1) Österreich unter der
Enns oder
Niederösterreich (hierzu
Karte »Österreich unter
[* 3] der
Enns«) hat ein
Areal von 19,768
qkm (359 QM.). Der
Lauf der
Donau teilt das Land in eine nördliche und südliche Hälfte. Den südlich von der
Donau gelegenen
Teil des
Landes säumen die Österreichischen
Alpen
[* 11] ein mit den Hochgipfeln
Schneeberg (2075 m),
Raxalpe (2009 m),
Ötscher (1892
m) und
Dürnstein (1877 m); jenseit der
Einsattelung des
Semmering (981 m) folgt als Eckpfeiler der Steirischen
Alpen der
Wechsel (1738 m). Den
Alpen ist eine
Reihe von Voralpen vorgelagert, darunter die
Lilienfelder Hochalpe, der Unterberg,
welche jenseit des
Thals der Gölsen und Triesting im
Wienerwald (mit dem Schöpfel 893
m) und dem bei
Wien
[* 12] bis an dieDonau
reichenden
Kahlengebirge (Hermannskogel 542 m) ihre Fortsetzung und ihr Ende finden.
Aus dem nördlichen
Hochland rinnen ab: Weitenbach,
Krems,
Kamp und
Thaya.
Letztere ergießt sich in die
March, die aus dem Hügelland
die Zaya empfängt und Grenzfluß ist. Aus den
Alpen kommen
Enns (westlicher Grenzfluß),
Ybbs,
Erlaf,
Traisen und unter dem
Wienerwald die parallelen Flüßchen:
Schwechat,
Fischa,
Leitha (teilweise Grenzfluß). Außer der
Donau sind nur die
Enns und
die
March schiffbar; die übrigen Gewässer sind aber für die Holzflößerei und als Triebkräfte von industriellen
Unternehmungen
von Wichtigkeit.
Unter den wenigen kleinen Alpenseen sind der Erlafsee an der steirischen
Grenzen derLunzerSee bemerkenswert.
Das
Klima
[* 15] ist im allgemeinen gemäßigt und gesund, besonders im Donauthal und im Hügelland, obwohl großen Temperaturwechsel
ausgesetzt. Unter den
Mineralquellen sind die warmen
Schwefelquellen von
Baden
[* 16] die berühmtesten; auch die eisenhaltigen
Quellen
zu Pyrawart, die schon den
Römern bekannten
Schwefelquellen von
Deutsch-Altenburg und die indifferente
Therme von
Vöslau werden viel besucht.
Die
Bevölkerung
[* 17] betrug 1869: 1,990,708, 1880: 2,330,621
Seelen und wurde Ende 1886 auf 2,512,537
Seelen berechnet. Sie zeigt
eine außerordentlich rasche Zunahme (jährlich um 1,44 Proz.), allerdings
weniger durch Überschuß der
Geburten über die Sterbefälle als durch Zuzug aus andern
Kronländern (insbesondere nach
Wien
und dessen
Vororten). Auf ein QKilometer kommen (1880) 118 Bewohner, die größte Volksdichtigkeit unter
allen österreichischen
Kronländern. Der
¶
Nationalität nach sind nur 1½ Proz. der Landbevölkerung Slawen (Kroaten in einigen Orten des Marchfeldes und an der Leitha,
Slowaken in der nordöstlichen Ecke des Landes, Tschechen in vier Orten im Gebiet der Lainsitz), die übrigen Deutsche.
[* 21] Nur in
Wien, als der Hauptstadt und dem wirtschaftlichen Zentralpunkt Österreichs, sind die verschiedenen Nationalitäten
des Reichs, insbesondere die Tschechen und die Magyaren, in größerer Zahl vertreten. Die Bewohner von Niederösterreich bekennen
sich, mit Ausnahme von 40,278 Evangelischen, 2099 nichtunierten Griechen und 95,058 Juden (wovon 73,222 allein auf Wien kommen),
zur römisch-katholischen Religion.
hat ein Areal von 11,982 qkm (217,87 QM.) und
wird so wie Niederösterreich durch die Donau in zwei Hälften geteilt. Das Land nördlich von der Donau wird
vom Böhmerwald (Plöckelstein 1383 m) und den von diesem Gebirge ausgehenden Hochflächen (ca. 1000 m) erfüllt. Das Land südlich
von der Donau zerfällt in das Alpengebiet an der Südgrenze gegen Salzburg und Steiermark, mit der Dachsteingruppe (2996 m),
dem Kammergebirge, der Gruppe des hohen Priel oder dem Totengebirge (2514 m), der Pyrgasgruppe (2244 m),
dem Hochsengsengebirge (1961 m), Höllengebirge (1862 m), Traunstein (1688 m), Schafberg (1780 m); das nördlich hiervon gelegene
Gebiet
¶
Maßstab 1:850,000.
Die Amtssitze der Bezirkshauptmannschaften sind stark, diejenigen der Gerichtsbezirke schwach unterstr.
der Voralpen mit ausgedehnten Wäldern (600-1200 m hoch); das Gebiet zwischen Traun und Enns, sanftes Hügelland mit Hochebenen
abwechselnd, mit dem fruchtbarsten Boden des ganzen Landes, und das Gebiet zwischen Traun und Inn mit großen Waldflächen u.
namhaften Gebirgskämmen (Hausruck 802 m). Das Land ist im ganzen sehr wasserreich und gehört, mit
Ausnahme eines kleinen Landstrichs an der böhmischen Grenze, zu dem Gebiet der Donau, die unterhalb Passau
[* 38] aus Bayern eintritt
und rechts den Inn mit der Salzach, die Traun, die Enns mit der Steyer aufnimmt.
