(das alte
Präneste, s. d.), Stadt in der ital.
ProvinzRom,
[* 2] südöstlich von
Tivoli, terrassenförmig am steilen
Monte Glicestro gelegen, Sitz eines
Bischofs, mit einer
Kathedrale, einem
Seminar, dem weitläufigen
PalazzoBarberini, interessanten
Mauern aus verschiedenen
Epochen (von den vorrömischen Kyklopenmauern bis zu den sarazenischen
Arbeiten desMittelalters) und (1881) 5855 Einw. Die Stadt ist an der
Stelle eines antiken Fortunatempels erbaut, von welchem noch Reste
vorhanden sind, darunter ein prächtiger Mosaikfußboden mit ägyptischen
Darstellungen (gegenwärtig
im
PalastBarberini). Über der Stadt liegt auf steiler
Höhe mit herrlicher Aussicht die antike Arx Pränestina, jetzt
KastellSan Pietro, mit Resten der 1332 erbauten
Burg der
FamilieColonna und hübscher
Kirche, die ganz mit
Alabaster und
Marmor verkleidet
ist. Palestrina ist die Vaterstadt des berühmten Musikers Palestrina.
Giovanni Pietro Aloisio Pierluigi da, mit dem Familiennamen
Sante, nach seinem Geburtsort, der Stadt Palestrina,
(lat. Praenestinus) genannt, wurde wahrscheinlich 1514 oder 1515 (nach andern erst 1524 oder
1529) geboren, kam 1540 nach
Rom, wo er in der
Schule des
Goudimel seine
Ausbildung erhielt, war 1544-51
Organist an der Hauptkirche seiner Vaterstadt und wurde 1551 zum
Magister puerorum
(Lehrer der Singknaben)
¶
mehr
an der Peterskirche in Rom ernannt und noch in demselben Jahr zum Kapellmeister befördert. In dieser Stellung erfreute er sich
der besondern Gunst des PapstesJulius III., der ihn 1555 in das Sängerkollegium der Sixtinischen Kapelle berief, ebenso des
PapstesMarcellus II. Da aber des letztern Nachfolger Paul IV. Anstoß daran nahm, daß Palestrina nicht dem geistlichen
Stand angehörte und sogar verheiratet war, so mußte er seinen Posten verlassen; doch erhielt er kurze Zeit darauf die eben
erledigte Kapellmeisterstelle an San Giovanni im Lateran und 1561 die besser besoldete an Santa MariaMaggiore. In diese Zeit
fallen seine achtstimmig für zwei Chöre geschriebenen Improperien (s. d.), die 1560 am Karfreitag zum
erstenmal aufgeführt wurden und einen so tiefen Eindruck machten, daß der PapstPius IV. eine Abschrift davon für die päpstliche
Kapelle verlangte.
Mit diesem Werk beginnt Palestrina, der sich bis dahin streng an die ältern Meister angeschlossen hatte, seinen eignen
Weg zu gehen, und sein Beruf zum Reformator auf dem Gebiet der Kirchenmusik kündigte sich jetzt so deutlich an, daß die beim
Konzil von Trient
[* 4] versammelte Behörde zur Verbesserung der Kirchenmusik ihn von allen lebenden Tonkünstlern für den fähigsten
hielt, die Frage zu lösen, ob die polyphone Musik der kirchlichen Erbauung förderlich oder nachteilig
und in letzterm Fall aus der Kirche zu verbannen sei. In ihrem Auftrag schrieb Palestrina drei Messen, in denen (besonders in der dritten,
welche er in dankbarer Erinnerung an seinen Gönner, den PapstMarcellus II., »MissaPapae Marcelli« benannte) neben kunstvollster
Stimmenverflechtung die Hauptbedingungen einer wirkungsvollen Vokalmusik, Deutlichkeit der Melodie und
Verständlichkeit der Textesworte, so vollständig erfüllt waren, daß die Beibehaltung der Kunstmusik in der Kirche von
seiten des Konzils einstimmig beschlossen wurde.
Durch diese Messen, deren erste Ausführung stattfand, war den Italienern ein ihnen eigentümlicher Kirchenstil
geschaffen, der in seiner edlen Einfachheit und Erhabenheit das Prädikat »klassisch« mit Recht beanspruchen
darf und später unter dem Namen »Palestrinastil« für alle weitern Arbeiten dieser Gattung mustergültig wurde. Infolge dieser
That wurde Palestrina zum Komponisten der päpstlichen Kapelle, 1571 (nach dem TodAnimuccias) auch zum Kapellmeister der Peterskirche
ernannt. In demselben Jahr übernahm er an dessen Stelle die Leitung des Gesanges bei den Andachtsübungen
des Filippo Neri (s. Musik, S. 924, und Oratorium) und eröffnete mit Nanini eine Musikschule, die im Gegensatz zur ältern des
Goudimel die »neuere römische Schule« genannt wurde und bald zu großer Berühmtheit gelangte. So als ausübender wie als
schaffender Musiker rastlos sich bethätigend, wurde er vom Tod ereilt.
SeinLeichnam ward in der Peterskirche beigesetzt und sein Grab durch die Inschrift »Musicae princeps« gekennzeichnet. Palestrinas
zahlreiche Werke, mit Ausschluß zweier BücherMadrigale sämtlich für die Kirche geschrieben, erschienen zu seinen Lebzeiten
nur teilweise im Druck und der damaligen Sitte gemäß nur in Stimmenausgaben. In neuerer Zeit, nachdem
sie zuerst durch Cherubini in weitere Kreise
[* 5] eingeführt worden, erschienen sie auch in Partitur (von Alfieri, einzelne Werke
in Proskes »Musica divina«). Eine auf 30 Bände berechnete kritische Gesamtausgabe der Werke erscheint seit 1862 in Leipzig
[* 6] (Bd. 1-6 von Espagne redigiert, Fortsetzung 1879 von Haberl übernommen).
Vgl. Baini, Memorie storico-critiche
della vita e delle opere di Giovanni Pierluigi da Palestrina (Rom 1828, 2 Bde.;
deutsch von Kandler und Kiesewetter, Leipz. 1834);
(Palestrina) und im Thal des Trerus Anagnia (Anagni), Ferentinum (Ferentino), Frusinum (Frosinone) und oberhalb des Ausflusses des Trerus Fregellä (Ceprano)
(Bd. 1-3, Leipz. 1862-68; Bd. 4, Fragment, das Zeitalter der Renaissance von Palestrina an behandelnd, 1876; 2. Aufl. 1880-81; "Notenbeilagen zum 3. Band" gab Kade heraus)