Parfümerien;
es sind dies Waren, die sich durch einen besonders feinen Wohlgeruch auszeichnen und meistens zu Toilettenzwecken dienen; sie bilden eine der weitschichtigsten Warenklassen und schwer zu zählen sind die Mittel zur Ergötzung des Geruchsinnes und Verdeckung von Übelgerüchen, welche heutigen Tages zu Gebote stehen. Denn während die Völker früherer Zeiten, die zum Teil mit Wohlgerüchen großen Luxus trieben, nur die von der Natur gebotenen einfachen Riechstoffe zu verwenden hatten, hat man jetzt ihre Zahl nicht nur durch Beiziehungen aus fernen Ländern nicht unwesentlich vermehrt, sondern versteht dieselben auch durch künstliche Mischungen noch bedeutend zu vervielfältigen, sie aus den Naturkörpern abzuscheiden und isoliert darzustellen, und dann hat auch die chemische Kunst sich noch selbstschaffend neben die Natur gestellt.
Die zu den P. gehörigen Waren sind: verschiedne dem Eau de Cologne ähnliche sogenannte Riechwässer, d. h. Auflösungen ätherischer Öle etc., in feinstem Sprit; ferner Wasch- und Schönheitswässer, Haaröle, Pomaden, feine Seifen, Räucheressenzen, Riechkisschen etc. Die uns wohlgefallenden natürlichen Gerüche stammen fast alle, direkt oder indirekt, aus dem Pflanzenreiche; tierische Parfüme sind nur Moschus, Zibet und Ambra. Die pflanzlichen Wohlgerüche sind entweder und größtenteils ätherische Öle (s. d.) oder Balsame und wohlriechende Harze, bei denen der Riechstoff meist auch wieder ein ätherisches Öl ist, in einzelnen Fällen jedoch, und zwar in solchen, wo erst durch Erhitzen oder Verbrennen der Wohlgeruch entwickelt wird, eine flüchtige wohlriechende Säure.
Eine besondere Klasse von Riechstoffen bilden endlich die flüchtigen Ätherarten. Stoffe dieser Art bilden sich im reifen Obst und bewirken die verschiednen Gerüche desselben. In diese Kategorie fallen hauptsächlich die, die Natur so täuschend kopierenden, Erzeugnisse der chemischen Kunst (s. Fruchtäther). Die ätherischen Öle können in einzelnen Fällen, wie bei Zitronen und andern Südfrüchten, auf mechanischem Wege, durch Auspressen erhalten werden; in der großen Mehrzahl aber gewinnt man sie durch Destillation mit Wasser. Es wird dabei, da solche Öle immer in kleiner Menge in Wasser löslich sind, zugleich ätherisches Wasser erhalten und bei großer Ölarmut der riechenden Pflanzenstoffe auch nur dieses allein, ohne freies Öl. Unbeschränkt und in einfachster Weise lassen sich solche Wässer herstellen dadurch, daß man von schon fertigem Öl eine Wenigkeit mit destilliertem Wasser zusammenschüttelt.
In vielen Fällen aber, und zwar bei den meisten wohlriechenden Blüten, ist die Ölgewinnung durch Destillation unanwendbar, weil sie entweder zu roh ist und der Blütengeruch durch die Behandlung mit Wasser und Hitze zerstört werden würde, oder auch wegen der äußerst geringen Menge, in welcher der Riechstoff in den Blüten enthalten ist. Es kommen dann verschiedne andre Methoden zur Abscheidung ¶
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der Riechstoffe in Anwendung. Das älteste und noch jetzt sehr allgemein befolgte Verfahren besteht in der Extraktion der Blumengerüche mit festen oder flüssigen Fetten. Werden frische Blüten mit solchen in Berührung gebracht, so nehmen sie den Duft, also die feinen ätherischen Öle derselben allmählich bis zur Erschöpfung auf und riechen nun anstatt jener.
Man nennt diese Methode das Absorptionsverfahren, in Frankreich enfleurage, denn es ist hauptsächlich Frankreich und speziell die Gegend von Nizza, Cannes und Grasse, wo die Industrie der Wohlgerüche im großartigsten Maßstabe betrieben wird und die Blüten dazu von Orangen, Akazien, Rosen, Jasmin, Veilchen, Tuberosen, Geranium und manchen andern Duftpflanzen auf großen Landstrecken gezogen werden. Die Blüten, auf welche die Enfleurage angewandt wird, sind namentlich die von der farnesischen Akazie, Heliotrop, Hyacinthe, vom echten und wilden Jasmin, Narzisse, Reseda, Rose, spanischem Flieder, Tuberose, Veilchen.
Nach der einen Art der Enfleurage bedeckt man Glastafeln etwa 1 cm hoch mit einer Schicht aus reinem Schweinefett und Talg, legt sie in Holzrahmen und bedeckt die Fettschicht mit frisch gepflückten Blüten. Solche Rahmen hat man in großer Menge an schattigen Orten übereinander stehen. Wenn die Blumen geruchlos und welk geworden sind, wird die Fettschicht mit Messern umgearbeitet und mit neuen Blüten derselben Art bedeckt. Dies setzt man durch kürzere oder längere Zeit fort, je nachdem man einen schwächeren oder stärkeren Auszug beabsichtigt.
Das Produkt ist somit eine wohlriechende Pomade und kommt entweder als solche in den Handel oder wird weiter auf Extrakt verarbeitet, unter welchem Namen man alle Lösungen dieser Gerüche in Weingeist begreift. Man stellt die Pomaden zwei bis vier Wochen lang mit dem reinsten Weingeist an, an welchen nun das ätherische Blütenöl übergeht, während das Fett ungelöst bleibt. Nach dem Abgießen der ersten Essenz wird durch Wiederholung des Verfahrens noch eine zweite schwächere erhalten.
