Papúa
(v. malaiischen papuwah, »kraushaarig«),
ein Menschenstamm, welcher ganz
Melanesien, also
Neuguinea, den
Neubritannia-Archipel, die
Salomoninseln, die
Neuen Hebriden,
Neukaledonien
[* 2] mit den
Loyaltyinseln und den
Fidschi-Archipel (australische Papuanen
), sowie in größern und kleinern Resten
die
Molukken mit
Halmahera, die Bandainseln, die östliche Hälfte von
Floris,
Pulo
Tschindana u. a. (asiatische Papuanen
) bewohnt.
Auch die
Mincopies auf den
Andamanen, die im Aussterben begriffenen Semang auf
Malakka und die Aeta auf
den
Philippinen werden hierher gerechnet.
Die der letztern Abteilung angehörigen Papúa
bezeichnet man auch als
Negrito (s. d.). Die Rassenmerkmale der Papúa
(s.
Tafel »Ozeanische
Völker«,
[* 3] Fig. 9-11) sind: hohe Schmalschädel, prognathe
Kiefer, fleischige und etwas
aufgeschwollene
Lippen. Die breite
Nase
[* 4] krümmt sich nach unten, wodurch der Gesichtsausdruck jüdisch erscheint. Das stark
abgeplattete, üppige, lange Kopfhaar wächst nicht, wie man annahm, in
Büscheln auf dem
Schädel, sondern gleichmäßig,
wird aber durch
Fett u. a. zu
Büscheln vereinigt und umgibt das
Haupt perückenartig als eine oftmals mächtige
Krone.
Die
Haut
[* 5] ist dunkel, fast schwarz in
Neukaledonien, braun auf
Neuguinea, blauschwarz auf den
Fidschiinseln.
[* 6] Die
Kleidung besteht
bei den
Frauen in einem Fransengürtel, bei den Männern in einem Lendentuch, auch wohl nur in einem
Blatt
[* 7] u. dgl. Den
Körper
schmücken die Papúa
auf mancherlei
Weise: mit
Halsketten,
Arm- und
Ohrringen,
Federn,
Muscheln
[* 8] etc. Die
Haut wird
zuweilen tättowiert, jedoch nicht in so kunstvolle
Weise wie bei den
Polynesiern; oft wird sie in grotesker
Weise mit bunten,
meist roten,
Erdfarben bemalt.
Die Wohnungen bestehen in Neuguinea etc. in den am Meeresstrand errichteten Dörfern aus Hütten, [* 9] welche auf eingerammten Pfählen errichtet sind, so daß bei der Flut das Wasser darunterfließen kann. Auch da, wohin die Flut nicht reicht, sind sie in ähnlicher Weise erbaut. Auf andern Inseln sind die großen und geräumigen Hütten oft mit mancherlei Zieraten geschmückt. Auch die Geräte und Fahrzeuge sind oft reich verziert. Letztere sind namentlich auf den Fidschiinseln von bedeutender Größe (bis 36 m lang und 8 m breit und mit Masten von 21 m Höhe versehen).
Die
Werkzeuge
[* 10] der Papúa
sind undurchbohrte Steingeräte; als Kochgeschirre brauchen sie irdene
Gefäße, wodurch sie sich von
den
Polynesiern unterscheiden, die solche nicht besitzen.
Bogen
[* 11] und
Pfeile als Jagdwaffen findet man auf
Neuguinea und den nächsten Inselgruppen, außerdem
Keulen,
Speere etc. Die Papúa
leben von
Ackerbau, Baumzucht und Fischfang, die
Felder sind eingezäunt; in
Neukaledonien waren
Wasserleitungen nach weiten
Entfernungen angelegt. Als Fleischnahrung dient das
Schwein,
[* 12] das nur in
Neukaledonien fehlte, und auch der
Hund, die beiden einzigen
Haustiere. Dabei waren die
Papúa
, namentlich auf
Neuguinea,
Neukaledonien und den
Fidschiinseln, in erschreckender
Weise der
Menschenfresserei ergeben. Indessen
werden ihre
Keuschheit, Sittsamkeit,
Ehrfurcht vor den Eltern und
¶
mehr
Geschwisterliebe gerühmt. Die geistigen Fähigkeiten der Rasse stehen besonders hoch auf den Fidschiinseln, wo allerdings polynesische Einflüsse schon ihre Wirkung ausgeübt haben. Ihr hervorstechendster Charakterzug ist Mißtrauen, das aber allmählich verschwindet. Der Glaube an eine Fortdauer nach dem Tod findet sich überall und zugleich ein Dienst der Abgeschiedenen, deren Schädel als Hausgötzen aufgestellt werden. Nur auf den Fidschiinseln herrschte kein Schädelkult.
Große Gebäude dienen als Tempel,
[* 14] und man huldigt dualistischen Anschauungen. Wo nicht polynesische Einflüsse sich geltend
gemacht haben, wie auf den Fidschiinseln, herrschen Freiheit und Gleichheit, und die sogen. Häuptlinge sind fast gänzlich
machtlos. Was die Sprache
[* 15] der Papúa
anlangt, so kennt man nur die der Mafor auf Neuguinea genauer; doch scheinen
die verschiedenen auf dieser Insel gesprochenen Dialekte in einem tiefern Zusammenhang zu stehen. Wie sich das Verhältnis derselben
zu dem Idiom der Negritostämme stellt, müssen spätere Forschungen zeigen.
Vgl. Baer, Über Papúa
und Alfuren (Petersb. 1859);
Goudswaard, De Papoewas van de Geelvinksbaai (Schiedam 1863);
Finsch, Bekleidung, Schmuck und Tättowierung
der Papúa
(Wien
[* 16] 1885);
Bastian, Der Papua des dunkeln Inselreichs im Licht [* 17] psychologischer Forschung (Berl. 1885).