Pikrīnsäure
(Trinitrophenol, Pikrinsalpetersäure,
Weltersches Bitter,
Indigbitter,
Kohlenstickstoffsäure,
Trinitrokarbolsäure)
C6H3N3O7 entsteht beim
Kochen sehr vieler tierischer und pflanzlicher
Stoffe, wie
Salicin,
Indigo,
[* 2]
Seide,
[* 3]
Wolle,
Leder,
Aloe,
Benzoe,
Xanthorrhöaharz etc., mit
Salpetersäure. Zur
Darstellung läßt man
Phenol in
Salpetersäure
vom spez. Gew. 1,3 tropfen, solange noch Einwirkung erfolgt,
erwärmt dann, läßt die entstandene Pikrinsäure
kristallisieren und reinigt sie durch Umkristallisieren.
Vorteilhafter verwendet man statt des
Phenols phenolsulfosaures
Natron, oder man behandelt
Botanybaiharz mit
Salpetersäure.
Die gereinigte Pikrinsäure
bildet hellgelbe, geruchlose, glänzende
Kristalle,
[* 4] schmeckt intensiv bitter, ist giftig, löst sich ziemlich
schwer in kaltem, leicht in heißem
Wasser, in
Alkohol,
Äther und
Benzol, schmilzt bei 122,5,° sublimiert bei vorsichtigem,
verpufft bei schnellem Erhitzen, färbt
Wolle und
Seide, nicht aber vegetabilische
Faser intensiv gelb, reagiert sauer und bildet
mit
Basen im allgemeinen lösliche, kristallisierbare, rote oder gelbe
Salze
(Pikrate), welche zum Teil
beim Erhitzen und durch
Schlag sehr heftig explodieren.
Man hat bisweilen statt reiner Pikrinsäure
das
Natronsalz (als
Anilingelb) in den
Handel gebracht, welches infolge seiner explosiven
Eigenschaft zu großen Unglücksfällen Veranlassung gegeben hat. Mit
Cyankalium bildet Pikrinsäure
Isopurpursäure (s. d.). Pikrinsäure
dient
besonders zum
Gelbfärben und in
Verbindung mit Anilingrün,
Indigo oder
Berliner Blau
[* 5] zum
Grünfärben von
Wolle und
Seide. Man kann sie auch benutzen zur Unterscheidung animalischer und vegetabilischer
Fasern. Bisweilen soll sie als
Hopfensurrogat benutzt worden sein; ihre
Salze dienen zur Bereitung des sogen. Pikrin- oder
Pikratpulvers.