die
Kunst, die Veränderung chemischer
Präparate unter dem Einfluß des
Lichts zur Herstellung von Bildern zu benutzen. Die
einfachste Form derselben ist der
Lichtpausprozeß, welcher zum
Kopieren von
Zeichnungen vielfach Verwendung
findet. Man übt ihn aus, indem man ein
Stück mit
Silbersalzen (salpetersaurem
Silber und
Chlorsilber) getränktes
Papier (Lichtpauspapier)
unter der zu kopierenden
Zeichnung dem
Licht
[* 2] aussetzt. Dieses scheint durch alle durchscheinenden
Stellen der
Zeichnung hindurch
und färbt das darunter befindliche lichtempfindliche
Papier schwarz.
Die schwarzen
Striche der
Zeichnung aber halten das
Licht zurück, und hier bleibt das
Papier weiß; so erhält
man eine
Kopie in weißen
Konturen auf schwarzbraunem
Grund, welche durch Behandeln mit einer
Lösung von unterschwefligsaurem
Natron, die alle
Silbersalze auflöst und dadurch die
Ursachen der Lichtempfindlichkeit entfernt, fixiert wird. Die durch
das
Licht hergestellte
Kopie, in der
Licht und
Schatten
[* 3] das Umgekehrte des
Originals bilden (das
Negativ), deckt man wiederum auf
ein
Stück lichtempfindlichen
Papiers und erhält nun eine positive
Kopie, die mit dem
Original übereinstimmt. In dieser
Weise
werden
Zeichnungen in
Bau- und Maschinenwerkstätten mit
Hilfe des
Lichts kopiert.
Dieser
Prozeß gestattet jedoch nur das
Kopieren ebener
Zeichnungen oder Pflanzenblätter u. dgl. mit
Hilfe des
Lichts. Um körperliche Gegenstände mit
Hilfe des
Lichts bildlich darzustellen, entwirft man von denselben zuerst
ein ebenes
Bild mit
Hilfe der
Camera obscura,
[* 4] d. h. eines
Kastens, dessen Rückwand eine matte
Scheibe trägt, und in dessen
Vorderwand eine Glaslinse eingesetzt ist. Diese entwirft von den vor ihr befindlichen Gegenständen ein verkehrtes
Bild auf
der
¶
mehr
matten Scheibe. Durch Einschieben oder Ausziehen der beweglichen Rückwand der Camera »stellt man das Bild scharf ein«. Je näher
der Gegenstand der Linse,
[* 6] desto größer wird das Bild, je weiter, desto kleiner; außerdem hängt die Größe des Bildes noch
von der Brennweite der Linse ab: je größer diese, desto größer ist das Bild. Das oben erwähnte Silberpapier
ist zu wenig lichtempfindlich für Reproduktion des relativ lichtschwachen optischen Bildes. Man benutzt deshalb eine viel
lichtempfindlichere Substanz, nämlich Jodsilber oder Bromsilber oder eine Mischung beider.
In den ersten Zeiten der Photographie stellte man empfindliche Jodsilberflächen durch Räuchern einer Silberplatte in Joddämpfen dar
(Daguerreotypie); diese läuft dadurch unter Bildung von Jodsilber gelb an. Bringt man eine solche Jodsilberschicht an die Stelle,
wo in der Camera das Bild sichtbar ist, so empfängt die Schicht einen Lichteindruck, ohne jedoch sichtbar verändert zu werden.
Erst durch Räuchern der Platte in Quecksilberdampf (Entwickelungs- oder Hervorrufungsprozeß) kommt ein
deutlich sichtbares Bild und zwar ein positives zum Vorschein, indem die weißen Quecksilberkügelchen sich dort am stärksten
verdichten, wo das Licht am kräftigsten gewirkt hat.
Die Daguerreotypie liefert direkt nach der Natur ein positives Bild von großer Feinheit, aber starkem Spiegelglanz, ein Bild,
welches jedoch nur auf dem gleichen umständlichen Weg der Camera-Aufnahme eine Kopie gestattet. Dieser
Prozeß wurde verdrängt durch das Negativ verfahren Talbots, aus welchem sich später das Kollodiumverfahren entwickelte. Nach
diesem putzt man Glasplatten sehr sorgfältig und übergießt sie mit einer Lösung von Kollodiumwolle und Jod- und Bromsalzen
in Alkohol und Äther.
Der Überzug trocknet zu einer gallertartigen Masse ein und wird sofort im Dunkeln in eine Auflösung von
salpetersaurem Silber (Silberbad) gebracht. Hier wandeln sich die Jodsalze in Jod- und Bromsilber um, und diese bleiben in der
Kollodiumschicht fein verteilt. Die so präparierte Platte wird aus dem Silberbad herausgenommen und noch feucht von anhängender
Silberlösung in einem lichtdicht schließenden Kästchen (Kassette) in die Camera obscura gebracht, hier
der Lichtwirkung ausgesetzt und alsdann im Dunkelzimmer mit einer Eisenvitriolauflösung übergossen.
Diese schlägt auf der an der Platte hängenden salpetersauren Silberlösung sofort metallisches Silber als dunkles Pulver nieder,
und dieses hängt sich an die belichteten Stellen der Platte um so stärker, je intensiver das Licht gewirkt
hat. Das Bild wird nach dieser Hervorrufung noch verstärkt, indem man durch Aufgießen einer Mischung von Eisenvitriol und
zitronensaurer Silberlösung noch einen zweiten Niederschlag von Silberpartikeln veranlaßt, die sich zu den erstniedergeschlagenen
lagern, so daß das Bild nun in den dicksten Stellen hinreichend undurchsichtig ist, um den Durchgang des
Lichts beim Kopierprozeß zu verhindern.
Das Negativ wird nun fixiert, d. h. das noch darin enthaltene Jod- und Bromsilber durch eine Lösung von unterschwefligsaurem
Natron, welches beide auflöst, herausgeschafft, schließlich gewaschen und mit Alkoholfirnis überzogen. In dem so erhaltenen
Glasnegativ erscheinen die hellen Teile des Originals dunkel und die dunkeln Teile des Originalshell (in der
Durchsicht). Vor einem dunkeln Hintergrund erscheint es als positives Bild, indem an den durchsichtigen Stellen der schwarze
Hintergrund sichtbar wird und gegen diesen das graue Silberpulver, welches auf den dicken Stellen des Negativs liegt, wie weiß
erscheint.
Das Albuminpapier wird jetzt bevorzugt, weil es die feinsten Details wiedergibt. Zur Herstellung des Albuminpapiers
schlägt man Eiweiß mit Chlorammoniumlösung zu Schaum und läßt den Bogen
[* 10] auf der klaren Flüssigkeit, die sich aus dem Schaum
abscheidet, eine Minute schwimmen. Das getrocknete Papier wird im Dunkelzimmer auf eine Lösung von salpetersaurem Silber gelegt,
wobei es sich mit Chlorsilber und Silbernitrat imprägniert, und getrocknet. Man legt das Negativ mit der
Kollodiumseite nach oben auf die Glasplatte, welche den Boden des sogen. Kopierrahmens bildet, deckt das Papier mit seiner empfindlichen
Seite nach unten auf das Negativ und schließt den Kopierrahmen so, daß das Papier fest gegen das Glasnegativ gepreßt wird,
dreht dann den Rahmen herum, so daß das Negativ dem Licht zugekehrt ist, und läßt es so lange am hellen
Tageslicht liegen, bis alle Teile des Bildes kräftig sichtbar sind, wäscht das Bild behufs Entfernung des noch darin befindlichen
salpetersauren Silbers mit Wasser aus und bringt es nun in das sogen. Tonbad, eine Lösung von Goldchloridkalium
und essigsaurem oder borsaurem Natron in Wasser.
Der rotbraune Ton des Bildes verwandelt sich darin in einen purpurblauen; man kann aber auch andre Nüancen durch eine passende
Abänderung des Bades erhalten. Das getonte und ausgewaschene Bild wird in einer Lösung von unterschwefligsaurem Natron fixiert
und dann sehr sorgfältig ausgewaschen. Wird das unterschwefligsaure Natron nicht vollständig ausgewaschen,
so bildet sich Schwefelsilber, welches das Bild gelb färbt. Die getrockneten Bilder werden schließlich passend geschnitten,
aufgeklebt und zwischen Walzen geglättet (satiniert).
