Peloponnes
(griech. die Peloponnesos
), im
Altertum
Name der südlichen, später
Morea (s. d.) genannten
Halbinsel
Griechenlands,
welche durch den
Korinthischen
Isthmus mit dem
Festland zusammenhängt und die
Landschaften
Arkadien,
Achaia,
Elis,
Messenien,
Lakonien,
Argolis und
Korinth
[* 2] umfaßte. Die in alter Zeit stark bewaldeten und von zahlreichen Gewässern durchschnittenen
Gebirge, welche das Land erfüllen, gaben diesem einen rauhen
Charakter, und bei der geringen Anzahl ausgedehnterer
Ebenen,
wie der von
Argos,
Sparta,
Messenien und der im nördlichen
Elis, waren die Bewohner mehr auf
Viehzucht
[* 3] als auf
Ackerbau und nächstdem
bei der großen
Ausdehnung
[* 4] der tief ins Land einschneidenden
Küsten vorzüglich auf
Schiffahrt und
Handel
angewiesen, obwohl in letzterer Beziehung nur die
Korinther Erhebliches leisteten.
Jetzt ist das Land infolge der Ausrottung der Wälder weniger gesund, heißer und dürrer als im Altertum. Daher ist der Anbau mit Ausnahme der bewässerten Gegenden dürftig; die alten Städte sind meist nur Trümmerhaufen mit wenigen Bewohnern. Die wichtigsten Produkte sind: Oliven, rohe Seide, [* 5] Baumwolle, [* 6] Reis, Feigen und andre Südfrüchte, Honig, Wein und Korinthen;
außerdem werden Bienenzucht [* 7] und im Gebirge Viehzucht, Industrie wenig getrieben.
Die
Halbinsel zählt auf 22,502 qkm (480,65
QM.) (1879) 743,494 Einw. und zerfällt
in die fünf
Nomen
Achaia,
Argolis und Korinthia,
Arkadien,
Elis,
Lakonien und
Messenien. S.
Karte
»Griechenland«.
[* 8] - Die ältesten
Bewohner des Peloponnes
waren neben den vorgriechischen (wahrscheinlich illyrischen) Völkern (Kaukonen, Kynuriern,
Azanen, Epeiern und
Lelegern) vornehmlich zur
See von O. her eingewanderte Griechen
(Hellenen) oder
Pelasger, daher der ältere
Name
Pelasgia für Peloponnes.
Den lebhaften
Verkehr, welchen vorzugsweise
Argos mit dem
Orient unterhielt, drückt
die
Sage dadurch aus, daß sie dorthin
Danaos aus
Ägypten
[* 9] und
Pelops aus
Kleinasien einwandern läßt.
Nach letzterm, dem Stammvater der Atriden, wird die Halbinsel seit dem 7. Jahrh. Pelopsinsel genannt. Auch Ionier wanderten ein und besetzten die Nordküste Ägialeia (später Achaia). Der herrschende Adel, die Achäer, gründete im S. und O. einige Königreiche, wie Argos, Sparta und Pylos in Messenien. Eine völlige Umwälzung brachte die dorische Einwanderung unter Anführung der Herakliden, angeblich 1104 v. Chr., hervor. Die Dorier überwältigten die Achäer und stifteten drei Reiche: Argos als der alte Stammsitz fiel dem ältesten Sohn des Königs Aristomachos, Temenos, Messenien dem Kresphontes, Lakonien den unmündigen Söhnen des Aristodemos, Eurysthenes und Prokles, zu. Von da breitete sich die dorische Herrschaft über Korinth, Sikyon und Phlius aus.
Von den
Achäern blieb ein Teil als zinspflichtige
Periöken unter der Herrschaft der Einwanderer zurück,
ein andrer warf sich auf die
Ionier im N. des Peloponnes
, verjagte diese und besiedelte das Land unter dem
Namen
Achaia. In
Elis endlich,
aus dem die Neliden vertrieben wurden, verschmolz die ursprüngliche Bewohnerschaft (Epeier) mit den unter
Oxylos gleichzeitig
mit den
Doriern eingewanderten
Äoliern. An der
Spitze dieser
Staaten stand bis zur
Schlacht bei
Leuktra unbestritten
der Militärstaat
Sparta mit
Messenien, das nach wiederholten hartnäckigen
Kämpfen und nach tapferer Gegenwehr völlig in
seine
Gewalt geraten war.
