Oratōrium
(lat.), überhaupt jedes zum Beten bestimmte, mit einem Kruzifix, einem kleinen Altar etc. versehene Zimmer, in den Klöstern der Betsaal.
Nur mit Genehmigung des Bischofs kann Messe in ihnen gelesen werden.
Priester vom s. Oratorianer.
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(lat.), überhaupt jedes zum Beten bestimmte, mit einem Kruzifix, einem kleinen Altar etc. versehene Zimmer, in den Klöstern der Betsaal.
Nur mit Genehmigung des Bischofs kann Messe in ihnen gelesen werden.
Priester vom s. Oratorianer.
(lat., »Betsaal«),
Name einer halb dramatischen, halb epischen und lyrisch-kontemplativen Kompositionsgattung, deren Name daher rührt, daß in den Versammlungen des von Filippo Neri in Rom begründeten, nach dem Ort seiner Zusammenkünfte Congregazione dell' oratorio genannten frommen Vereins musikalische Aufführungen stattfanden, anfänglich schlichte Hymnengesänge (laudi) von Animuccia und Palestrina, später eine Art Mysterien moralisierenden Inhalts mit Personifizierung abstrakter Begriffe (Vergnügen, Zeit, Welt etc.). Das erste im Oratorio Neris ausgeführte derartige Werk war Cavalieris »Anima e corpo« (1600), worin, als etwas Neues, der Stilo rappresentativo (recitativische Gesang), welcher als der für dramatische Aufführungen (rappresentazioni) jeder Art geeignetste erkannt worden war, Anwendung fand (vgl. Oper, S. 398). Die Instrumentalbegleitung (diese war die unerläßliche Bedingung des neuen Stils) bestand aus Cembalo, Chitarrone, Lira doppia (Kontrabaßviola), zwei Flöten und ad libitum Violine unisono mit der Sopranstimme.
Die ersten Oratorien (der Name Oratorium wurde wohl allmählich gebräuchlich als Abkürzung für »Rappresentazione per il [oder nel] oratorio«) waren also wirkliche szenische Aufführungen mit symbolischer Darstellung der Begriffe oder, wo es sich um die Darstellung einer biblischen Geschichte (Azione sacra) handelte, mit agierenden Personen, so bei Kapsberger, Landi u. a. Erst bei Carissimi (1604-74) tritt die Partie des Erzählers (historicus) ein, und die szenische Aufführung fällt weg.
Ihre Vollendung erhielt die Kunstform des Oratoriums durch Händel, dessen »Trionfo del tempo e del disinganno« beinahe bei Carissimi anknüpft (wenigstens dem Süjet nach) und wirklich eine Allegorie der alten Art ist. So hielten sich vom Anfang bis in die neuere Zeit nebeneinander das biblische Oratorium, von dem die Passion (s. d.) nichts andres als eine in Einzelheiten eigenartig fortentwickelte Spezies ist, und das allegorisierende Oratorium, für welches als bekanntes Beispiel noch Händels »L'allegro, il pensieroso ed il moderato« genannt sein mag.
In der neuesten Zeit ist die letztere Gattung ganz verschwunden; dagegen ist eine neue hinzugekommen in den weltlichen Oratorien. Haydns »Schöpfung« bildet den Übergang zu diesen, die »Jahreszeiten« sind das erste wirkliche Beispiel. Um die Zusammengehörigkeit von Händels »Messias« und Schumanns »Paradies und Peri« und »Bezauberter Rose« zu einer Kunstgattung zu begreifen, muß man freilich vom Süjet ganz absehen und nur die Form berücksichtigen (Vereinigung der epischen Darstellung mit der dramatischen); doch haben unsre neuern Komponisten ihren guten Grund, weshalb sie ihren hierher gehörigen weltlichen Gesangswerken lieber den Titel Oratorium nicht geben.
Denn das eigentliche Oratorium vermeidet Ensemblenummern, welche eine Situation voraussetzen, während das weltliche Oratorium oft so dramatisch wird, daß einzelne Partien recht wohl als Opernfragmente gelten können. Zudem erinnert der Name doch zu sehr an die ursprüngliche Entstehung, als daß man diese ignorieren möchte. Von ältern Förderern der Kunstform des Oratoriums sind noch zu nennen: Heinrich Schutz, Sebastiani und J. S. Bach, also die Männer, welche die Passion zur höchsten Ausbildung brachten.
Händel aber gab dem eigentlichen Oratorium die seitdem typische Gestalt, indem er auf die alten italienischen Formen zurückgriff und den Erzähler und die Gemeindegesänge wegließ, die nun als Charakteristikum der Passion verblieben. Das Weihnachtsoratorium Bachs gehört daher der Form nach durchaus zu den Passionen. Von den Komponisten seit Bach und Händel haben außer Haydn nur Fr. Schneider, Klein, Spohr und Mendelsohn, in neuester Zeit F. Hiller, Liszt, Kiel und L. Meinardus Bedeutendes auf dem Gebiet des biblischen Oratoriums geleistet, während das weltliche Chorwerk in Schumann, Brahms, Bruch seine vorzüglichsten Pfleger fand.
Vgl. Wangemann, Geschichte des Oratoriums (3. Aufl., Leipz. 1882);
Böhme, Geschichte des Oratoriums (2. Aufl., Gütersl. 1887).