Das neuerdings in Aufnahme gekommene Gelatineverfahren beruht auf folgenden Grundlagen. Löst man Gelatine mit Bromkalium in
Wasser auf und setzt (im Dunkeln) salpetersaures Silber zu, so bildet sich Bromsilber, welches in sehr feiner
Verteilung in der Flüssigkeit schweben bleibt (Emulsion); die Empfindlichkeit derselben ist nicht sehr groß. Kocht man jedoch
diese Emulsion einige Zeit, oder behandelt man sie mit Ammoniak, so nimmt ihre Empfindlichkeit ganz bedeutend zu. In der Kälte
erstarrt die gekochte Emulsion und läßt sich dann leicht fein zerteilen und die darin befindlichen Salze
durch Wasser entfernen.
Die wieder geschmolzene Emulsion trägt man auf Glasplatten und läßt sie darauf erstarren und trocknen (Gelatineplatten).
Diese Platten zeichnen sich gegenüber Kollodiumplatten durch ihre Haltbarkeit aus, so daß sie auf Reisen bequem mitgeführt
werden können;
sie sind ferner sechs bis zehnmal empfindlicher als Kollodiumplatten und gestatten deshalb Aufnahmen in viel
kürzerer Zeit;
dadurch ermöglichen sie die leichte Herstellung von Momentbildern;
sie lassen sich ferner für den Handel
im Vorrat fertigen und ersparen dem Amateur die mühsame Selbstpräparation.
Dadurch haben sie der Liebhaberphotographie und
der Anwendung
¶
mehr
derselben in Kunst und Wissenschaft einen außerordentlichen Aufschwung gegeben. Der Kollodiumprozeß tritt dem gegenüber
mehr und mehr zurück. Die Photographie wird zu einer Universalkunst.
Ein sehr großer Übelstand der Photographie bestand darin, daß die photographischen Platten sich wesentlich nur für blaue Strahlen
empfindlich zeigten, für grüne, gelbe und rote aber wenig oder nicht. Daher wurden blaue und violette
Kleider in der Photographie oft weiß, gelbe und rote dagegen schwarz. Die Photographie nach farbigen Gegenständen
(Gemälden) begegnete dadurch den allergrößten Schwierigkeiten. Leuchtende Wolken in Sonnenuntergangsbildern erschienen
z. B. in der Photographie schwarz, der dunkelblaue Himmel
[* 12] dagegen hell etc., und nur durch Negativretouche konnte
man diese Mängel verdecken.
Die Ursache dieser Empfindlichkeit photographischer Platten für Blau und Violett wurde darin erkannt, daß die Platten wesentlich
nur das blaue und violette Licht verschluckten (absorbieren), und daß nur diese absorbieren Strahlen auf die Platte wirkten,
die übrigen nicht. H. W. Vogel versuchte nun bereits 1873, dem BromsilberStoffe beizumischen, welche das
grüne, gelbe und rote Licht absorbierten, um die photographische Platte dadurch auch für jene Strahlen empfindlich zu machen.
Der Versuch war von Erfolg gekrönt und wurde die Basis zur Entwickelung der farbenempfindlichen (isochromatischen, resp. orthochromatischen)
Verfahren. Vogel benutzte als optische Sensibilisatoren, d. h. als Stoffe, welche das Bromsilber gelb-, resp.
rotempfindlich machen, im Licht leicht verschießende Farbstoffe, wie Fuchsin, Cyanin, Eosin etc. Zuerst versuchte Ducos de Hauron
dieses Prinzip praktisch anzuwenden. Die nachteilige Wirkung der Sensibilisatoren auf die photographischen Chemikalien stellte
aber der Praxis Hindernisse in den Weg, die hauptsächlich durch Einführung der Gelatinetrockenplatten beseitigt
wurden.
Attout Tailfer brachte 1883 mit Eosin gefärbte isochromatische Gelatineplatten in den Handel; 1884 entdeckte Vogel die optisch
sensibilisierende Kraft
[* 13] des Jacobsenschen Chinolinrots und präparierte mit diesem unter Zusatz von Chinolinblau die farbenempfindlichen
Azalinplatten. Alle diese isochromen Platten bedurften aber zur Abschwächung des zu stark wirkenden blauen Lichts noch der
Einschaltung einer Gelbscheibe bei der Aufnahme. Diese Mängel überwand H. W. Vogel durch Einführung des Eosinsilbers als
optischen Sensibilisators.
Durch seine und Obernetters Bemühungen entstanden die Eosinsilberplatten, welche sich von den herkömmlichen farbenempfindlichen
Trockenplatten durch bedeutend größere Empfindlichkeit auszeichnen. Nur fürAufnahmen von Gemälden bedürfen dieselben noch
zuweilen (bei leuchtend blauen Tönen) einer Gelbscheibe, bei Landschaften, Porträten etc. nicht. Neuerdings
hat man nach E. Alberts Vorgang Kollodiumemulsionen (Kollodium, in welchem Bromsilber fein verteilt ist) mit Vorteil zur farbenempfindlichen
Photographie verwendet.
Zu dem Fortschritt der Photographie haben aber auch die zahlreichen Vervollkommnungen der Objektive, d. h. der photographischen Linsen,
beigetragen. Früher benutzte man einfache achromatische Linsen, welche behufs Erzielung scharfer Bilder
stark »abgeblendet« werden mußten. Infolgedessen gaben sie sehr lichtschwache
Bilder, die eine lange Expositionszeit nötig machten. Ein großer Fortschritt war die Erfindung des Porträtobjektivs von
Petzval, einer Doppellinse, die bedeutend hellere Bilder lieferte und die Aufnahme von Porträten in kurzer Expositionszeit
ermöglichte.
Zur Aufnahme von Landschaften, Architekturen etc.
ist weniger Lichtstärke, aber ein großer Gesichtswinkel notwendig. Die gewöhnlichen
Landschaftsobjekte umfassen nur einen Winkel
[* 14] von 30 bis 45°, der meist zu klein ist. Man benutzte dazu früher ausschließlich
einfache Linsen, später aber die Tripletobjektive, seit 20 Jahren jedoch sehr allgemein die von Steinheil
eingeführten Aplanate. Zu diesem System gehören auch die Euriskope, rapid rectilinear lenses etc. Diese geben bei einem
Gesichtsfeld von ca. 60° eine hinreichende Lichtstärke, um in heiterm Sommerwetter selbst Momentaufnahmen zu gestatten.
Ist ein noch größeres Gesichtsfeld als 60° nötig, so nimmt man Weitwinkellinsen, wie Buschs Pantoskop, Dallmeyers Wide
angle lens, Steinheils Weitwinkelaplanat, Voigtländers Weitwinkeleuriskop, die ein Gesichtsfeld von 75 bis 100° besitzen.
Die Größe des Bildes hängt von der Brennweite der Linse ab. Je größer diese, desto größer ist das Bild. Um die Camera für
Linsen verschiedener Brennweite benutzen zu können, ist sie mit einem Auszugversehen, der gestattet, sie
zu verlängern, resp. zu verkürzen. Ist bei Landschafts- oder Architekturaufnahmen ganz nahe liegender Vordergrund mit weit
entfernten Gegenständen im Bild enthalten, so muß man, um alle gleich scharf zu gewinnen, eine Blende anwenden. Dadurch werden
aber die Bilder der Camera lichtschwächer, und dieses macht Aufnahmen von dunkeln Innenräumen (Interieurs)
meistens in hohem Grad langwierig.
Das Atelier des Photographen erfordert, besonders zur Aufnahme von Porträten, gardinenähnliche Vorrichtungen, um das Licht
passend zu regulieren. Wie dieselben anzuwenden sind, muß von dem Photographen für jeden einzelnen Fall mit künstlerische
Verständnis bestimmt werden. Der Erkenntnis der künstlerischen Grundsätze, worauf die Photographie beruht (z. B.
Stellung des Aufzunehmenden, Beleuchtung
[* 15] desselben), verdankt man die wichtigsten Fortschritte im Felde der Porträtphotographie.
