Ostindische
Compagnien
, Bezeichnung der von den Regierungen der
Staaten, denen sie angehörten, für den
Handel nach
Ostindien
[* 2] privilegierten Gesellschaften. (S. Handelscompagnien.
) Sie gingen, mit Ausnahme der französischen, von den
mittel- und nordeuropäischen prot. Seemächten aus und entstanden zu Anfang des 17. Jahrh.
und im Laufe desselben, einzelne auch erst im 18., als für den kolonialen
Besitz der Portugiesen und
Spanier die Zeit der
Blüte
[* 3] schon vorüber war. Im Gegensatz zur
Kolonialpolitik der letztern, die hauptsächlich nach
Gold
[* 4] und
Grundbesitz strebten, suchten die Ostindische Compagnien
lediglich Handelsgewinn. Dieser Art ind.
Compagnien
sind der Zahl nach fünf, nämlich die
Englische,
[* 5] die
Holländische,
[* 6] die
Dänische, die
Französische
und die
Schwedische, die hier in der Reihenfolge nach ihrer
Stiftung genannt werden. Von ihnen sind die beiden erstgenannten
und ältesten, die
Englische und
Holländische, während ihres Bestehens
bis in die neuere Zeit zu welthistor. Macht und Bedeutung
gelangt.
Die Englisch-Ostindische Compagnie entstand durch einen auf Ansuchen reicher Londoner Kaufleute ihnen erteilten Freibrief der Königin Elisabeth, durch den sie unter dem Namen Governors and Company of merchants of London [* 7] trading to the East-Indies auf 15 Jahre das Privilegium erhielten für den Handel nach allen den Plätzen in Asien, [* 8] Afrika [* 9] und Amerika, [* 10] die zwischen dem Kap der Guten Hoffnung und der Magalhãesstraße liegen. Zugleich ward ihr ein eigenes Siegel, die Wahl eines Gouverneurs und von 20 Direktoren zugestanden, sowie die Erlaubnis, Korporationsgesetze (Bye-laws) zu entwerfen.
Mit einem Kapital von 72000 Pfd. St. wurden zuerst fünf Schiffe [* 11] ausgerüstet, die unter Kapitän James Lancaster zu Atschin auf Sumatra landeten. Die Expedition machte so vorteilhafte Geschäfte, daß 1604 eine zweite, 1610 eine dritte abging. Eine Gesandtschaft an den Großmogul 1608 erwirkte der Compagnie das Recht des Handels und der Niederlassung für die Westküste von Vorderindien, aber erst nach Besiegung der den Engländern erfolgreich widerstrebenden Portugiesen (1612) konnte die Compagnie daselbst ihre Privilegien ausüben und ihre erste Niederlassung auf dem Kontinent Ostindiens gründen. Durch ähnliche ¶
forlaufend
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rigkeiten, die sie seitens der Holländer fand, konnte sie erst 1640 in Madras [* 13] und Hugli den Grund zu den wichtigsten ihrer spätern Besitzungen legen. Am bestätigte Karl II. nicht nur die frühern Privilegien, sondern verlieh der Com- pagnie auch die Civilgerichtsbarkeit, Militärgewalt und das Recht, mit den Ungläubigen in Indien Krieg zu führen und Frieden zu schließen. Auch schenkte er ihr Bombay [* 14] als Lehn sowie einige Jahre später die Insel St. Helena.
Durch den selbst bei ihren Handelsgeschäften interessierten Jakob II. erhielt sie, um sie der Holländischen Compagnie gleichzustellen, noch das Recht, Festungen zu bauen, Truppen auszuheben, Kriegsgericht zu halten und Münzen [* 15] zu schlagen. So begünstigt, hob sich der Handel dergestalt, daß 1680 der Preis der India- Stocks 360 Proz. betrug mit angemessenen Divi- denden. Trotz der Anfeindung, die sie wegen ihrer drückenden Herrschaft in Indien und durch den Neid der von dem Monopol ausgeschlossenen Kaufmann- schaft im Parlament erfuhr, wurden ihre Privilegien 1694 neu bestätigt.
Aber schon 1698 erhielt eine Konkurrenzgesellschaft von der Regierung das gleiche Handelsrecht und nötigte bald die alte Compagnie, sich mit ihr (1708) unter dem Namen Unitkä ^N8t- Inäig. (^ompan^ zu vereinigen. Die Aktien wurden auf 500 Pfd. St. festgesetzt und jedem Inhaber einer solchen eine Stimme in der Generalversamm- lung ftd6 M16I-H1 court) bewilligt, während die 24 Direktoren nur unter den Besitzern von vier solcher Aktien gewählt werden durften. Die Blüte des auswärtigen Handels hob sich bald zu noch nie dagewesener Hohe, wozu die ruhigen Zeiten nach dem Iltrechter Frieden (1713) nicht wenig beitrugen, und die Compagnie gewann sichtlich an Einfluß auf die polit.