Die meisten der kleinen südlichen Flüsse sind schiffbar. An der böhmischen Grenze liegt der Schwarzenbergsche
Holzschwemmkanal, welcher aus Böhmen herüberkommt und in die GroßeMühl einmündet, so daß hier eine unmittelbare Verbindung
mit der Moldau besteht. Zahlreich sind die Alpenseen, von denen der Traunsee, der Hallstätter, Atter-, Mond- und Wolfgangsee
als die bedeutendsten zu nennen sind. Mineralquellen gibt es nur wenige; die wichtigste ist die jodhaltige
Quelle
[* 39] vonHall.
[* 40] Zu Ischl
[* 41] und Gmunden (den besuchtesten Kurorten) bestehen Solbäder, zu Kreuzen und Ischl Kaltwasserheilanstalten.
Das Klima kommt dem in Niederösterreich fast gleich, ist im ganzen aber um einen Grad kälter, so daß kein Weinbau möglich
ist. Die Bewohner des Landes (1869: 756,537, 1880: 759,620, auf 1 qkm 63) sind mit Ausnahme der Fremden
durchaus Deutsche, bekennen sich, abgesehen von 16,400 Evangelischen und 1000 Juden, zur römisch-katholischen Religion und
widmen sich in der Mehrzahl (56 Proz.) der Land- und Forstwirtschaft, ein Fünftel derselben den Gewerben und der Industrie.
Am dichtesten wohnen sie in der Umgebung von Linz
[* 42] und Wels, am dünnsten in dem Hochthal der Steyer.
Von der Gesamtfläche des Landes sind 7 Proz. unproduktiv. Von dem produktiven Boden entfallen 38 Proz. auf Ackerland, 22 auf
Wiesen und Gärten, 3 auf Weiden (Almen) und 37 Proz. auf Waldungen. Der Ackerbau wird sehr schwunghaft betrieben und liefert
Getreide (durchschnittlich 4½ Mill. hl) über den Bedarf. Die gut arrondierten, nicht zerstückelten oberösterreichischen
Bauernwirtschaften können vielfach als Muster dienen. Bedeutend ist auch der Ertrag an Kartoffeln, Gemüse, Klee, Flachs, Hopfen
[* 43] und Obst.
Von letzterm werden jährlich an 300,000 metr. Ztr. gewonnen und meist
zur Bereitung von Obstwein (Cider) verwendet. Auch Weberkarden werden im untern Mühlviertel gepflanzt (jährlich
ca. 50 Mill. Stück). Die Viehzucht
[* 44] steht wie der Ackerbau auf sehr hoher Stufe. Besonders wird die Rindviehzucht durch den sorgsamen
Wiesenbau gefördert (555,155 Rinder im Jahr 1880, verhältnismäßig der größte Rindviehstand in ganz Österreich). Bedeutend
ist auch die Schweine-, dann die Bienen- und in neuerer Zeit die künstliche Fischzucht.
Aus dem Mineralreich gewinnt man nur Kochsalz, und zwar in den großen Salzwerken zu Ebensee, Ischl und Hallstatt im Salzkammergut,
[* 45] welche über 600,000 metr. Ztr. Sudsalz liefern, dann Braunkohlen (2,7 Mill. metr. Ztr.,
bei Wolfsegg) und Steine. Erwähnenswert sind die Gipsbrüche bei Ischl und Goisern, die Mühlsteinbrüche
zu Perg, die Schleifsteinbrüche in der Gosau, die Granitbrüche bei Mauthausen, welche Wien mit Pflastersteinen versehen. Hüttenwerke
existieren im Land nicht.
Die Industrie steht nicht auf gleicher Höhe mit jener in Niederösterreich, zeigt aber einen sehr erfreulichen Fortschritt.
Ihre bedeutendsten Zweige sind die Eisenindustrie mit der Stadt Steyr als Mittelpunkt (Erzeugnisse: Kriegswaffen
in der dortigen großartig betriebenen Fabrik, Sensen und Strohmesser in Michldorf u. a. O., Messer
[* 46]
und Gabeln, Ahlen, Feilen,
Maultrommeln, Nägel
[* 47] etc.), die Maschinenfabrikation und der Schiffbau in Linz, die Baumwollindustrie in Kleinmünchen u. a. O.,
die Leinweberei im Mühlviertel, die Gummiwebwarenfabrikation bei Steyr, die Bierbrauerei, Müllerei,
Glas-, Papier- und Lederfabrikation u. a. Oberösterreich treibt sowohl mit Natur- als Industrieerzeugnissen einen einträglichen
Handel.
[* 2] Kaisertum. Die Bevölkerung von Österreich wird auf Grund der Ergebnisse der Bevölkerungsbewegung für Ende 1888 mit
23,647,418 Bewohnern berechnet. Die Verteilung dieser Volkszahl auf die einzelnen Kronländer, der Flächeninhalt
derselben nach den definitiven Ergebnissen der Grundsteuerregelung ergibt sich aus folgender Übersicht:
Es zeigt sich demnach 1888 gegen das Vorjahr bei den Trauungen, allerdings auch bei den Sterbefällen, eine ziemlich bedeutende
Vermehrung (bei den erstern um 2,14, bei den letztern um 2,08
Proz.).
