Bischof Badurad (815-852) erbaute eine große Domkirche, von der heute noch die Geroldskapelle an der Nordseite des Doms übrig
ist. Er war es, der 834 als Gesandter Ludwigs des FrommenLothar zur Unterwerfung unter seinen Vater überredete
und zur Belohnung den Leichnam des heil. Liborius für sein Stift erhielt. Als bei dem Brande des Doms (1000) viele Urkunden vernichtet
wurden, ließ sich Bischof Rothar 1001 die Rechte und Besitzungen Paderborns von Otto III. bestätigen, darunter die freie Bischofswahl
und die Immunität.
Erst 1881 wurde in Übereinstimmung mit der preußischen Regierung ein Bistumsverweser erwählt und 1882 Drobe zum Bischof
von Paderborn ernannt. Der Sprengel umfaßt die preußische ProvinzSachsen,
[* 27] die Regierungsbezirke Minden und Arnsberg
[* 28] und das Herzogtum
Anhalt.
[* 29] Das Domkapitel besteht aus neun Mitgliedern.
Vgl. Bessen, Geschichte des BistumsPaderborn (Paderb. 1820, 2 Bde.);
Giefers, Die Anfänge des BistumsPaderborn (das. 1860);
»Urkunden des Bistums Paderborn«, herausgegeben von Wilmans (Münst.
1874-80, 2 Bde.);
Holscher, Die ältere Diözese Paderborn (das. 1887).
[* 2] Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Minden, am Ursprung der Pader, die in mehreren
starken Quellen unter dem Dom entspringt, die Stadt in fünf Armen durchfließt und bei Neuhaus in die Lippe mündet, und an der
LinieSoest-Nordhausen der Preußischen Staatsbahn, 119 m ü. M., hat sich nach
dem Brand von 1875, durch welchen 220 Gebäude eingeäschert wurden, bedeutend verschönert. Unter den gottesdienstlichen
Gebäuden der Stadt (4 katholische und eine evang. Kirche sowie eine Synagoge), nimmt der Dom eine hervorragende
Stellung ein.
Derselbe ist eins der vorzüglichsten romanischen Bauwerke (1163 vollendet), mit dem Leichnam des heil. Liborius in einem
silbernen und vergoldeten Sarg, früher mit den goldenen Statuetten der zwölf Apostel, welche HerzogChristian
von Braunschweig 1622 entführte (vgl. Giefers, Der DomzuPaderborn, Münst.
1860); sonst verdienen noch Erwähnung: die romanische Bartholomäuskapelle (1017), die Jesuitenkirche und das Rathaus, letzteres 1615 erbaut
und 1870-76 im ursprünglichen Stil renoviert. Die Zahl der Einwohner beträgt (1885) mit der Garnison (2 EskadronsHusaren Nr.
8) 16,624, meist Katholiken. Paderborn hat eine Eisenbahnhauptwerkstätte, mehrere Buchdruckereien,
Glas-, Seifen- und Tabaksfabrikation, Bierbrauerei,
[* 30] Branntweinbrennerei, eine Dampfmahlmühle etc. Der Handel, vorzugsweise Frucht-,
Vieh- und Wollhandel, wird durch eine Reichsbanknebenstelle unterstützt. Paderborn ist Sitz eines Landgerichts, eines katholischen
Bischofs, eines Domkapitels, eines Generalvikariats, einer Oberförsterei und hat ein Gymnasium, eine theologisch-philosophische
Lehranstalt mit theologischen Konvikt, ein Priesterseminar, ein Lehrerinnenseminar, ein Kloster der Barmherzige Schwestern,
eine Hebammenlehr- und Entbindungsanstalt, ein katholisches und ein jüdisches Waisenhaus, eine Blindenanstalt etc. Zu Paderborn gehört
das zehn Minuten davon entfernte Inselbad mit der erdig-muriatischen Stickstoffquelle Ottilienquelle (18-19° C.) und der
erdig-salinischen Stahlquelle Marienquelle, die zu Inhalations-, Trink- und Badekuren gegen Asthma, Rippenfellentzündun-
1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Minden, hat 596,50 qkm und 1890: 46400,
1895: 49298 (24673 männl., 24625 weibl.) E., 2 Städte und 23 Landgemeinden. – 2) Kreisstadt im Kreis
Paderborn, früher Hauptstadt des gleichnamigen reichsunmittelbaren Hochstifts, am Paderflusse und der Linie Soest-Holzminden der
Preuß. Staatsbahnen,
[* 33] Sitz des Landratsamtes, eines Landgerichts (Oberlandesgericht Hamm)
[* 34] mit 17 Amtsgerichten (Beverungen,
Borgentreich, Brakel, Büren, Delbrück, Erwitte, Fürstenberg, Geseke, Höxter, Lichtenau, Lippstadt, Nieheim,
Paderborn,. Ruthen, Salzkotten, Steinheim, Warburg), eines Amtsgerichts, Bezirkskommandos, kath. Bischofs und einer Reichsbanknebenstelle,
hatte 1890: 17986 E., darunter 1947 Evangelische und 321 Israeliten, 1895: 19941 (9748 männl., 10193 weibl.) E., in Garnison
die 2. und 5. Eskadron des Husarenregiments KaiserNikolaus Ⅱ. von Ruhland Nr. 8, Postamt erster Klasse,
Telegraph,
[* 35] schönen Marktplatz, sieben Kirchen, sieben größere Kapellen und ein Rathaus (16. Jahrh.). Das bedeutendste Bauwerk
ist der Dom (107 m lang, 22 m breit).
