Pharisäer
(kirchenlat. Pharisaei, hebr. Peruschim, »Abgesonderte«),
eine der im vor- und nachchristlichen
Jahrhundert in
Palästina
[* 2] existierenden drei Parteiungen (Pharisäer
,
Sadduzäer
und
Essäer), die eigentliche nationale
Partei unter den
Juden, in der Zeit der Makkabäerherrschaft aus dem Bestreben entstanden,
alles echt
Israelitische von dem Abgefallenen und Heidnischen zu trennen und um einen festen
Kern zu sammeln. In politischer
Hinsicht waren die Pharisäer
unbedingte Theokraten, zugleich die
Patrioten, die ihres
Volkes Unabhängigkeit erstrebten,
daher heftige Gegner der Herodianer; in religiöser hielten sie streng an dem altväterlichen
Glauben und an den
Überlieferungen
der Vorzeit fest.
Sie waren die schriftgelehrten Führer der großen Mehrheit des Volkes und zählten zu Herodes' Zeiten 6000 Mitglieder. Im Zeitalter Jesu teilten sie sich in mehrere Schulen, unter denen die des Hillel und Schammai, jene den gemäßigten, diese den strengen Pharisäismus repräsentierend, die berühmtesten waren. Die zwischen diesen Schulen streitigen Fragen betrafen die Ausdeutung des mosaischen Gesetzes für die Praxis des Lebens und berührten ebensowohl das bürgerliche Recht wie das religiöse Zeremoniell.
Der Pharisäismus nahm die überkommene fromme Übung ganz, wie sie einmal war, in den
Begriff der
»Gerechtigkeit« auf und
schuf daraus eine das ganze
Leben des
Volkes auf
Schritt und
Tritt, vom
Morgen bis zum
Abend, von der
Geburt bis zum
Grab regulierende
Norm, welche immer nur neue Zusätze erfuhr, aber keinerlei Abbruch vertragen konnte.
Dogmatisch wie politisch
unterschieden sich die Pharisäer
von den
Sadduzäern: in letzterer Beziehung als die Vertreter der
Volkspartei gegenüber dem herrschenden
Priesteradel, in ersterer als die
Träger
[* 3] und Fortbildner der
Tradition gegenüber dem vornehm auf das geschriebene
Gesetz und
die darin enthaltene einfachere
Glaubenslehre sich zurückziehenden Sadduzäismus. Der pharisäische
Lehrbegriff
hat im neuern
Judentum entschieden das Übergewicht behauptet.
Vgl.
Geiger, Sadducäer und Pharisäer
(Bresl. 1863);
Wellhausen, Die
Pharisäer
und die
Sadduzäer (Greifsw. 1874).