oder Phänomĕnon (grch., «das
Erscheinende» oder «die Erscheinung»),
die gegebene Thatsache, die erklärt, d. h. auf ihr Gesetz zurückgeführt werden soll,
zugleich aber die Grundlage der wissenschaftlichen Erkenntnis bildet. Sofern nun im Gesetz erst die Wahrheit dessen, was
erscheint, erkannt wird, unterliegt das Phänomenvor der Erkenntnis des Gesetzes der theoretischen Untersuchung. So ist die tägliche
Bewegung der Sonne
[* 3] um die Erde als Phänomen unzweifelhaft; aber die Erklärung dieser Erscheinung (durch
die Theorie des Kopernikus und deren Begründung in den Gesetzen Newtons)
[* 4] ergiebt, daß der scheinbaren Bewegung als wirkliche
Thatsache die Bewegung der Erde um ihre eigene Achse zu Grunde liegt. So erhält die Erscheinung oder das Phänomen in der Erkenntnistheorie
die neue Bedeutung des nicht an sich oder absolut Wahren oder Realen, das aber stets auf ein an sich Reales
(das «Ding an sich», s. Ding) zurückweise. Sofern
das Ding an sich der Erscheinung im Denken entgegengestellt wird, heißt es Noumenon (s. d.) und bildet die intelligible Welt;
wogegen das Phänomen auf dem
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Anteil der Sinnlichkeit an der Erkenntnis beruht und darum im Gegensatz zum Noumenon die sensible Welt darstellt.