Pfalzgraf
(Comes palatinus), im fränkischen und im spätern Deutschen Reich ursprünglich der einer Pfalz (s. d., S. 931) vorgesetzte Beamte, der zugleich Richter über einen gewissen Bezirk war. Später saßen aber nicht nur in den kaiserlichen Pfalzen, sondern auch in den Landgrafschaften und Grafschaften Pfalzgrafen, welche die Rechte des kaiserlichen Fiskus wahrzunehmen, die Regalien zu verwalten hatten und die beständigen Ratgeber der Herzöge, Land- oder Markgrafen in allen wichtigen Rechtssachen waren.
Da es nun zweierlei Recht in Deutschland gab, das fränkische und das sächsische, so gewannen besondere Bedeutung der Pfalzgraf am Rhein (bei Rhein) und der in Sachsen, von denen jener in den Ländern des fränkischen, dieser in denen des sächsischen Rechts Gericht hielt, und die mit der Zeit aus Beamten mächtige Fürsten wurden, welchen in Abwesenheit des Kaisers und während eines Interregnums die Stellvertretung des Kaisers (das Reichsvikariat) zukam. Für den Pfalzgrafen am Rhein wurde sogar eine Art Gerichtsbarkeit über den Kaiser selbst in Anspruch genommen.
Das eigentliche Richteramt übertrugen aber die Kaiser in der Folgezeit andern, die zwar auch Pfalzgraf (Hofpfalzgraf, Hochgraf, Comes palatinus caesarius, Palatii comes, Comes sacri palatii) genannt wurden, aber keine Ländereien erhielten und ihr Amt nicht vererbten. Mit Errichtung der Reichsgerichte hörte dies Amt auf, und die Benennung Pfalzgraf war nur noch ein Titel, der nach der Reichstaxordnung von 1659 zum Preis von 304 Gulden verliehen wurde, und mit welchem die Ausübung gewisser kaiserlicher Reservatrechte verbunden war.
Der Inbegriff dieser Rechte hieß Komitiv und teilte sich in ein kleines Komitiv, welches namentlich das Recht, uneheliche Kinder zu legitimieren, Notare zu ernennen, Dichter zu krönen und bürgerliche Wappen zu verleihen, und in das große Komitiv, welches außerdem noch das Recht, zu adeln und das kleine Komitiv zu verleihen, enthielt. Diese Pfalzgrafenwürde, namentlich in Verbindung mit dem kleinen Komitiv, wurde nicht nur an Große des Reichs, z. B. an Landesherrn, sondern auch an Städte, Korporationen, z. B. Universitäten, auch sogar an Privatpersonen und zuletzt so oft verliehen, daß sie, zumal da die meisten durch das Komitiv erlangten Rechte durch die Landesgesetze der einzelnen Staaten beschränkt wurden, ihren Wert verlor. Mit der Auflösung des Deutschen Reichs erlosch die Pfalzgrafenwürde gänzlich.
Vgl. Pfaff, Geschichte des Pfalzgrafenamts (Halle 1847).