Pennsylvanĭen
(abgekürzt Pa.), nordamerikan. Staat, nach Wohlstand und Volkszahl gegenwärtig der zweite Staat der Union, liegt zwischen 39° 43'-42° 15' nördl. Br. und 74° 12'-80° 36' westl. L. v. Gr. und grenzt im N. an den Eriesee und den Staat New York, im O. an New York und New Jersey, von welchem es der Delawarefluß trennt, im S. an Delaware, Maryland und Westvirginia, im W. an letzteres und Ohio. Der Staat bildet fast ein vollkommenes Parallelogramm, [* 2] 500 km lang und 280 km breit.
Der Oberflächenbeschaffenheit nach unterscheidet man drei deutlich abgegrenzte Regionen, nämlich die atlantische Abdachung im O., die Bergregion in der Mitte und die westliche Abdachung. Erstere steigt westlich vom Delawarefluß allmählich an und erstreckt sich 120-130 km weit bis zum Fuß der Blauen Berge. Die Mitte des Staats wird in einer Breite [* 3] von 160 km in der Richtung von SW. nach NO. von verschiedenen Parallelketten der Alleghanies durchstrichen, von denen die bedeutendern durch besondere Namen unterschieden werden, wie Blue Ridge, Kittatinny, Broad oder Tuscarora Mountains, Sideling Hill, Bald Hill etc. Diese Berge bilden die Wasserscheide zwischen dem Atlantischen Ozean und dem Becken des Ohio.
Noch weiter westlich liegen die Laurel Ridge und Chestnut Ridge, 900 m hoch. Im allgemeinen ist dieses Bergland unfruchtbar, mit Ausnahme der muldenförmigen Thäler, welche die verschiedenen Höhenzüge trennen. Auch kommen noch große Strecken Urwaldes vor, aus denen Bären, Wölfe, Waschbären und andre wilde Tiere noch nicht verschwunden sind. Die dritte Region endlich dacht sich nach NW. und SW. zum Eriesee (175 m) und zum Ohio ab und besteht großenteils aus fruchtbarem Land, welches sich für den Anbau von Korn und Gras vorzüglich eignet.
Fast der ganze
Westen gehört zum appalachischen Steinkohlenfeld, welches durch devonische
Gesteine
[* 4] vom
Eriesee getrennt wird.
Die
laurentische Formation und die ältern geschichteten
Steine sind reich an
Erzgängen;
Petroleum und
Solquellen sind im W.
erbohrt worden. Pennsylvanien
grenzt zwar nicht unmittelbar an den
Ozean, steht aber vermittelst dreier
Flüsse
[* 5] mit
dem Atlantischen
Meer und dem
Golf von
Mexiko
[* 6] in
Verbindung, während der
Eriesee ihm den Zutritt zum
Becken des St.
Lorenz und
zu den andern großen
Seen eröffnet.
Die drei Hauptflüsse sind: der Delaware, welcher die Ostgrenze bildet, bis Philadelphia [* 7] von den größten Dampfern befahren wird und von W. den Lehigh und Schuylkill aufnimmt, durch welche die ergiebigsten Steinkohlenfelder erschossen werden;
der breite, aber seichte Susquehanna, welcher in die Chesapeakebai mündet;
der mächtige Ohio, welcher im W. des Staats durch die Vereinigung von Alleghany und Monongahela bei Pittsburg entsteht.
Das Klima [* 8] wechselt je nach der geographischen Lage, ist aber im allgemeinen mild, und im südöstlichen Teil des Staats frieren die Flüsse im Winter nur selten auf längere Zeit zu. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt 8,62° R. in Philadelphia, 8,39° in Pittsburg; die Temperatur des Januars ist -0,34° in ersterer: -1,22° in letzterer Stadt, die des Juli 18,4° und 18,2°. Es fallen jährlich 132 cm Regen in Philadelphia, aber nur 101 cm in Pittsburg.
