Titel
Pahlen
,
in Livland [* 3] ansässiges, von der eingebornen livländischen Familie von Koskult abstammendes, seit 1679 freiherrliches Geschlecht. Zu erwähnen sind:
1) Peter Ludwig von, geb. 1746, trat jung in die russische Armee, focht im Türkenkrieg von 1769 unter Rumjanzow und kommandierte beim Sturm auf Otschakow eine Kolonne. 1790 Generalleutnant, ging er als Gesandter nach Stockholm, [* 4] ward 1793 Gouverneur von Livland und, als Kurland 1795 an Rußland fiel, Gouverneur dieser Provinz. Kaiser Paul I. erhob ihn 1797 zum Generalgouverneur von Ingermanland, 1799 zum Grafen und zum General der Kavallerie und 1800 zum Ministerpräsidenten und Minister des Äußern. Gleichwohl stellte er sich an die Spitze jener Verschwörung, welche in der Nacht zum zur Ermordung des Kaisers führte. Von dem Kaiser Alexander I. mit Mißtrauen behandelt, nahm er 1804 seinen Abschied. Er starb 25. Febr. auf seinem Landgut bei Mitau. [* 5]
2) Peter, Graf von, Sohn des vorigen, geb. trat als Offizier in die russische Garde und stieg bis zum General. Als solcher erwarb er sich in den Feldzügen von 1812 und 1813 als Anführer einer Kavalleriedivision Ruhm, ward aber bei Nangis geschlagen. Nachdem er 1823 seinen Abschied genommen, trat er nach der Thronbesteigung des Kaisers Nikolaus wieder in den Dienst, ward 1827 General der Kavallerie und befehligte im Türkenkrieg ein eignes Korps, mit welchem er zum Sieg bei Kulewtscha viel beitrug. Auch im polnischen Feldzug von 1831 focht er mit Auszeichnung, namentlich beim Sturm auf Warschau. [* 6] Von 1835 bis 1841 war er Botschafter in Paris, [* 7] und 1847 erhielt er die Charge eines Generalinspektor der ganzen russischen Kavallerie. Später ward er auch Mitglied des Reichsrats. Er starb, nachdem er 1862 seinen Abschied genommen,
3) Friedrich, Graf von, Bruder des vorigen, wählte die diplomatische Karriere und ward russischer Gesandter in Washington, [* 8] dann in München. [* 9] 1829 schloß er nebst dem Grafen Orlow den Frieden von Adrianopel ab;
1834 zum Wirklichen Geheimen Rat ernannt, war er später Gesandter in Washington, Rio [* 10] Janeiro und München;
4) Magnus, Freiherr von, aus einer Nebenlinie stammend, geb. 1779 in Esthland, that sich 1813 als Oberst in dem Treffen von Lüneburg [* 11] hervor, war 1830-45 Generalgouverneur von Livland, Esthland und Kurland, später General der Kavallerie, Senator und Mitglied des Reichsrats; starb
5)
Konstantin,
Graf von, russ. Staatsmann, ward in
Petersburg
[* 12] erzogen, trat in den Staatsverwaltungsdienst
und war
Gouverneur von
Pskow, als er 1868 vom
Kaiser zum Justizminister ernannt und mit der
Durchführung der 1864 verkündeten
neuen
Gerichtsverfassung beauftragt wurde. Er machte sich um die russische
Justiz dadurch sehr verdient, daß er einen wissenschaftlich
gebildeten, redlichen und politisch unabhängigen Richterstand schuf; sein
Ressort gehörte zu den bestverwalteten
Rußlands.
Als er 1878 den
Kaiser vermochte, den
Prozeß gegen Wera
Sassulitsch, die ein
Attentat auf Trepow versucht, nicht dem
außerordentlichen
Gerichtshof für
Staatsverbrechen, sondern dem ordentlichen
Geschwornengericht zu überweisen, und dieses
die Verbrecherin trotz ihres Geständnisses freisprach, ward Pahlen
im Juni 1878 in
Ungnaden entlassen und
zog sich als Mitglied des
Reichsrats nach
Kurland zurück.