Passionsblume
(Passiflora L.), Pflanzengattung aus der Familie der Passifloraceen (s. d.) mit gegen 120 Arten, größtenteils in den wärmern Gegenden Amerikas, meist mit Ranken kletternde Sträucher mit gelappten Blättern und ansehnlichen lebhaft gefärbten Blüten. Diese sind gewöhnlich zwitterig, regelmäßig und haben einen oft gefärbten, ¶
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940 an der Basis mehr oder weniger röhrigen Kelch mit vier bis fünf blumenblattartigen Lappen, mit denen Blumenblätter in gleicher Zahl abwechseln. In der Korolle und um den Griffel herum befindet sich ein eleganter Kranz aus zahlreichen, fadenförmigen, mehr oder weniger langen, gefärbten, oft strahlenartig ausgebreiteten, duftenden Anhängseln. Der Fruchtknoten steht auf einem langen Träger [* 3] und trägt drei keulenförmige, freie, ausgebreitete Griffel; um den Träger ist eine Röhre angewachsen, die fünf freie Staubfäden mit großen, beweglichen Antheren trägt.
Die Frucht ist meistens eine mit saftigem Fruchtbrei erfüllte, seltener eine häutige Beere. Die Blüten kamen im 17. Jahrh. nach Europa [* 4] (von Passiflora incarnata L.), wo man in den drei Griffeln die Nägel [* 5] des Kreuzes Christi, in den fünf Staubfäden die Wundmale, in dem Fadenkranz die Dornenkrone erblickte. Daher der vom Jesuiten Ferrari aufgebrachte Name. Von den zahlreichen Arten sind die bekanntesten: Passiflora coerulea L.,. (Peru), [* 6] seit 1625 bekannt;
die weißen Blumen haben einen blauen Fadenkranz und die Frucht ist eiförmig, so groß wie ein Hühnerei und orangegelb.
Diese Art läßt sich im frostsichern Zimmer, im Notfall auch in einem hellen, trocknen Keller überwintern und blüht im Sommer im Freien an einer sonnigen Wand auf das reichlichste. Zwei Blendlinge (Passiflora coerulea L. hybrida, s. Tafel: Warmhauspflanzen, [* 2] Fig. 6) werden nicht selten in Wohnzimmern unterhalten: Passiflora coerulea-racemosa, die den ganzen Sommer hindurch mit langen Trauben violetter, und Passiflora alato-coerulea, welche mit prächtigen, wohlriechenden, aufrechten blauen Blumen mit weißem Fadenkranz blüht.
Passiflora kermesina Lk. et O., in Rio [* 7] de Janeiro einheimisch, blüht im Sommer mehrmals zu verschiedenen Zeiten und schon bei einer Höhe von kaum 1 m. Die Blumen sind lebhaft karmesinrot und der Fadenkranz blau. Passiflora sanguinea Colla (s. Textfigur 1 zu Artikel Passiflorinen), wahrscheinlich ein Hybrid zwischen Passiflora alata Ait. und racemosa Brot., [* 8] zeichnet sich durch blutrote Blüten aus. Passiflora racemosa Brot., aus Brasilien [* 9] hat scharlachrote Blumen und weißen Fadenkranz.
Passiflora incarnata L. klettert bis 10 m hoch und trägt große, 5–7 cm im Durchmesser haltende weiße Blumen mit purpurrotem Fadenkranz; die gelbe, wie ein Hühnerei große Frucht ist von süßem Geschmack. Diese Art stammt aus Nordamerika [* 10] und ist in Süddeutschland winterhart. Passiflora quadrangularis L. (Jamaika), die Grenadella der Peruaner, hat bis 10 cm große, höchst angenehm duftende, purpurrote Blumen, deren Kranz aus dicken, gekrümmten, rot, weiß und violett kolorierten Fäden besteht. Die rotgelbe, festschalige Frucht erlangt bis 15 cm Durchmesser und giebt mit Wein und Zucker [* 11] eine angenehme Speise. Sie wurde schon 1609 nach Italien [* 12] gebracht.
Die Mehrzahl der Passionsblume
kann nur im Warmhause kultiviert werden. Alle aber erfordern einen etwas kompakten, Lehm und Sand enthaltenden
Gartenboden und reichliches Begießen. Sie lassen sich leicht durch Stecklinge und Ableger erziehen, welche letztere schon nach
zwei Monaten blühen. Zwei verwandte Gattungen, Disemma und Tacsonia, finden sich in den Gewächshäusern
in mehrern Arten vertreten. –
Vgl. Gablenz, Die Passionsblume
(Berl. 1892).