Zu diesen Elementen tritt noch die Negativretouche, durch welche man diejenigen Teile, die zu hell, d. h.
zu durchsichtig, erscheinen, durch Bearbeiten mit Bleistift
[* 16] oder Tusche weniger durchsichtig macht und dadurch verhindert,
daß sie beim Kopieren zu schwarz werden. Die Negativretouche wird jetzt in der Porträtphotographie ganz
allgemein vorgenommen, ehe man zum Kopieren des Bildes schreitet.
Der chemische Prozeß, auf welchem das photographische Verfahren beruht, ist in manchen Stücken noch rätselhaft. Chlor-, Brom-
und Jodsilber erleiden im Licht eine Farbenveränderung, die bei Chlorsilber am stärksten, bei Jodsilber
am schwächsten ist. Bei der Belichtung von Chlor- und Bromsilber werden Chlor und Brom frei, und es entsteht ein Silbersubchlorid,
resp. Silbersubbromid. Beim Belichten des Jodsilbers bemerkt man kein Freiwerden von Jod, aber alle Körper, welche Jod chemisch
binden, erhöhen die Lichtempfindlichkeit des Jodsilbers beträchtlich.
Durch die in der Photographie angewandten Chemikalien kommen Gesundheitsschädigungen selten vor. Das Arbeiten mit
Höllenstein ist ungefählich; wird zufällig oder absichtlich Höllenstein verschluckt, so ist Kochsalz das beste Gegengift,
da es unlösliches Chlorsilber bildet. Chromsaures Kali kann nur schädlich wirken, wenn es in Wunden gelangt.
Geschwürsbildungen beim Arbeiten mit diesem Salz
[* 18] sind in der Photographie nicht beobachtet worden. Viel gefährlicher ist das Cyankalium,
namentlich wenn es in Wunden gelangt.
Bei nervenschwachen Personen, namentlich bei Frauen, erzeugt der beständig sich entwickelnde Blausäuregeruch eine bis zur
Lähmung gesteigerte Muskelschwäche. Jedenfalls ist die Benutzung des Cyankaliums aufs Notwendigste zu
beschränken. GrößereGaben von Cyankalium bewirken bekanntlich plötzlichen Tod, bei geringern Graden der Vergiftung sind Entleerung
des Magens, am besten durch die Magenpumpe, kalte Begießungen im warmen Bad
[* 19] und alkoholische Getränke zu empfehlen. Auch die
Einatmungen von Ätherdämpfen rufen, besonders in der Dunkelkammer, bisweilen Ohnmachten hervor; die
Arbeiter in der Dunkelkammer sehen bleich und kachektisch aus, und es erscheint geboten, besser als bisher für Ventilation
in der Dunkelkammer zu sorgen.
(Momentcameras, Detektivs, hierzu Tafel »Photographische Apparate«). Seitdem durch Entdeckung der hochempfindlichen
photographischen Trockenplatten, welche jahrelang haltbar sind, die Photographie zum Gemeingut aller geworden ist,
hat sich die Liebhaber-Lichtbildkunst in erstaunlicher Weise entwickelt. Jeder möchte gern ein Bild machen, am liebsten ein
Momentbild. So sind denn Momentapparate ohne Zahl konstruiert worden, denen man gern möglichst unscheinbare
Formen gibt.
Diese »Geheimcameras« werden bereits von Polizisten und Reportern mit Erfolg verwertet und liefern allerdings untrügliche
Beweise für Feststellung eines Thatbestandes (Prügelei, abgebranntes Haus u. dgl.) oder treue Bilder von Ereignissen, die gleich
in Zinkhochdruck umgesetzt und in den Text von Zeitungen und Büchern abgedruckt werden können. Sie führen
deshalb auch den Namen »Detektivcameras«. Als älteste Geheimcamera dürfte die Stirnsche
gelten, erfunden von einem Deutschen, Stirn in New York; diese kann mit Schnur umgehängt und unter den Rock geknöpft werden
(s. Taf.,
[* 20]
Fig. 1). Es ist eine runde Blechbüchse K,
die sich aufklappen läßt, so daß man eine runde photographische Platte einlegen kann.
Eine Feder auf der Rückseite drückt die Mitte der Platte gegen den sogen. Momentverschluß im Vorderteil. Derselbe kann wie
eine Uhr
[* 21] mittels der Vorrichtung m aufgezogen werden. Diese steht mit einer durch eine Spiralfeder beweglichen, flachen
runden Blechscheibe in Verbindung, welche das Objektiv o zudeckt. Die Blechscheibe enthält eine runde Öffnung; zieht man
an der Schnur s, so wird der Mechanismus ausgelöst, d. h. die Blechscheibe dreht sich durch die Spiralfederkraft mit
ihrer Öffnung an dem Objektiv o vorbei. In diesem Moment erfolgt die »Belichtung«. Um ein neues Bild zu
erzielen, wird der Zeiger bei m um ein Sechstel weiter gedreht und dadurch ein frisches, unbelichtetes Stück der Platte vor
das Objektiv o gebracht. Leider erlaubt das Instrument nur die Aufnahme von 6 Bildern von ca. 4 cmDurchmesser. Der übrige Teil
der Platte bleibt unbenutzt. Da alle gleichmäßig entwickelt werden müssen, so kann man nicht jedes
Bild, wie es eigentlich nötig ist, für sich behandeln. Stirn hat deshalb statt der runden Scheibe später vier einzelne kleine
selbständige Platten eingeführt, die in einen Blechrahmen eingespannt werden.
Der Komfort
[* 20]
(Fig. 2) ist im wesentlichen nur eine Modifikation des Stirn, so verschieden er auch erscheint.
Es ist ein rechteckiger Kasten K, mit Objektiv o. Innerhalb des Kastens befindet sich ein sechseckiger Holzblock, der von außen
gedreht werden kann. Die Platten stecken auf den Stirnflächen des Blockes. Man kann den Kasten auch horizontal oder vertikal
auf einen Tisch stellen, dem aufzunehmenden Gegenstand gegenüber. Eine scharfe Einstellung ist bei diesen
Apparaten nicht nötig, sie sind derart konstruiert, daß alle Gegenstände von ca. 2 m ab scharf werden, falls man bei der
Aufnahme nicht wackelt. Ein Übelstand der Apparate ist, daß man bei der Aufnahme »drauf los« schießt, ohne ordentlich zielen
zu können. Deshalb führte man Momentcameras oder
Detektivs mit Sucher ein, d. h. eine kleine Camera, die
an der Ecke der großen sitzt und ein Bildchen entwirft, welches eine Idee gibt, wie das große Bild, welches die Hauptcamera
liefert, aussieht. Dieser Sucher
[* 20]
(Fig. 3) besteht aus einem Kästchen mit einer Linse o, welche das Bild
liefert. Dieses wird von dem Spiegel
[* 22] sp nach oben reflektiert, so daß es auf der Visierscheibe v deutlich sichtbar wird, wenn
der Schutzdeckel D aufgeklappt ist. Man dreht dann den Momentkasten hin und her, bis man auf v das Bild genau so erblickt,
wie man es haben will; dann drückt man den Momentverschluß ab. Die meisten der neuesten Momentapparate
enthalten solche Sucher, manche auch zwei für vertikale und horizontale Stellung der Platte.
In kluger Weise ist der Sucher bei der Loman-Camera
[* 20]
(Fig. 4) vermieden. Die Platte liegt hinter dem Spiegel sp
[* 20]
(Fig. 3) und ist
durch diesen völlig geschützt. Man sieht das durch das Objektiv o entworfene Bild und kontrolliert es
hinter D
[* 20]
(Fig. 4) in seiner ganzen Größe. Der Momentverschluß wird durch Ziehen an einer Schnur oder Druck auf einen Knopf
von außen in Funktion gesetzt; er hebt zunächst den Spiegel sp
[* 20]
(Fig. 3), so daß die Platte frei wird,
gleich darauf tritt der eigentliche Verschluß (s. unten) in Thätigkeit. Die Platte befindet sich in einer besondern Kassette
mit Schieber C.
