in der Chemie Klassenname für die homologen, gasförmigen, flüssigen oder starren Kohlenwasserstoffe der
Sumpfgasreihe CnH2n+2 ^[CnH2n+2]. Das Paraffin des Handels ist ein Gemenge solcher festen Paraffine, enthält aber meist
vorwiegend feste Kohlenwasserstoffe der Äthylenreihe C2H2n ^[C2H2n] u. a. Paraffin findet
sich in
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Erdöl, Ozokerit, Asphalt und in dem durch trockne Destillation aus Holz, Torf, bituminösem Schiefer, Braun- und Steinkohle erzeugten
Teer. In Deutschland wird es besonders aus Braunkohlen dargestellt. Es eignen sich aber nur wenige Braunkohlensorten zur Verarbeitung
auf Paraffin. Das beste Resultat liefert die zwischen Halle, Zeitz und Weißenfels vorkommende erdige helle Schwelkohle,
von welcher der Pyropissit am wertvollsten ist. Die Kohle wird der trocknen Destillation unterworfen, d. h. bei Luftabschluß
erhitzt, und zwar geschah dies früher in gußeisernen Retorten, 2,5-3 m langen Röhren von elliptischem Querschnitt, die, horizontal
in einen Ofen eingemauert, am hintern Ende verschlossen sind, durch die vordere Öffnung mit Schwelkohle
in 10 cm hoher Schicht beschickt und durch Braunkohlenfeuerung erhitzt werden.
Die in der geschlossenen Retorte alsbald sich entwickelten Dämpfe und Gase entweichen durch ein am hintern Ende derselben befindliches
Rohr, und man erhält als Rückstand eine pulverige, koksartige Kohle, welche als Grude (s. d.) in den Handel kommt
und als sparsames Brennmaterial benutzt wird. Gegenwärtig benutzt man stehende, aus Schamottesteinen konstruierte Retorten
AA von etwa 5-7 m Höhe u. 125-188 cm Weite (s. Figur). Sie enthalten ein System von 30-40 jalousieartig übereinander liegenden
Glockenringen aa, die durch eine durch Stege gehende Tragstange im Zentrum des Cylinders gehalten werden
und mit Einschaltung von zwei größern Ringen einen zweiten cylindrischen Raum bilden.
Der Raum bb, welcher zwischen den Ringen und der Cylinderwandung bleibt u. 5-9 cm breit ist, nimmt die Kohlen auf, welche oben
auf den Glockenhut D geschüttet werden und über diesem noch einen Kegel von 1-1,5 hl Inhalt bilden. Nach
unten verläuft der Cylinder in einen Trichter B u. einen cylindrischen Behälter C, beide mit Schiebern c und d zum Ausziehen
der abgeschwelten Kohlen. Die Cylinder werden durch schlangenförmig um sie herumgehende oder durch steigende und fallende
Feuerzüge erhitzt.
In der obern Zone von D bis X2 ^[X2] wird aus den Kohlen fast nur Wasser ausgetrieben, in der folgenden
von X2 ^[X2] bis X1 ^[X1] wird der Prozeß eingeleitet und in der dritten von X1 ^[X1] bis Ia vollendet. Ein Cylinder
schwelt in 24 Stunden etwa 50-70 hl Kohle ab. Die Kohle passiert den Cylinder in 36 Stunden; unten zieht man
beständig die abgeschwelte Kohle in kleinen Quantitäten hervor, während in demselben Maß frische Kohle oben aufgeschüttet
wird. Die Gase und Dämpfe treten in den innern Glockenraum und von hier durch zwei horizontale Abzugsrohre F und G in die Vorlage
Z und in die Kondensationsvorrichtungen.
Beim Ziehen des Schiebers d wird für den Fall einer Explosion die Vorlage durch die Drosselklappe M abgesperrt.
