mit
Turm,
[* 4] Badeanstalt
[* 5] (eisenhaltige
Mineralquelle), Ölfabrik, Dampfmühle,
Rübenzuckerfabrik, Bierbrauereien, Glasfabrik, starkem
Getreidehandel und (1880) 4421 Einw.
und Kunstatt,
Georg von, König von
Böhmen, Sohn Herant Boczkos von Kunstatt und Podiebrad, geb. zu
Podiebrad, verband sich, wie sein
Vater einer gemäßigten hussitischen Denkweise huldigend, als 1438 die katholische
Partei
die
WahlAlbrechts II. von
Österreich
[* 6] zum König von
Böhmen durchsetzte, mit den utraquistischen
Ständen
in
Tabor, welche
Kasimir von
Polen als König von
Böhmen proklamierten, und kämpfte 1438 bei
Tabor gegen die
Österreicher. Nach
Ptatschek v. Pirksteins
Tod 1444 trat
er an die
Spitze der utraquistischen
Partei und erlangte bald durch Entschlossenheit, Einsicht,
Gewandtheit und Schlauheit das höchste Ansehen in
Böhmen. Er bemächtigte sich 1448 durch einen Handstreich
der Hauptstadt
Prag,
[* 7] ließ sich 1452 zum Landesverweser wählen, bezwang die
¶
mehr
widerstrebenden extremen Parteien und bewirkte 1453 die Wahl des jungen KönigsWladislaw zum König von Böhmen, für den er
auf sechs Jahre die Regentschaft übernahm und Frieden u. Ordnung im Land wiederherstellte. Als Wladislaw 1457 starb, wurde Podiebrad selbst
zum König erwählt und gekrönt. Er wußte sich die Anerkennung seitens der deutschen Kurfürsten
und des KaisersFriedrich III. zu erwirken, nötigte Mähren, Schlesien
[* 9] und die Lausitz in kurzer Zeit zur Unterwerfung, ordnete
das zerrüttete Finanz- und Münzwesen
[* 10] und bemühte sich, die religiösen Zwistigkeiten auf friedlichem Weg zu schlichten und
durch geschicktes, geschmeidiges Verhalten sowohl den Papst als die Utraquisten sich geneigt zu machen.
Als er aber, um sich in Böhmen zu behaupten, sich 1462 entschieden für die Kompaktaten und den Kelch erklären mußte, entschloß
sich PapstPius II. zur Bannbulle gegen ihn; doch hinderte der Kaiser den Vollzug der Maßregel durch sein Dazwischentreten;
Pius' II. Nachfolger Paul II. hetzte aber alle seine Feinde zum offenen Kampf gegen ihn auf und belegte
ihn 1466 mit dem Bann. Während in Böhmen der katholische Herrenbund und in Schlesien die fanatisch katholische Bürgerschaft
von Breslau
[* 11] den Krieg begannen, rückte König Matthias von Ungarn
[* 12] als Vollstrecker des Kirchenbanns gegen
Podiebrad heran, besetzte Mähren, drang in Böhmen ein, wurde aber 1469 bei Wilamow umzingelt und zum Waffenstillstand gezwungen.