Statt einer Platte bringt man mehrere in demselben Apparat unter, die hintereinander in besondern Blechkassetten liegen und
nach der Belichtung durch Mechanismus von außen gewechselt werden können. So entstanden die Magazincameras,
bei welchen man die Platten in einzelne flache Blechkasten steckt, die vorn offen sind
[* 20]
(Fig. 5) und hintereinander
gelegt werden; eine in der
[* 20]
Figur nicht sichtbare Feder drückt das System nach vorn, d. h. nach dem Objektiv hin, so daß, wenn
man die vorderste Kassette a wegnimmt, die übrigen Platten vorgedrückt werden. Das Wechseln nach der Belichtung,
d. h. das Wegnehmen der vordersten Platte a, geschieht mit der Hand
[* 23] durch den Kautschuksack K. Dazu muß die erste Platte etwas
hoch gehoben werden, damit man sie mit den Fingern fassen kann, um sie nach hinten zu setzen. Eine Menge
solcher Hebevorrichtungen ist für diesen Zweck ersonnen worden uon Steinheil, Ladewig, Hesekiel etc.
Die Mitführung von Glasplatten machte aber diese Magazinapparate schwer und unbequem. Man fertigt daher Emulsionshäute,
in welchen die lichtempfindliche Schicht statt auf Glas auf durchsichtiger, biegsamer Haut
[* 24] ruht, teils Kollodium (Balagny), teils
gegerbte Gelatine (Perutz, München),
[* 25] teils Celluloid (Eastman Company, Amerika).
[* 26] Meist liefert man diese
Haut in zugeschnittenen Blättern, die in besondern Wechselkassetten (s. unten) mitgenommen
werden, oder man fertigt lange Rollen,
[* 27] die auf Holzcylindern RR
[* 20]
(Fig. 6) auf- und abgewickelt werden können und über ein
paar kleinere Spannrollen rr laufen.
Hat man ein Bild aufgenommen, so dreht man (von außen) die eine Rolle um die Länge eines Bildes weiter.
Die Haut steht, wenn sie über die Spannrolle geht, gerade im Brennpunkte des Objektivs der Camera. Die einfachste Vorrichtung
der Art ist der sogen. Kodac der Eastman Company
[* 20]
(Fig. 7). Denselben hat diese Gesellschaft später in größern
Formaten geliefert, wodurch er allerdings viel auffälliger und gewöhnlichen photographischen Apparaten ähnlicher wird
[* 20]
(Fig.
8). Zusammengeschlagen bildet der große Kodac für Bilder 13 x 18 cm einen einfachen Kasten, der an Riemen über die Schulter
getragen wird. Aufgemacht
¶
mehr
ähnelt er völlig einer gewöhnlichen Balgcamera mit Sucher S
[* 28]
(Fig. 8) und einer besondern Blendenscheibe
[* 28]
(Fig. 8a) mit 4 Öffnungen.
Die Nummern geben die relativen Belichtungszeiten für jede Blende in Sekunden an. Der Momentverschluß ist ähnlich wie bei
Stirn (s. oben) eine Lochscheibe, die durch Spiralfederkraft an dem Objektiv o
[* 28]
(Fig. 8b) vorbeigeschnellt
wird, sobald man auf den Hebel
[* 29] H drückt. Eine genaue Gebrauchsanweisung ist jedem Kodac beigegeben. Immerhin ist das Einsetzen
neuer Hautrollen und das richtige Weiterdrehen nach jeder Aufnahme eine Arbeit, die Übung und Vorsicht erfordert. Auch spannen
sich die Häute über die Spannrollen R r
[* 28]
(Fig. 6) nicht immer genau in der Ebene des Fokus, und dann entstehen
unscharfe Bilder. In der Basis des Kodac ist ein Auszug angebracht, welcher erlaubt, das Objektiv auf nah und fern einzustellen,
was man freilich durch Augenmaß taxieren muß.
In Deutschland
[* 30] fertigt man noch keine Rollen-Häute, sondern begnügt sich mit geschnittenen Blättern
(Emulsionshäute, O. Perutz-München), die in den neuen Wechselkassetten von Schreiner u. Stegemann-Berlin
[* 28]
(Fig. 9 u. 10) sich
sehr gut benutzen lassen und höchstens die Hälfte des Gewichts einer photographischen Glasplatte gleicher Größe haben.
Das Wechseln mit der Hand ist sicherer als das mit Mechanik, indem man das Resultat der Arbeit durch das Gefühl
kontrollieren kann.
Schreiners Hautwechselkassette ist überall da zu empfehlen, wo es sich darum handelt, Material für eine größere Anzahl
von Aufnahmen mit sich zu führen und Raum und Gewicht zu sparen. Dieselbe hat keine mechanische Wechselvorrichtung, arbeitet
daher wohl etwas langsamer, aber sicherer. Die Kassette gestattet je nach der Dicke bis 50 und mehr Häute
oder Films, also den ganzen Bedarf einer Reise, mit sich zu führen. Das Gewicht fürFormat 13x18 cm beträgt 750 g. 50 Perutz-Häute
13x18 cm wiegen ca. 260 g, die gefüllte Kassette also 1010 g, während 2 Doppelkassetten mit nur 4 Glasplatten schon
ca. 1200 g wiegen. Für 9x12 cm wiegt die gefüllte Kassette mit 50 Häutenca. 690 g. Notwendig ist die Erlernung einiger einfacher
Handgriffe. Die Kassette bildet einen Kasten
[* 28]
(Fig. 9) mit angenageltem Kautschukärmel A und Gummizug G. Der vordere Teil gleicht
einer gewöhnlichen einfachen Kassette und enthält einen ausziehbaren Klappschieber S; hinter diesem
liegt eine feine, stets rein zu haltende Spiegelscheibe g, gegen welche die lichtempfindliche Haut gedrückt wird. Die Druckvorrichtung,
die in
[* 28]
Fig. 9a. im Durchschnitt gesehen dargestellt ist, besteht aus einem Deckel D, der sich zurückklappen läßt, wenn
der drehbar hinter demselben liegende Hebel senkrecht steht. In dieser Stellung kann man, indem man mit
der rechten Hand durch den Ärmel
[* 28]
(Fig. 9) fährt, leicht eine Haut einschieben, so daß sie an der Glasplatte liegt; klappt
man dann einen hinter D liegenden, in der
[* 28]
Figur nicht sichtbaren Druckhebel hinunter, so drückt er den Deckel D mit der
Haut gegen die Glasplatte g. Die vorrätigen Häute befinden sich in einem Magazin M, das durch eine Holztafel in zwei Teile
geteilt ist. Das Magazin ist bei den ältern Konstruktionen hinten durch eine Klappthür mit Schlüssel verschlossen, durch
welche die Häute, die empfindliche Schicht nach vorn, eingelegt werden können. Bei der neuern Einrichtung
bringt man die Häute durch einen lichtdichten Ärmel
[* 28]
(Fig. 9) in das Magazin.
Das Wechseln der exponierten Häute geschieht, indem man den erwähnten Hebel aufrichtet, die Klappe k, welche das Magazin M im
Hinterteil der Kassette verschließt
und welche mittels Schneppers zugehalten wird, öffnet, die exponierte Haut
mit den Fingern faßt und in den vordern Teil des durch eine Holztafel getrennten Magazinraumes M steckt, sodann eine der
nicht exponierten Häute, welche hinter der losen Holztafel liegen, ergreift und sie hinter die Scheibe g legt.
Dieses alles geschieht nun innerhalb des lichtdichten Ärmels, welcher an der Kassette befestigt ist und
über die rechte Hand gezogen wird, so daß man das etwa 30 Sekunden erforderliche Wechseln am hellen Tage besorgen kann; man
muß aber die Klappe k schließen, bevor man die Hand aus dem Ärmel zieht. Wichtig ist das Reinigen der Spiegelscheibe g;
zu diesem Zwecke zieht man den am Vorderrahmen R unten befindlichen schmalen Metallschieber heraus, läßt
die Scheibe, nachdem der Hebel emporgehoben, herausfallen und putzt sie mit weichem Leder von beiden Seiten; eine Belichtung
der Films ist dabei völlig ausgeschlossen, und man kann sich von der eventuellen Notwendigkeit des Putzens durch Aufziehen
des Kassettenschiebers überzeugen.
Die Rückwand d ist bei den neuesten Wechselkassetten doppelt und mit einer Druckvorrichtung a versehen,
welche die Häute (Films) immer unter schwachem Drucke erhält und beim Wechseln leicht außer Funktion zu setzen ist. Die bequemste
Lage beim Wechseln ist Schieberseite oben, rechte Hand im Ärmel. Zum Öffnen des Magazins innerhalb des Ärmels
drücke man mit dem Daumen die Schlußfeder zurück und bebe den Deckel mit dem Zeigefinger hoch. Neuerdings hat Schreiner
eine sich fächerartig auffaltende Wechselkassette eingeführt, die noch einfacher ist, von der aber genauere Beschreibung
noch nicht vorliegt.