Auf dem Gebiet des Bildungswesens ist auch in der gesteigerte Zudrang zu den humanistischen Studien eine auffällige Erscheinung.
Innerhalb des Dezenniums 1878 - 87 hat sich der Besuch der Gymnasien und Realgymnasien von 41,456 Schülern auf 53,148, also
um 28,2 Proz., gehoben, während der Besuch der Realschulen von 20,550 auf 17,436, demnach um 3114 oder
15,2 Proz. gefallen ist. Seither ist ein wenn auch unbedeutender Rückschlag eingetreten, indem zu Anfang des Schuljahrs 1887/88
die Gymnasien um 729 und im Schuljahr 1888/89 um 61 Schüler weniger als im Vorjahr zählten.
[Erwerbszweige.]
Von den Erwerbszweigen der Bevölkerung hat der Bergbau und Hüttenbetrieb 1888 einen
Produktionswert (nach Abzug des Wertes der verhütteten Erze) von 72,26 Mill. Gulden geliefert. Derselbe erscheint gegen das
Vorjahr (mit 66,07 Mill. Guld.) um 6,19 Mill. Guld. höher, welche Steigerung in erster Reihe auf die erhöhte Eisenproduktion
und Kohlenförderung zurückzuführen ist. Die Produktionsmenge betrug 1888 an Frischroheisen 5,168,186
metr. Ztr., an Gußroheisen 693,028 metr.
Ztr., zusammen an Roheisen 5,861,214 metr Ztr. (gegen 1887 um 743,444
metr. Ztr. mehr). An Braunkohle wurden 12,860,255 (+1,287,083), an Steinkohle 8,274,461 (+478,310) Ton. gefördert. Wie sehr
sich insbesondere die österreichische Kohlenproduktion entwickelt
¶
mehr
hat, zeigt ein Rückblick auf das letzte Dezennium. Von 1878 auf 1888 ist nämlich die Braunkohlenproduktion von 7,2
auf 12,9, die Steinkohlenproduktion von 5,1 auf 8,3
Mill. T. und zugleich auch der Kohlenexport und zwar in Braunkohle von 2,6 auf 5,4, in Steinkohle von 0,3 auf 1,1 Mill. T.
gestiegen. Der Hauptanteil an dieser Steigerung kommt auf das nordböhmische Braunkohlenbecken. Die Zahl
der beimBerg- und Hüttenbetrieb beschäftigten Arbeiter betrug 1888: 108,703 (1887: 105,120). Der Salinenbetrieb, dessen
Ergebnisse in den obigen Ziffern nicht enthalten sind, weist eine Produktion von 437,360 metr. Ztr. Steinsalz (+23,774), 1,598,374
metr. Ztr. Sudsalz (+51,001), 389,091 metr. Ztr. Industriesalz
(+49,726) und 375,798 metr. Ztr. Seesalz (-157,771) auf. Der Geldwert der Salzproduktion stellt sich auf 21,7 Mill. Guld. und
erscheint um 574,568 Guld. geringer als 1887. Im Salinenbetrieb waren 10,059 Arbeiter (gegen 10,283 im Vorjahr) beschäftigt.
Von den derVerzehrungssteuer unterliegenden und hierdurch kontrollierbaren Industrien zeigt die Bierbrauerei
1887/88 einen Stand von 1835 Brauereien, gegen das Vorjahr um 18 weniger, eine Abnahme, welche übrigens, wie schon seit Jahren,
hauptsächlich die kleinern Brauereien trifft. Diesmal ist allerdings auch die Produktion, 12,620,565 hl, gegen das Vorjahr
um 96,970 hl zurückgegangen. Branntweinbrennereien standen 1887/88 in ganz Österreich 47,707 (gegen 45,250 im
Vorjahr) im Betrieb, welche eine Erzeugung von 87,887,562 Hektolitergraden Alkohol (gegen 85,175,822 im Vorjahr) anmeldeten.
Rübenzuckerfabriken gab es 1887/88: 192 (1886/87 noch 203) mit 2241 Dampfmaschinen
[* 51] von 26,559 Pferdekräften und 54,316 Arbeitern.
Dieselben verarbeiteten 30,421,382 (im Vorjahr 40,403,435) metr. Ztr.
Rüben. Im übrigen ist eine allgemeine industriestatistische Erhebung für das Jahr 1885 vorgenommen worden,
wonach sich die Zahl der Industrialgewerbe im ganzen auf 375,100, die der Handelsgewerbe auf 305,571 belief. Für die einzelnen
Gruppen der Fabrikindustrie sind die Hauptdaten aus folgender Tabelle ersichtlich:
Der auswärtige Handel des österreichisch-ungarischen Zollgebiets ergab im J. 1887 einen Einfuhrwert
von 568,572,815 und einen Ausfuhrwert von 672,929,857 Guld., so daß die Handelsbilanz mit einem Überschuß
von 104,357,042 Guld. abschließt. Der Überschuß der Ausfuhr über die Einfuhr war übrigens in den vorausgegangenen
Jahren
in der Regel noch größer und betrug insbesondere im J. 1886: 159 Mill. Guld. Gegen 1886 ist aber der Wert derEinfuhr
des Jahrs 1887 um 29 Mill. Guld. höher, der Wert derAusfuhr um 26 Mill. Guld. niedriger.
Die Mehreinfuhr ergibt sich vornehmlich in den Artikeln: Baumwolle
[* 52] (+10,6 Mill. Guld.), Schafwolle (+9,7 Mill. Guld.) und in
Steinwaren (+5,4 Mill. Guld., infolge höherer Bewertung der Edelsteine).
