Plainpalais
(Kt. Genf,
Linkes Ufer). 374-426 m. Aussengemeinde und Vorort der Stadt
Genf, w.
und s. vor derselben und durch
die elektrischen Strassenbahnen
Genf-Chancy,
Genf-Saint Georges,
Versoix-Lancy und
Annemasse-Saint Julien mit
ihr verbunden. Postbureau, Telegraph, Telephon. 1172
Häuser, 20066 Ew., wovon 54% Reformierte der Kirchgemeinde Plainpalais.
Römisch-katholische Kirchgemeinde. Die Altkatholiken sind nach
Carouge eingepfarrt. Die im N. an die
Rhone und die Stadtgemeinde
Genf
grenzende Gemeinde Plainpalais
wird von der nach NW. fliessenden
Arve in zwei ungleich grosse Teile zerlegt.
Rechts von diesem Fluss liegen die
Quartiere La
Coulouvrenière,
La Jonction, Plainpalais
,
Les Philosophes,
La Cluse und
Champel, links vom Fluss die
Viertel des
Bois de la Bâtie, der
Queue d'Arve und ein Teil von
Les Acacias (s. diese
Art.). Die
Queue d'Arve wird durch die der
Arve zufliessende
Aire vom
Bois de la Bâtie getrennt. Ueber die
Arve führen 6, über die
Rhone eine und über die
Aire 3 Brücken. Der direkt am rechten Ufer der
Arve gelegene Teil von Plainpalais
steht auf Alluvialboden und ist bis 1888, soweit bekannt, 15mal von Hochwassern des Flusses überflutet worden.
Das ziemlich schwankend umgrenzte
Quartier Plainpalais
liegt zwischen der
Coulouvrenière und der
Jonction
einerseits und den
Vierteln
Les Philosophes und
La Cluse andererseits, von welch' letzteren es durch die stark belebte
Rue de
Carouge getrennt wird. Gegen die Stadt
Genf zu wird Plainpalais
durch den Boulevard Georges Favon (bis vor kurzem Boulevard
de Plainpalais
geheissen) begrenzt. Besteht meist aus Mietshäusern, hat aber gegen die Peripherie zu auch zahlreiche Fabriken
und
Villen, sowie grosse Gemüsegärtnereien.
Sehenswert ist in erster Linie der alte Friedhof (Cimetière de Plainpalais
), wo sich das
Grab von Calvin (1509-1564) - eine
in den Boden eingelassene kleine Steinplatte mit den Anfangsbuchstaben des Namens des Reformators - befindet
und wo ausserdem noch viele aus Genf
gebürtige oder einst in Genf
wohnende berühmte Persönlichkeiten begraben liegen: der Chemiker
Sir Humphrey Davy (1778-1829), der berühmte Uhrenmacher Bautte (1772-1837), der Wohltäter der Stadt
Genf
Baron de Grenus
(1785-1851), die Staatsmänner und Diplomaten Saladin (1760-1822) und Pictet de Rochemont (1755-1824),
der Botaniker Alphonse de Candolle (1778-1841), der General in französischen Diensten Rilliet (1791-1853), General Dufour
(1787-1875), die
Maler
Calame (1810-1864) und Diday (1802-1877), Ch. Galland (1816-1901), der der Stadt
Genf sein grosses Vermögen
testierte, die Staatsräte James Fazy (1794-1878), J. E. Dufour (1840-1893), E. Empeytaz (1843-1889),
Antoine Carteret (1813-1889), Alexandre Gavard (1845-1898), Georges Favon (1843-
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1902) u. A. In Plainpalais
befinden sich das Gebäude der medizinischen Fakultät der Genfer Universität, das Schlachthaus,
das bald durch eine in grösserer Entfernung von der Stadt stehende Anlage ersetzt werden soll, Zeughaus und Kaserne, der alpine
Versuchsgarten (Jardin alpin d'acclimatation), der Zirkus etc. Reformierte Pfarrkirche. Gemeinnützige Institute: die vom
Kantonsspital aus geleitete Poliklinik und Frauenklinik, der Kinderspital, der private Spital Butini für Frauen und Kinder,
das Mädchenheim (Le Secours), das stellenlosen jungen Mädchen gegen Arbeitsleistung Wohnung und Nahrung bietet, ein privates
Waisenhaus für Mädchen reformierten Glaubens, eine Kinderkrippe.