Man wendet die Methode auch auf Blüten an, die die Destillation vertragen, namentlich Rosen- und Orangenblüten, denn die so erhaltene Essenz duftet weit feiner und den frischen Blüten ähnlicher als die, welche durch Auflösen von destilliertem Öl in Weingeist erhalten wird. Die gebräuchlichsten Parfüme dieser Art sind: Extrait Violet, E'. de Resede, E'. de Rose und E'. de Jasmin. Man versendet sie gewöhnlich in dreifacher Stärke als Extraits triples und verdünnt sie erst hiermit noch mehr Weingeist.
Das Ausziehen der Blüten mit flüssigem Öl, wozu gewöhnlich das feinste Provenceröl dient, geschieht in ähnlicher Weise wie angegeben. Man tränkt damit leinene Tücher oder reine Baumwolle, legt sie in Rahmen, deren Boden ein Drahtgitter ist, und die Blüten darauf. Nach hinreichender Schwängerung mit dem Aroma wird das Öl von den Tüchern oder der Wolle abgepreßt. Öfter auch befolgt man ein abgekürztes Verfahren unter Anwendung von Wärme. Man erhält Fett oder Öl einige Tage lang in gelinder Wärme, das Fett also schmelzend, trägt währenddem die Blüten ein und wechselt so oft nötig mit neuen. Die fetten mit Riechstoffen verbundenen Öle heißen im Handel huiles antiques; am gewöhnlichsten begegnet man dem Jasmin-, Orangeblüten-, Reseda-, Veilchen- und Rosenöl, in welchem letztern (im Preise von gegen 18 Mk. das kg) natürlich nicht das destillierte zu suchen ist.
In neurer Zeit hat sich zu dem alten Verfahren eine neue, einfachere und weniger kostspielige Extraktionsmethode in die Praxis eingeführt. Man erschöpft die Blüten mit Schwefelkohlenstoff oder sehr reinem Petroleumäther, indem man die Flüssigkeit in einem System von geschlossenen und miteinander in Verbindung stehenden Cylindern, die mit den Blüten gefüllt sind, successive niedersteigen läßt. Die Lösungsmittel entziehen den Blüten allen Riechstoff; wenn sie sich nach mehrfach wiederholtem Passieren frischer Blüten gehörig damit gesättigt haben, destilliert man sie in gelinder Wärme zu neuem Gebrauch ab und behält einen winzigen Rückstand, der aber das Blütenparfüm in konzentriertester Form enthält. Mit Weingeist ausgezogen liefert dieser Rückstand die schönste und kräftigste Blütenessenz, vorausgesetzt, daß der hierzu benutzte Schwefelkohlenstoff von ausgezeichneter Reinheit war. Durch Zumischung in ganz kleiner Menge zu Fett oder Öl erhält man die besten wohlriechenden Pomaden und Öle. -
Die im Handel befindlichen verschiednen Blütenessenzen entsprechen nicht immer dem Namen, den sie führen, sondern sind häufig Zusammensetzungen aus andern Riechstoffen, die das Original mehr oder minder gut nachahmen. Andre Parfüme dagegen sind immer Gemische verschiedner Gerüche und besagen dies durch ihre Namen, so Eau de mille fleurs, de Cologne, Eßbouquet (Essence of bouquet), bouquet de l'imperatrice, des délices, Spring flowers (Frühlingsblütenessenz) etc. Für derartige Waren finden sich im Handel auch die Zusammensetzungen der bloßen Öle ohne Weingeist, welcher dann beim Verbrauch oder Kleinverschleiß beliebig selbst zuzusetzen ist. So hat man z. B. Eau de Cologne-, Eßbouquet- und Millefleursöl. -
Die Kunst des Parfümeurs besteht hauptsächlich in der Komposition, in der geschickten Mischung der
verschiednen Substanzen, sodaß sich ihre Einzelgerüche zu einem harmonischen und wohlgefälligen Ganzen vereinen. Der Destillateur
und Extrakteur seinerseits hat seinen Ruhm darin zu suchen, daß er die Ingredienzien dazu in möglichster Reinheit und Feinheit
liefert. Die größten und mannigfachsten Geschäfte in Parfümerien
werden in den genannten Gegenden
Südfrankreichs gemacht, obschon man auch dort nicht von allem das beste hat, denn das feinste Pfefferminz- und Lavendelöl
kommt von England, achtmal teurer als anderswo, her, und die schönsten Orangenöle kommen von Sizilien und aus dem Orient.
In Deutschland werden Parfümerien
jetzt ebenso gut und elegant hergestellt als anderswo, aber fast alle
Stoffe dazu muß es von auswärts beziehen, da die Kultur und Benutzung der bei uns gedeihenden Duftpflanzen bei weitem nicht
in dem Maße getrieben wird, als es wohl sein könnte. Wie bedeutend die Produktion und der Konsum von diesen Waren
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ist, ersieht man aus folgenden Zahlen: Nizza und Cannes erzeugen allein jährlich 25000 kg Veilchenblüten, mit welchen 12000 kg Öl und Pomaden bereitet werden. Daselbst werden ferner jährlich 625000 kg Orangenblüten produziert, in Grasse, Cannes und umliegenden Dörfern 40000 kg Rosenblüten, 50000 kg Jasminblüten und 10000 kg Tuberosenblüten. Der jährliche Verbrauch an parfümierten Toilettenwässern in Europa und Britisch-Indien wird auf wenigstens 17000 hl geschätzt. - Zoll gem. Tarif im Anh. Nr. 31 d und 31 e.