[* 53] Eine starke Mindereinfuhr zeigte sich in Fellen und
Häuten (-4,6 Mill. Guld.). An der Minderausfuhr partizipieren Schlacht- und Zugvieh mit 17,6 Mill. Guld.
(insbesondere wurden um 14,360 StückOchsen und Stiere und 211,545 StückSchweine weniger ausgeführt), Wolle, Wollgarne und Wollwaren
mit 12,8 Mill. Guld., Kurzwaren mit 9,2 Mill. Guld., Getränke mit 4,3 Mill. Guld. Nur die Getreideausfuhr repräsentierte einen
um ca. 6 Mill. Guld. größern Handelswert. Im J. 1888 umfaßte nach den provisorischen Handelsausweisen
die Wareneinfuhr eine Menge von 48,802,000 metr. Ztr., was gegen die Einfuhrmenge
des Vorjahrs (48,186,000 metr. Ztr.) eine Erhöhung um 616,000 metr. Ztr. bedeutet, welche lediglich auf
größere Bezüge an mineralischer Kohle zurückzuführen ist (31,5 gegen 28,7
Mill. metr. Ztr.). Eine belangreiche Abnahme der Einfuhr tritt
in der PositionGetreide zu Tage.
Die seit namhaft erhöhten Getreidezolle und die befriedigende Inlandsernte haben den Getreideimport auf eine so
niedrige Ziffer herabgedrückt (942,000 metr. Ztr.), daß man bis zum Jahr 1848 zurückgreifen
muß, um eine noch niedrigere Bezugsmenge aufzufinden. Eine Einschränkung erfuhr auch der Import von
Vieh, Heringen, Stärke,
[* 54] Blei,
[* 55] Zink, Kupfer,
[* 56] chemischen Hilfsstoffen, Baumwolle, Tabak
[* 57] etc. Eine nennenswerte Erhöhung der Einfuhr
ergibt sich dagegen in Obst, Rum, Südfrüchten (welche seit Anfang 1888 zollfrei eingingen), Bier, Wein, Kaffee, Jute,
[* 58] Mineralöl.
Die Warenausfuhr hat im J. 1888 einen bedeutenden Aufschwung genommen. Ihr Quantum beträgt 114,301,000
metr. Ztr. und weist gegen das Vorjahr eine Steigerung um 14,764,000 metr. Ztr. oder um 14,8
Proz. auf, woran insbesondere Mineralkohlen, Getreide, diverse Mineralien,
[* 59] Holz
[* 60] und eine Reihe von Fabrikaten teilnehmen.
Der Seeschiffahrtsverkehr in den österreichischen Häfen umfaßte im J. 1887: 47,120 beladen eingelaufene Schiffe
[* 68] mit 6,423,447
Ton. und 46,585 beladen ausgelaufene Schiffe mit 6,096,490 T. Den überwiegenden Anteil hatte hieran der
Dampferverkehr; es kamen nämlich auf Dampfschiffe vom Gesamttonnengehalt im Einlauf 6,073,325, im Auslauf 5,612,623 T. In dem
Haupthafen von Triest
[* 69] bezifferte sich der Verkehr im J. 1888 im Einlauf auf 5831 beladene Schiffe mit 1,184,664 T., im Auslauf
auf 6763 Schiffe und 1,256,012 T. Die Binnenschiffahrt verfügte Ende 1887 über 6595,6 km befahrbare Fluß- und Kanalstrecken,
wovon auf die nur für die Flößerei geeigneten Strecken 3880,9 und auf
¶
mehr
die für gewöhnliche Schiffe befahrbaren Strecken 2714,7 km entfallen. Von Dampfschiffen wurden im ganzen 898,5 km befahren.
Auf den österreichischen Seen betrug die Länge der von Dampfern regelmäßig befahrenen Strecken 189,6 km. Der beträchtlichste
Flußschiffahrtsverkehr bewegt sich auf der Donau und der Elbe. Auf der obern Donau belief sich der Verkehr
an der österreichisch-bayrischen Grenze in der Thalfahrt im J. 1887 auf eine Gesamtmenge von 1,010,613, in der Bergfahrt auf
ein Quantum von 1,282,039 metr. Ztr. In dem Zeitraum 1883 - 87 ergibt sich in der Thalfahrt auffallenderweise eine Verminderung
um 628,587 metr. Ztr. oder 38,3 Proz.,
dagegen in der Bergfahrt eine Zunahme um 496,401 metr. Ztr. oder 63,2
Proz. Die Zahl der Schiffe, welche auf der Donau die Reichsgrenze passierten, betrug im J. 1887 in der Bergfahrt: 336 Frachtendampfboote
und 799 Warenschleppschiffe, in der Thalfahrt: 335 Frachtendampfboote, 785 Warenschleppschiffe, 429 Ruderschiffe und 185 Flöße.
In größern Dimensionen hat sich der Elbverkehr entwickelt; derselbe umfaßte an der österreichisch-sächsischen
Grenze in der Thalfahrt (Warenausfuhr, hauptsächlich Braunkohle) 19,3, in der Bergfahrt (Wareneinfuhr) 1,8 Mill. metr. Ztr.
Das österreichische Eisenbahnnetz hat Ende 1887 eine Ausdehnung
[* 71] von 14,097,9 und Ende 1888 eine solche von 14,636 km erlangt.
