Pflanzensystem
,
die wissenschaftlich begründete
Anordnung der
Pflanzen nach ihrer nähern oder entferntern
Verwandtschaft.
Die Wege, die zur
Aufstellung eines Pflanzensy
stems eingeschlagen worden sind, beruhen auf zwei wesentlich
verschiedenen Prinzipien, und danach unterscheiden wir zwischen künstlichen und natürlichen Pflanzensy
stemen. Ein künstliches
System kommt zu stande, wenn man ein beliebiges einzelnes Merkmal der
Pflanzen herausgreift und nach den Verschiedenheiten,
die lediglich dieses eine Merkmal in der
Reihe der
Gewächse aufweist, die letztern klassifiziert, wie
dies z. B. in dem Linnéschen
System geschieht, wo die
Staubgefäße
[* 2] in erster und die
Griffel in zweiter
Linie als die einzigen
Einteilungsprinzipien fungieren.
Das Linnésche Pflanzensy
stem.
1) Sichtbar Blühende (Phanerogamae). | ||
A. Zwitterblütige (Monoclinae). | ||
a) Staubgefäße voneinander getrennt. In jeder Blüte; | ||
1 Staubgefäß | 1. Klasse | Monandria, |
2 Staubgefäße | 2. " | Diandria, |
3 " | 3. " | Triandria, |
4 " | 4. " | Tetrandria, |
5 " | 5. " | Pentandria, |
6 " | 6. " | Hexandria, |
7 " | 7. " | Heptandria, |
8 " | 8. " | Octandria, |
9 " | 9. " | Enneandria, |
10 " | 10. " | Decandria, |
12-18 " | 11. " | Dodecandria. |
20 u. mehr Staubgefäße, dem Kelch eingefügt | 12. " | Icosandria, |
20 u. mehr Staubgefäße, dem Fruchtboden eingefügt | 13. " | Polyandria, |
2 längere u. 2 kürzere Staubgefäße | 14. " | Didynamia, |
4 längere u. 2 kürzere Staubgefäße | 15. " | Tetradynamia. |
b) Staubgefäße miteinander verwachsen. Staubfäden verwachsen. | ||
in 1 Bündel | 16. " | Monadelphia, |
in 2 Bündel | 17. " | Diadelphia, |
in 3 und mehr Bündel | 18. " | Polyadelphia, |
Staubbeutel verwachsen | 19. " | Syngenesia. |
c) Staubgefäße mit dem Stempel verwachsen | 20. " | Gynandria. |
B. Staubgefäße und Stempel in verschiedenen Blüten (Diclinae); | ||
a) männl. u. weibl. Blüten auf derselben Pflanze | 21. Klasse | Monoecia. |
b) männl. u. weibl. Blüten auf verschiedenen Pflanzen | 22. " | Dioecia. |
c) männl. u. weibl. Blüten mit Zwitterblüten gemischt | 23. " | Polygamia. |
2) Verborgen Blühende (Cryptogamae) | 24. " | Cryptogamia |
Jede Klasse teilte Linné in Ordnungen und zwar in der 1. bis 13. Klasse nach der Zahl der Griffel oder Narben, die 14 in Nacktsamige (Gymnospermae, fast sämtliche Lippenblütler) und Bedecktsamige (Angiospermae, der größte Teil der Skrofulariaceen), die 15. in Siliquosae und Siliculosae; die 16., 17. und 18. werden nach Zahl und Stand der Staubgefäße geteilt, die 19. (Kompositen) [* 3] nach dem Geschlecht der Einzelnen, die 20. (Orchideen) [* 4] nach der Zahl der Staubgefäße, die 21. und 22. nach Zahl, Stand und Verwachsung der Staubgefäße; die 23. zerfällt in Ein-, Zwei- und Dreihäusige, die 24. in Farne, [* 5] Moose, [* 6] Algen, [* 7] Pilze. [* 8]
Wenn es sich nur um den
Zweck handelt, die
Pflanzen nach irgend einem Merkmal in ein
System zu bringen, um
mittels desselben sie bestimmen zu können, so reicht ein solches künstliches
System aus, ja es hat in letzterer Hinsicht
unverkennbare Vorzüge.
Sollen dagegen die
Pflanzen nach ihrer natürlichen
Verwandtschaft geordnet werden, so daß diese
Anordnung
ein möglichst genaues Abbild des Entwickelungsganges gibt, den das
Pflanzenreich bei seinem allmählichen Erscheinen auf
der
Erde von seinen ersten Anfängen an bis zu immer vollkommnern
Stufen und bis zur Erreichung aller der gegenwärtig existierenden
Typen eingeschlagen hat, so erhalten wir ein natürliches
System. Offenbar kann es nur ein einziges natürliches Pflanzensystem
geben,
und wenn verschiedene dergleichen aufgestellt worden sind, so beweist das nur, daß die
Versuche auf verschiedenen
Wegen dem
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mehr
Richtigen am nächsten zu kommen meinten. Während in den natürlichen Systemen von Jussieu und De Candolle vorerst die Hauptgruppen richtig aufgefaßt wurden, sehen wir das von Endlicher auf die Feststellung und Abgrenzung der einzelnen Familien sein Hauptaugenmerk richten, dasjenige von A. Braun aber auch die Aneinanderreihung der einzelnen Familien, die Verweisung derselben in die Nachbarschaft dieser oder jener andern in offenbar naturgemäßer Weise anstreben. Das System Brauns hat durch die neuern systematisch-morphologischen Forschungen weitere Veränderungen erfahren, so daß es gegenwärtig nach Eichler folgende Gestalt angenommen hat.
Vgl. Eichler, Syllabus der Vorlesungen über spezielle etc. Botanik (4. Aufl., Berl. 1886).