Titel
Ouvertüre
(franz., spr. uwär-), Eröffnungsstück,
Einleitung, besonders einer
Oper. Die ersten musikdramatischen
Versuche wußten von einer Ouvertüre
nichts, sondern begannen in der
Regel mit einem (gesungenen)
Prolog oder direkt mit der
Handlung;
diejenigen aber, welche den
Instrumenten das erste
Wort vergönnten (zur Sammlung, Vorbereitung der
Hörer),
wählten dafür ein
Madrigal, das gespielt statt gesungen wurde, oder einen im madrigalesken
Stil geschriebenen kurzen Tonsatz
(Monteverdes »Orfeo« beginnt mit einer
»Toccata« von neun
Takten, die dreimal gespielt werden).
Die älteste Form der wirklichen Ouvertüre
, die französische oder Lullysche (s.
Lully), verrät noch deutlich
genug die
Abstimmung vom Gesangsstil, besonders in ihrem ersten und letzten Teil, der in langsamer
Bewegung gehalten ist und
keinerlei ausgesprochen instrumenten
Charakter hat; nur der fugierte Mittelteil im bewegtern
Tempo ist instrumentenmäßig.
Anders nehmen sich die Operneinleitungen Alessandro
Scarlattis aus; die »italienische Ouvertüre«
oder, wie sie
damals hieß, Sinfonia begann mit einem
Allegro, ließ als
Kontrast ein
Grave folgen und schloß mit einem
zweiten
Allegro oder
Presto; ihr
Charakter ist durchaus instrumental.
Die
Symphonien der
Opern wurden gelegentlich auch zu Konzertzwecken getrennt aufgeführt, und bald schrieben die
Komponisten
Symphonien gleich direkt für Konzertzwecke, erweiterten dann die drei Teile und trennten sie ganz
voneinander los, und so wurde die Ouvertüre
zur
Mutter unsrer heutigen
Symphonie (s. d.). Die heutigen Ouvertüren
zerfallen hauptsächlich
in drei streng zu unterscheidende
Arten:
1) Die Ouvertüre
in Sonatenform, welche zwei (oder auch drei) im
Charakter verschiedene Themen hat, welche nach einer kurzen, langsamen
Einleitung pathetischen
Charakters folgen und nach einer mehr oder minder ausgedehnten
Durchführung wiederkehrt
(es fehlt also nur die dem Sonatensatz eigne
Reprise
vor der
Durchführung). Diese Form ist mehr oder minder streng
¶
mehr
eingehalten bei den sogen. Konzertouvertüren
, aber auch bei der Mehrzahl der Opernouvertüren
, welche nicht aus Themen der
Oper zusammengesetzt sind. - 2) Die potpourriartige Ouvertüre
, welche ohne eine andre Form als eine auf
Effekt berechnete Steigerung und kontrastierende Ordnung der Themen die zugkräftigsten Nummern der Oper in mehr oder minder
vollkommener Gestalt aneinander hängt (Rossini u. v. a.). - 3) Die motivisch mit der Oper zusammenhängenden, aber in sich selbst
nach musikalischen Bildungsgesetzen ausgestattete und abgerundete Ouvertüre
, die allenfalls auch als symphonisches Tongemälde (symphonische
Dichtung) gelten kann, sei es nun, daß der Komponist den Grundgedanken der Oper in gedrängter Gestalt
ausführt, die Gegensätze aufstellt und versöhnt oder auch unversöhnt läßt, oder aber, daß er auf die Exposition des
Werkes (die ersten Szenen) vorbereitet. Solche Ouvertüren
modernster Art sind die Wagners und seiner Jünger, auch schon die
Schumanns, Webers, ja selbst Mozarts u. Beethovens.