Hiervon kamen 5826 km auf Staatsbahnen
[* 72] und vom Staat betriebene Privatbahnen. Die wichtigsten in den letzten
Jahren eröffneten Eisenbahnlinien sind die nordöstlichen Staatsbahnen in Galizien, die Böhmisch-Mährische Transversalbahn
und die sogen. Mährisch-Schlesische Städtebahn (Kojetein - Bielitz). Eine lang empfundene Lücke in der Hauptrichtung des Außenhandels
der Monarchie hat die Eröffnung der wichtigsten Orientbahnen (nach Konstantinopel und Saloniki) ausgefüllt.
Sowohl das Post- als das Telegraphenwesen zeigen von 1886 auf 1887 eine Steigerung des Verkehrs. Der Briefpostverkehr belief
sich auf 449,4 Mill. Stück (gegen 440,1 im Vorjahr), der Zeitungsverkehr auf 61,6,
der Fahrpostverkehr auf 36,3, die Zahl der ausgezahlten Postanweisungen und Postmandate auf 16,1 Mill. Stück. Die Telegraphenlinien
hatten Ende 1887 eine Länge von 39,847,7 km. Die Zahl der gebührenpflichtigen Telegramme belief sich
auf 6,576,636 Stück. Die Finanzergebnisse der Post- und Telegraphenverwaltung stellten sich 1887 in den Einnahmen auf 26,757,219,
in den Ausgaben auf 22,214,109 Guld.
Die österreichischen Sparkassen haben im J. 1887 eine Zunahme um 17 Anstalten erfahren. Von den bestehenden 397 Sparkassen
sind 313 Gemeinde-, 63 Vereins- und 21 Bezirkssparkassen. Die Zahl der Sparkassenbücher belief sich Ende 1887 auf 2,089,924
(gegen 2,018,695 im Vorjahr). Mit Einschluß der kapitalisierten Zinsen betrug der Einlagenstand Ende 1887: 1091 Mill.Guld.
(gegen 1054 Mill. Guld. Ende 1886). Ohne den Sparkassen in ihrer KlientelEintrag zu thun, hat sich auch
das Postsparkassenwesen sehr günstig entwickelt. Es ist vorwiegend die Jugend und der kapitalärmste Teil der Bevölkerung,
welche mit Hilfe der Postsparkasse sparen, und es beträgt daher auch das durchschnittliche Guthaben der Einlagen nur 21 Guld. 27 Kr.
(bei den andern Sparkassen 522 Guld. 18 Kr.). Die Zahl der Einleger der Postsparkasse betrug im J. 1888:
655,335, das Guthaben an Spareinlagen belief sich Ende dieses Jahres auf 15 Mill. Guld., der Check- (Clearing-) Verkehr der Postsparkasse
auf 644 Mill. Guld. an Einlagen, bez. Rückzahlungen.
Der Staatshaushalt wurde durch das Finanzgesetz für das Jahr 1889 in den Ausgaben
mit 540,045,885, in den Einnahmen mit 542,815,944 Guld. festgestellt,
so daß zum erstenmal seit langem der Voranschlag mit
einem Überschuß von 2,770,059 Guld. schloß. Die wichtigsten Ausgabeposten sind:
Eine bedeutende neue Einnahmequelle wurde durch ansehnliche Erhöhung der Branntweinsteuer geschaffen.
Eine wesentliche Änderung trat in der Zuckersteuer ein, welche nunmehr in der Form einer Konsumsteuer (statt der bisherigen
Produktionssteuer) erhoben wird. Die allgemeine und die rein österreichische Staatsschuld stellte sich Ende 1888 auf 3,846,429,554
Guld. und zeigt gegen Ende 1887 eine Zunahme um 179,358,338 Guld.
Die Wirksamkeit der Unfallversicherung beginnt 1. Nov., die Krankenversicherung Als fachmännisch begutachtendes Organ
des Ministeriums des Innern für die Angelegenheiten der Unfall- und Krankenversicherung wurde ein Versicherungsbeirat
gebildet. Als technische Organe der Unfallversicherungsanstalten werden die Gewerbe-Inspektoren verwendet. Die erste Anmeldung
der unfallversicherungspflichtigen Betriebe ergab im ganzen 78,883 Betriebe mit 892,240 Versicherungspflichtigen Personen
und einer anrechenbaren Jahreslohnsumme von 200,4 Mill. Guld.
[Heerwesen.]
Das erlassene Wehrgesetz, welches bis 1899 in Gültigkeit bleibt, verfolgt den
Zweck, die durch das Gesetz von 1879 festgestellte Kriegsstärke des Heers von 800,000 Mann, welche nachweislich auf Grund der
bisherigen Bestimmungen nicht erreichbar war, sicherzustellen und mit Einschluß der Landwehren auf 1,200,000 Mann zu erhöhen.
Die Armee besteht aus dem Heer, den Landwehren und dem Landsturm. Das Heer ist für die ganze österreichisch-ungarische Monarchie
ein gemeinsames und dem Reichskriegsministerium in Wien unterstellt, neben ihm bestehen als selbständige Faktoren die k. k.