Der erste, aus der Zeit Karls d. Gr. stammende Bau brannte im J. 1000, der neue, durch Bischof Meinwerk seit 1009 aufgeführte, 1058 ab.
Der jetzige Bau ist in seinem westl. Teil, mit dem massiven Turm und
[* 36] der Krypta 1058–68, im östl. Teil um 1263 erbaut; am südl.
Hauptportal Skulpturen aus dem 13. Jahrh., im Innern zahlreiche Grabmäler von Bischöfen, in der Schatzkammer ein silberner,
stark vergoldeter Schrein mit den Gebeinen des heil. Liborius; künstlerisch
wertvoller sind ein Reliquienkästchen (1100), zwei silberne Kelche (11. bis 15. Jahrh.), silberne Heiligenstatuen u. a.
Ferner sind zu erwähnen die Bartholomäuskapelle, 1009–36 unter Bischof Meinwerk durch griech. Bauleute erbaut, 1852 restauriert,
die ehemalige Jesuiten- jetzt Gymnasialkirche (17. Jahrh.) und die Krypta unter der Kirche des Klosters Abdinghof, die
jetzt der evang. Gemeinde gehört.
Die bischöfliche philos.-theol. Lehranstalt (Seminarium Theodorianum, 1844 neu organisiert) ging aus der neben dem 1592 vom
Fürstbischof Theodor gegründeten Jesuitenkolleg 1614 errichteten Universität (theol. und philos. Fakultät) hervor, die 1819 aufgehoben
wurde. Ferner hat die Stadt ein kath. Gymnasium, ein Priesterseminar, Lehrerinnenseminar, eine
Provinzial-Blindenanstalt, ein kath. und ein israel. Waisenhaus (letzteres
für Westfalen und Rheinland) und einen Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens.
Die hauptsächlichsten Erwerbsquellen bilden Ackerbau und Viehzucht.
[* 37] – Paderborn verdankt seine Gründung Karl d. Gr., welcher in
dem an den Paderquellen gelegenen Orte Patresbrunna einen Bischofsstuhl errichtete, einen Dom erbaute und 777 einen glänzenden
Reichstag abhielt. Als Hansestadt gelangte Paderborn zu einer gewissen Selbständigkeit, wurde aber 1604 von dem
BischofTheodor seiner Privilegien beraubt. Im Dreißigjährigen Kriege wurde Paderborn mehrmals erobert.
Das ehemalige reichsunmittelbare Hochstift Paderborn im Westfälischen Kreise
[* 38] grenzte im N. an die Grafschaft Lippe, im O. an das
Herzogtum Braunschweig, das Stift Corvei und die Landgrafschaft Hessen, im S. an letztere und die Grafschaft
Waldeck, im W. an das Herzogtum Westfalen und die Grafschaft Rietberg und bedeckte 2478 qkm. Das Bistum Paderborn war eins der ersten,
die Karl d. Gr. im Sachsenlande stiftete; der erste Bischof, Hathumar, ein geborener Sachse, wurde 795 eingesetzt.
Der ausgezeichnetste Bischof war der kunstliebende Meinwerk (1009–36), der Freund des KaisersHeinrich Ⅱ. Er legte den Grund
zur Entwicklung der Territorialhoheit der Bischöfe von Paderborn durch Erwerbung der Grafenrechte über mehrere Gaue seines Sprengels.
Meinwerk vergrößerte die Stadt Paderborn und umgab die-
selbe mit Mauern, erbaute einen neuen Dom und einen bischöfl. Palast, beförderte Kunst und Wissenschaft, Handel und Gewerbe
und brachte die Domschule zu hohem Glanze. Auf dem BaselerKonzile waren fünf Kirchenfürsten anwesend, die ihre Ausbildung
auf der Paderborner Domschule empfangen hatten. Noch zu Ausgang des Mittelalters stand sie in gutem Rufe.
Unter Meinwerks Nachfolgern sind die bedeutendsten: Theodor (1585–1618), aus dem Geschlecht der Freiherren von Fürstenberg,
der in seinem Stift, das sich fast ganz dem Protestantismus zugewandt hatte, mit Hilfe der Jesuiten den Katholicismus wiederherstellte;
Ferdinand Ⅱ. (1661–83), ebenfalls aus dem Hause Fürstenberg, der sich als Dichter und Geschichtschreiber
einen Namen erwarb, und Wilhelm Anton (1763–82), aus dem Geschlecht von der Asseburg. Er wußte durch weise Maßnahmen die
Wunden des Siebenjährigen Krieges in seinem Lande zu heilen.
Das Hochstift, dessen letzter Fürstbischof seit 1789 FranzEgon
von Fürstenberg war, wurde durch den Reichsdeputationshauptschluß von 1803 aufgehoben und als Erbfürstentum
an Preußen abgetreten, welches bereits Besitz davon ergriffen hatte. Paderborn kam 1807 an das Königreich Westfalen, aber 1813 an
Preußen zurück. Seitdem bildet das Hochstift mit Einschluß des frühern Gebietes der Abtei Corvei die Kreise Paderborn, Büren, Warburg
und Höxter des preuß. Reg.-Bez. Minden.
Bei der Aushebung des Hochstifts (1803) blieb das geistliche Gebiet des Bischofs unangetastet. Durch eine
päpstl. Bulle von 1821 wurde die Diöcese Paderborn bedeutend erweitert, so daß sie gegen 41800 qkm umfaßt, auf denen
ungefähr 650000 Katholiken leben. –
Vgl. Bessen, Geschichte des Bistums Paderborn (2 Bde., Paderb.
1820);
Giefers, Die Anfänge des Bistums Paderborn (ebd. 1860);