Stegemanns Wechselkassette für Häute ist in
[* 28]
Fig. 10 abgebildet. Die
[* 28]
Figur zeigt das
Instrument geöffnet mit etwas herausgeschobenem Inhalt. Die Kassette besteht aus einem flachen Holzkästchen A mit seitwärts
zu öffnendem Deckel D; B ist der Kassettenschieber. Die lichtempfindlichen Häute G werden zwischen 2 Ebonitplatten E F von
gleicher Größe gelegt. Zur Exposition bringt man eine dieser Häute vor die Ebonitplatte F, so daß die
lichtempfindliche Schicht dem Kassettenschieber zugekehrt ist (also in der
[* 28]
Figur nach unten), und schließt den Deckel
D. Die Schraube C nimmt beim Anziehen eine Druckfeder mit daran sitzendem Druckbrettchen J zurück.
Durch Nachlassen der Schraube werden die Häute durch diese im Innern der Kassette angebrachte Feder fest gegen
eine hinter dem Kassettenschieber befindliche Spiegelscheibe gedrückt, durch welche hindurch sie belichtet wird. Soll die
belichtete Haut gegen eine neue ausgewechselt werden, so zieht man die Schraube C an, öffnet dann den Deckel D und legt die
Haut hinter die Ebonitplatte E. Hierauf bringt man von dem Vorrat G eine neue Haut vor die Ebonitplatte
E u.s.f., bis der zwischen E und F befindliche Vorrat erschöpft ist. Dieses Wechseln muß natürlich im Finstern vorgenommen
werden. Man steckt die Kassette zu diesem Zwecke in einen lichtdichten Sack aus Gummituch, der dann um das Handgelenk befestigt
wird.
Mit den Kassetten Stegemanns und Schreiners sind vergleichende Versuche an der königlichen technischen
Hochschule in Berlin
[* 31] und auf Reisen gemacht worden. Das Wechseln dauert bei ersterer länger als bei Schreiner, weil das Einstecken
in den Wechselsack und Herausziehen aus demselben mindestens eine Minute beansprucht. Diese wird bei Schreiners Kassette erspart.
Es würde sich empfehlen, den Wechselsack doppelt so breit wie die Kassette zu machen. Im
¶
mehr
übrigen ist die Vorrichtung sehr ineinandergedrängt. Im Mai 1892 hat Stegemann ein Patent auf eine neue Wechselkassette
für Häute, welche ohne Sack brauchbar ist, eingereicht.
Trotz der Häute bleiben aber die schweren und zerbrechlichen Platten noch immer beliebt, weil sie sich viel bequemer einlegen
und entwickeln lassen. Daher haben wir noch eine reiche Zahl von Momentapparaten für Platten. Fast jeden
Monat wird ein neuer erfunden, der »auf Zeit und Moment« zu benutzen ist. Wir heben hier hervor: Fichtners Excelsior, mit sehr
gut erdachter Wechselvorrichtung, Krügeners Normal-Simplex, welcher in
[* 32]
Fig. 11-11c abgebildet ist,
und der fast automatisch arbeitet, und Steinheils vortreffliche Detektivcamera
[* 32]
(Fig. 12-12b), die allerdings
teuer ist. Bei Krügeners Normal-Simplexcamera, die wir hier als Probe der zahlreichen Krügenerschen Konstruktionen hervorheben,
ist der oben geschilderte Sucher in die Camera versenkt
[* 32]
(Fig. 11) und wird behufs Gebrauch durch Druck auf einen Knopf mittels
Federkraft herausgehoben
[* 32]
(Fig. 11a).
Die Platten befinden sich in besondern Blechrahmen, die durch Federkraft gepreßt werden, im hintern Teile
des Kastens
[* 32]
(Fig. 11b). Das Wechseln geschieht sehr ähnlich wie bei
[* 32]
Fig. 5. Nur ist statt des SackesK ein zusammenlegbarer
Lederbalgen
[* 32]
(Fig. 11c) angebracht, dessen oberes Verschlußbrett eine mit lockerm Leder verschlossene Höhlung enthält, durch
welche man mit zwei Fingern die vordere exponierte Platte fassen und nach hinten setzen kann.
[* 32]
Fig. 11b
stellt die richtige Handhabung dar.
Das Einlegen frischer Platten (in der Dunkelkammer) ist in
[* 32]
Fig. 11c dargestellt. Genaue Beachtung der in den Figuren dargestellten
Haltungen ist für den Erfolg wichtig. SteinheilsCamera wird in den Formaten 9x12 und 6x9 ausgeführt und
kann zwölf Platten aufnehmen. Statt der Platten lassen sich auch durch Zuhilfenahme von Kartenrahmen (Trägern) Films oder
Perutzsche Emulsionshäute verwenden. Die Camera gibt Bilder sowohl in Hoch- als in Querlage, trägt zu diesem Zweck zwei Sucherh und g
[* 32]
(Fig. 12) und ist verwendbar für Objektabstände von unendlich
bis ca. 1,25 m. Das Objektiv (Gruppen-Antiplanet) ist mit einem zum Schutze gegen Staub etc. dienenden Schieber, bei der größern
Camera (9x12 cm) mit drei verschiebbaren Blenden, bei der Camera 6x9 cm mit einer fixen Blendung ausgestattet.
Die Vorderwand der Camera läßt sich herausnehmen. Der Verschluß, sowohl für Moment- als für Zeitaufnahmen
eingerichtet, wird durch Drehen eines Knopfes gespannt, wobei jedoch die Verschlußplatte in unveränderter schließender
Lage bleibt, der Objektivdeckel braucht daher nicht geschlossen zu sein. Die schnelle Gangart des Verschlusses läßt sich
mittels einer Bremse verlangsamen. Das Wechseln derPlatten vollzieht sich durch einfache Drehung eines Hebels.
Eine Zählvorrichtung gibt hierbei die Zahl der erfolgten Expositionen an. Nach der zwölften Platte versagt das Wechseln, so
daß man auf die Erschöpfung des Plattenvorrates aufmerksam gemacht wird. Die Camera 9x12 cm mißt 22 x 13,5 x 15,5 cm, sie
wiegt ohne Platten 2,5, mit Platten 3 kg (etwas schwer), Objektiv-Gruppen-Antiplanet25cmSer. II, Nr. 2.
Nach Entfernung der Camerarückwand durch Lösen der vier Riegel und Ziehen am Knopfe a lassen sich die zwölf Blechkassetten
durch leichtes Neigen der Camera und Untergreifen mit der Hand einzeln herausnehmen. Die Kassetten werden dann in der Dunkelkammer
mit Platten (Schichtseite nach außen) gefüllt. Man überzeuge sich jedoch vorher sorgfältig bei jeder
einzelnen Kassette, ob
die Feder (A
[* 32]
Fig. 12a) die Platte festhält, so daß letztere beim Stürzen der Kassette nicht aus dem
Rahmen gleiten kann.
Der an der rechten Außenseite der Camera befindliche Hebel b
[* 32]
(Fig. 12b) wird durch Anziehen seiner halteschraube
c befestigt und so am Funktionieren verhindert: hierauf werden die 12 gefüllten Kassetten in den zu ihrer Aufnahme bestimmten
Raum (das Magazin) im Innern der Camera in der Weise gebracht, daß man sie einzeln (Feder A,
[* 32]
Fig. 12a, nach oben) mit den zwei
hervorstehenden obern KantenB und B1 in die Haken der Schlittenführungen, welche sich auf beiden Seiten
des innern Rahmens befinden, hängt; selbstredend muß dabei die präparierte Schicht der Platte dem Objektiv zugekehrt sein.
Als letzte Kassette darf nur diejenige verwendet werden, welche außer den zwei Klötzchen C und C1 noch zwei weitere unterhalb
besitzt. Es ist genau darauf zu achten, daß alle zwölf Kassetten richtig im Magazin hängen, da nur dann
die Wechselvorrichtung funktioniert. Der rückwärtige Cameradeckel wird sodann aufgesetzt (Knopf d,
[* 32]
Fig.