Da der Gang der trocknen Destillation, Natur und Menge der Destillationsprodukte wesentlich von der Temperatur abhängig sind,
so hat man, um letztere sicherer zu regulieren, überhitzten Wasserdampf in die Retorten geleitet und die äußere Heizung
stark beschränkt oder ganz
eingestellt. Man erhält nach dieser Methode eine bei weitem größere Menge Teer als nach andern
Methoden, doch enthält der Dampfteer weder Paraffin noch Mineralöle, die erst bei einer zweiten Destillation gebildet werden.
Die aus den Retorten oder Cylindern entweichenden Gase und Dämpfe werden in langen Rohrleitungen durch die
umgebende Luft oder auffließendes Wasser abgekühlt und teilweise kondensiert. Innerhalb der Kondensationsvorrichtungen wird
ein saugender Apparat angebracht, welcher die Destillationsprodukte möglichst schnell aus der heißen Retorte entfernt. In
zu hoher Temperatur würden die dampfförmigen wertvollen Teerbestandteile zersetzt und in Gase verwandelt, die Ausbeute mithin
stark vermindert werden.
Aus den Kondensationsapparaten fließen Teer und Wasser in Bassins ab und werden durch eine der Florentiner Flasche
ähnliche Vorrichtung voneinander getrennt. Die nicht verdichteten Gase läßt man durch hohe Schornsteine entweichen. Ganz
ähnlich wie die Braunkohle werden in Schottland einige Sorten sehr wasserstoffreicher Steinkohle verarbeitet. Der aus den verschiedenen
Kohlen gewonnene Teer ist hellgelb, braun, grünlich oder schwarz, riecht durchdringend empyreumatisch
und besteht aus wechselnden Mengen flüssiger und fester Kohlenwasserstoffe, organischer Basen, saurer Körper und Brandharze.
Je nach der Zusammensetzung ist er dünn- oder dickflüssig oder butterartig.
Die Ausbeute an Teer schwankt von wenigen bis 50 Proz. und mehr. Bei der Verarbeitung
des Teers trennt man durch fraktionierte Destillation aus eisernen Apparaten paraffinfreie von paraffinhaltigen Ölen und bringt
letztere durch Abkühlung zur Kristallisation, worauf man das kristallisierte Paraffin durch Filter- und hydraulische Pressen abscheidet.
Die abgepreßten Öle enthalten noch viel Paraffin und werden abermaliger fraktionierter Destillation unterworfen, worauf man die
paraffinhaltigen Produkte abermals abkühlt.
Dies Verfahren wird so lange fortgesetzt, als es noch lohnt. Sobald aus den Ölen beim Kühlen Paraffin nicht mehr auskristallisiert,
muß man die tüchtigsten Bestandteile des Öls, welche das Paraffin in Lösung erhalten, durch eine erneute fraktionierte Destillation
abtrennen. Die Menge des kristallisierenden Paraffins ist sehr wesentlich auch von der Art des Kühlens
abhängig. Mit guter Kühlung umgeht man kostspielige Destillationen, welche durch teilweise Umwandlung von Paraffin in flüssige
und gasförmige Kohlenwasserstoffe Verluste bringen.
Man verlegt deshalb die Fabrikation in den Winter, da künstliche Kühlung zu teuer und schwierig durchführbar ist. Die flüssigen
paraffinhaltigen Destillate werden unter Einblasen von Luft mit wenig Schwefelsäure, dann mit Natronlauge
gemischt. Erstere beseitigt die basischen Bestandteile und die Brandharze, letztere die sauren Körper. Das rohe Paraffin ist gefärbt
und riecht nach Teeröl. Man schmelzt es mit leichtem Teeröl zusammen und preßt es nach dem Erstarren, entfärbt es auch
durch Knochenkohle und
^[Abb.: Cylinder zur Darstellung von Braunkohlenteer.]
