Planetoïden
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Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Planetoïden,
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Planetoiden
sind im J. 1890 zu den in Band [* 3] 17 verzeichneten noch folgende entdeckt worden: 288 Glauke von Luther in Düsseldorf [* 4] 20. Febr., 289 Nenetta von Charlois in Nizza [* 5] 10. März, 290 Bruma von Palisa in Wien [* 6] 20. März, 291 Alice und 292 Ludovica ebenfalls von Palisa 25. April, 293 Brasilia von Charlois in Nizza 20. Mai, 294 Felicia von demselben 15. Juli, 295 Theresia von Palisa in Wien 17. Aug., 296 von Charlois in Nizza 19. Aug., 297 und 298 von demselben 9. Sept., 299 von Palisa in Wien 7. Okt., 300 von Charlois in Nizza 3. Okt., 301 von Palisa in Wien 16. Nov., 302 von Charlois in Nizza 14. Nov., ferner im J. 1891: 303 von Charlois in Nizza 11. Febr., 304 von Millosevich in Rom 13. Febr., 305 von Palisa in Wien 15. Febr. und 306 von Charlois in Nizza 16. Febr.
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Planetoiden.
Da der im Bd. 18, S. 716, als 303 bezeichnete
Planetoid sich nachträglich als 208, Lacrimosa, erwiesen hat, so ist die Reihe der 1891 entdeckten Planetoiden
folgende: 303 Josephina,
entdeckt von Millosewich in
Rom 2. Febr.; 304, entdeckt von Palisa in Wien 14. Febr.; 305, entdeckt von Charlois
in Nizza 16. Febr.; 306 Unitas, entdeckt von Millosewich 1. März; 307, entdeckt von Charlois 5. März; 308, entdeckt von Borrelly in Marseille
[* 7] 31. März; 309,
entdeckt von Palisa 6. April; 310 und 311, entdeckt von Charlois 16. Mai 11. Juni; 312, entdeckt von Palisa 14. Aug.; 313,
entdeckt von Charlois 28. Aug.; 314, entdeckt von Palisa 30. Aug.; 315, entdeckt von Charlois 2. Sept.; 316, entdeckt von Palisa 4. Sept.; 317 und
318, entdeckt von Charlois 8. und 11. Sept. Von den früher entdeckten haben neuerdings Namen erhalten: 296 Phaëtusa, 297 Cäcilia, 298 Baptistina, 300 Geraldina, 301 Bavaria.
Als am Anfang dieses Jahrhunderts die beiden ersten Planetoiden
entdeckt wurden (1 Ceres durch Piazzi, 2 Pallas durch
Olbers) und es sich zeigte, daß ihre Bahnen auf der Knotenlinie einander sehr nahekommen, kam Olbers auf den Gedanken, daß
diese Planetoiden
vielleicht Bruchstücke eines ehemaligen, durch eine Explosion zertrümmerten Weltkörpers seien, und daß man in
der Nähe der Knotenlinie möglicherweise noch mehr solcher Trümmer finden könne. Diese Idee führte in der That zur Entdeckung
der Juno durch Harding und der Vesta durch Olbers; aber obwohl der letztere bis zum
Jahre 1816 nach weitern Planetoiden suchte, wurden doch in der erwähnten Knotenlinie keine gefunden, und die Planetoidenentdeckungen
seit 1840 haben mit der Olbersschen Hypothese nichts zu thun.
Diese letztere ist als vollkommen aufgegeben anzusehen. Wenn es aber auch nicht statthaft ist, die ganze Schar dieser kleinen Weltkörper von einem einzigen großen Planeten abzuleiten, so scheinen doch einige Gruppen von Planetoiden einen engern Zusammenhang zu besitzen. Zu dieser Anschauung wird man geführt durch die große, wohl kaum zufällige Übereinstimmung der Bahnelemente in gewissen Gruppen. Insbesondere sind die folgenden bemerkenswert, auf welche Kirkwood aufmerksam gemacht hat. In der nachstehenden Zusammenstellung der wichtigsten Bahnelemente sind mit a, e ♌, i die große Halbachse der Bahn (die Entfernung Erde-Sonne als Einheit angenommen), die Exzentrizität, die Länge des aufsteigenden Knotens und die Neigung gegen die Ebene der Erdbahn bezeichnet.
