Ochsengalle
(Rindsgalle, fel tauri), der Inhalt der Gallenblase von Rindern, findet im gereinigten Zustande mehrfache technische wie auch medizinische Verwendung. Das notwendige Reinigen der rohen Gallenflüssigkeit geschieht durch Erhitzen bis zum Aufkochen und Abfiltrieren von den geronnenen Teilen. Der Stoff hat dann noch seine grünliche Farbe, kann aber mit Knochenkohle und dergleichen Klärmitteln auch entfärbt werden. Die Galle ist eine sehr kompliziert zusammengesetzte Substanz; sie besteht aus einer Verbindung fetter Säuren mit Natron und stellt somit schon von Natur eine Art feiner Seife dar, enthält aber außerdem noch die Natronverbindungen der Glykocholsäure und Taurocholsäure, ferner Cholesterin, Cholin (Neurin), Lecithin, Taurin, Farbstoffe etc.
Die O. wird als solche vielfach für sich wie als Bestandteil wirklicher Seife (Fleckseife) zum Ausmachen von Flecken aus Stoffen, die durch weniger milde Mittel leiden würden, gebraucht. Bei Miniaturmalerei auf Elfenbein ist Galle notwendig, da sie das Anhaften der Farben bewirkt. Die Herstellung von Marmorpapier eines gewissen Genres (türkischer Marmor) sowie geäderter Bücherschnitte scheint ohne Galle ganz unthunlich zu sein. Sie wirkt hierbei durch ihre Eigentümlichkeit, sich mit den angewandten Färbmitteln nicht zu mischen, vielmehr sie zu verdrängen.
Wird daher auf den dünnen Kleister des Marmorirkastens (aus Flohsamen, Carragheen u. dgl. bereitet) Farbe gegeben und Galle darauf gesprengt, so treibt diese die Farbe so zusammen, daß ein aderförmiges Gebilde entsteht, das mit dem Bücherschnitt aufgenommen wird. Die Erzeugung von Marmorpapier geschieht in gleicher Weise, nur daß verschiedne Farben zugleich in Anwendung kommen und die [* 1] Figurenbildung durch Rühren mit Stäbchen gefordert wird. Es entstehen dadurch augenartige Flecken mit hellern Adern durchzogen, welche durch die Wirkung der Galle entstanden sind. -
Medizinisch wird gereinigte Galle verwendet gegen Magen-, Leber- und Milzleiden. Man hat sie in den Apotheken eingedickt (Fel tauri inspissatum) als eine zähe pechartige dunkle Masse, wie auch als ein trocknes gelbliches Pulver, erhalten durch Ausziehen der Galle mit Weingeist, Entfärben mit Knochenkohle und Abdunsten des Lösungsmittels. Es ist dies das gallensaure Natron (Natrum choleinicum) der Droguisten. - Zollfrei.