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Filtration und beseitigt den Geruch durch Behandeln mit stark gespanntem Wasserdampf. Das gereinigte Paraffin kommt in Form von
Tafeln oder Blöcken in den Handel. In ähnlicher Weise wie aus Braunkohle wird Paraffin aus Erdwachs und Erdöl gewonnen, in letzterm
Fall als Nebenprodukt. Die bei der Fabrikation entfallenden Teeröle finden unter verschiedenen Namen technische
Verwendung (s. Mineralöle). Bester Braunkohlenteer liefert 17, Rangunteer 10, javanisches Erdöl 40, Teer aus Bogheadkohle bis
15, Erdwachs bis 50 Proz. und mehr, amerikanisches russisches und galizisches Erdöl sehr wenig.
Paraffin wurde 1830 von Reichenbach im Holzteer entdeckt, nachdem Bucher schon 1820 eine fettartige Substanz aus Erdöl
von Tegernsee erhalten hatte, deren Identität mit Paraffin Kobell erkannte. Reichenbach nannte den Körper Paraffin, weil er sich auffallend
wenig reaktionsfähig (parum affinis) zeigte. Die Paraffine aus Erdöl enthalten vornehmlich Kohlenwasserstoffe der Sumpfgasreihe,
die Teerparaffine vorwiegend solche der Äthylenreihe u. a. Der Wert der Paraffine wird hauptsächlich durch den Schmelzpunkt
bedingt, welcher zwischen 30 und 63° liegt.
Die bei und über 50° schmelzenden Sorten nennt man harte, die leichter schmelzbaren weiche Paraffine. Je härter, desto
wertvoller sind sie, und man sucht deshalb die schwer schmelzbaren Kohlenwasserstoffe von den leichter schmelzbaren möglichst
zu trennen, was aber nur unvollständig gelingt. Die Paraffine des Handels sind stets kristallinisch,
farb-, geruch- und geschmacklos, durchscheinend, fühlen sich schlüpfrig an, spez. Gew.
0,869-0,877, sieden bei 350-400°, entzünden sich an der Luft bei etwa 160°, lösen sich in Äther, Benzol, Schwefelkohlenstoff,
flüchtigen und fetten Ölen, wenig in Alkohol, nicht in Wasser.
Mit Walrat, Wachs und Stearinsäure lassen sie sich zusammenschmelzen. Sie widerstehen verdünnten Säuren
und Alkalien, und besonders die harten sind sehr beständig. Bei hoher Temperatur, namentlich unter erhöhtem Druck, zerfallen
sie in flüssige und gasförmige Kohlenwasserstoffe. Beim Erhitzen mit Schwefel entwickelt Paraffin sehr gleichmäßig Schwefelwasserstoff.
Belmontin ist Paraffin aus Rangunteer, Vaselin (Kolloidparaffin) weiches Paraffin aus pennsylvanischem Erdöl, Ceresin
Paraffin aus Ozokerit.
Das härteste Paraffin dient zur Fabrikation von Kerzen und zum Überziehen von Fleisch und Früchten behufs der Konservierung; weiches
dient als Zusatz zu Stearin und Wachs bei der Kerzenfabrikation, zum Tränken der schwefelfreien Reibzündhölzchen, zur wasserdichten
Appretur von Geweben, Leder, Tauen, zur Herstellung der Wachspuppen, als Schmiermittel, zum Konservieren von
Holz, zur Gewinnung zarter Parfüme, zum Dichten der Fässer, zum Verhüten des Schäumens beim Verkochen der Rübensäfte,
zum Satinieren und Polieren von Glanzpapier, als Surrogat des Wachses (Ceresin), zum Tränken von Gipsabgüssen, bei Herstellung
von Patronen, als Brennmaterial in der Glasbläserlampe, bei Fabrikation von Hartglas, zu Bädern und auch
sonst als Hilfsmittel bei chemischen Operationen. Paraffin wurde 1849 von Reece in Irland aus Torfteer, von Wagemann und Vohl zu
Beuel bei Bonn aus Schieferteer dargestellt. Zu größerer Bedeutung gelangte diese Industrie aber erst, als man zu Anfang
der 50er Jahre in Schottland aus einigen Sorten Steinkohle (besonders Bogheadkohle) und 1856 in der Provinz
Sachsen aus Braunkohle große Ausbeute gewann.