12), mittels der vier Riegel geschlossen, und die Camera ist zur Aufnahme bereit. Die Camera ist im zusammengeschobenen Zustand
auf alle über ca. 10 m entfernten Objekte scharf eingestellt; für näher befindliche Gegenstände ist
die Camera bei k auszuziehen und hierbei die vernickelte Skala 1 zu Hilfe zu nehmen.
Der Knopf m dient zum Festschrauben der zwei Camerateile nach erfolgter Einstellung. Die Triebvorrichtung am Auszuge k erleichtert
die Manipulation des Einstellens. Durch Drehen des Knopfes e
[* 32]
(Fig. 12b) an der Vorderwand der Camera nach
rechts um 180° wird der Verschluß gespannt, durch Drücken auf den federnden Stift i wird er ausgelöst; die Gangart des Verschlusses
wird durch Drehen der Schraube n nach rechts (abwärts) verlangsamt, während der schnellste Gang
[* 33] erreicht ist, wenn der Stift
der Schraube noben am Winkel o anschlägt, in welcher Stellung die Schraube n auch zu verbleiben hat, wenn die Camera außer Gebrauch
ist.
Bei Zeitaufnahmen (wobei sich die Camera selbstverständlich auf einem Stativ zu befinden hat) klemmt man stark mit n, spannt
den Verschluß bei e und drückt kurz auf i; der Verschluß öffnet sich hierauf und bleibt geöffnet
stehen, bis ihn ein zweiter Druck auf i wieder schließt. Bei der größern Camera (9x12 cm) lassen sich mittels Verschieben
des Knopfes p (bei leichtem Drucke auf die Führungsleisten) nach Bedarf drei verschiedene Blenden benutzen, während der kleinere
Apparat nur eine feste Blendung besitzt. Nach dem Spannen des Verschlusses wird, falls nicht schon vorher
geschehen, der Objektivschieber f geöffnet, und die Aufnahme kann unter Benutzung des einen der beiden Sucher g und h durch
Auslösen des Verschlusses vor sich gehen; die Camera ist während der Aufnahme genau horizontal zu halten.
Nach der Aufnahme löst man die bisher angezogen gewesene Schraube c des Hebels, dreht den rechts befindlichen Hebel b um 90°
nach vorn (bei möglichst horizontaler Querlage des Apparats) und macht hierauf die gleiche Bewegung nach rückwärts; beide
Bewegungen sind möglichst ruhig und gleichmäßig auszuführen und dabei darauf zu achten, daß
danach der Hebel b wieder genau seine vorherige Stellung einnimmt. Die frühere erste Platte befindet sich nun als letzte in
umgekehrter Lage rückwärts, und die zweite kann exponiert werden, nachdem die Schraube c wieder festgeschraubt ist. Das Wechseln
mit den ungefüllten Kassetten ist entschieden zu vermeiden. Oberhalb des Hebels befindet sich an
¶
(vom grch. phōs, Licht, und gráphein, schreiben, zeichnen), Lichtbildkunst,
Lichtbildnerei, die Kunst, mit Hilfe der chem. Wirkungen des Lichts ein bleibendes Bild eines Objekts auf einer chemisch präparierten
Fläche herzustellen.
Geschichtliches. Bereits vor Jahrhunderten war den Alchimisten die Eigenschaft des Chlorsilbers oder,
wie sie es nannten, des Hornsilbers bekannt, sich im Lichte zu färben. Ein deutscher Arzt, JohannHeinrich Schultze in Halle
[* 34] a. S., machte 1727 den ersten Versuch, in einer undurchsichtigen Schablone ausgeschnittene, durchsichtige Schriftzüge auf
einen silberhaltigen Niederschlag mit Hilfe des Sonnenlichts zu kopieren. Die Versuche fanden keine Beachtung. 1802 versuchten
Wedgewood und DavyBilder durch chem. Wirkung des Lichts zu fertigen.
Sie badeten ein Stück Papier in Silberauflösung und legten es mit einem dunkeln Gegenstände, z. B.
einer Silhouette, bedeckt in die Sonne.
[* 35] AlleStellen, die nicht durch die dunkle Silhouette geschützt waren, färbten sich
dabei braun, die andern blieben weiß, und so erhielten sie ein weißes Bild der Silhouette auf braunem
Grunde. Doch waren diese Bilder nicht von langer Dauer. Der hell gebliebene Teil schwärzte sich später durch weitere Einwirkung
des Lichts, und so verschwand das Bild durch Einfluß desselben Agens, welchem es seine Erzeugung verdankte.
Nach der Methode von Wedgewood und Davy konnten nur flache Gegenstände, die mit dem empfindlichen Papier
zusammengepreßt in die Sonne gelegt wurden, kopiert werden, z. B. Blätter, Spitzen u. s. w.:
Nicephore Niepce (s. d.) ging
einen Schritt weiter, indem er die Aufnahme körperlicher Gegenstände versuchte. Dies gelang ihm mit Hilfe der Camera obscura
(s. d.). Niepce benutzte ein anderes lichtempfindliches Präparat als Davy und Wedgewood, eine Auslösung
von Asphalt in Lavendelöl.
Mit solcher Lösung überzog er eine Metallplatte und exponierte dieselbe in der Camera stundenlang. Alle vom Licht getroffenen
Stellen des Überzugs wurden dadurch unlöslich, blieben bei nachherigem Behandeln der Platte mit ätherischen Ölen zurück
und lieferten ein Bild. So erzeugte Niepce schon 1826 unvollkommene Lichtbilder, die ihm zur Anfertigung der ersten Heliographien
(s. d.) dienten. 1829 verband sich Niepce mit Daguerre, und beide Männer arbeiteten gemeinschaftlich bis 1833, wo Niepce starb.
Daguerre wurde der alleinige Erbe seiner Ideen, und wenige Jahre nach NiepcesTode 1838 löste er das große
Problem, mit Hilfe des Lichts auf eine einfache, leicht ausführbare Weise dauerhafte Bilder herzustellen. Durch Verwendung
Aragos wurde Daguerre veranlaßt, sein Verfahren zu veröffentlichen, und ihm dafür eine lebenslängliche jährliche Pension
von 6000 Frs. von seiten der Regierung ausgesetzt. Am wurde das Geheimnis der Erzeugung dieser
Bilder in der öffentlichen Sitzung der PariserAkademie der Welt offenbart.
Daguerre wandte als lichtempfindliche Substanz das Jodsilber an, welches er durch Räuchern einer Silberplatte in Joddämpfen
erzeugte. Der Lichteindruck, den eine solche Jodsilberplatte in der Camera annimmt, ist anfangs nicht sichtbar; sobald aber
die Platte Quecksilberdämpfen ausgesetzt wird, erscheint das Bild in allen seinen Details, indem das Quecksilber
sich in feinen Kügelchen nur an den Stellen niederschlägt, auf welche das Licht gewirkt bat, und um so stärker, je kräftiger
diese Wirkung des Lichts war.
Während alle Experimentatoren vor Daguerre durch Wirkung des Lichts allein sogleich ein sichtbares Bild
zu erbalten suchten und zu diesem Zwecke stundenlang belichten mußten, machte er einen, durch eine kurze Belichtungszeit
entstandenen, an und für sich noch unsichtbaren Lichteindruck durch Einführung einer sekundären Operation, der sog. Hervorrufung
oder Entwicklung sichtbar. Auf diese Weise hatte er nur nötig, ganz kurze Zeit zu belichten, um ein Bild
zu erhalten; dadurch wurde die Photographie erst für unruhige Gegenstände möglich.
Das entwickelte Bild wurde lichtbeständig gemacht (fixiert) durch Entfernung des lichtempfindlichen Jodsilbers mittels einer
Lösung von unterschwefligsaurem Natrium. Um dieselbe Zeit, als Daguerre sein erstes Bild der PariserAkademie vorlegte, im
Frühjahr 1839, machte Talbot der Londoner Roval Society Mitteilung über eine Methode, Bilder mit Hilfe des
Lichts zu vervielfältigen. Anknüpfend an Wedgewoods Versuche nahm er mit Kochsalz imprägniertes Papier, ließ dieses auf
einer Silberauflösung schwimmen und legte das so mit Chlorsilber und salpetersaurem Silberoxyd getränkte Papier, das bedeutend
lichtempfindlicher ist als das Wedgewoodsche, mit dem zu kopierenden Kupferstich bedeckt in die Sonne.
