Orlów
,
Kreisstadt im russ. Gouvernement Wjatka, an der Wjatka, mit 7 Kirchen, Fabrikation in Leder und Fayence, [* 2] Getreidehandel und (1885) 3376 Einw.
Orlów
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Orlów,
Kreisstadt im russ. Gouvernement Wjatka, an der Wjatka, mit 7 Kirchen, Fabrikation in Leder und Fayence, [* 2] Getreidehandel und (1885) 3376 Einw.
Orlów,
russ. Adelsfamilie. Ein gemeiner
Strelitze,
Iwan Orlów
, welcher auf Befehl
Peters d. Gr. hingerichtet
werden sollte, bewies dabei solche Kaltblütigkeit, daß er begnadigt und später zum
Offizier ernannt wurde.
Sein Enkel ist:
1) Grigorij, geb. Sohn Grigorijs Orlów
,
Gouverneurs von
Nowgorod
Weliki, war
Adjutant des Artilleriechefs
Grafen
Schuwalow.
Im Siebenjährigen
Krieg, wo er in der
Schlacht bei
Zorndorf verwundet wurde, mit dem gefangenen
Grafen von
Schwerin
[* 3] nach
Petersburg
[* 4] als Eskorteoffizier geschickt, zog er bei seinen körperlichen Vorzügen die
Augen der
Kaiserin
Katharina
II. auf sich, die ihn zu ihrem Geliebten erhob, und für die er nebst seinen
Brüdern den
Sturz
Peters III. vorbereitete.
Grigorij wurde zwar nicht, wie er gehofft, Gemahl der Kaiserin, jedoch reich belohnt und zum Generalfeldzeugmeister ernannt. Er war der Urheber der Idee, durch Ausrüstung einer Expedition in das Mittelmeer (1769 und 1770) der Türkei [* 5] in den Rücken zu fallen. Schon 1762 nebst seinen Brüdern in den Grafenstand erhoben, wurde er 1772 auch noch von Joseph II. zum deutschen Reichsfürsten ernannt. Als russischer Gesandter auf dem Friedenskongreß zu Fokschani 1772 erlangte er infolge seines anmaßenden ¶
Auftretens gegen die Türken nur wenig Vorteile für Rußland. Auf die Nachricht, daß Katharina Potemkin ihre Gunst zugewandt
habe, eilte er rasch nach Petersburg; ehe er aber noch dort eintraf, erhielt er den Befehl, sich auf sein Schloß Gatschina zu
begeben. Doch bedachte ihn die Kaiserin mit neuen bedeutenden Schenkungen an Bauern und barem Geld und überwies
ihm bald darauf den Marmorpalast zu Petersburg. Orlów
lebte fortan teils auf Reisen, teils in Moskau
[* 7] und verheiratete sich später
mit seiner Nichte. Er starb in Geisteszerrüttung zu Moskau. Aus seiner Verbindung mit Katharina entsprang die noch
blühende Familie der Grafen Bobrinskij.
2) Alexej, Bruder des vorigen, geb. 1737, ausgezeichnet durch gewaltige Gestalt und riesige Kraft, [* 8] spielte bei der Thronrevolution von 1762 von allen seinen Brüdern die kühnste Rolle. Er holte Katharina II. aus Peterhof ab, rief dieselbe zur Kaiserin aus und erdrosselte eigenhändig den entthronten Peter III. in Ropscha, wofür er zum Generalleutnant, 1764 auch zum Kammerherrn und Präsidenten der Tutelkanzlei ernannt wurde. 1768 wurde er zum Admiral der ganzen russischen Flotte im Archipel ernannt.