Young in England und Hübner in Rehmsdorf bei Zeitz erwarben sich besonders um die Entwickelung der Paraffinindustrie große
Verdienste. 1885 wurden
in der Provinz Sachsen ca. 160,000 Ztr. Paraffin aus ca. 1,165,000 Ztr. Braunkohlenteer gewonnen; daneben 240,000 Ztr.
Leuchtöle und 480,000 Ztr. schwere Öle. England liefert jährlich ca. 600,000 Ztr. Paraffin. Die Industrie leidet sehr unter der Konkurrenz
andrer, die sich mit Herstellung von Leuchtmaterialien befassen, die sächsische Paraffinindustrie speziell auch unter dem
Umstand, daß die verwendbare Braunkohle fast erschöpft ist.
Vgl. Albrecht, Das Paraffin und die Mineralöle
(Stuttg. 1875);
Perutz, Die Industrie der Mineralöle etc. (Wien 1868-80, 2 Bde.).
(nebst Photogen und Solaröl). Unter dem Namen P. kommt ein Gemisch verschiedner, aber unter sich sehr ähnlicher
Kohlenwasserstoffe in den Handel, die aus dem Braunkohlenteer fabrikmäßig gewonnen werden, aber auch in geringer Menge
im Holzteer und dem Rohpetroleum enthalten sind. Das P. ist ein sehr beliebtes Material zur Kerzenfabrikation,
denn es brennt mit schöner heller Flamme und bei passendem Docht ohne alle Rußbildung. Dieser Stoff war längere Zeit nur
den Chemikern bekannt. Reichenbach fand ihn, nebst Kreosot und andern interessanten Stoffen, im Buchenholzteer, und gab ihm
seinen Namen nach den beiden Worten parum affinis, wenig verwandt, weil er sich gegen Säuren und andre
stark wirkende Mittel auffallend indifferent verhält. Er hat auch sogleich auf die technische Verwendbarkeit desselben hingewiesen;
nur kannte
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man anfänglich keinen ökonomisch möglichen Rohstoff dafür. Das P., als ein Destillationsprodukt, fand sich in der Folge
auch in andern Holzteeren, aber erst in dem Teer gewisser Braunkohlen fand man die Quelle, die eine technische Benutzung thunlich
machte. Es hat jedoch mit der zu P. tauglichen Braunkohle die eigene Bewandtnis, daß sie sich bisher
nur in einer einzelnen Gegend Deutschlands hat finden lassen, nämlich im preußischen Herzogtum Sachsen zwischen Weißenfels
und Zeitz. -
Man hat vergeblich in nah und fern mit Braunkohlen, Torf, Kohlenschiefer experimentiert und nirgends Erfolg gehabt, d. h. teils
zu wenig, teils gar kein P. daraus erhalten. Nur in der genannten Gegend floriert die interessante Industrie,
welche aus Erdkohle zugleich drei Leuchtstoffe, P., Photogen und Solaröl zieht. Diese Kohle ist aber auch von der gewöhnlichen
ganz verschieden und hat gar nichts Kohlenartiges im Aussehen, erscheint vielmehr wie eine leichte hellbraune, bröcklige
Erde und führt den besonderen Namen Pyropissit; erst wenn man sieht, daß der Stoff an einer Flamme
sich sofort entzündet und kerzenartig abbrennt, weiß man, woran man mit ihm ist.