Planetoidengruppen mit ähnlichen Bahnen: | a | e | ♌ | i | |
---|---|---|---|---|---|
I. | 84 Klio | 2,363 | 0.236 | 327.5° | 9.3° |
115 Thyra | 2,379 | 0.194 | 309.1 | 11.6 | |
249 Ilse | 2,379 | 0.220 | 334.7 | 9.7 | |
II. | 19 Fortuna | 2,442 | 0.159 | 211.5 | 1.5 |
79 Eurynome | 2,444 | 0.194 | 206.7 | 4.6 | |
III. | 134 Sophrosyne | 2,565 | 0.117 | 346.3 | 11.6 |
193 Ambrosia | 2,576 | 0.285 | 351.2 | 11.6 | |
IV. | 34 Fides | 2,644 | 0.176 | 8.4 | 3.1 |
66 Maja | 2,645 | 0.175 | 8.3 | 3.1 | |
V. | 218 Bianca | 2,665 | 0.116 | 170.8 | 15.2 |
204 Kallisto | 2,673 | 0.175 | 205.7 | 8.3 | |
246 Asporina | 2,695 | 0.105 | 162.6 | 15.6 | |
VI. | 3 Juno | 2,668 | 0.258 | 170.9 | 13.0 |
97 Klotho | 2,671 | 0.255 | 160.6 | 11.8 | |
VII. | 203 Pompeja | 2,738 | 0.059 | 348.6 | 3.2 |
200 Dynamene | 2,738 | 0.134 | 325.4 | 6.9 | |
VIII. | 278 Pauline | 2,757 | 0.133 | 62.5 | 7.8 |
116 Sirona | 2,767 | 0.143 | 64.4 | 3.6 | |
1 Ceres | 2,767 | 0.076 | 80.8 | 10.6 | |
IX. | 245 Vera | 3.097 | 0.198 | 62.2 | 5.2 |
86 Semele | 3,102 | 0.219 | 87.7 | 4.8 | |
106 Dione | 3,167 | 0.179 | 63.2 | 4.6 | |
X. | 121 Hermione | 3,454 | 0.125 | 76.8 | 7.6 |
87 Sylvia | 3,483 | 0.092 | 75.8 | 10.9 |
Es ist zu hoffen, daß bei weitern Planetoidenentdeckungen sich noch mehr derartige Analogien ergeben werden, und daß vielleicht dadurch eine Andeutung über die Entstehung des Planetoidenschwarmes gewonnen wird.
Beachtenswert ist auch die Verteilung der Planetoiden innerhalb des über 300 Mill. km breiten Ringes zwischen dem innersten Planetoiden, 149 Medusa, der sich in mittlerer Entfernung von 2,13 Erdbahnhalbmessern um die Sonne [* 8] bewegt, und dem äußersten, 279 Thule, dessen mittlerer Abstand von der Sonne doppelt so groß, nämlich 4,26 ist. Zwischen diesen beiden Grenzen [* 9] sind nun die mittlern Entfernungen von der Sonne nicht gleichmäßig verteilt, sondern es sind Lücken vorhanden, und diese entsprechen merkwürdigerweise nach dem dritten Keplerschen Gesetze Umlaufszeiten, welche in einfachen rationalen Verhältnissen zur Umlaufszeit des Jupiter stehen, also ½, ⅓, ⅔, ⅖ etc. der letztern betragen. Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß dies eine Folge der Anziehung des Jupiter ist.
Befindet sich nämlich ein Planet in einer solchen Entfernung, so wird er nach einer bestimmten Anzahl von Umläufen immer wieder dieselbe Stellung zum Jupiter haben, es werden also die Störungen dieses letztern sich immer in derselben Größe und Richtung wiederholen, und infolgedessen muß schließlich die Bahn eine vollständige Änderung erleiden. Ähnliche Verhältnisse treffen wir im Ringsystem des Saturn, das ebenfalls aus einem Schwarme kleiner Körper besteht, die allerdings ungleich dichter bei einander stehen als die Planetoiden. In diesem Ringsystem befinden sich nun die Lücken ebenfalls an Stellen, an denen sich die störenden ¶
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Asteroiden oder kleine Planeten, die Gruppe der sich zwischen Mars [* 10] und Jupiter bewegenden Planeten. Dieselben lassen auch bei Betrachtung durch die größten Fernrohre keinen wahrnehmbaren Durchmesser erkennen, sondern haben sämtlich das Aussehen von Fixsternen. Mit ihrer Entdeckung wurde eine auffallende Lücke in der Reihenfolge der Planeten ausgefüllt. (S. Bode-Titiussche Reihe.) Der erste bekannte Planetoid, Ceres, wurde von Piazzi in Palermo [* 11] gelegentlich der Anfertigung eines Sternkatalogs aufgefunden: bis 1847 wurden noch weitere vier Planetoiden entdeckt;
von da ab verfloß kein Jahr, wo nicht wenigstens einer, meist sogar eine größere Anzahl derselben aufgefunden wurde, so daß wir deren gegenwärtig bereits gegen 400 kennen. In neuerer Zeit waren es namentlich C. H. F. Peters in Clinton, J. ^[Johann] Palisa in Wien, M. Wolf in Heidelberg [* 12] und Charlois in Nizza, die fortgesetzt neue Planetoiden auffanden.