österreichische Landwehr (dazu die Landesschützen in Tirol
[* 78] und Vorarlberg) unter dem Landesverteidigungs-Ministerium in Wien
und die königlich ungarische Landwehr (Honvédség) unter dem
¶
[* 2] Kaisertum. Der Flächeninhalt der österreichisch-ungarischen Monarchie, welcher zuletzt offiziell (im
»Statistischen Handbuch der österreichisch-ungarischen Monarchie«, Jahrg. 1888) mit 622,309,65 qkm angegeben wurde,
stellt sich nach neuern Ermittelungen namentlich für das ungarische Staatsgebiet höher heraus. Mit Zugrundelegung der Ergebnisse
der Grundsteuerregulierung erhält man 625,031,58 qkm, und der Geograph Strelbitsky
gelangte sogar zu einem Ausmaß von 625,623,4 qkm. Neuestens
hat Professor A. Penck in Wien mit Hilfe der Spezialkarte der Monarchie (Maßstab 1:75,000) die Fläche derselben berechnet. Hiernach
beträgt der Flächenraum der Monarchie 625,556,77 qkm, also um 3247,12 qkm mehr als nach der
jüngsten offiziellen Angabe. Die Differenz bezog sich hauptsächlich auf Ungarn, welches nach Pencks Messung um 3054,02 qkm
größer ist, als bisher offiziell angenommen wurde (vgl. A. Penck, Der Flächeninhalt der
österreichisch-ungarischen Monarchie, Wien 1889).
Im Jahrzehnt 1880-90 hat sich demnach die BevölkerungÖsterreichs um 1,691,017 oder 7,6 Proz., d. h.
pro Jahr um 0,76 Proz., vermehrt, ein Zuwachsverhältnis, welches
gegenüber dem der vorausgegangenen Periode 1869-80 mit jährlich 0,78 Proz. nur eine geringe Verlangsamung
in dem ziemlich stetigen Entwickelungsgang zeigt. Von den einzelnen Kronländern stehen hinsichtlich des
Bevölkerungszuwachses Niederösterreich (13,8 Proz.), Bukowina (13,1 Proz.), Galizien (10,4 Proz.) und Dalmatien (10,1 Proz.)
¶
mehr
obenan. Erheblich nachgelassen hat die Bevölkerungsvermehrung in den Sudetenländern Böhmen (5 Proz.), Mähren (5,5 Proz.),
Schlesien
[* 80] (6,5 Proz.). Hier ist mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen
Verhältnisse gleichsam der Sättigungspunkt hinsichtlich der Dichtigkeit der Bevölkerung erreicht worden, mit dessen Überschreitung
zugleich ein langsamerer Gang
[* 81] der Volksvermehrung eintritt, während in Ländern, welche wie Galizien und
die Bukowina gewissermaßen den Charakter von Kolonialland aufweisen, eine Beschränkung im Bevölkerungszuwachs noch nicht
eingetreten ist. Am geringsten ist der Zuwachs auch diesmal in den Alpenländern, insbesondere in Tirol mit Vorarlberg (1,8
Proz., Tirol allein 0,9, Vorarlberg dagegen 8,2 Proz.), Oberösterreich (3,2 Proz.), Kärnten (3,4 Proz.), Krain
[* 82] (3,6 Proz.), Steiermark (5,6 Proz.). Die Dichtigkeit der BevölkerungÖsterreichs beträgt pro QKilometer 79 Einw. (gegen 74 im
J. 1880). Zwei Faktoren sind es, welche die Entwickelung der Bevölkerung bestimmen, das Verhältnis der Lebendgebornen zu den
Sterbefällen und das der Ein- zur Auswanderung. In dem Dezennium 1880-90 wurden in Österreich 1,994,987 Personen
mehr lebend geboren, als in dieser Zeit gestorben sind. Da die Bevölkerungsvermehrung nach der Volkszählung gegenüber dieser
Ziffer 329,054 Personen weniger beträgt, so ist diese letztere Zahl auf Rechnung des Überschusses der österreichischen Auswanderung
über die Einwanderung zu setzen.
Die Bewegung der Bevölkerung charakterisierte sich im J. 1889 durch Rückgang der Eheschließungen, Konstanz
[* 83] der Geburten und bedeutende Abnahme der Sterbefälle. Es wurden nämlich verzeichnet:
Gegen das Vorjahr haben die Trauungen um 4,4 Proz., die Sterbefälle um 5,8
Proz. abgenommen, während bei den Lebendgebornen eine Zunahme um 0,95
Proz. eingetreten ist. Für die Eheschließungen des Jahres 1889 ist die bei beiden Geschlechtern wiederkehrende stärkere
Vertretung der obern Altersklassen charakteristisch, welche mit der relativ gesteigerten Häufigkeit der Wiederverheiratung
parallel geht und auch die Erhöhung des durchschnittlichen Alters bei der Trauung mit sich bringt. Auf
je 100 Geborne entfielen 85 ehelich und 15 unehelich Geborne, auf je 1000 geborne Mädchen 1064 Knaben. Von den Sterbefällen
kamen 48,26 Proz. auf Kinder bis zu 5 Jahren. Der Geburtenüberschuß betrug 251,563 (gegen 203,328 im
Vorjahr).
[Bildungswesen.]
Im Schuljahr 1889/90 bestanden in Österreich an Mittelschulen 172 Gymnasien und 84 Realschulen, darunter 142, bez. 63 vollständige.
