Piper
L., Gattung aus der Familie der Piperaceen, Kräuter oder Bäume, meist Sträucher, häufig schlingende mit einfachen, gestielten Blättern, ährigen, selten doldigen, terminalen oder blattgegenständigen Blütenständen, sitzenden oder der verdickten Blütenstandsachse eingesenkten, zwitterigen oder eingeschlechtige Blüten und sitzender oder gestielter Beere. Etwa 600 Arten in den gesamten Tropen.
Piper
angustifolium Ruiz et Pav.
(Piper
elongatum
Vahl, Arthante elongata
Miq.), ein
Strauch in den feuchten Wäldern der
Kordilleren von
Peru,
[* 2]
Brasilien,
[* 3]
Panama,
[* 4] mit
kurzgestielten, oblong lanzettlichen, lang zugespitzten, fast lederigen, stumpf gekerbten, oberseits warzigen und rauhhaarigen,
unterseits weicher behaarten Blättern und dicht gedrängten, grünlichen
Blüten, wird hier und da kultiviert
und liefert, wie Piper
aduncum
L., ein
Strauch in
Brasilien,
Guayana,
Neugranada,
Panama,
Mexiko
[* 5] und
Westindien,
[* 6] mit größern, länglich
elliptischen, sehr lang zugespitzten, ganzrandigen, unterseits fast kahlen Blättern, das Matikokraut, welches schwach aromatisch
nach
Kubeben oder
Minze riecht, angenehm oder wenig scharf bitterlich und aromatisch schmeckt und
Harz und
ätherisches
Öl neben
Gerbstoff enthält. Es wirkt blutstillend und wird in
Brasilien schon seit sehr langer Zeit arzneilich
benutzt; 1827 wurde es in
Amerika,
[* 7] 1839 durch
Jeffreys in
Europa
[* 8] bekannt, fand aber erst in neuerer Zeit größere Verwendung
gegen
Schleimflüsse. Man benutzt auch ein aus den Blättern gewonnenes hellgelbes, dickflüssiges, schweres,
brennend gewürzhaft schmeckendes ätherisches
Öl in Gelatinekapseln.
Wurzeln und
Blätter von Piper
aduncum werden in
Brasilien
als stimulierendes
Mittel, die
Früchte wie
Kubeben benutzt.
Von Piper
heterophyllum Ruiz et Pav.,
in
Peru, werden die
Blätter wie
Betel gekaut und als magenstärkender
Thee benutzt.
Piper
Cubeba
L. fil.
(Cubeba officinalis
Miq., Kubebenpfeffer, s. Tafel
»Arzneipflanzen
[* 9] II«),
bis 6 m hoher
Strauch mit kurzgestielten, länglich bis eiförmig elliptischen,
zugespitzten Blättern, diözischen
Blüten, schlank walzenförmigen männlichen Blütenähren, dickern weiblichen
Ähren und
gestielten, fast kugeligen
Beeren, in Südborneo, auf
Java und
Sumatra heimisch, wird auf den beiden letztern
Inseln und auf
den
Antillen (häufig in Kaffeeplantagen) kultiviert und liefert die
Kubeben (s. d.). Piper
nigrum L. (schwarzer
Pfeffer, s. Tafel
»Gewürzpflanzen«),
[* 10]
ein mittels Luftwurzeln kletternder, über 5 m hoher Strauch mit fingerdickem Stengel, [* 11] kurzgestielten, breit eiförmigen, zugespitzten Blättern, monözischen oder diözischen Blüten in schlanken, lockerblütigen Ähren und kugeligen, erbsengroßen, grünen, dann roten, zuletzt gelben Beeren, ist heimisch in den heißen und feuchten Wäldern von Travankor und Malabar und wird jetzt auf Ceylon, [* 12] Sumatra, Java, Borneo, den Philippinen, in Hinterindien [* 13] und Westindien kultiviert.
Man vermehrt ihn durch Stecklinge, läßt ihn rebenartig an Bäumen mit wenig dichtem Laub (Mangifera, Erythrina, Uncaria Gambir, Areca etc.) oder an Stangen emporklettern, wobei er an der Rinde der Bäume wurzelt, und hält ihn niedrig. Er beginnt schon im ersten Jahr zu tragen, liefert im Alter von 5-15 und 20 Jahren 4-5 kg Beeren und geht dann allmählich ein. Man erntet die Früchte im unreifen Zustand, sobald sich die untern Beeren eines Fruchtstandes zu röten beginnen, löst die Beeren nach dem Pflücken von den Spindeln ab und trocknet sie an der Sonne [* 14] oder über mäßigem Feuer.
Die dünne Fruchthaut des Pfeffers schließt einen einzigen Samen [* 15] fest ein, dessen Embryo wegen der frühzeitigen Ernte [* 16] nicht entwickelt, sondern gewöhnlich nur durch eine unter der Spitze liegende Höhlung vertreten ist. Der Same selbst enthält in der dünnen, braunroten Samenschale ein glänzendes, außen grünlichgraues, hornartiges, im Innern weißes, mehliges Eiweiß. Der beißend scharfe Geschmack des Pfeffers ist durch Harz bedingt; ein ätherisches Öl (1 Proz.), isomer mit Terpentinöl, besitzt mehr den Geruch als den Geschmack des Pfeffers, welcher außerdem 5 Proz. Mineralstoffe und etwa 2-8 Proz. Piperin C17H19NO3 enthält.
Letzteres bildet farb-, geruch- und geschmacklose Prismen, löst sich leicht in
Alkohol (die alkoholische
Lösung schmeckt pfefferartig),
schwer in
Äther, kaum in
Wasser, reagiert neutral, ist nicht flüchtig und gibt, mit
Kalilauge gekocht, stark basisches
Piperidin
C5H11N u.
