[* 2] (spr. -ang),Hauptstadt des franz.
DepartementsLoiret, liegt in einer freundlichen
Ebene am rechten
Ufer der
Loire, an einem der historisch und geographisch wichtigsten
PunkteFrankreichs. Hier am nördlichsten
Punkte der
Loire, am
Knie
des
Stroms, nähert sich das
Flußgebiet derselben dem mittlern Seinebecken mit
Paris
[* 10] am meisten, hier vereinigen
sich alle von dort kommenden
Straßen in einem
Knoten, um dann, wie es jetzt namentlich die Eisenbahnlinien zeigen, den beiden
Schenkeln des
Stroms folgend und denselben geradeaus übersetzend, dem zentralen Hochfrankreich, dem
Westen und Südwesten zuzustreben.
Die Stadt ist durch eine 333 m lange, in der Mitte des 18. Jahrh. erbaute
Brücke
[* 11] von neun
Bogen
[* 12] mit den Vorstädten
St.-Marceau und
St.-Jean verbunden. Der zunächst dem
Fluß gelegene Teil der Stadt
besteht meist aus engen, gewundenen
Straßen, wogegen die neuen, namentlich die an
Stelle der alten Festungswerke, angelegten
Straßen und
Boulevards¶
mehr
sich durch Breite
[* 14] und Reinlichkeit auszeichnen und mit schönen Häusern und Schauläden besetzt sind. Der Platz du Martroi,
der größte und schönste der Stadt, ist seit 1855 mit einer bronzenen Reiterstatue der Jeanne d'Arc (von Foyatier) geschmückt,
wogegen das früher hier errichtete Denkmal der Heldin an das Ende der Loirebrücke versetzt wurde. Zu
den hervorragendsten öffentlichen Gebäuden der Stadt gehören: die nach der Zerstörung durch die Hugenotten (1567) größtenteils
neuerbaute gotische Kathedrale (Ste.-Croix);
die Kirche St.-Aignan, aus dem 15. Jahrh., im Innern neuestens restauriert;
die
alten Kirchen St.-Euverte und St.-Pierre le Puellier, letztere aus dem 12. Jahrh., beide in jüngster
Zeit bedeutenden Restaurationsarbeiten unterzogen;
das alte
Stadthaus, in welchem das 1825 gegründete Museum der Gemälde und Skulpturen untergebracht ist, u. a. Die Einwohner, deren
Zahl (1886) 51,208 (Gemeinde 60,826) beträgt, betreiben außer Gemüse- und Obstbau auch etwas Industrie,
insbesondere Fabrikation von Wolldecken, Wirkwaren, Weinessig, Branntwein, Mehl,
[* 16] Maccaroni etc. Weit wichtiger ist aber der
Handel, dessen Hauptgegenstände Schafwolle (von der Beauce und Sologne), Wein (aus dem Orléanais), Getreide,
[* 17] Öl, Pflänzlinge
aus den ausgedehnten Baumschulen u. a. bilden.
Orléans ist das altkeltische Genabum, eine Stadt der Karnuten, wo 52 v. Chr. der große Aufstand gegen Julius Cäsar
ausbrach. Sie erhielt unter Aurelian (270-275) den NamenCivitas Aureliani, woher der jetzige Name entstanden ist. 451 wurde
die Stadt von Attila belagert. Später kam sie unter die Herrschaft der Franken und war wiederholt die Hauptstadt eines der
merowingischen Königreiche. Die Normannen plünderten sie zweimal (856 und 865). Dann ward sie als Hauptstadt
einer Grafschaft unter Hugo Capet einer der wichtigsten Plätze seiner Besitzungen. 1309 wurde hier eine Universität errichtet. 1428 wurde
Orléans von den Engländern unter dem Regenten, Herzog von Bedford, belagert, jedoch durch Jeanne d'Arc (s. d.), die Jungfrau vonOrléans, entsetzt.
Während der Hugenottenkriege wurden hier 1560-61 die Generalstaaten abgehalten und das Edikt von Orléans erlassen
welches den HugenottenAmnestie und Toleranz bewilligte. 1562 besetzten es diese und machten es zu ihrem Hauptquartier,
und 1563 ward es durch den HerzogFranz vonGuise belagert, der vor der Stadt ermordet wurde. Auch im deutsch-französischen
Krieg 1870/71 spielte Orléans eine sehr wichtige Rolle (vgl. Plan). Die Delegation in Tours
[* 19] bestimmte Orléans zum Ausgangspunkt der Operationen
zum Entsatz von Paris, da es der geeignetste Punkt war, um Heere aus dem von der Invasion unberührt gebliebenen Süden zu vereinigen
und von hier aus gegen die zernierte Hauptstadt vorzuschieben, während zugleich die straßenarme und
wasserreiche, beinahe öde Sologne die Verfolgung des etwa von O.
nach dem Süden zurückweichenden Heers erschwerte. Schon Anfang Oktober bildete sich in Orléans das 15. französische Korps unter
General Lamotterouge. Gegen dieses wurden von der Armee vor Paris das 1. bayrische Korps und die preußische 22. Division entsendet,
welche in Gemeinschaft mit der 2. und 4. Kavalleriedivision die Franzosen10. Okt. bei Artenay angriffen und
zurückwarfen und am 11. nach hartnäckigem Widerstand auch Orléans erstürmten; die Sieger verloren 60 Offiziere und 1200 Mann,
die Franzosen allein 3000 Gefangene.
