Pannonia
,
als röm. Provinz das Gebiet, das im N. und O. durch die Donau, im W. durch die Gebirge von Noricum (s. d.) begrenzt wurde und im S. mit einem schmalen Streif über die Save (Savus) reichte, also das heutige Ungarn [* 2] südlich von der Donau, Slawonien, einen Streif von Bosnien, [* 3] Kroatien und die östl. Striche von Krain, [* 4] Steiermark [* 5] und Niederösterreich umfaßte. Seinen Namen hat es von den Pannoniern, einem Volke illyr. Stammes, das teilweise mit Kelten durchsetzt war.
Von einzelnen Völkerschaften werden die Azalier, Boier, Skordisker, Arevisker, Breuker, Amantiner u. a. genannt. Gegen die Pannonier und ihre dalmatin. Nachbarn, die Japyden, richtete zuerst Octavian 35 und 34 v. Chr. die röm. Waffen [* 6] und bezwang sie nach der Eroberung von Siscia (Sissek) an dem Einflusse des Colapis (Kulpa) in die Save. Äußerlich durchgeführt wurde die Unterwerfung P.s aber erst in längerm Kampfe 12-9 v. Chr. durch seinen Stiefsohn Tiberius.
Einen großen
Aufstand warf nach blutigen und hartnäckigen Kämpfen in den J. 6-9 n. Chr. auch
wieder
Tiberius nieder. Die Pannonier sollen damals 100000 wehrfähige
Männer gezählt haben. Hierauf wurde das Land zur röm.
(kaiserl.)
Provinz eingerichtet und allmählich romanisiert. Pannonia
stand unter einem Legatus
Augusti, hatte
aber zunächst noch nicht den spätern
Umfang. Die
Römer
[* 7] hielten anfangs nur die durch die Plätze
Carnuntum, Poetovio
(Pettau)
und Siscia bezeichnete Linie besetzt und schoben ihre
Truppen erst (zwischen 102 und 107 n. Chr.) unter
Trajan überall bis
zur Donau vor, die nun durch die Plätze Brigetio (bei Komorn) unter Hadrian,
Acincum
(Alt-Ofen) und Mursa
(Esseg) gedeckt wurde.
Carnuntum und die Gegend bei
Wien
[* 8] kam unter Vespasian von Noricum zu Pannonia;
Poetovio ist unter Diocletian
zu Noricum geschlagen worden. Krain gehörte anfangs zu Pannonia
, später größtenteils zu
Italien.
[* 9]
Lange bestand seit
Trajans Zeit die
Einteilung der
Provinz in das obere (westliche Pannonia
superior) und das
niedere (östliche Pannonia
inferior) Pannonia, zwischen denen eine Linie von der Mündung des
Flusses
Raab
[* 10]
(Arabo) in die Donau bis zur
Mündung des bosn.
Flusses Vrbas (Urpanus) in die Save die Grenze bildete. Seit Diocletian dagegen zerfiel Unterpannonien
in die
Provinzen Valeria, den nördlichen, und Pannonia
secunda, den südl.,
sirmischen
Teil; Oberpannonien aber wurde geteilt in das nördliche Pannonia
prima und das südliche Pannonia Savia
oder ripariensis.
Namentlich Oberpannonien war der Schauplatz des markomann.
Krieges im 2. Jahrh. gewesen; von den
Markomannen, Quaden und Jazygen
wurde das Land auch später beunruhigt, obwohl hier befreundete
Vandalen angesiedelt wurden. Im 5. Jahrh.
wurde es von dem weström.
Kaiser Valentinian III. an den oström.
Theodosius II. und von diesem an die Hunnen (s. d.) abgetreten.
Nach
Attilas
Tode 453 nahmen es die
Ostgoten ein; neben ihnen wohnten in dem nordwestl.
Teile
Rugier;
Theodorich führte 488 die
Goten heraus, doch gehörte Pannonia
später zu seinem italischen
Reiche. Unter Audoin besetzten 527 die Langobarden
das Land, überließen es aber 568 beim
Abzuge nach
Italien den
Avaren; neben diesen siedelten sich im
Süden später slaw.
Stämme
an. Die
Avaren unterlagen
Karl d. Gr., dessen Herrschaft sich auch über Pannonia
erstreckte.
Unter seinen Nachfolgern verbreiteten sich auch vom Norden
[* 11] her
Slawen
¶
mehr
über das Land, das ein Teil des großen mähr. Reichs wurde, bis 893 Arnulf die Magyaren gegen das letztere ausrief, die sich des Landes bemächtigten. Unter den Städten P.s waren in der Römerzeit außer Siscia, die wichtigsten an der Donau Vindobona (Wien), Carnuntum (Petronell), Arabona (Raab), Brigetio (Komorn), Acincum;
im Lande an der Save und Drau Mursa, Acumincum (der Theißmündung gegenüber), Taurunum (Semlin), Sirmium (Mitrovic), von dem der Landstrich noch jetzt Syrmien heißt, Cibalae (Vinkovci), Neviodunum;
im carnischen, später zu Italien gezogenen Lande Nauportus (Oberlaibach), Aemona (Laibach); [* 13]
im Innern Sopianae (Fünfkirchen), [* 14] Cimbriana (Stuhlweißenburg), [* 15] Savaria (Steinamanger), Scarbantia (Ödenburg). [* 16]
(S. Karte: Germanien, [* 17] Bd. 7, S. 862.) –
Vgl. Jung, Römer und Romanen in den Donauländern (2. Aufl., Innsbr. 1887);
ders., Die roman. Landschaften des Römischen Reichs (ebd. 1881).