Die größte Zahl von Mittelschulen weist Böhmen mit 76 (53 Gymnasien, 23 Realschulen) auf, ihm folgt Niederösterreich mit 25 Gymnasien
und 17 Realschulen. Durch den Staat werden 122 Gymnasien und 53 Realschulen erhalten. Die Unterrichtssprache
war an 154 Mittelschulen deutsch, an 57 Mittelschulen tschechisch, an 28 polnisch, an 7 italienisch, an 4 serbokroatisch, an
einer ruthenisch und an 5 utraquistisch. Der Besuch der Mittelschulen bezifferte sich wie folgt:
Bezüglich der höhern
Lehranstalten hat sich keine wesentliche Veränderung ergeben. Zu erwähnen ist nur die Errichtung
eines österreichischen Instituts für Geschichtsforschung in Rom,
[* 84] welches die Aufgabe hat, die von PapstLeo XIII. den wissenschaftlichen
Kreisen zugänglich gemachten Archive des Vatikans und die sonstigen Geschichtsquellen der Ewigen Stadt zu
durchforschen und unter der Leitung des HofratsProfessor v. Sickel im Herbst 1890 seine Thätigkeit begonnen hat.
Von den Lehrern hatten 83,7 Proz. das Zeugnis der Lehrbefähigung, 11 Proz. das Reifezeugnis u.
5,3 Proz. gar kein Zeugnis. In Tirol hatten sogar 27,3 Proz. der Lehrer kein Zeugnis. Österreich zählt 3,335,674 schulpflichtige Kinder;
von diesen blieben jedoch 21,895 Kinder wegen Gebrechen ohne Unterricht, während 365,593 Kinder sich der Schulpflicht gänzlich
entzogen; allerdings sind es nur fünf Kronländer, wo die Fahnenflucht der schulpflichtigen Kinder eine
ständige Erscheinung ist, nämlich in Krain, wo 17 Proz. der schulpflichtigen Kinder, in Dalmatien, wo 23,2 Proz., im Küstenland,
wo 30,5 Proz., in Galizien, wo 40,6 Proz., und in der Bukowina, wo sogar 52,1 Proz. der schulpflichtigen Kinder die Schule nicht
besuchten. Zur Durchführung des Schulzwanges wurden nicht weniger als 185,464 Straferkenntnisse gefällt,
von welchen 68,590 in Form von Arrest- und 116,874 in Form von Geldstrafen vollzogen wurden.
Während die Ernte
[* 85] Österreich-Ungarns im J. 1889 eine der schlechtesten im letzten Jahrzehnt war und nur
zur Deckung des heimischen Bedarfs hinreichte, gestaltete sie sich im J. 1890 um so befriedigender. Ihr
Ertrag wird im Vergleich zu einer Mittelernte (= 100 angenommen) geschätzt:
Bedingung ist, daß sich an dem Meliorationsunternehmen auch die übrigen Interessenten (Land, Bezirk, Gemeinde, Wassergenossenschaften)
finanziell beteiligen. Der Fonds besaß Ende 1888 außer seiner Jahresdotation noch ein Aktivvermögen
von 735,429 Guld. Aus dem Meliorationsfonds (3,494,582 Guld.), dann von den Ländern (3,503,212 Guld.) und den übrigen Interessenten
(2,243,266 Guld.) sind in den Jahren 1885-89 für Meliorationszwecke folgende Beiträge (Subventionen) geleistet worden:
¶
Für die österreichische Agrarpolitik der neuesten Zeit ist das Höfegesetz vom von besonderer Bedeutung. Die Bestimmungen
desselben lassen sich kurz dahin zusammenfassen, daß im Falle eines Intestaterbfalls das Bauerngut ungeteilt
auf einen der Erben (den Anerben) übergehen soll. Vom 15. Mai bis fand in Wien eine allgemeine land- und forstwirtschaftliche
Ausstellung statt, welche zum Teil einen internationalen Charakter trug. In Verbindung mit derselben wurde im September 1890 ein
land- und forstwirtschaftlicher Kongreß abgehalten.
Die Seefischerei in den österreichischen Küstengebieten hat in dem zwölfmonatlichen Zeitraum April
1888/89 eine Ausbeute von 5,9 Mill. Stück oder 84,618 metr. Ztr. im Werte von 2,3 Mill. Guld. geliefert, wovon 3,6 Mill. Stück
oder 57,684 metr. Ztr. auf den örtlichen Verbrauch entfielen, während
der Rest exportiert wurde. Die Gesamtzahl der bei dieser Fischerei
[* 87] beschäftigten Fischer betrug im Sommerhalbjahr
11,311, darunter 666 Italiener, im Winterhalbjahr 10,082, darunter 863 Italiener.
Von denselben wurden im Sommerhalbjahr 3036 Boote, im Winterhalbjahr 2682 Boote benutzt. Unter den Fischgattungen der Adria
nimmt die Sardelle den ersten Platz ein, indem über 30 Proz. der gesamten Fischausbeute und
mehr als 70 Proz. der ganzen Fischausfuhr Österreich-Ungarns auf dieselbe entfallen. Es ist deshalb von großer Bedeutung,
daß nach dem Muster der französischen Sardinenfabrikation diese bis auf die neueste Zeit an der Adria unbekannte Industrie
eingeführt worden ist. Heute bestehen schon mehrere derartige Fabriken in den österreichischen Küstenländern, insbesondere
zu Isola und Grado, welche zusammen etwa 250 Männer und gegen 700 Frauen und Kinder beschäftigen und im
Durchschnitt der letzten Jahre 1,820,000 BüchsenSardinen erzeugen, wovon ungefähr die Hälfte im Inland verbleibt, die andre
Hälfte exportiert wird.
Der Gesamtwert der Bergwerksproduktion Österreichs, welcher im J. 1887 (nach Abzug des Wertes
der verhütteten Erze) 66,07 und im J. 1888 72,26 Mill. Guld. betragen hatte, hat sich im J. 1889 wieder erheblich (um 6,54
Mill. Guld. oder 9,06 Proz.) gesteigert und betrug 78,806,679 Guld. Die Produktionsmenge belief sich in den Hauptartikel:
Die Steigerung der Produktion ist abermals auf die erhöhte Eisen- und Kohlenproduktion zurückzuführen.
