Perikarditis
7 Wörter, 89 Zeichen
Medicin — Specielle Pathologie — Gefäß- und Drüsenkrankheiten
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Perikarditis
(grch.), s. Herzbeutelentzündung. ^[= (Pericarditis), die Entzündung des Herzbeutels. H. tritt nur sehr selten als selbständige ...]
(Perikarditis) tritt häufig als Begleiterin andrer Krankheiten, dagegen nur ¶
sehr selten als eine selbständige und isolierte Erkrankung bei früher gesunden Menschen auf. In allen Fällen findet man als Ursache Entzündungserreger in Form von Bakterien (Eiterkokken, Pneumoniekokken, Tuberkelbacillen), nur ist es zuweilen nicht möglich, nachzuweisen, wie dieselben an diese Stelle gelangt sind. Am leichtesten zu verstehen sind diejenigen Fälle, in welchen die Herzbeutelentzündung durch Fortpflanzung von Entzündungen benachbarter Organe, Lunge, [* 4] Brustfell, Brustbein, oder Wunden entstanden ist. Am häufigsten aber tritt Herzbeutelentzündung im Verlauf eines akuten Gelenkrheumatismus ein, und zwar kommt die Komplikation unter 100 Fällen etwa 30mal vor.
Nächstdem ist sie häufig mit der Brightschen Nierenkrankheit, der Lungentuberkulose, chronischen Herz- und Aortenkrankheiten kompliziert. Auch bei Jauchevergiftung des Bluts, beim Kindbettfieber, bei schweren Scharlachfällen, Pocken tritt häufig ein. Wahrscheinlich werden in allen diesen Fällen die Bakterien dem Herzbeutel durch das Blut zugeführt. Es kommt bei ausgeprägten Fällen stets zur Bildung eines freien Exsudats in der Höhle des Herzbeutels; seiner Beschaffenheit nach kann dasselbe sein:
1) ein wässeriges (dann ist es meist sehr massenhaft vorhanden), 2) ein blutiges, 3) ein eiteriges, 4) ein fibrinöses. Die einzelnen Formen kombinieren sich vielfach miteinander; von besonderer Wichtigkeit ist die fibrinöse Herzbeutelentzündung, da sie sowohl absolut die häufigste als auch die einzige chronische Art ist, welche längere Zeit hindurch ertragen werden kann, ohne den Tod zu bedingen. Ihr kommt das für diese Krankheit wichtigste Symptom, ein eigentümlich schabendes Geräusch, zu, welches man beim Auskultieren des Herzens hört, und das durch das Aneinanderreiben der rauhen Oberflächen entsteht.
Fehlt dieses, so ist die Diagnose dem Arzt oft nicht möglich. Die Erscheinungen der Herzbeutelentzündung sind bald kaum merkliche, oft so stürmisch fieberhafte, daß sie ganz denen eines Typhus gleichen. Bei reichlichem Erguß, wo Tod durch Behinderung der Herzthätigkeit droht, gesellen sich Atemnot, Beklemmung, blaue Färbung des Gesichts hinzu. Je schneller die Herzbeutelentzündung zu großen Exsudatansammlungen führt, und je mehr das Herz selbst dabei affiziert ist, um so leichter endet sie tödlich; die Fälle, welche sich zu Lungen- und Brustfellentzündungen und zum akuten Gelenkrheumatismus gesellen, verlaufen in der Regel günstig.
Das Exsudat wird dann resorbiert, bei fibrinöser Herzbeutelentzündung bleiben Verwachsungen, d. h. sogen. rheumatische Schwielen, zurück. Die tuberkulöse Herzbeutelentzündung erzeugt gewöhnlich einen blutigen Erguß; sie endet immer tödlich. Die Behandlung der Herzbeutelentzündung muß so einfach wie möglich sein. Man wendet örtliche Blutentziehungen, Eisblasen auf der Herzgegend, Aufguß von Digitalis, in gewissen Fällen auch schweiß- und harntreibende Mittel, Jodpräparate und Blasenpflaster an. Die Verarmung des Bluts bei langwierigem Verlauf der Herzbeutelentzündung verlangt eine nährende Diät und Eisenpräparate. Droht Herzlähmung einzutreten, so müssen Reizmittel (Wein, Kampfer, Benzoesäure) gereicht werden. In den Fällen, wo sich die Herzbeutelentzündung zu akutem Gelenkrheumatismus gesellt, bedarf es in der Regel gar keiner besondern Behandlung. Künstliche Eröffnung des Herzbeutels mit dem Trokar [* 5] und Entleerung des Exsudats hat meist nur eine sehr vorübergehende Erleichterung des Kranken zur Folge.