Phenōl,
Carbolsäure (Acidum carbolicum), ein Monooxybenzol (s. Phenole), C6H5.OH ^[C6H5·OH]. Seiner chem. Konstitution nach ist es der einfachste Alkohol der Benzolreihe und wird daher auch Phenylalkohol genannt. Seinen Eigenschaften nach verhält er sich aber wie eine schwache Säure und wird daher auch Phenylsäure genannt. Es wurde 1834 von Runge im Steinkohlenteer entdeckt und unter dem Namen Carbolsäure beschrieben. In reichlicher Menge findet es sich in den Mittelölen, welche bei der Destillation [* 3] des Steinkohlenteers zwischen den Temperaturgrenzen von 170 - 210° übergehen. Werden die bei der zweiten Destillation erhaltenen Kreosotöle, welche den Nachlauf der Leichtöle und den Vorlauf der Mittelöle
[* 1] ^[Abb: Strukturformel Phenantrenchinon]
[* 1] ^[Abb: Strukturformel Phenazin] ¶
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enthalten, mit Natronlauge behandelt, so geht Phenol
(mit seinen Homologen, besonders Kresolen) als Phenol
natrium, C6H5.ONa,
in Lösung, welche man von ungelösten Kohlenwasserstoffen u.s. w. trennt. Aus der Lösung wird durch Salzsäure oder Kohlensäure
die rohe Carbolsäure als Öl ausgefällt. Sie enthält noch Wasser, Kresole, Naphthalin, Harze u. dgl. und wird
zur weitern Reinigung mit Chromsäure behandelt und nochmals destilliert. Das Destillat wird durch Abkühlen zur Krystallisation
gebracht und die Krystalle auf Centrifugen von Flüssigkeit befreit. Außer im Steinkohlenteer findet sich Phenol
auch im Holzteer;
es entsteht überhaupt leicht bei der trocknen Destillation organischer sauerstoffhaltiger Substanzen. Ferner kommt es im Bibergeil
und im Harn von Menschen, Kühen und Pferden vor, in letzterm in Form von phenol
schwefelsaurem Kalium, C6H5.O.SO3K.
Das reine Phenol
bildet lange farblose Prismen, welche bei 42° schmelzen und bei 182° sieden. In weniger reinem
Zustande nimmt es an der Luft eine rote Färbung an, deren Ursache man noch nicht kennt. Geringe Mengen
von Wasser (wenige Tropfen), Naphthalin, Kresolen u. s. w. erniedrigen den Schmelzpunkt so sehr, daß das Phenol
bei gewöhnlicher
Temperatur als Flüssigkeit erscheint. Es besitzt einen eigentümlichen durchdringenden Geruch und brennenden, ätzenden Geschmack.
Bei gewöhnlicher Temperatur hat es das spec. Gewicht 1,066 und löst sich in der 15fachen Menge Wasser;
in jedem Verhältnisse mischt es sich mit Alkohol und Äther und über 80° auch mit Wasser. Charakteristische Reaktionen des
Phenol
sind Blaufärbung eines mit Salzsäure befeuchteten Fichtenspans, vorübergehende Violettfärbung der wässerigen
Lösung durch Eisenchlorid und Bildung eines weißen Niederschlages (Tribromphenol
, C6H2Br3.OH durch Bromwasser.
Das Phenol
dient zur Darstellung von Salicylsäure (seit 1874), von Farbstoffen, den Phenolfarben (s. d.),
und zu Desinfektionszwecken (s. Carbolsäure).