Die übrigen, durch ihre Zersplitterung in viele kleine unabhängige
Staaten und
Städte und deren eifersüchtige Bestrebungen
untereinander gelähmt, bildeten zusammen zwar und mit
Sparta vereint, wie im Peloponnes
ischen
Krieg, eine
bedeutende Macht; einzeln betrachtet aber waren sie politisch nicht hervorragend, mit Ausnahme von
Korinth, das neben
Sparta
wiederholt eine
Rolle zu spielen vermochte. Nach der Vernichtung des Achäischen
Bundes (146
v. Chr.) wurde der Peloponnes
unter dem
Namen
Achaia römische
Provinz.
Die Römer [* 10] bezeichneten sogar ganz Hellas als Provincia Achaia. Als Bestandteil des oströmischen Reichs bildete der eine eigne, von Strategen verwaltete Provinz. Nachdem er schon zur Zeit der Völkerwanderung von den Goten und Vandalen verheert worden war, wurde er in der zweiten Hälfte des 8. Jahrh. die Beute einwandernder Slawenhaufen, die sich namentlich am Fuß des Taygetos festsetzten. Es entstanden um diese Zeit neben den althellenischen Stadtgemeinden slawische Gemeinwesen, welche sich unter eigentümlicher Stammverfassung zu besondern Distrikten (Zupanien) vereinigten, nach und nach aber von den byzantinischen Griechen unterworfen und gräzisiert wurden.
Nur allmählich begann durch die Verschmelzung der slawischen und hellenisch-romäischen
Bevölkerung
[* 11] zu einem Ganzen eine regsame Betriebsamkeit und ein lebendiger
Verkehr in den Seestädten
Moreas, wie der Peloponnes
damals genannt
wurde, so daß dieselben den
Versuchen der Araber, im P. festen
Fuß zu gewinnen, erfolgreichen
Widerstand entgegensetzen konnten.
Dagegen erschütterte die Bulgarenstürme auch einen Teil des Peloponnes
(995), und vom Ende des 11. Jahrh.
an suchten die
Normannen das Land heim. 1205 gründete
Wilhelm v.
Champlitte im westlichen Teil vom Peloponnes
bis zu dem
Fuß des
Taygetos
hin ein fränkisches
Fürstentum, das 1209 auf
Gottfried v.
Villehardouin überging.
Der 1261 nach
Konstantinopel
[* 12] zurückgekehrte griechische
Kaiser
Michael VIII. Paläologos eroberte zwar
einen Teil des Peloponnes
zurück, der sodann zwei paläologische Despotate,
Patras und Mistra, bildete; das
Fürstentum
Achaia blieb
aber als
Lehen des
Königreichs
Sizilien
[* 13] im
Besitz der
Familie
Villehardouin, bis es 1346 nach Erlöschen des Mannesstamms derselben
bei der
Menge auftretender Prätendenten den
Osmanen leicht wurde, sich des größten Teils des Peloponnes
zu bemächtigen
(1461). Dagegen blieben
Modon,
Koron,
Argos,
Napoli di Romania und einige andre wichtige
Punkte im
Besitz der
Venezianer und wurden
Veranlassung erbitterter
Kämpfe zwischen der
Republik
Venedig
[* 14]
u. den
Türken.
¶
mehr
Erst nachdem alle Kykladeninseln der türkischen Herrschaft einverleibt worden waren, verstand sich Venedig im Frieden von 1540 zur
Räumung seiner letzten Besitzungen auf dem griechischen Festland. Der Peloponnes
bildete seitdem ein türkisches Sandschak mit der
Hauptstadt Tripolizza, welches von dem zu Modon residierenden Mora-Bei unter der Jurisdiktion des Beglerbegs von
Griechenland verwaltet wurde. Nachdem sich Venedig 1684 dem Bündnis gegen die Pforte angeschlossen, eroberte der venezianische
Feldherr Morosini den ganzen Peloponnes
, der durch den Frieden von Karlowitz 1699 förmlich wieder an die Republik Venedig fiel.
Aber schon 1714 ward die Halbinsel von den Türken wiedererobert, und der Friede von Passarowitz
bestätigt diese in dem Besitz derselben. Von nun an teilte der Peloponnes
die Geschicke Griechenlands (s. d., S. 708 ff.).
Vgl. Curtius,
Peloponnes
, historisch-geographische Beschreibung (Gotha
[* 16] 1851-1853, 2 Bde.);
Buchon, Histoire de la domination française aux XIII., XIV. et XV. siècles dans les provinces de l'empire grec (Par. 1840, 2 Bde.);
Fallmerayer, Geschichte der Halbinsel Morea (Stuttg. 1830-36, 2 Bde.);
Beulé, Études sur le Peloponnèse
(2. Aufl., Par. 1875).