Österreich
ischer
Erbfolgekrieg, 1741-48. Da
Kaiser
Karl VI. keine männlichen Nachkommen hatte und
der Mannesstamm des
Hauses
Habsburg in
Österreich
[* 2] mit ihm aussterben mußte, so scheute er keine Bemühungen und
Opfer, um die
Anerkennung seiner Tochter
Maria Theresia als
Erbin und Nachfolgerin in der Gesamtmonarchie von seiten der übrigen Mächte
zu erlangen. In der That war auch diese
Anerkennung durch
Annahme der
Pragmatischen Sanktion von seiten
der
Stände der Kronlande und der auswärtigen
Höfe zugesichert worden. Allein gleich nach dem
Tod
Karls VI. erhob
der
Kurfürst
Karl
Albrecht von
Bayern,
[* 3] der die
Anerkennung der
Pragmatischen Sanktion verweigert hatte, Ansprüche auf die
Erbfolge
in der ganzen österreich
ischen
Monarchie und zwar als Nachkomme
Annas, der ältesten Tochter
Ferdinands
I. Dieser sollte angeblich bestimmt haben, daß nach dem Aussterben der männlichen
Erben des
Hauses
Habsburg im Erzherzogtum
Österreich und in
Böhmen
[* 4] die Nachkommen dieser Tochter succedieren sollten; in
Wahrheit aber hieß es in der
Urkunde: »der
ehelichen«, nicht: »der männlichen«
Erben.
Obgleich also diese Ansprüche wenig begründet waren, fanden sich doch
Frankreich und
Spanien
[* 5] bewogen,
die günstige Gelegenheit zu benutzen, um die Machtstellung
Österreichs zu brechen und ihm die 1714 erworbenen spanischen
Gebiete zu entreißen. Die Gelegenheit, die österreich
ische
Monarchie zu zerreißen, schien um so günstiger, als auch
August
III. von
Polen-Sachsen als Gemahl der ältesten Tochter
Josephs I. Ansprüche erhob und
Friedrich II. von
Preußen
[* 6] schon 1740 den ersten
Schlesischen
Krieg begonnen und nach dem
Sieg bei
Mollwitz
Schlesien
[* 7] erobert hatte.
Belleisle, der in
Versailles
[* 8] die
Entscheidung für den
Krieg herbeigeführt hatte, verständigte sich im Juni 1741 mit
Karl
Albrecht über eine gemeinschaftliche
Politik
Frankreichs und
Bayerns; danach sollte der
Kurfürst die
Kaiserkrone und einen Teil
der österreich
ischen
Lande erhalten,
Frankreich in den
Niederlanden,
Spanien in
Italien
[* 9]
Eroberungen machen dürfen.
Kurfürst
August
III. von
Sachsen
[* 10] trat dem
Bund 19. Sept. bei. Im
August 1741 drangen nun
Karl
Albrecht und
Belleisle, ohne
Widerstand
zu finden, bis
Linz
[* 11] vor, wandten sich nach
Böhmen und eroberten im
Verein mit dem
Kurfürsten
August III. 26. Nov.
Prag,
[* 12] wo 19. Dez.
Karl
Albrecht als König von
Böhmen gekrönt wurde.
Allein während letzterer darauf in
Frankfurt
[* 13] a. M. als
Karl VII. zum
Kaiser gewählt und 12. Febr. gekrönt
wurde und gleichzeitig ein spanisch-neapolitanisches
Heer die österreich
ischen Besitzungen in
Italien
(Lombardei,
Parma
[* 14] etc.)
angriff, riet
Maria Theresia die
Hilfe der
Ungarn
[* 15] an, die sich mit
Begeisterung für ihre
Königin erhoben
(September 1741). Das
durch den ungarischen
Heerbann verstärkte österreich
ische
Heer unter
Khevenhüller eroberte
Oberösterreich
wieder; der
General Bernklau nahm
München
[* 16] und war bald
Herr von ganz
Bayern.