Pennsylvanien
hat ein
Areal von 117,102 qkm (2126,7 QM.) mit 1870: 3,522,020, 1880:
4,282,891 Bewohnern, unter denen 85,535
Farbige und 587,829
Ausländer sind. Die gebornen
Deutschen zählen zwar
nur 168,426
Köpfe; doch leben außer ihnen noch zahlreiche Deutsche
[* 9] im
Staate, deren Voreltern schon mit den ersten Ansiedlern
nach Pennsylvanien
kamen, und die in einem großen Teil des
Staats den Grundstock der ländlichen
Bevölkerung
[* 10] bilden und ihre
Sprache
[* 11] bewahrt haben. Sie sind allgemein geschätzt wegen ihres Fleißes und ihrer Ehrlichkeit und haben wohl
nicht ganz unrecht, wenn sie von sich sagen, daß sie das
Mark und die
Kraft
[* 12] Pennsylvaniens
seien.
Die öffentlichen Schulen wurden 1885 von 982,158 Kindern besucht, und es gab 27 Colleges mit 408 Professoren und 4368 Studenten; doch können noch immer 6,7 Proz. der über 10 Jahre alten Weißen nicht schreiben. In der Landwirtschaft finden nur 21, dagegen in den Gewerben 36 Proz. der Bevölkerung Beschäftigung. Gebaut werden namentlich Mais, Hafer [* 13] und Weizen, Kartoffeln, Tabak [* 14] und Hopfen. [* 15] Pfirsiche, Äpfel und andre Obstsorten werden massenhaft erzeugt. Viehzucht und [* 16] Milchwirtschaft sind für einzelne Teile des Staats von hervorragender Bedeutung (Viehstand 1886: 534,000 Pferde, [* 17] 23,000 Maultiere, 1,730,000 Rinder, [* 18] 1,770,000 Schafe, [* 19] 1,188,000 Schweine). [* 20] Ungemein wichtig ist ¶
mehr
der Bergbau;
[* 22] gefördert wurden 1880: 43 Mill. Ton. Steinkohlen, 175,580 T. Eisenerz, 18,560 T. Zink, 97,400 kg Kupfer.
[* 23] Im NW. gewinnt
man ungeheure Mengen von Petroleum (1880: 24 Mill. Barrels). Salz
[* 24] hat man mittels Bohrungen durch die Kohlenformation erhalten
(Ertrag 1880: 283,670 hl). Vorzügliche Marmor, der das Material zu den Prachtbauten Philadelphias geliefert
hat, findet sich am Delaware, andre Bausteine fast allenthalben. In der Gewerbthätigkeit wird Pennsylvanien
nur von New York übertroffen,
und in der Eisen- und Stahlfabrikation, der Glasindustrie und dem Schiffbau behauptet es den ersten Rang, während es in wollenen
Waren nur von Massachusetts, in Chemikalien nur von New York übertroffen wird.
Seine 31,231 gewerblichen Anstalten beschäftigten 1880: 387,072 Arbeiter. Seine 366 Hüttenwerke (57,952 Arbeiter) erzeugten
3,616,668 T. Stahl und Eisen,
[* 25] seine 748 Gießereien und Maschinenbaustätten beschäftigten 17,563 Menschen, und alle Zweige der
Eisenindustrie sind hoch entwickelt. In seinen Woll-, Baumwoll- und Seidenfabriken waren 57,689 Menschen thätig, in
den Kleiderfabriken 22,210, in den Säge- und Hobelmühlen 17,123, in den Glashütten 9784, in den Strumpfwirkereien 9272,
in Lederfabriken 8702, in Tabaks- und Zigarrenfabriken 7231 und in Backsteinbrennereien 8426. In der That ist kaum ein Zweig
der Industrie zu nennen, der in Pennsylvanien
nicht vertreten wäre. Der Handel Pennsylvaniens
wird, soweit er das
Ausland betrifft, durch die Häfen von Philadelphia und Erie betrieben. 1886 besaß der Staat 1061 Schiffe
[* 26] von 390,845 Ton. Gehalt
(davon 197 Schiffe von 159,124 T. auf Seen und Flüssen); seine Eisenbahnen hatten eine Länge von 20,826 km, seine Kanäle von 1011 km
(außerdem sind Kanäle in einer Länge von 767 km als nicht länger konkurrenzfähig aufgegeben worden).