Die Helligkeit der Planetoiden ist eine sehr verschiedene und schwankt zwischen der 6. und 14. Größenklasse. Der hellste Planetoid ist Vesta, auch zugleich der einzige, der unter Umständen mit freiem Auge [* 13] gesehen werden kann. Ihre Durchmesser hat man mehrfach auf Grund ihrer Helligkeit zu bestimmen versucht und als zwischen 10 und 400 km liegend gefunden. Die Masse der Planetoiden ist nicht bestimmbar gewesen, aber nach Schätzungen wahrscheinlich so gering, daß die Gesamtmasse aller überhaupt vorhandenen Planetoiden wohl noch nicht einmal 1/4000 der Erdmasse ausmachen dürfte.
Die Bahnen der Planetoiden liegen über einen weiten Raum zerstreut, ihre mittlern Entfernungen von der Sonne betragen etwa zwischen 300 und 600 Mill. km und ihre Umlaufszeiten um die Sonne dem entsprechend zwischen 3 und 8 Jahren. In der Gestalt und Lage ihrer Bahnen zeigen sie im Gegensatz zu den großen Planeten eine außerordentliche Mannigfaltigkeit. Weitaus in der Mehrzahl besitzen sie eine erhebliche Excentricität; bei einigen beträgt dieselbe beinahe 0,4, kommt also den kleinsten bei den periodischen Kometen [* 14] vorkommenden ziemlich nahe.
Noch auffallender sind die Verschiedenheiten in der Neigung der Bahn gegen die Ekliptik. Während die größte bei den großen Planeten vorkommende Neigung 7° (bei Merkur) [* 15] beträgt, kommt bei den Planetoiden sogar eine Neigung von nahezu 35° vor (bei Pallas). Die Planetoiden bewegen sich also keineswegs sämtlich in der Nähe der Ekliptik, sondern nehmen eine weite Zone von etwa 450 Mill. km. Breite [* 16] ein. Einzelne derselben können daher auch, von der Erde aus gesehen, Deklinationen von nahezu 60° erreichen. Es hat den Anschein, als ob die Planetoiden nach der gegenseitigen Lage ihrer Bahnen gewisse Gruppierungen ^[] erkennen ließen; bei der fortgesetzten Entdeckung neuer Planetoiden läßt sich Bestimmtes hierüber aber nicht sagen.
Olbers sprach zuerst den Gedanken aus, daß man in den Planetoiden wahrscheinlich die Trümmer eines vielleicht durch Explosion zerstörten Planeten zu sehen habe. Abgesehen aber davon, daß auch dieser ursprüngliche Planet nur außerordentlich klein gewesen sein könnte, sprechen gegen eine solche Annahme auch gewichtige theoretische Gründe. Jedenfalls müßte die Zerstörung eines derartigen Planeten bereits vor Millionen von Jahren vor sich gegangen sein. Die Astronomen nehmen vielmehr jetzt gewöhnlich an, daß die Planetoiden durch Verdichtung eines die Sonne früher umkreisenden nebelartigen Ringgebildes entstanden seien.
Anfangs wählte man, wie für die großen, so auch für die kleinen Planeten Zeichen. (S. Astronomische Zeichen.) Da sich aber deren Zahl sehr mehrte, wurden auf Goulds Vorschlag Kreise [* 17] mit Zahlen (die Zahl zeigt die Reihenfolge der Entdeckung an) gewählt: z.B. ① Ceres, ^[122 im Kreis] [* 18] Gerda, ^[263 im Kreis] Dresda. Von dem anfänglich streng innegehaltenen Princip, für die Planetoiden nur Namen des klassischen Altertums zu wählen, ist man in neuerer Zeit vielfach abgegangen; es steht sogar zu erwarten, daß man infolge der sich immer mehr häufenden Entdeckungen überhaupt ganz von einer Namengebung absehen wird. Der Entdeckung der Planetoiden verdankt die Astronomie, [* 19] namentlich die physische, wesentliche Fortschritte. Sie boten der Theorie neue und mannigfaltige Probleme dar und dienten zugleich auch wieder als Prüfstein für die mathem. Entwicklungen; auch die praktische Astronomie verdankt ihnen vielfach neue Ideen. - Die Bestimmung der Bahnen und die fortlaufende Berechnung der Ephemeriden der zahlreichen Planetoiden wurde von der Redaktion des «Berliner [* 20] astron. Jahrbuchs» mit Unterstützung freiwilliger Mitarbeiter aller Nationen durchgeführt.
In dem «Berliner astron. Jahrbuch» finden sich auch die genauesten Angaben für die Elemente der Planetoiden. Da das Material durch die unausgesetzten Entdeckungen neuer Planetoiden sich in ungeheurer Weise anhäufte, hat sich, bis eine umfassende Bearbeitung der bis jetzt entdeckten Planetoiden vorgenommen ist, die Redaktion des «Berliner astron. Jahrbuchs» indessen veranlaßt gesehen, eine einstweilige Beschränkung in der Berechnung der Ephemeriden eintreten zu lassen und fortlaufende Ephemeriden nur noch von den für specielle Probleme wichtigsten dieser Körper zu veröffentlichen.