Panizzi
,
Antonio, englisch-ital. Litterarhistoriker und Bibliograph, geb. zu Brescello bei Modena, studierte in Parma [* 3] und widmete sich dann der advokatorischen Praxis. Da er sich an der piemontesischen Revolution von 1821 beteiligte, ward er in Cremona verhaftet, rettete sich zwar durch die Flucht, ward aber in contumaciam zum Tod verurteilt und sein Vermögen konfisziert. Er begab sich nach Genf [* 4] und von da nach England, wo er in Liverpool [* 5] als Lehrer der italienischen Sprache [* 6] wirkte, bis er 1828 auf den Lehrstuhl der italienischen Sprache und Litteratur an der Londoner Universität berufen wurde. 1831 zum Hilfsbibliothekar und 1837 zum Kustos der gedruckten Bücher im Britischen Museum ernannt, hat er sich in letzterer Stellung außerordentliche Verdienste um dasselbe erworben.
Mit den vermehrten Zuschüssen, welche die Regierung auf seinen Betrieb verwilligte, brachte er die Zahl der Bücher bis auf 800,000 und führte ein streng geordnetes System in allen Zweigen der Verwaltung der Bibliothek ein. 1856 wurde er an Sir Henry Ellis' Stelle Oberbibliothekar am Britischen Museum, zog sich jedoch 1866 in das Privatleben zurück und starb, von der Königin von England zum Kommandeur des Bathordens, vom König von Italien [* 7] zum Senator ernannt, in London. [* 8]
Insbesondere sind ihm die überaus zweckmäßigen Anstalten zur Aufstellung und Konservierung der Bücher und die ebenso bequeme wie großartige Einrichtung des Lesezimmers zu verdanken. Um die italienische Litteratur hat er sich durch seine vorzügliche kritische Ausgabe des »Orlando innamorato« Bojardos und des »Orlando furioso« Ariostos (Lond. 1830-34, 9 Bde.),
in welcher er den Text des erstgenannten Gedichts in seiner ursprünglichen Reinheit wiederherstellte, sowie durch eine Ausgabe von Bojardos »Sonetti e canzoni« (das. 1835, Mail. 1845) sehr verdient gemacht. Außerdem schrieb er: »A short guide to that portion of the printed books in the British Museum now open to the public« (Lond. 1851 u. öfter);
»Chi era Francesco da Bologna?« (das. 1858) und »Le [* 9] prime quattro edizioni della Divina Commedia« (das. 1858).
Seinen Briefwechsel gab Fagan heraus: »Lettere ad
A. Panizzi
di uomini illustri e di
amici italiani«
(Neapel
[* 10] 1880).
Großes Aufsehen erregten mit
Recht Panizzi
Merimées
»Lettres à M. Panizzi«
(1881), welche merkwürdige
Blicke auf die Zeitereignisse von 1850-1870 gewährten.