Dieselbe betrug bei Roheisen 308,904 metr. Ztr., bei Braunkohlen 9,856,076, bei Steinkohlen 3,184,151 metr. Ztr. Die Zahl der
beim Bergbau und Hüttenbetrieb beschäftigten Arbeiter bezifferte sich 1889 auf 113,958 (1888: 108,703). Der Salinenbetrieb,
dessen Ergebnisse in
den obigen Ziffern nicht mit enthalten sind, weist eine Produktion von 2,829,625 metr. Ztr.
(gegen das Vorjahr um 29,902 metr. Ztr. mehr) im Werte von 21,6 Mill. Guld. auf. Hierbei waren 10,005 Arbeiter beschäftigt.
Im J. 1889 hat sich die Großindustrie in Österreich günstig entwickelt und in ihren hervorragendsten Zweigen, wie in der
Eisen- und Maschinenfabrikation, der chemischen Industrie, der Spinnerei, Weberei und Appretur, teils unter
gedeihlichen Verhältnissen fortgearbeitet, teils, wie in der Zuckerindustrie, sich zu erholen und aufzuschwingen vermocht.
Nähere statistische Daten liegen nur über einzelne staatlich kontrollierte Industriezweige vor. So zeigt die Nachweisung
der im J. 1889 bei den Punzierungsämtern behandelten Gold- und Silberwaren, daß die schon im J. 1888 wahrgenommene Besserung
der Industrie auch im J. 1889 angehalten hat. Es wurden nämlich 3039,6 kg Gold- und 35,704,4 kg Silberwaren nebst 2625,4 kg
vergoldetem und versilbertem Draht, d. h. um 309,4 kg Gold- und um 3653,7 kg Silberwaren, dann um 109,6 kg Gold- und Silberdraht
mehr als im Vorjahr zur Punzierung gebracht. Dabei ist auch die Einfuhr von ausländischen Gold- und Silberwaren,
insbesondere von Uhren,
[* 88] gestiegen; es wurden nämlich 63,303 Stück goldene und 230,967 silberne Uhren, gegen das Vorjahr um 4739 Stück
goldene und 40,161 Stück silberne Uhren mehr, nach Österreich eingeführt.
Von den niederösterreichischen und WienerIndustriellen, welche mehrfach mit verschlechterten Absatzverhältnissen
bei verteuerter Erzeugung zu kämpfen haben, wird über die Geschäftslage auch in dem günstigen Wirtsschaftsjahr 1889 Klage
erhoben. In manchen Fällen ist dies darauf zurückzuführen, daß Wien als Erzeugungsstätte wegen der hohen Produktionskosten
ungeeignet ist. Im übrigen hängt die Stagnation in einigen Zweigen der WienerIndustrie mit den handelspolitischen
Verhältnissen, welche gerade den Wiener Exportindustrien wertvolle Absatzgebiete ganz oder teilweise entzogen haben, und
mit der in den letzten Jahren eingetretenen Stockung der baulichen und materiellen EntwickelungWiens zusammen. Zu den Industrien,
welche durch die handelspolitischen Verhältnisse beeinträchtigt erscheinen, gehört unter andern die Perlmutterknopfindustrie,
welche in Wien und den Vororten 566 Meister mit 5000 Gehilfen beschäftigt und Produkte im Werte von über
4½ Mill. Guld. hauptsächlich nach Nordamerika
[* 89] exportiert, ein Absatzgebiet, welches durch die Mac Kinley-Bill nunmehr ernstlich
gefährdet ist.
Was die Stagnation der Wiener Erwerbsverhältnisse betrifft, so dürften sich allerdings durch die Vereinigung der Hauptstadt
mit den Vororten für die WienerIndustrie in Zukunft wieder günstigere Aussichten eröffnen. In Böhmen
trat Ende Januar 1890 bei der Gablonzer Glaskurzwarenindustrie eine Notlage ein, welche namentlich durch die Einführung des
Maschinenbetriebes in der Glasperlenerzeugung verschärft wurde und zu Tumulten führte, welche durch militärisches Aufgebot
niedergedrückt werden mußten.
Das Kartellwesen hat auch in Österreich Fortschritte gemacht. Insbesondere auf dem Gebiete des
Kohlenbergbaues, der Metallindustrie, der Spinnerei und Weberei, der keramischen Produktion, der Zucker-, Spiritus-, Papierindustrie
etc. sind die bereits bestehenden Kartelle erneuert, bez. neue abgeschlossen worden. Von viel weittragenderer
Bedeutung als die Koalition des Kapitals ist der von seiten der Arbeiter mittels Massenstreiks geführte,
bisher ziemlich erfolglose Kampf um die Lohnhöhe und die Arbeitsbedingungen. Von einzelnen, das Gebiet der Industrie berührenden
¶
[* 2] oder Österreichische Monarchie, nach dem Stammlande der Monarchie, dem Erzherzogtum (s. Niederösterreich
und Oberösterreich), bis zum Ausgleich vom die Bezeichnung für den gesamten österr.
Unter Österreich schlechthin werden aber auch oft im außeramtlichen Sprachgebrauch die im Reichsrate vertretenen
Königreiche und Länder oder Cisleithanien (s. d.) verstanden, im Gegensatze zu Transleithanien (s. d.).