Dieselben verloren in der Schlacht bei Orléans, abgesehen von ihren starken Verlusten an Toten und Verwundeten, über 12,000 Gefangene
und 60 Kanonen, während die Deutschen 1300 Mann an Toten und Verwundeten verloren. Orléans blieb darauf bis Anfang März 1871 von
den deutschen Truppen besetzt.
Vgl. Bimbenet, Histoire de la ville d'O. (Orléans 1884-87, 3 Bde.);
Mehrmals aus Frankreich flüchtig, vermählte er sich nach dem Tod seiner ersten Gemahlin (1627) 1632 heimlich mit Margarete
von Lothringen und erlangte die Gnade seines Bruders und die Erlaubnis zur Rückkehr nur, indem er seine Genossen feig im Stiche
ließ. Nach Ludwigs XIII. Tod ward er Generalstatthalter des Königreichs und führte 1644-1646 glückliche Feldzüge in den
Niederlanden. In denKriegen der Fronde schloß sich der Herzog 1648 an die Unzufriedenen an, zeigte sich
aber auch hier wankelmütig und versöhnte sich wiederholt mit dem Hof.
[* 24]
Vgl. »Mémoires du duc d'O.«
(Amsterd. 1683, 2. Aufl. 1756).
Das erledigte Herzogtum Orléans verlieh Ludwig XIV. nun seinem einzigen Bruder, Philipp, früher Herzog von Anjou,
geb. zu St.-Germain, dem Stammvater des noch blühenden Hauses Orléans-Bourbon. Derselbe erhielt außerdem noch die
Herzogtümer Valois und Chartres, die Herrschaft Montargis, 1672 das Herzogtum Nemours, endlich auch Montpensier. Seine Erziehung
wurde vernachlässigt, und er ergab sich frühzeitig einem zügellosen,
¶
[* 2] LudwigPhilipp, Herzog von, wurde aus dem Gefängnis in Clairvaux entlassen. SeinVater, der Graf von Paris, unternahm darauf mit ihm eine Reise nach Amerika.
[* 25] Über die Verbindung des Prätendenten mit Boulanger
brachte die französische Presse
[* 26] unangenehme Enthüllungen, aus denen hervorging, daß der Graf zwar die Unterstützung Boulangers
und seiner Anhänger durch die Monarchisten gebilligt und befördert habe, im Glauben, dadurch die Republikaner
zu entzweien und die Republik zu stürzen, selbst aber zu den Kosten der Wahlagitationen wenig beigetragen, sondern nur die
Herzogin von Uzès veranlaßt habe, 3 Mill. Frank zu diesem Zwecke zu opfern, die er nach Wiederherstellung seines Thrones
zurückzubezahlen versprach. Der Graf leugnete nicht, daß er, von der Republik geächtet, im Kampfe gegen sie alle Waffen
[* 27] aufgerafft
habe, die sie ihm lieferte, verlor aber hierdurch auch in den Augen der Monarchisten nicht wenig an Einfluß und Achtung. -
Von dem 1842 gestorbenen HerzogFerdinand von Orléans wurden die »Lettres 1825-42« (Par. 1889) und die »Récits
de campagne en Algérie 1833-41« (das. 1890) durch seine Söhne herausgegeben.
(frz. orléans; engl. orleans) sind halbwollne
leinwandartig gewebte Kleider- und Futterzeuge, entstanden als Nachahmung der ehemaligen ganz wollnen Berkane. Die Kette
besteht aus gezwirntem Baumwollgarn, das öfter fertig gescheert von England bezogen wird, der Einschlag je nach Mode aus
deutschem Kammgarn Nr. 30-60, oder aus Mohair. Der Stoff kommt häufig einfarbig vor, zuweilen auch meliert,
geflammt, moiriert, gedruckt, gerippt, façonniert und mit Seidenstreifen gewebt. Die Breite ist 0,70-0,85 m, die Länge
10-20 m. Die Garne werden roh verwebt, die Gewebe dann gedämpft, gesengt, gewaschen und gefärbt
und schließlich gepreßt.
Der Stoff wird gewöhnlich auf Maschinenstühlen gewebt, welche für die gemusterte Ware mit Schaft-
oder Jacquardvorrichtungen versehen sind. Es ist dies thunlich, da die Muster zu dieser Ware meist sehr klein genommen werden.
In England liefern Huddersfield, Bradford, Halifax und Wakefield große Massen des Stoffes für den Weltmarkt. In Deutschland
werden die geringsten und wohlfeilsten O. in der Lausitz gefertigt, bessere in Schedewitz (Sachsen),
Elberfeld, Barmen, Reichenau bei Zittau, Wüstegiersdorf in Schlesien, Berlin. - Zoll gem. Tarif
Nr. 41 d 5 und 6.