Pikrinsäure C12H10O4 .
Letztere wird durch übermangansaures
Kali in
Piperonal C8H6O3 verwandelt, welches heliotropartig riecht und als Heliotropin in der
Parfümerie
benutzt wird.
Weißer Pfeffer wird von derselben Pflanze gewonnen, aber aus reifen Beeren bereitet, indem man diese nach mehrtägigem Liegen im Wasser so lange zwischen den Händen reibt, bis die fleischige Schicht völlig entfernt ist. Die Straits Settlements liefern davon jährlich 1-1,25 Mill. kg, welche größtenteils nach China [* 17] gehen, während man in Europa den schärfern schwarzen Pfeffer vorzieht. Hauptmärkte für den Pfeffer sind in Europa: London, [* 18] Amsterdam [* 19] und Hamburg; [* 20] der beste Pfeffer ist der von Malabar, Mittelsorten sind die von Singapur, [* 21] Pinang; die holländische Sorte, der Bataviapfeffer, hat ¶
mehr
den geringsten Wert. Die Produktion schätzt Scherzer auf 26 Mill. kg (davon Sumatra 14, die Inseln der Malakkastraße 1,8, die Malaiische Halbinsel 1,9, Borneo 1,8, Siam 4, Malabar 2,5 Mill.); England importiert etwa 13 Mill. kg, wovon nach Deutschland [* 23] über 2,5 Mill. gehen. - Der Pfeffer ist eins der ältesten Gewürze der indischen Welt und hat sich von da aus bei allen Völkern unentbehrlich gemacht, zumal in den Reisländern. Der Sanskritname des langen Pfeffers (Pippali) geht, auf den schwarzen Pfeffer übertragen, durch fast alle Sprachen, nachdem die Perser das ihnen fehlende l durch r ersetzt haben.
Theophrastos kannte schwarzen und langen, Dioskorides auch weißen Pfeffer, und die Römer [* 24] besteuerten schwarzen und langen Pfeffer in Alexandria. Arrianos nennt im Periplus des Roten Meers Malabar als die Heimat des Pfeffers, und Cosmas Indopleustes beschrieb 540 die Pflanze. Damals und noch viel später war Pfeffer als begehrtestes Gewürz das Symbol des ganzen Gewürzhandels, welchem Genua [* 25] und Venedig [* 26] sowie die süddeutschen Handelsstädte einen großen Teil ihrer Reichtümer verdankten. Im Mittelalter wurden Zölle in Pfeffer entrichtet, und im 14. und 15. Jahrh. wurde er bei Geldnot als Zahlmittel gebraucht. Erst nach der Entdeckung des Seewegs nach Indien fiel der hohe Preis des Pfeffers sehr stark, indem sich zugleich seine Kultur nach den westlichen Inseln des Archipelagus verbreitete. Portugal [* 27] machte den so höchst einträglichen Pfefferhandel bis in das 18. Jahrh. zum Kronmonopol. Auch jetzt noch nimmt der Pfeffer in der Handelswelt unter den Gewürzen unbedingt die erste Stelle ein.
Piper
officinarum Dec. (Chavica officinarum Miq.), kletternder Strauch mit sehr
kurz gestielten, oblong elliptischen, allmählich zugespitzten, kahlen, lederigen Blättern, dichtblütigen Ähren und miteinander
verwachsenen, nur am Scheitel freien, kugeligen Beeren; auf den Sundainseln, Molukken, Philippinen, wird auf Java und in Bengalen
kultiviert und liefert in den vor der Reife gesammelten Fruchtständen den langen Pfeffer (Piper
longum). Dieses
Gewürz scheint als Peperi makron schon den alten Griechen bekannt gewesen zu sein und behielt seinen Wert auch im Mittelalter
neben dem schwarzen Pfeffer, obwohl es viel weniger scharf schmeckt, während es gegenwärtig in Europa nur noch selten benutzt
wird.
Auch Piper
longum L., auf Malabar, Ceylon, in Ostbengalen, aus Timor und den Philippinen, liefert langen Pfeffer.
Die Wurzel
[* 28] benutzt man in Indien, Persien
[* 29] und Arabien als Heilmittel und zum Schärfen des Essigs. Piper
Betle L. (Chavica Betle Miq.,
Betelpfeffer), ein kletternder Strauch, in Ostindien,
[* 30] Hinterindien, auf Ceylon, den Sundainseln etc. heimisch, wird in allen tropischen
Ländern Asiens nördlich bis zum Himalaja, in China, auf den Inseln Australiens und vielen Inseln des Stillen
Ozeans kultiviert und liefert in seinen brennend gewürzhaft schmeckenden Blättern, wie die ähnliche Piper
Siriboa
L. und Piper
Melamiris L., ein in jenen Ländern allgemein gebräuchliches Kaumittel.
Piper methysticum Forst. [* 31] (Macropiper methysticum Miq., Kawa-, Awapfeffer), ein 2 m hoher Strauch auf den Gesellschafts-, Freundschafts-, Sandwich- und Fidschiinseln, [* 32] wird wegen seiner Wurzel kultiviert, die medizinisch, namentlich aber zur Bereitung eines für das soziale, religiöse und politische Leben der Südseeinsulaner sehr wichtigen Getränks, der Kawa (s. d.), benutzt wird. Wirksamer Bestandteil der Wurzel ist ein Harz, welches auf Schleimhäute und das Unterhautzellgewebe lokal anästhesierend wirkt.
Vgl. Lewin, Über Piper methysticum (Berl. 1886). -
Piper crystallinum, Piper aromaticum, Piper rotundifolium, s. Peperomia.