Opitz,
Martin, Schriftsteller und Dichter, geb. zu Bunzlau in Schlesien, besuchte die Gymnasien zu Breslau und Beuthen, gab schon 1616 eine kleine Sammlung lat. Epigramme: «Strenae», und 1618 die Abhandlung «Aristarchus seu de contemptu linguae teutonicae» heraus. 1618 bezog er die Universität zu Frankfurt a. O. und 1619 Heidelberg, wo er Mittelpunkt eines Dichterkreises wurde. Um den Kriegsstürmen auszuweichen, ging er 1620 mit seinem Freunde Hamilton, einem Dänen, nach den Niederlanden und von da nach Jütland. 1621 kehrte er nach Schlesien zurück und folgte 1622 einem Rufe Bethlen Gabors, des
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Fürsten von Siebenbürgen, an das Gymnasium zu Weißenburg (jetzt Karlsburg). Eine Frucht seines Aufenthalts in Siebenbürgen war das Lehrgedicht «Zlatna oder von Ruhe des Gemüts» und sein Horaz nachgedichtetes «Lob des Feldlebens». 1624 ward er Rat beim Herzog von Liegnitz und Brieg. In demselben Jahre erschien sein epochemachendes «Buch von der deutschen Poeterey» (neue Ausg., Halle 1876, 1882; zugleich mit dem «Aristarchus» hg. von G. Witkowski, Lpz. 1888) und die Ausgabe seiner «Deutschen Poemata». 1625 reiste er nach Wien, empfahl sich hier durch ein Trauerqedicht auf den Tod des Erzherzogs Karl, Fürst-Erzbischofs von Breslau, dem Kaiser Ferdinand II. und trat 1626 als Sekretär in die Dienste des großen Protestantenfeindes Karl Hannibal von Dohna. 1627 dichtete er das Textbuch der ältesten deutschen Oper «Dafne» (nach Rinuccini),
komponiert von Heinr. Schütz. 1628 wurde er vom Kaiser als Martin Opitz von Boberfeld geadelt und 1629 unter dem Namen des Gekrönten in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen. Sein Lehrgedicht «Bielguet» (1629) und vor allem seine «Schäfferey von der Nimsen Hercinia» (1630) zeugen abermals von den idyllischen Neigungen, die er sich im Hofleben bewahrte. In diplomat. Angelegenheiten schickte ihn 1630 der Burggraf von Dohna nach Paris, wo er Hugo Grotius kennen lernte.
Nach der Verjagung des Burggrafen aus Breslau (1632) blieb Opitz zunächst ohne Amt in Breslau und gab sein Lehrgedicht «Vesuv», das schon in Jütland gedichtete «Trostgedichte in Widerwärtigkeit des Krieges», seine beste Dichtung, und das Singspiel «Judith» heraus. Nachdem er hierauf eine Zeit lang im Dienste der Herzöge von Liegnitz, Brieg und Öls, besonders als Agent bei den Schweden, gestanden hatte, zog er 1635 nach Danzig, wo ihn König Wladislaw IV. von Polen, an den er 1636 ein Lobgedicht gerichtet hatte, 1637 zum königl. Historiographen und Sekretär ernannte. Er starb in Danzig an der Pest. Außer Originaldichtungen sind von Opitz zu nennen Übersetzungen: der «Trojanerinnen» des Seneca (1625),
der «Argenis» Barclays (1626),
der «Arcadia» Sidneys (1629),
der Schrift des Grotius «Von der Wahrheit der christl. Religion» (1631),
der «Antigone» des Sophokles (1636),
der Psalmen Davids (1637);
die Erhaltung des altdeutschen «Annoliedes» verdanken wir lediglich seiner Ausgabe (1639).
Opitz' großer Einfluß auf die zeitgenössische Dichtung erklärt sich zum Teil daraus, daß er Theoretiker und Praktiker zugleich war. In seinem Büchlein «Von der deutschen Poeterey» vertrat er lehrhaft eine Reform des deutschen Verses; strenge Wahrung des natürlichen Wortaccentes innerhalb des Verses, strenge Silbengleichheit der einzelnen Verstakte, im Gegensatz zu der die Wortbetonung entweder ganz willkürlich versetzenden oder nur nach Hebungen den Vers bestimmenden Rhythmik der letzten zwei Jahrhunderte. In seinen fast auf alle Dichtungsarten sich erstreckenden eigenen poet. Versuchen bewies er mit großem formalem Geschick die Anwendbarkeit seiner Theorie in der Praxis. Sein Lieblingsvers ist der Alexandriner, der seine Herrschaft im 17. Jahrh. nicht zum wenigsten Opitz verdankt.
Seine Verdienste um die deutsche Litteratur sind vorwiegend formale, sein dichterisches Talent war weder reich noch stark. Seinen Vorbildern Ronsard und Daniel Heinsius eiferte er nicht ohne Geschick und Geschmack nach; aber nüchterne Reflexion herrscht fast überall vor; nur einige Jugendgedichte klingen frischer und naiver. Der deutschen Litteratur seiner Zeit gab er das Gepräge und sein Einfluß blieb mehr als hundert Jahre lebendig, wie er denn auch als das Haupt der ersten Schlesischen Dichterschule gilt. (S. Deutsche Litteratur, Bd. 5, S. 10.) Ein Denkmal des Dichters (Marmorbüste von Michaelis) wurde in Bunzlau enthüllt. Von Opitz' Dichtungen sind mehrere Ausgaben sowohl bei seinen Lebzeiten als später erschienen, aber keine ist vollständig. Eine Auswahl gaben J. Tittmann in den «Deutschen Dichtern des 17. Jahrh.», Bd. 1 (Lpz. 1869),
und Österley (in Kürschners " Deutscher Nationallitteratur»). -
Vgl. die Biographien von Strehlke (Lpz. 1856), Palm (Bresl. 1862), Hoffmann von Fallersleben (Lpz. 1858) sowie Opitz Fritsch, Martin Opitz' Buch von der deutschen Poeterey (Halle 1884).