Das P. findet sich aber auch bereits fertig in der Natur vor in dicken Erdölen und erdharzigen Stoffen. Bis jetzt hat man
aber erst zwei Gelegenheiten zur praktischen Ausbeutung solcher Vorkommnisse, nämlich den in Galizien
am Fuße der Karpathen vorkommenden Ozokerit oder das Erdwachs (s. d.) und in Ungarn einen bituminösen Schiefer. Von diesen
dreierlei Rohstoffen erfordern der erste und dritte genau dieselbe Bearbeitung durch Schwelen, Destillieren etc.,
um die Öle und deren abgeleitete Produkte zu gewinnen.
Das Erdwachs dagegen ist ein Stoff, der, in der Wärme geschmolzen, genau ein solches Öl gibt, wie es
jenen erst durch Hitze abgetrieben werden muß, daher hier das Schwelen wegfällt und gleich mit dem Destillieren des geschmolzenen
Wachses begonnen werden kann. Das P. aus dem Erdwachs, Ceresin genannt, ist im äußern etwas von dem aus
der Braunkohle verschieden, nicht so transparent, dem Stearin im Aussehen näher kommend. Der bituminöse Schiefer kommt in
großer Ausdehnung in Ungarn und im Banat vor, wird aber zur Zeit nur erst in letzterer Gegend abgebaut. Es werden dort in
der Nähe der Stadt Oravicza von einer Wiener Kapitalistengesellschaft bedeutende Gruben und Fabriken
unterhalten.
Wie schon das Erdwachs mehr Öl und weniger P. liefert als die Braunkohle, so geht beim Kohlenschiefer das Verhältnis noch
mehr auseinander, denn es werden aus diesem nur 5-6% P., dagegen 49% Petroleum und noch einige Prozente Schmieröl erhalten,
ein Umstand, der nicht zum Schaden gereicht, da die Öle immer mehr Geldwert haben als jenes. Das Schieferparaffin
ist schöner als das aus Erdwachs, hat einen etwas dunklern Ton und ist härter als jedes andre. Es gibt welches, das den
hohen Schmelzpunkt von 63° C. hat. Es ist schon bemerkt worden, daß das P., chemisch genommen, nicht
immer ein und derselbe Kohlenwassertoff ^[richtig: Kohlenwasserstoff] ist; es gibt vielmehr eine Gruppe solcher Verbindungen,
die
zwar analog, doch nicht gleich zusammengesetzt sind. Sie unterscheiden sich hauptsächlich durch ihre verschiednen Schmelzpunkte,
und es ist begreiflich eine Ware um so wertvoller, je höher dieser liegt. Man hat P.e gefunden, die
schon bei einigen 30° schmelzen; der aus Buchenteer schmilzt bei 43°.
Das österreichisch-ungarische Paraffinerzeugnis, welches den angegebenen Umständen nach nicht groß ist, hat seinen Absatzmarkt
im Inlande und einiges geht nach den Donaufürstentümern und den angrenzenden türkischen Provinzen. Neuerdings hat man
auch in Süd-Utah und Arizona bedeutende Lager von Erdwachs gefunden, die über 6 m mächtig sein sollen.
- Der in der Provinz Sachsen im Jahre 1878 zur Verarbeitung auf P., Photogen und Solaröl gelangte Braunkohlenteer belief
sich auf 43859566 kg. -
Das sog. Schwelen der Kohle zum Behuf der Teergewinnung ist eine Destillation aus eisernen
Retorten bei möglichst geringer Hitze, da eine zu hohe Temperatur einen Teil des entstehenden Teeres
in Gas verwandeln würde, welches hier verloren wäre. Das ganze Verfahren gleicht übrigens der Destillation von Leuchtgas,
nur hat das Teerprodukt weder mit Steinkohlen- noch mit Holzteer Ähnlichkeit; es ist vielmehr im warmen Zustande ein klares,
dünnes, hellbraunes Öl, ähnlich rohem Petroleum. Es entsteht in den Retorten als Dampf, der mit Saugwerken
(Exhaustoren) herausgezogen und in den Kondensator getrieben wird, ein gewöhnlich im Freien stehendes System von Metallröhren,
in welchem die Dämpfe flüssige Form annehmen. Diese Flüssigkeit wird gewöhnlich sogleich in große gußeiserne Blasen
gebracht und einer weitern Destillation unterworfen. Diese ist eine stufenweise, indem man mit gelinder
Hitze anfängt und diese allmählich steigert. Es gehen bei den verschiednen Hitzegraden verschiedne Produkte über, zuerst
die flüchtigsten, dann immer schwerer flüchtige. Diese Destillate werden jedes gesondert aufgefangen.