Sein glänzender Sieg bei Tschesme erwarb ihm den Beinamen Tschesmenskoi. Nach beendetem Krieg rückte er zum Oberbefehlshaber
auf und erhielt bedeutende Schenkungen. Paul I. nahm an ihm und Barjatinskij, dem einzigen noch lebenden
Mordgenossen, dadurch Rache, daß sie bei der feierlichen Abholung der Leiche Peters III. aus dem Alexander-Newskykloster das
Bahrtuch tragen mußten und hierauf den Befehl erhielten, sich auf Reisen zu begeben. Orlów
ging nach Deutschland
[* 9] und kehrte erst
nach Pauls Tod nach Moskau zurück, wo er starb.
3) Grigorij Wladimirowitsch, Neffe der vorigen, Sohn ihres jüngsten Bruders, Wladimir (gest. 1802), geb. 1777, seit 1812 Senator,
beschäftigte sich mit Geschichte, Staatskunde und Litteratur und ward Mitglied der Akademien zu Petersburg und Neapel.
[* 10] Seiner
Gesundheit wegen lebte er größtenteils im Ausland, namentlich in Paris.
[* 11] Er starb kinderlos in
Petersburg. Seine »Mémoires historiques, politiques et littéraires de Naples« (mit Anmerkungen von Duval, 2. Aufl., Par. 1825, 5 Bde.)
erschienen auch deutsch (Leipz. 1824). Außerdem schrieb er: »Histoire des arts en Italie« (Par. 1822, 4 Bde.)
und »Voyage dans une partie de la France« (das. 1824, 3 Bde.).
Mit ihm erlosch die legitime männliche Linie Orlów.
4) Alexej Fedorowitsch, natürlicher Sohn des Fedor Orlów
, jüngern Bruders von Orlów
1) und 2), geb. 1787, zeichnete sich in den
französischen Kriegen aus, ward Adjutant des Großfürsten Konstantin, dann Oberst und Kommandeur des Garderegiments
zu Pferd.
[* 12] Am trug seine Geistesgegenwart viel zur Dämpfung des Aufstandes der Garden bei, worauf er in den Grafenstand
erhoben, zum Generaladjutanten ernannt wurde und das Kommando einer Kavalleriedivision erhielt, an deren Spitze er sich in
dem türkischen Feldzug von 1828 auszeichnete.
Nachdem er den Friedensvertrag von Adrianopel vom abgeschlossen, ging er als außerordentlicher Botschafter nach Konstantinopel. [* 13] 1833 erschien er als Oberbefehlshaber der am Bosporus [* 14] gelandeten russischen Truppen von neuem in Konstantinopel und bewog den Sultan, den Vertrag von Hunkjar Skelessi zu unterzeichnet. Bald darauf ward er General der Kavallerie und Mitglied des Reichsrats, und 1844 erhielt er das Oberkommando des Gendarmenkorps und die Leitung der geheimen Polizei. Er begleitete den Kaiser Nikolaus auf allen seinen Reisen. Seine Sendung nach Wien [* 15] 1854, um Österreich [* 16] für die russische Politik zu gewinnen, war erfolglos. Am Friedenskongreß zu Paris 1856 wirkte er mit Erfolg als russischer Bevollmächtigter, ward hierauf zum Präsidenten des Reichs- und Ministerrat und in den Fürstenstand erhoben. Nachdem er den ihm 1858 übertragenen Vorsitz im Leibeigenschaftskomitee niedergelegt, starb er in Petersburg.
5) Nikolai Alexejewitsch, Fürst, einziger Sohn des vorigen, geb. 1820, trat zuerst in die Armee, dann, nachdem er 1854 bei der Belagerung von Silistria eine besondere Tapferkeit bewiesen, aber auch ein Auge [* 17] sowie einen Arm eingebüßt hatte, in den diplomatischen Dienst und wurde 1860 Gesandter in Brüssel, [* 18] 1870 kurze Zeit in Wien. 1872-80 war er Botschafter in Paris, dann in Berlin [* 19] und starb in Fontainebleau. Auch als militärischer Schriftsteller hat er sich versucht mit einer russisch geschriebenen »Geschichte des preußischen Kriegs von 1806« (Petersb. 1856).