Diese scheint durch alle weißen Stellen des Bildes hindurch, färbt die darunter liegenden Teile schwarz, und so entsteht ein
weißes Bild auf schwarzem Grunde, ein Negativ, welches nach dem Fixieren (s. oben) in ganz gleicher Weise wie der Kupferstich,
mit einem zweiten Stück¶
mehr
empfindlichen Papiers in die Sonne gelegt, ein positives Bild lieferte. Dieser Prozeß konnte beliebig oft wiederholt werden,
und dadurch konnte man von einem einzigen Negativ zahlreiche positive Abzüge erhalten. Durch diese Erfindung Talbots trat die
Photographie ein in die Reihe der vervielfältigenden Künste.
Nach dem Bekanntwerden der Daguerreschen Entdeckung suchte Talbot auch Camerabilder auf Papier aufzunehmen.
Er ließ Papier auf Jodkalium-, dann auf Silberlösung schwimmen und erzeugte dadurch einen Niederschlag von Jodsilber; dieses
mit Jodsilber und Silbernitrat getränkte Papier belichtete er in der Camera. Dadurch erhält man schon nach kurzer Belichtung
ein unsichtbares Bild, welches in ähnlicher Weise wie bei Daguerres Verfahren durch Anwendung einer Entwicklung
(Talbot nahm dazu Gallussäure) sichtbar gemacht wurde.
Die Gallussäure reduziert das Silbernitrat; es schlägt sich pulveriges Silber von schwarzer Farbe nieder und dieses hängt
sich seltsamerweise nur an die vom Lichte getroffenen Jodsilberstellen. Solche Bilder auf Jodsilberpapier sind, mit ihrem
Original verglichen, in Bezug auf Licht und Schatten verkehrt (negativ). Sie können aber dazu dienen,
durch Auflegen auf lichtempfindliches Chlorsilberpapier nach dem oben beschriebenen Verfahren eine beliebige, ganz unbeschränkte
Anzahl dem Original wirklich entsprechender, positiver Bilder zu erzeugen.
Der größte Übelstand bei den Talbotschen negativen Papierbildcrn war die rauhe Struktur des Papiers, welche, wenn
auch durch Tränken mit Wachs verbessert, der feinen, glatten Oberfläche einer polierten Silberplatte nie gleichkommen kann.
Um dem abzuhelfen, kam 1847 Niepce de Saint-Victor, Neffe des ältern Niepce (s. oben), auf die Idee, das Jodsilber mit einem
Eiweißüberzuge auf Glasplatten zu befestigen. Dies Verfahren liefert sehr feine, kräftige Bilder, bietet
aber infolge der leichten Zersetzbarkeit des Eiweißes mancherlei Unbequemlichkeiten dar.
Fry und Archer benutzten 1851 mit Erfolg das Kollodium als Träger
[* 37] der lichtempfindlichen Silbersalze. Archer überzog Plangläser
mit Kollodium, welches Jodsalze und Bromsalze aufgelöst enthielt, tauchte diese in eine Silberauflösung und erhielt so
auf der Glasplatte ein zartes, mit lichtempfindlichem Brom- und Jodsilber getränktes Häutchen, welches
in ähnlicher Weise wie das Talbotsche Papier in der Camera belichtet und mit Pyrogallussäure entwickelt ein Negativ von außer ordentlicherSchärfe und Feinheit lieferte und in folgedessen die Erzeugung trefflicher Positivbilder auf Papier nach der oben beschriebenen
Weise in beliebiger Anzahl erlaubte. Jetzt wurde das Daguerresche Verfahren vollständig aus dem Felde
geschlagen. Der Kollodiumprozeß verbreitete sich allgemein, wurde im Laufe der Zeit mehr und mehr vervollkommnet und blieb
bis zu der Einführung der Gelatinetrockenplatten der herrschende.
Ältere Versuche von Maddor, Wortley zeigten, daß man Gelatine statt des Kollodiums als Bildträger benutzen könne,
indem man gewöhnliche Gelatine in warmem Wasser auflöst, diese Lösung mit Bromsalz, dann mit Silbersalz
versetzt, die so erhaltene «Emulsion» zur Entfernung der löslichen Salze auswäscht, auf Glasplatten trägt, erstarren läßt
und dann die Platten im Dunkeln trocknet. Anfangs schien dieses Verfahren keine Vorteile dar zubieten. 1878 machte aberBennett
die Entdeckung, daß die Gelatineemulsion durch
längeres Erwärmen ihre Empfindlichkeit steigert und
daß man durch diese einfache Operation im stande ist, Emulsionen zu erhalten, welche Platten von zwanzigfacher Empfindlichkeit
der Kollodiumplatten liefert, die vor den Kollodiumplatten noch den Vorteil bieten, monatelang, ja jahrelang haltbar zu sein.
Jetzt werden diese Gelatinetrockenplatten in vielen Anstalten im großen fabriziert und in den Handel
gebracht; ihnen verdankt man die gegenwärtige Entwicklung der Photographie und ihre erweiterte Anwendung in Kunst, Wissenschaft, Industrie
und auf Forschungsreisen; sie gaben auch Veranlassung zu dem großen Aufschwung, den die Liebhaber- oder Amateurphotographie
jetzt angenommen hat.
Die unbefugte Nachbildung von Photographie ist nach dem deutschen Reichsgesetz vom
welches auch alle übrigen die Photographie betreffenden gesetzlichen Verhältnisse regelt, verboten. (S. Nachdruck und Urheberrecht.)
Die heutigen photographischen Prozesse. Die gegenwärtigen photogr. Verfahren gliedern sich in zwei Prozesse:
1) den Negativprozeß, d.i. die Aufnahme in der photogr. Camera;
2) den Positivprozeß, d. i. die Herstellung eines positiven Bildes durch Belichtung einer lichtempfindlichen
Fläche unter einem Negativ. Hierher gehören auch die Lichtpausverfahren (s. d.). Negativprozesse
werden praktisch nur zwei benutzt:
1) das Bromsilbergelatineverfahren oder der Gelatinetrockenplattenprozeß, 2) der Jodsilberkollodiumprozeß.
Der letztere hat durch Einführung der Gelatineplatten bedeutende Einbuße erlitten, ist aber für das Reproduktionsfach
noch unentbehrlich. Der Negativprozeß mit Gelatinetrockenplatten wird derart ausgeübt, daß man eine Trockenplatte in der
photogr. Camera, welche auf den aufzunehmenden Gegenstand optisch eingestellt ist, belichtet, dann in einem rot beleuchteten
Dunkelzimmer mit einem Entwickler behandelt, welcher im stande ist, Bromsilber zu pulverigem, schwarzem Silber zu reduzieren.
Solche Entwickler giebt es jetzt viele, z. B. oxalsaures Eisenoxydul, alkalische Lösungen von Pyrogallol,
Hydrochinon, Amidol, Methol, Eikonogen u. a. Ist das Bild in diesen Lösungen erschienen und bis zur hinreichenden Intensität
gekräftigt, so wird die Platte durch Eintauchen in eine Lösung von unterschwefligsaurem Natrium fixiert, gründlich gewaschen
und getrocknet. Das so erhaltene Negativ dient zur Herstellung einer beliebigen Anzahl von Positiven (s.
oben).
Der Arbeitsgang des Kollodiumverfahrens ist folgender: geputzte Glasplatten werden mit jod- und brommetallhaltigem Kollodium
überzogen, in eine Höllensteinauflösung (Silberbad) getaucht, wodurch in der Kollodiumschicht Jod und Bromsilber gebildet
wird, und in der Camera belichtet, das noch unsichtbare Bild durch Aufgießen einer Lösung von Eisenvitriol
(an Stelle der Gallussäure) sichtbar gemacht (entwickelt), durch Überguß einer Mischung von Pyrogallussäure und Silberlösung
dunkler gemacht (gekräftigt), endlich durch Entfernung der noch vorhandenen Silbersalze mittels unterschwefligsaurer Natronlösung
fixiert und zum Schutze gegen mechan. Einwirkung lackiert.
