Orlean
(Orellana, Roucou, Anatto, Arnotto), ein gelbroter Farbstoff, welcher von einem in den heißen Ländern Amerikas heimischen, aber auch dort, sowie in Zanzibar und auf den Sandwichinseln kultivierten strauchartigen Baume, Bixa orellana, kommt und zwar ist das Fruchtfleisch der Träger der Farbe. Die Frucht ist eine herzförmige, zusammengedrückte, weichstachelige Kapsel von Wallnußgröße, die sich bei der Reife zweiklappig öffnet. Die Samen sind umgeben von einem orangegelben, klebrigen, abfärbenden Brei, welcher abgesondert den Farbstoff darstellt.
Man nimmt aus den reif gewordenen Früchten das Fleisch mit den Kernen heraus und verfährt nach Ortsgebrauch in verschiedner Weise mit der Absonderung des erstem. Man stellt entweder die Masse mit kaltem Wasser längere Zeit an, sodaß sie eine Art Gärung eingeht, reibt oder stampft dann die Masse und sondert die Kerne oder deren Bruchstücke mit Sieben ab, oder man extrahiert gleich die Früchte mit kochendem Wasser, während man anderwärts Samen und Fleisch trennt, indem man die Masse durch Siebe reibt.
Der irgendwie erhaltene weiche Brei setzt sich aus Wasser allmählig als Bodensatz ab und hinterläßt das Wasser gelb gefärbt, denn der Farbstoff ist ein doppelter, ein gelber, der sich mit Wasser extrahieren läßt, und ein roter von harziger Natur, der nur in Weingeist und alkalischen Mitteln löslich ist. Der von Wasser mehr oder weniger befreite Brei bildet den O., eine lebhaft gelbrote Masse, je nach der Sorte mehr oder weniger wasserhaltig.
Die häufigste und Hauptsorte für technische Zwecke ist der Kuchenorlean
, welcher ziemlich trockne,
viereckige Kuchen von 1-1½ kg Schwere bildet, die in Bananenblätter gewickelt und in Fässer verpackt sind. Diese Sorte
kommt fast ausschließlich aus Cayenne und Guadeloupe und geht zunächst nach Frankreich, welches die Nachbarländer versorgt.
Rollenorlean
kommt aus Brasilien. Die Rollen oder Cylinder sind klein, die Masse ist hart, kompakt und
trocken, außen bräunlich, innen schön rot. Diese Sorte ist diejenige, welche in England zu der in ausgedehntem Maße betriebenen
Käse- und Butterfärberei vorzugsweise verwendet wird.
Teigorlean
heißt die Ware, wenn sie als weiche Masse in den Handel kommt. Sie hat gewöhnlich bis 60% Wassergehalt
und ist in diesem Verhältnis wohlfeiler. Diese Sorte riecht gewöhnlich übel, da man sie in den Magazinen durch Begießen
mit Urin feucht erhält, damit sie haltbarer bleibt und die Farbe sich erhöht. Frischer nicht derart behandelter O. riecht
dagegen angenehm veilchenartig. Die teigförmigen O. kommen neuerdings häufig an Stelle der Kuchen in
den Handel und sind in Fässer oder Blechbüchsen verpackt. Die gewöhnlichen Behandlungsweisen zur Darstellung des O. sind
im Grunde ziemlich roh, da der färbende Bestandteil mit den andern Stoffen des Fruchtfleisches gemengt bleibt.
Von Frankreich aus wird ein reineres Präparat in den Handel gebracht, das gegen viermal mehr Färbekraft hat und reiner färbt als die gewöhnliche Ware. Es wird Bixin genannt und ist in Form kleiner Täfelchen. Der O. wird in der Färberei benutzt besonders auf Seide, auf welcher die Farbe lebhaft und glänzend ausfällt, aber in keinem Falle sehr dauerhaft ist. Man wendet entweder weingeistige Lösungen an oder bereitet die Farbstoffe mit alkalischer Lauge, in welcher beide Farbstoffe löslich sind und erhält damit Gelb oder Orange. In der Kattundruckerei verwendet man O. für die Nüancen von Chamois bis Orange; ferner färbt man damit Papier, Tapeten, Firnisse, Wasser- und Ölfarben und Käse. Der letztere Gebrauch kommt auch in Holland vor. - Zollfrei. ¶