Primar- und Kleinkinderschulen. Badanstalten an der Arve. Rege industrielle Tätigkeit: Genfer Fabrik für physikalische Instrumente, Stein- und Bildhauerwerkstätten, mechanische Werkstätten und Schlossereien, Fabriken für elektrische Apparate, Fabrikation von Grabkränzen, Verbandstoffen;
Velofabriken. Zimmerplätze und Brennholzniederlagen etc. Requisiten- und Kulissenhaus des Theaters.
Ueber die übrigen Quartiere der Gemeinde Plainpalais
vergl. die betr. Spezialartikel. Die
in ihrem grossen Durchmesser 700 m lange Wiesenfläche der sog. Plaine de Plainpalais
dient als Platz für
Volksfeste und hie und da auch als Exerzierplatz; sie war aber auch Zeuge verschiedener Hinrichtungen, so z. B. derjenigen
des Banditen Frésier (1678), der lange Zeit die Strasse von Genf
nach dem Mandament Peney unsicher gemacht hatte.
Der Name Plainpalais
soll von den zwei mundartlichen Ausdrücken pllan = Ebene und palé = Pfahlreihe
herrühren, da hier der von Julius Caesar im Jahr 58 v. Chr. gegen die Helvetier gezogene berühmte Pfahlwall begonnen habe.
Römische Altertümer hat man an verschiedenen Stellen der Gemeinde in grosser Anzahl aufgefunden. Im 15. Jahrhundert reichte
Plainpalais
bis an den Fuss der Mauern von Genf
und umfasste damals noch die vom Stift St. Pierre verwalteten
Vororte La Corraterie und Saint Léger, die im Interesse der leichteren Verteidigung der Stadt im 16. Jahrhundert abgetragen,
dann wieder aufgebaut und 1687 aus dem gleichen Grund neuerdings zerstört worden sind.
Nachdem das nahe der Madeleine stehende erste Kloster der 1222 in Genf
eingezogenen Dominikaner abgebrannt
war, verlegten diese Mönche ihr neues Kloster mit seiner prunkvollen Kirche nach Plainpalais.
Dieser Bau mag etwa 1263 aufgeführt
worden sein. Als Farel 1535 eines Tages in dieser Kirche die Reformation verkündet hatte, wurde sie vom Volk geplündert
und zerstört, worauf man die Trümmer auf Abbruch verkaufte. In Plainpalais
bestand ausserdem noch ein
Augustinerkloster.
Auf dem von Philippe Compeys, dem damaligen Generalvikar der Diözese, 1469 der Stadt Genf geschenkten Platz des jetzigen Friedhofes
errichtete man 1489 einen Spital für Pestkranke und eine der Sainte Marie de Miséricorde und St. Peter
und Paul geweihte Kirche, welch' beide Bauten 1776 abgetragen worden sind. Das von René, Bastard von Savoyen, nahe der Arvebrücke 1480 gestiftete
Kloster mit der Kirche zu Notre Dame de Grâce wurde 1536 zerstört. In Plainpalais
fand 1529 das erste Schützenfest - ein
Vogelschiessen oder «tir au papegay» - der Société
du Jeu de l'Arc statt. An andere hier gepflogene Volksbelustigungen erinnern heute noch die Namen der Avenue du Mail, der Rue
du Vieux Billard und anderer Gassen. Im 15. Jahrhundert legten die Dominikaner Gemüsegärten an, die bald eine lokale Berühmtheit
erlangten und zu Beginn des 18. Jahrhunderts wesentlich vergrössert wurden.
Sie zogen sich damals vom Pont de Carouge bis zur Jonction dem rechten Ufer der Arve entlang und wurden im N. von der Avenue du
Mail begrenzt. Dieser Gemüsebau gestaltete sich immer lohnender, so dass sich die sehr zahlreichen Gärtner bald zu
einer besonderen Zunft organisierten, die von 1706 an alljährlich ein Fest zu feiern pflegte, das seit 1831 zu
einem allgemeinen Volksfest, einer sog. «vogue», wurde. Der volkstümliche
Name «les plantaporets» (d. h. planteurs de poireaux = Lauchpflanzer),
den sich diese Gärtner seinerzeit beigelegt hatten, wird heute noch hie und da scherzweise auf die Bewohner von Plainpalais
angewendet. Die rasch sich
ausdehnende Stadt Genf hat dann allmählig, besonders gegen Ende des 19. Jahrhunderts,
auf die fruchtbaren Gemüsegärten von Plainpalais
übergegriffen, so dass davon blos noch einige mitten in den Häusermassen
versteckte Reste erhalten geblieben sind. Vergl. Fontaine-Borgel, Claude. Souvenirs de Plainpalais.
Genève 1887; Bonifas,
Ch. Genève qui s'en va; vieux Moulins et jardins de Plainpalais. Genève 1900.