Von den vielen Positivprozessen ist der Silberprozeß der beliebteste. Es wird mit Eiweiß überzogenes
kochsalzhaltiges Papier in einem Silberbade lichtempfindlich gemacht, getrocknet und unter dem Negativ dem Licht ausgesetzt
so lange, bis ein
¶
mehr
kräftiges Bild erscheint. Dieses wird gewaschen, in eine Goldauflösung getaucht (getont), um ihm eine bessere Farbe zu geben,
endlich durch Entfernung der noch vorhandenen Silbersalze mit unterschwefligsaurem Natron fixiert, gründlich gewaschen und
auf Karton geklebt. Die sog. Panotypen und Ferrotypen sind in kurzer Expositionszeit aufgenommene
negative Kollodiumbilder, die auf schwarzem Untergrunde (Hyalitglas oder asphaltiertes Eisen)
[* 39] positiv erscheinen.
(S. Ferrotypie.)
Die Amateure bedienen sich gewöhnlich des käuflichen haltbaren gesilberten Papiers, z. B.
Chlorsilbergelatinepapier (Aristo) und Chlorsilberkollodium (sog. Celloidinpapier). Der Arbeitsgang ist etwa derselbe
wie oben, häufig werden aber Ton- und Fixierbäder gemischt angewendet.
Zum Vergleich eines Negativs mit dem Positiv dienen die
[* 38]
Fig. 1 u. 2 der Tafel: Photographie I.
Ein sehr großer Übelstand der Photographie blieb bis in die neueste Zeit die unrichtige Wirkung farbiger Körper. Viele helle gelbe
und rote Farben, wie Cbromgelb, Zinnober,
[* 40] Mennige, rote Haare,
[* 41] gelbe Hautflecke erscheinen in der Photographie schwarz, andere dunkle Farben,
wie Blau, Violett u. s. w., werden dagegen weiß. Der Grund liegt darin, daß die photogr. Präparate, namentlich
Brom- und Jodsilber, hauptsächlich für blaue Strahlen empfindlich sind; für grüne, gelbe und rote aber nicht. Um diese Fehler
zu beseitigen, bedient man sich der Negativretouche.
Man deckt die zu schwach photographierten Stellen des Negativs, z. B. gelbe Farben in Ölbildern, Sommersprossen
bei Gesichtern, mit Bleistift oder Tusche, bis sie den richtigen Ton zeigen; eine einzige retouchierte Platte der Art gestattet,
zahlreiche fehlerfreie positive Abzüge danach zu fertigen, während sonst bei der altern Positivretouche jeder einzelne Abzug
die gleiche Retouchierarbeit erforderte. Man hat auf diese Weise auch das Photographieren von Ölgemälden
ermöglicht, welches früher wegen der abnormen Wirkung der Farben unmöglich erschien. In Kunststädten, wie Berlin, Düsseldorf,
[* 42] München, Dresden,
[* 43] bilden diese Ölreproduktionen bereits einen großartigen Handelsartikel.
Jedoch wurde die Mehrheit dieser Bilder durch Einfluß der Bearbeitung des Negativs mit der Hand mehr oder weniger beeinträchtigt.
H. W. Vogel beseitigte den Grundfehler der Photographie, die falsche Wirkung der Farben. Er erkannte bereits 1873,
daß Bromsilber durch Beimischung von Stoffen, welche die gelben und roten Strahlen absorbieren (z. B. rote und grüne Anilinfarben),
empfindlich wird für gelbes und rotes Licht. Aus dieser Entdeckung entwickelten sich im Laufe der Zeit die farbenempfindlichen
(isochromatischen und orthochromatischen) Verfahren, welche Platten liefern, die für Gelb, Rot, Grün und Blau nach Maßgabe
von deren Helligkeit empfindlich sind.
Durch Einführung dieser farbenempfindlichen Verfahren trat die Photographie in ein neues Stadium. Die Aufnahme alter Ölbilder in den
richtigen Tonverhältnissen bietet jetzt keine Schwierigkeiten mehr. Ein Übelstand der ältern farbenempfindlichen
Verfahren war die Notwendigkeit der Anwendung eines gelben Strahlenfilters, um die zu starke Wirkung der blauen Strahlen herabzumildern.
Bei dem farbenempfindlichen Kollodiumverfahren war dieses Strahlenfilter durch Anwendung eines stark mit Eosin versetzten
Kollodiums bereits eliminiert.
In dem Gelatineemulsionsverfahren gelang
es Obernetter und H. W. Vogel, Emulsionsplatten zu fertigen, die
auch ohne gelbes Strahlenfilter Photographie in den richtigen Tonverhältnissen lieferten, und zwar durch Anwendung
des Eosinsilbers. Dasselbe ist namentlich von Bedeutung für Aufnahmen von Landschaften und farbigen Kostümen, Teppichen,
farbigen mikroskopischen Präparaten u. s. w. Aus dem farbenempfindlichen Verfahren ging später der Naturfarbendruck (s. d.)
hervor.
Ein Mangel der gewöhnlichen mit Silbersalz erzeugten Bilder ist ihre Neigung zum Verbleichen oder Vergilben.
Dieses wird verschuldet durch ungenügendes Auswaschen des schwefelhaltigen Fixiersalzes nach dem Fixieren. Der Rückstand von
Fixiersalz zersetzt sich alsdann mit der Zeit unter Ausscheidung von Schwefel und Bildung von Schwefelsilber, welches in dünner
Lage gelb erscheint. Es können aber auch sehr gut ausgewaschene Silberbilder verbleichen, wenn
sie an feuchten Orten aufbewahrt werden.
Hier erfolgt durch Einfluß der Feuchtigkeit eine Zersetzung des schwefelhaltigen Albuminüberzugs und Bildung von Schwefelsilber.
Dieser Umstand hat Veranlassung zur Herstellung von Papierbildern ohne Anwendung von silber- und schwefelhaltigem Material
gegeben. Eins der bekanntesten Verfahren der Art ist das Platinverfahren von Willis (in der Praxis oft Platindruck
oder Platinotypie genannt). Willis tränkt Papier mit einer Mischung von Platinchlorürkalium und oxalsaurem Eisenoxyd in
Lösung und trocknet es. Das so erhaltene Papier kommt fertig präpariert in den Handel. Es wird unter einem gewöhnlichen
Negativ dem Licht ausgesetzt; dieses reduziert zunächst das Eisenoxydsalz zu Eisenoxydulsalz, welches im
stande ist, wieder das Platinsalz zu metallischem, schwarzem Platin zu reduzieren, namentlich bei Einfluß der Feuchtigkeit
oder beim Eintauchen in eine heiße Lösung von oxalsaurem Kalium.
Dadurch kommen die Bilder, die beim Kopieren anfangs nur schwach sichtbar hervortreten, mit großer Intensität heraus und
brauchen dann nur noch mit schwacher Salzsäure und Wasser gewaschen zu werden. Tonen und Fixieren wie
bei Silberbildern ist nicht nötig. Die Bilder zeichnen sich durch einen sehr schönen sammetschwarzen Ton, der an Photogravüren
erinnert, und durch große Haltbarkeit aus; nach E. Vogel widerstehen sie selbst der Einwirkung des Chlors.
Es giebt aber noch eine große Reihe anderer Kopierverfahren (Pausverfahren), um ohne Anwendung von Silbersalzen
positive Bilder zu liefern, einerseits wirkliche Lichtkopien, andererseits Abdruck in fette Schwärze von mit Hilfe des Lichts
erzeugten Druckplatten (photogr. Pressendruck). Die Mehrzahl dieser Prozesse ist auf Anwendung von Chromaten (chromsauren
Salzen resp. Mischungen derselben mit Leim) gegründet. Eine Mischung
von chromsaurem Alkali und Leim in Wasser gelöst erstarrt in der Kälte und wird in der Wärme
[* 44] wieder flüssig.
Wird aber die erstarrte Masse (Gallert) hinreichend lange belichtet, so wird sie in der Wärme nicht mehr flüssig. Leim in
Verbindung mit chromsaurem Kalium verliert seine Löslichkeit in warmem Wasser durch Wirkung des
Lichts. Von Lichtkopierverfahren, welche auf Anwendung von Leim und chromsauren Salzen beruhen, sei das Pigmentdruckverfahren
(Photographie au charbon, Kohledruck) erwähnt. Belichtet man eine gefärbte Schicht von chromsaurem Kalium und Leim
¶