Die ersten und leichtesten Öle geben gereinigt das Photogen; in einer mittlern Periode gehen dickere
und schwerere Öle über und bilden den Rohstoff für Solaröl; bei der weitern Steigerung der Hitze von 200° aufwärts erfolgt
das schwerste Destillat, welches reichlich P. aufgelöst enthält und im ganzen als eine Lösung von P. in Solaröl betrachtet
werden kann und den Namen Paraffinöl führt. Dieser Stoff wird in großen, in kühlen Räumen stehenden,
Bassins mehrere Wochen sich selbst überlassen und es kristallisiert währenddem der größere Teil des P. in glänzenden
gelbweißen Blättern heraus.
Durch Ausschleudern auf der Zentrifugalmaschine wird diese Masse vom anhängenden Öl befreit und dann mit konzentrierter
Schwefelsäure behandelt, welche das P. selbst nicht angreift, aber die noch darin befindlichen fremden
Bestandteile zerstört. Nach dem Entsäuren der Masse durch Waschen mit Wasser und Natronlauge unterliegt dieselbe wiederholten
starken Pressungen, um sie von leichtschmelzbaren Kohlenwasserstoffen zu befreien, welche sie zu weich machen würden. Durch
das Pressen wird also der Schmelzpunkt
mehr
des P. erhöht. Zur Erzielung einer größern Weiße wird auch wohl Knochenkohle auf die geschmolzene Masse in Anwendung
gebracht; überhaupt herrschen bei den Reinigungsarbeiten verschiedne Verfahrungsweisen. Die Masse wird, wenn sie nicht sofort
auf Kerzen verarbeitet wird, für den Handel in Blöcke gegossen. Neben der gereinigten Ware ist auch Rohparaffin
ein käuflicher Artikel. Dasselbe hat eine gelblichbräunliche Farbe und weiche Konsistenz, heißt daher auch Paraffinbutter.
Die Fabriken des Weißenfelser Braunkohlenreviers arbeiten bei all den Massen von Kerzen, die von dort ausgehen, doch ihr
P. bei weitem nicht auf, sondern geben etwa die Hälfte als Rohparaffin fort, das anderwärts zur Fabrikation
mit Stearin gemischter Kerzen, zur Darstellung von Schmieren u. dgl.
dient. Einzelne Fabriken fabrizieren gar keine Kerzen, sondern verkaufen nur das Rohprodukt. In den ersten Zeiten kauften
dort die Engländer große Mengen von Rohparaffin; es hat dies aber aufgehört und mag eine verfehlte Spekulation gewesen
sein. -
Das P. im gereinigten Zustande ist eine feste, weiße, durchscheinende Masse ohne Geruch, sodaß also
ein etwa noch merklicher Geruch nur von noch anhängenden fremden Stoffen herkommen kann. Es hat ein Eigengewicht von 0,87,
schwimmt daher auf Wasser, schmilzt je nach seiner Beschaffenheit in den Grenzen von 45-65° C. und läßt sich bei
einer Temperatur von 200-300° unverändert überdestillieren. Die hauptsächlichen Lösungsmittel des P. sind Äther und
flüchtige Öle wie Benzin u. dgl. Werden solche Lösungen abgedunstet,
so hinterbleibt es in Form kleiner zarter kristallinischer Blättchen.