Die jetzige Verfassung von Pennsylvanien
wurde vom Volk angenommen. Nach derselben wird der Gouverneur auf 4 Jahre vom Volke
gewählt; er hat das Recht der Begnadigung und eines beschränkten Vetos und ist für zwei hintereinander folgende
Amtsperioden nicht wählbar. Die gesetzgebende Gewalt ruht in den Händen der General Assembly, die aus einem Senat von 50 und
einem Repräsentantenhaus von 200 Mitgliedern besteht und jährlich am ersten Dienstag des Januars in Harrisburg zusammentritt.
Die Senatoren werden auf 4, die Repräsentanten auf 2 Jahre gewählt. Die richterliche Gewalt wird ausgeübt von einem Obergericht mit 7 Mitgliedern (vom Volk auf 21 Jahre gewählt), ferner von 4 Gerichtshöfen in der Stadt Philadelphia, von Grafschaftsgerichten und Waisengerichten in den größern Städten und dichter bevölkerten Grafschaften. Die Wahlen finden am Dienstag nach dem ersten Montag des Novembers statt, und Kandidaten für öffentliche Ämter, denen Betrug oder Bestechung nachgewiesen wird, sind auf immer unwählbar. Die Einkünfte des Staats betrugen 1886: 7,520,711 Doll. (dagegen sämtliche erhobene Steuern 38 Mill. Doll.) und die Staatsschuld 19,965,007 Doll. Vom Staat werden 3 Irrenhäuser, 2 Zuchthäuser und eine Anstalt für jugendliche Verbrecher, sämtlich vortrefflich eingerichtet, unterhalten.
Geschichte. In Pennsylvanien
siedelten sich zuerst seit 1627 Schweden
[* 27] und Holländer an. Diese nahmen 1657 auch den
schwedischen Anteil in Besitz, mußten jedoch später den Engländern weichen. König Karl II. verlieh durch Urkunde vom als
Entschädigung für eine Geldforderung an die Krone alles Land zwischen Maryland und dem
Delaware an William
Penn (s. d.). Dieser kaufte noch 20,000 Acres am Schuylkill von den Indianern und übergab sie seinen verfolgten Glaubensgenossen,
den Quäkern.
Die trefflichen Gesetze, welche Penn der nach ihm genannten Kolonie gab, namentlich die völlige Glaubensfreiheit, sowie das
gute Einvernehmen, welches er mit den Indianern unterhielt, brachten die Kolonie schnell zu großer Blüte.
[* 28] Die erste Verfassung datiert von 1682. Im J. 1683 wurde Philadelphia gegründet. Nachdem Wilhelm von Oranien den Thron
[* 29] von Großbritannien
[* 30] bestiegen, wurde 1693 Oberst Fletcher zum Gouverneur von New York und Pennsylvanien
ernannt. Viele wegen ihres evangelischen Glaubens verfolgte
Pfälzer wanderten in Pennsylvanien
ein. 1699 ergriff Penn selbst die Zügel der Regierung, und während er in Pennsylvanien
verweilte,
wurde 1701 der letzte Freibrief, der bis zur Revolution dauerte, angenommen und in Wirksamkeit gesetzt.
Das Land gehörte meist quäkerischen Besitzern, welche in England wohnten und es durch Deputierte verwalten und von Pachtern
bewirtschaften ließen. 1712 verkaufte Penn seine Rechte an die Krone. Im Unabhängigkeitskrieg wurde die
alte Regierungsform vernichtet, das Volk errichtete eine neue, auf republikanische Prinzipien gegründete Verfassung und entschädigte
die englischen Eigentümer durch eine Summe von 130,000 Pfd. Sterl. Seit 1777 war die exekutive Gewalt einem Präsidenten und
seit 1788 einem Gouverneur übertragen. Am Befreiungskrieg nahm Pennsylvanien
bedeutenden Anteil, und innerhalb seiner
Grenzen
[* 31] wurden mehrere entscheidende Schlachten
[* 32] geliefert. Am nahm Pennsylvanien
die Konstitution der Union an.
Vgl. Cornell, History of Pennsylvania (Philad. 1876);
Seidensticker, Bilder aus der deutsch-pennsylvanischen Geschichte (New York 1885).