Pastellmalerei
,
diejenige Gattung der Malerei, die sich trockner Farben bedient, welche die Form von langen Stiften haben, mit denen man auf Pergament, Papier oder neuerdings auch auf präparierter Leinwand zeichnet. Das Papier erhält einen rauhen Grund, welcher durch einen Anwurf von feinem Sand oder pulverisierten Ossa sepiae (Sepiaschulpen oder -Schalen) hergestellt wird. Die Pastellleinwand ist gewöhnlich grün grundiert. Das Pastellpapier wird auf Blendrahmen fest aufgeklebt, Pastellleinwand und -Pergament wie bei der Ölmalerei auf Blendrahmen gespannt.
Die Zahl der Farbennüancen bei der Pastellmalerei
beträgt gegen 400. Man unterscheidet harte, halbharte und weiche
Stifte. Die durch die Farbenstifte aufgetragenen
Farben werden mit dem
Finger oder dem Korkwischer auf dem
Papier verrieben und
so, wie sie in
Lokal- oder gebrochenen
Tönen nebeneinander stehen, verschmolzen.
Daher darf auch an den
Endpunkten jedes Lokaltons, wo besonders bei runden
Körpern die
Töne sich miteinander verbinden, die
Farbe nicht zu dick aufgetragen
werden.
An den andern Teilen aber, wo der Körper mehr Tiefe oder mehr Erhabenes (Relief) ausdrückt oder sich scharf abschneidet, muß die Farbe wiederholt kräftig aufgetragen und verrieben werden. Durch das geschickte Auftragen sowie durch das gute Verreiben wird die Oberfläche der Farbe an den Körper, worauf man malt, mehr fixiert, und es entsteht dadurch eine Art Rauheit, der sogen. Samt. Dieser Samt hat aber wenig Dauer, da durch jede Erschütterung die Farbeteilchen abfallen und infolge davon die Kraft [* 3] wie die Zartheit der Töne verloren geht.
Man hat daher schon oft Versuche gemacht, Pastellgemälde zu fixieren und den Samt festzuhalten. Nach einem Rezept von Ortlieb bedient man sich eines dichten, nicht geleimten Papiers, auf dessen Rückseite man eine Lösung von Wasserglas eindringen läßt, wodurch die Malerei fixiert wird. Staub, Einwirkung des Sonnenlichts und Feuchtigkeit sind die Elemente zur innern Zerstörung der Pastellgemälde, und es ist daher am sichersten, sie durch Verglasung zu schützen.
Die natürliche
Frische der
Farben, die nicht, wie bei der
Ölmalerei, erst mit
Firnis versetzt werden, sowie die zarte Weichheit
geben dieser
Malerei, soweit ihre
Grenze geht, eine außerordentliche
Anmut; in vorzüglichem
Grad ist sie
für Porträtmalerei geeignet. Der Ursprung der Pastellmalerei
wird von einigen ins 15., von andern ins 16. Jahrh.
zurückgeführt. Jedoch sind die
Leonardo da
Vinci zugeschriebenen Pastellzeichnungen in
Weimar
[* 4] u. a. O. nicht echt. Seine echten
farbigen
Zeichnungen sind nur
Studien in verschiedenfarbiger
Kreide,
[* 5] ebenso wie die gleichartig ausgeführten
Zeichnungen von H.
Holbein
[* 6] dem jüngern in
Windsor
Castle u. a. O. nur
Studien, nicht Pastellmal
ereien im eigentlichen
Sinn sind.
Erst im 18. Jahrh. bildete sich die Pastellmalerei
als selbständiger
Zweig der
Malerei heraus. Diese
Kunst, mit farbigen
Stiften den
Eindruck
einer Persönlichkeit auf das
Papier gleichsam hinzuhauchen, ist für die Rokokozeit besonders charakteristisch.
In
Frankreich waren La
Tour, Liotard und besonders
Vivien (1657-1736), in
Italien
[* 7] Rosalba
Carriera (1675-1757), in
Deutschland
[* 8] R.
Mengs (1728-79) hervorragende Pastellmaler.
Von diesen
Meistern besitzt die
Dresdener
Galerie eine große Zahl von Pastellmal
ereien.
Ch. W. E.
Dietrich versuchte
Landschaften in Pastell zu malen, jedoch nur mit einfachen braunen
Farben; einige
Bilder der Art befinden sich ebenfalls in
Dresden
[* 9] in der königlichen Handzeichnungensammlung. In unsrer Zeit ist die Pastellmalerei
wieder
stark in
Aufnahme gekommen. Der Anstoß ging von
Paris
[* 10] aus, wo besonders der
Italiener de Nittis, der auf
Leinwand
malte, eine große Virtuosität in der Pastellmalerei
erreichte und nicht bloß
Porträte
[* 11] und Studienköpfe, sondern auch Genrebilder
mit
Pastellstiften zeichnete. Ihm gleich kommen in
Deutschland B.
Piglhein (s. d.),
Lenbach, J. ^[Joszi
Arpad] Koppay, der ebenfalls
umfangreiche Pastellzeichnungen ausführt.
Andre hervorragende Pastellmaler sind: C. Fehr
(Berlin),
[* 12] C.
Fröschl
(Wien),
[* 13] E.
Harburger
(München)
[* 14] und B. Woltze
(Weimar). Die Pastellmalerei
wird auch mit Vorliebe von
Damen getrieben.