Verhältnisse Indiens. Allmählich aber brach sich die Überzeugung Bahn, daß die staatliche Selbständigkeit der Compagnie beseitigt und die Verwaltung ihrer Besitzungen unter die Oberauf- sicht der Regierung gebracht werden müßten, denn bei der engen Berührung der Angelegenheiten der Compagnie mit den allgemeinen polit. Staats- angelegenheiten war die bisherige Trennung nicht auf die Dauer durchzuführen. Nachdem das Mini- sterium For-North 1783 eine bezügliche Bill ver- geblich durchzusetzen versucht hatte, ordnete die Indiabill Pitts vom die Com- pagnie in Politik, Verwaltung und Rechtspflege einem Kontrollamt (Noai-ä ol coutrol) unter, das eine besondere Ministerialabteilung bildete. In Handelssachen behielt sie ihre alten Privilegien und ihre Selbständigkeit, aber die Anstellung der höhern Beamten, Richter und Heerführer wurde der staat- lichen Aufsicht unterstellt.
Hierdurch wurde die unabhängige Stellung der Compagnie so gut wie aufgehoben. Der Hof [* 16] der Direktoren war von jetzt an bloß eine unterge- ordnete Behörde zur Ausführung der Beschlüsse des Vorsitzeuden in der Oberaufsichtsbehörde, in- soweit diese nämlich die bürgerlichen und militür. Verhältnisse des Angloindischcn Reichs und das Budget betrafen. Da die Beamtenstellen in den Präsidentschaften zum größten Teil vom Hofe der Direktoren, den Statthaltern und Räten der ind. Regierung befetzt wurden, so fanden die Mitglieder der Compagnie Gelegenheit zu guter Versorgung ihrer Anaehörigen.
Für die Vorbildung für die ind. Laufbahn wurde (1806) die Schule zu Hailey- bury für den Civildienst, die zu Woolwich und Addiscombe für den Militärdienst errichtet. Nach Ablauf [* 17] der gewöhnlich auf 20 Jahre verliehenen Freibriefe suchte die Compagnie, ungeachtet wieder- holter Beschränkungen, jedesmal um Erneuerung ihres Privilegiums nach. Mit dem Freibrief von 1833 verlor sie aber ihre Sonderrechte in betreff des Handels, während die oberste Gewalt in allen bürgerlichen und militär. Angelegenheiten, seit 1833 auch in der Gesetzgebung, dem Generalgouverneur mit seinen vier Räten blieb.
Beim Ablauf des letzten Freibriefs 1854 wurden die Rechte der Com- pagnie noch stärker eingeschränkt; aber in Indien war man hiermit noch keineswegs zufrieden, es bildeten sich Volksvereine, und im April 1855 wurde eine Petition an das Parlament abgesandt, die Macht der Compagnie ganz zu beseitigen. Das Parlament beschloß die Abstellung der in der Pe- tition hervorgehobenen Mißstände, besonders aber steigerte der Aufstand der Sipahi 1857 (s. Ostindien, Geschichte) die feindselige Stimmung gegen die Com- pagnie, und es erfolgte nach langem Streit im Nnterhause, 2. Aug. im Oberhause die An- nahme eines neuen Indiagesetzes, wonach die Herr- fchaft der Compagnie unmittelbar an die Krone England überging. Am 30. Aug. hielt die Com- pagnie ihre letzte Sitzung.
Die Holländisch-Ostindische Compagnie^ die nächst der englischen wichtigste Handelscom- pagnie, entstand durch die Vereini- gung mehrerer, 1595 -1602 für den Handel nach Ostindien gestifteten kleinern Gesellschaften. Die Regierung verlieh ihr sofort das Monopol für den Holland. Handel östlich vom Vorgebirge der Guten Hoffnung bis zur Magalhaesstraßc, das Recht, im Namen der Generalstaaten Bündnisse und Ver- träge zu schließen, Festungen anzulegen, Gouver- neure und andere Beamte anzustellen, Militär zu halten und ihre innere Organisation nach eigenem Gutdünken einzurichten. In kurzer Zeit erlangten die Holländer, die sich vorzugsweise auf die ostind.
Inseln beschränkten, das Übergewicht über die Por- tugiesen, Spanier und selbst über die Engländer da- selbst. Am wurde zu London ein Ver- trag geschlossen, nach dem der Handel in den Mo- lukken durch die Holländische und Englische Com- pagnie gemeinschaftlich betrieben werden sollte. AlK aber die Holland. Behörden 1623 auf Amboina 18 Engländer wegen Verschwörung gegen die Com- pagnie hatten hinrichten lassen, gaben die Engländer zuletzt den Handel in den Molukken auf.
Die Com- pagnie erwarb 1605 Amboina, 1607 Ternate und Tidor und gründete 1611 Handelsniederlassungen auf Banda und Java; der Mittelpunkt ihrer Herr- fchaft wurde Batavia [* 18] (f. d. und Coen). Große Reichtümer flössen nach Holland; einmal (1606) zahlte die Compagnie ihren Aktieninhabern eine Jahresrente von 75 Proz. Während des 17. Jahrb. wuchs ihre Macht noch bedeutend. Sie erhielt 1637 den ausschließlichen Handel mit Japan, [* 19] entriß den Portugiesen 1641 Malaka, 1656 Ceylon [* 20] und 1663 die wichtigsten Punkte auf der Küste von Malabar. Sie gründete 1651 eine Kolonie am Vorgebirge der Guten Hoffnung, bemächtigte sich 1669 der Insel Celebes, lieh sich 1659 auf Sumatra nieder, vertrieb 1672 die Engländer und Franzofen aus den ind. Gewässern und besetzte die Küste von Koromandel. Doch zeigten sich schon gegen das Ende des 17. Jahrh, die ersten Spuren des Verfalls. Bereits 1696 überstiegen die Schulden das Einlagekapital ¶