Mit Friedrich II. aber, welcher der Allianz nicht förmlich beigetreten war, schloß Maria Theresia (nach dem Sieg Friedrichs bei Tschaslau, auf den Rat Englands den Frieden von Breslau, [* 17] in welchem sie auf Schlesien nebst Glatz [* 18] verzichtete; sie befreite sich auf diese Weise von ihrem gefährlichste Gegner. Auch Kurfürst August III. von Sachsen trat diesem Friedensschluß bei. So standen die Dinge für die Verbündeten nicht günstig. Zwar vertrieb der bayrische General Seckendorf im Oktober 1742 die Österreicher wieder aus Bayern, und Karl Albrecht konnte wieder nach München zurückkehren, aber nur, um im Juni 1743 nach dem Sieg der Österreicher bei Simbach aufs neue vertrieben zu werden, nachdem die Franzosen bereits im Dezember 1742 Prag aufgegeben u. durch einen geschickten Rückzug Böhmen geräumt hatten. ¶
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Dazu kam, daß wegen der Beteiligung Frankreichs an dem englisch-spanischen Krieg 1742 König Georg II. von England und auf seinen
Antrieb die Niederlande
[* 20] sich mit Österreich verbanden und die sogen. pragmatische Armee am untern Rhein aufstellen, welche die
Franzosen bei Dettingen (unweit Aschaffenburg)
[* 21] besiegte und zum Rückzug über den Rhein nötigte, worauf
auch Sardinien
[* 22] (13. Sept.) und Sachsen der österreich
ischen Allianz beitraten. Zwar bemächtigte sich der Marschall von Sachsen,
Moritz, an der Spitze eines französischen Heers mehrerer Plätze (Menin, Ypern, Furnes u. a.) in den Niederlanden; dafür aber drang
ein österreich
isches Heer im Frühjahr 1744 unter Prinz Karl von Lothringen in Elsaß und Lothringen ein.
Gleichzeitig war der Seekrieg zwischen Frankreich und England ausgebrochen und verlief für ersteres unglücklich. Der Krieg in Deutschland [* 23] nahm aber für die Verbündeten dadurch wieder eine günstigere Wendung, daß Friedrich II. von Preußen, um einem Angriff Österreichs und seiner Verbündeten zuvorzukommen, sich wieder mit den Gegnern Österreichs verband und im August 1744 den zweiten Schlesischen Krieg begann. Er drang rasch in Böhmen ein, wurde zwar durch den österreichischen Feldmarschall Traun und Karl von Lothringen wieder aus Böhmen verdrängt, hatte aber doch bewirkt, daß seine Verbündeten wieder vordringen konnten und Karl Albrecht im Oktober 1744 wieder in München einzog. Da nun aber letzterer starb und sein Sohn Maximilian III. Joseph im Frieden von Füssen seine Ansprüche auf Österreich aufgab und dafür von Maria Theresia Bayern zurückerhielt, so war die ursprüngliche Ursache des Kriegs weggefallen. Dennoch dauerte der Krieg fort; nachdem jedoch zwischen Maria Theresia und Friedrich II. der Dresdener Friede geschlossen worden war, in welchem Maria Theresia abermals auf Schlesien verzichtete, Friedrich II. aber ihren Gemahl Franz Stephan, welcher zum Kaiser gewählt und 4. Okt. als Franz I. gekrönt worden war, anerkannte, wurde der Krieg nur noch in Italien und am Rhein weitergeführt. Der Marschall von Sachsen eroberte nach seinen Siegen [* 24] bei Fontenoy Rocoux und Laveld die österreichischen Niederlande und bedrohte durch die Eroberung der Festen Bergen op Zoom [* 25] und Maastricht [* 26] Holland; in Italien waren zwar die Kaiserlichen glücklich, aber ein Angriff auf die Provence mißlang. Da allmählich die meisten am Krieg beteiligten Mächte desselben müde waren, Rußland auf Österreichs Seite trat und ein russisches Hilfsheer durch Deutschland gegen den Rhein vorrückte, ward auch Frankreich zum Frieden geneigt, und es trat im Frühjahr 1748 zu Aachen [* 27] ein Friedenskongreß zusammen, und wurde der Aachener Friede abgeschlossen, in welchem die Pragmatische Sanktion und die Habsburger Kaiserwürde anerkannt wurden; Maria Theresia blieb im Besitz der habsburgischen Lande mit Ausnahme von Schlesien, das Preußen behielt, und Parma, Piacenza und Guastalla, welche dem spanischen Prinzen Philipp als bourbonische Sekundogenitur übertragen wurden.
Vgl. Heigel, Der österreichische Erbfolgekrieg und die Kaiserwahl Karls VII. (Nördl. 1877);
Arneth, Geschichte Maria Theresias (Wien [* 28] 1863-79, 10 Bde.).