P. wird weder von ätzenden Alkalien noch von konzentrierter Schwefel- und Salpetersäure angegriffen; Chlorgas, wenn es in
die geschmolzene Masse eingeleitet wird, verwandelt es in eine zähe, harzartige Masse (Chlorparaffin). Über seine Hauptverwendung
zu Kerzen s. d. Art. Nebenbei benutzt man es auch als Schutzmittel gegen die
Wirkung von Säuren zum Auskleiden und Dichten von Fässern und andern hölzernen Gefäßen, zum Überziehen von Korken u.
dgl., zu luftabhaltenden Einhüllungen, endlich zur Darstellung
durchsichtigen Pauspapiers. -
Photogen und Solaröl sind ebenso wenig einfache Kohlenwasserstoffe wie das P., sondern Gemenge von solchen von verschiednen
Siedepunkten. Nachdem sie, wie vorstehend angegeben, bei einer und derselben Destillation in verschiednen Perioden im rohem
Zustande gewonnen sind, müssen sie verschiednen eindringlichen Reinigungsarbeiten unterzogen werden,
wie Schütteln mit Schwefelsäure, dann mit konzentrierter Ätznatronlauge, Waschen mit Wasser und Rektifizieren durch abermalige
Destillation.
Das Photogen bildet im reinsten Zustande eine farblose oder wenig gelbliche, leicht bewegliche Flüssigkeit von 0,78-0,80
spezif. Gewicht, geringeres 0,87-0,82; es ist in besondern Lampen zu brennen, in denen es auf eine ziemliche Höhe
im Dochte emporsteigen muß; es ist leicht entzündbar, daher sehr feuergefährlich. Das Solaröl ist in gewöhnlicher Ware
gelblicher, dickflüssig wie Rüböl, kann
in den gewöhnlichen Argand'schen Lampen gebrannt werden und soll in guter Beschaffenheit
0,83-0,86 spezif. Gewicht zeigen.
Was nun die Marktverhältnisse der beiden Stoffe betrifft, so ist das Photogen jetzt thatsächlich aus
dem häuslichen Gebrauch und dem Kleinhandel so gut wie verschwunden, ist auch wegen seines Geruchs, seiner großen Flüchtigkeit
und Feuergefährlichkeit kein angenehmer Gebrauchsartikel. Das amerikanische Petroleum hat meistens seine Stelle eingenommen;
das Solaröl dagegen hält sich neben dem Petroleum in Kurs, und ist etwas wohlfeiler als dieses. Wahrscheinlich
finden jetzt die leichten Destillate ihre Verwendung mit denen des Petroleums, dem sie ja so ähnlich sind, als Fleckwasser,
zu Lösungsmitteln u. dgl. Das Solaröl ist jetzt
das Hauptfabrikat; man hat es bis zur völligen Farblosigkeit und fast ohne Geruch reinigen gelernt. Es steht in seiner Leuchtkraft
dem gereinigten Petroleum ziemlich gleich und ist auch so noch etwas wohlfeiler, daher gut absetzbar.
-
Das dicke, zum Brennen untaugliche Öl, was bei der Ausscheidung des P. übrig bleibt, kommt unter dem Namen Schmieröl in
den Handel und dient wie sein Name besagt. Die Retortenrückstände von der Destillation der Öle bilden
eine Art Asphalt (Braunkohlenteerpech) können auch mit andern öligen Fabrikabgängen zur Gasbereitung benutzt werden. -
Zoll: Ceresin, Rohparaffin (Paraffinbutter) raffiniertes P. gem. Tarif im Anh. Nr. 26 c 2. Photogen,
Solaröl und Schieferöl zu Leuchtzwecken Nr. 29. Zum Brennen untaugliches Paraffinöl und andres bei der Auscheidung ^[richtig:
Ausscheidung] des P. übrig bleibendes butterartiges Fett (Öl) Nr. 29 Anm. 1. Paraffinlichte Nr. 23. Braunkohlenteerpech
zollfrei.